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Ausgabe 6/2012September vom 04.11.2012Druckversion der Zeitung (pdf-Format ohne weiterführende Links). |
Herausgeber und verantwortlich im Sinne des
Pressegesetzes Dorothea Strake erscheint alle 2 Monate Liebe Leser, auf unserer CD "Sozialrecht" finden Sie nicht nur ausführliche Kommentare zu allen wichtigen Rechtsgebieten des Sozialrechts, sondern auch alle Ausgaben unserer Zeitung "Sozialrecht Online". Bestellen Sie doch einfach einmal ein kostenloses Exemplar einer Vorauflage unserer aktuellen CD durch einen kurzen Anruf im Verlag. Wir garantieren, dass Sie die CD bei Ihrer täglichen Arbeit nicht mehr missen wollen. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihr Team vom "Sozialmedizinischen Verlag" und uwendler.de. |
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Kein "B" ohne "G", "Gl" oder "H" Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen - L 10 SB 10/12 - Urteil vom 09.08.2012 Der Nachteilsausgleich "B" kann nur behinderten Menschen zuerkannt werden, bei denen, soweit die weiteren Anforderungen erfüllt sind, die Voraussetzungen für die Merkzeichen "G", "Gl" oder "H" vorliegen (vgl. Teil D Nr. 2 b der Versorgungsmedizinischen Grundsätze). <<< nach oben >>> GdB 30 + 20 + 20 = 40 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 13 SB 127/11 - Urteil vom 29.06.2012 Es besteht für die Bildung des Gesamt-GdB keine Rechenregel im Sinne von 30 + 20 + 20 = 50. Es gibt auch keinen Erfahrungssatz und auch keine rechnerische oder logische Regel, die verlangen würden, alle mit einem Einzel-GdB von 20 bewerteten Gesundheitsbeeinträchtigungen bei der Bildung des Gesamt-GdB stets erhöhend zu berücksichtigen, soweit sie sich nicht überschneiden oder decken. Es bleibt bei dem seit jeher aufgestellten Grundsatz, dass bei der Feststellung des Gesamt-GdB weder mathematische Formeln noch feste Rechenregeln angewendet werden dürfen. Durch das Zusammenspiel verschiedener Gesundheitsstörungen können sich einzelne Störungen stärker auswirken als bei einem bis auf die einzelne Störung gesunden Menschen. Andererseits ist es auch möglich, dass sich das Maß der Behinderung insgesamt durch hinzutretende Leiden nicht vergrößert. <<< nach oben >>> GdB 30 + 20 + 20 = 50 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 13 SB 81/12 - Urteil vom 23.08.2012 Auch wenn die Versorgungsmedizinischen Grundsätze vorgeben, dass es bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt ist, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen, können Besonderheiten des Einzelfalles ausnahmsweise gleichwohl eine Erhöhung gebieten. <<< nach oben >>> Kein "aG" und kein "RF" im einstweiligen Rechtsschutz Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 13 SB 129/12 B ER - Beschluss vom 27.08.2012 Das Begehren, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Nachteilsausgleiche "aG" und "RF" zu erhalten, nimmt den Ausgang des Hauptsacheverfahrens vorweg. Deshalb müssen besondere Gründe vorliegen, die eine solche Anordnung gebieten. Es muss glaubhaft gemacht werden, dass schwerwiegenden Nachteile drohen, wenn dem Begehren auf Erteilung der begehrten Merkzeichen nicht sofort entsprochen wird, mithin dass die Vorwegnahme der Hauptsache unerlässlich ist. <<< nach oben >>> Kein "aG" im einstweiligen Rechtsschutz Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 13 SB 159/12 B ER - Beschluss vom 27.08.2012 Das Begehren, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren den Nachteilsausgleiche "aG" zu erhalten, nimmt den Ausgang des Hauptsacheverfahrens vorweg. Deshalb müssen besondere Gründe vorliegen, die eine solche Anordnung gebieten. Es muss glaubhaft gemacht werden, dass schwerwiegenden Nachteile drohen, wenn dem Begehren auf Erteilung des begehrten Merkzeichens nicht sofort entsprochen wird, mithin dass die Vorwegnahme der Hauptsache unerlässlich ist. <<< nach oben >>> Medizinische Sachverhalte sind grundsätzlich durch Sachverständige zu klären Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 13 SB 88/12 - Urteil vom 26.07.2012 Die Aufklärung eines medizinisch geprägten Sachverhalts unterliegt in allen Gerichtsinstanzen einheitlichen Qualitätsanforderungen. Ungeachtet etwaiger medizinischer Grundkenntnisse durch richterliche Tätigkeit in medizinischen Sparten berechtigen diese jedenfalls im Regelfall nicht zu einer eigenständigen Beurteilung medizinischer Sachverhalte. Auch genügt die Auswertung eingeholter Befundberichte der behandelnden Ärzte im Regelfall nicht. Zur Aufklärung eines Sachverhalts in medizinischer Hinsicht bedarf es vielmehr regelmäßig der Einholung eines Sachverständigengutachtens. Dabei ist sowohl im Hinblick auf das jeweilige medizinische Fachgebiet als auch im Hinblick auf die sozialmedizinischen Erfordernisse auf eine hinreichende Qualifikation und Erfahrung des Sachverständigen zu achten. <<< nach oben >>> "G" hängt allein von der tatsächlich zurücklegbaren Wegstrecke ab Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 8 SB 1914/10 - Beschluss vom 02.10.2012 Die Regelungen der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zum Nachteilsausgleich G sind mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig. Es kommt damit allein darauf an, ob der behinderte Mensch nicht in der Lage ist, eine im Ortsverkehr üblicherweise noch zu Fuß zurückzulegende Wegstrecke (§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX), mithin eine Wegstrecke von zwei km in einer halben Stunde ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten im Einzelfall, zurückzulegen. <<< nach oben >>>
Multiple Sklerose ist nicht auf Hepatitis-B-Impfung zurückzuführen Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 13 VJ 59/11 - Urteil vom 15.06.2012 Nach derzeitigem Kenntnisstand besteht keine Evidenz für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Multiple Sklerose und Hepatitis-B-Impfung. <<< nach oben >>> Keine nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel für Nichtschädigungsfolgen im Wege des Härteausgleichs nach § 89 BVG Bayerisches Landessozialgericht - L 15 VK 12/10 - Urteil vom 26.09.2012 Kriegsbeschädigten können nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel im Wege des Härteausgleichs nach § 89 Bundesversorgungsgesetz auf Kassenrezept verordnet werden. Dies gilt aber nur, wenn die Arzneimittel der Behandlung von Schädigungsfolgen dienen. Bei Nichtschädigungsfolgen scheidet eine Verordnung indes aus. <<< nach oben >>>
Zum Antrag auf mündliche Befragung des Sachverständigen Bundessozialgericht - B 2 U 100/12 B - Beschluss vom 24.07.2012 Nach § 402 ZPO i.V.m. § 397 ZPO sind die Parteien berechtigt, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachten. Der BGH hat daraus in ständiger Rechtsprechung die Pflicht der Gerichte abgeleitet, dem Antrag einer Partei auf mündliche Befragung gerichtlicher Sachverständiger nachzukommen. Auf die Frage, ob das Gericht selbst das Sachverständigengutachten für erklärungsbedürftig hält, kommt es dabei nicht an. Es gehört vielmehr gerade zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs, dass die Parteien den Sachverständigen Fragen stellen, ihnen Bedenken vortragen und sie um eine nähere Erläuterung von Zweifelspunkten bitten können. Ein Antrag auf Anhörung des Sachverständigen kann allerdings dann abgelehnt werden, wenn er verspätet oder rechtsmissbräuchlich gestellt wurde oder die für erläuterungsbedürftig gehaltenen Punkte nicht benennt. Hat das erstinstanzliche Gericht einem Antrag auf mündliche Anhörung des Sachverständigen verfahrensfehlerhaft nicht entsprochen, so muss nach der Rechtsprechung des BGH das Berufungsgericht dem in zweiter Instanz wiederholten Antrag stattgeben. Beachtet ein Gericht diese verfahrensrechtlichen Anforderungen nicht, so liegt darin jedenfalls dann ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es einen Antrag auf Erläuterung des Sachverständigengutachtens völlig übergeht oder ihm allein deshalb nicht nachkommt, weil das Gutachten ihm überzeugend und nicht weiter erörterungsbedürftig erscheint. <<< nach oben >>> Kostenersatz bei falscher Rechtsbehelfsbelehrung Bundessozialgericht - B 4 AS 142/11 R - Urteil vom 19.06.2012 Es ist nicht zutreffend, dass auch der durch eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung ausgelöste Widerspruch gegen einen Bescheid, der Gegenstand eines Vorverfahrens wird, zum Aufwendungsersatz für das Widerspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid führen muss. Der Ausschluss der unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung als Grund für die Kostenfolge auch bei erfolglosem Widerspruch folgt bereits aus dem Wortlaut des § 63 Abs. 1 S 2 SGB X. Dies hat auch in der Gesetzesbegründung seinen Niederschlag gefunden, wenn es dort heißt, dass um eine kasuistische Regelung zu vermeiden, besondere Bestimmungen über die Kostentragung bei falscher Rechtbehelfsbelehrung oder falscher Sachbehandlung der Behörde nicht aufgenommen worden seien. <<< nach oben >>> Unterlassene Anhörung Bundessozialgericht - B 14 AS 165/11 R - Urteil vom 22.08.2012 Die Möglichkeit einer Heilung einer unterlassenen Anhörung bei Durchführung eines Widerspruchsverfahrens wird in der Literatur allgemein angenommen. Sie erfordert jedoch, um die mit der Anhörungspflicht bezweckte Wahrung des Anspruchs des Beteiligten auf rechtliches Gehör zu genügen, dass dem Beteiligten schon in dem angefochtenen Verwaltungsakt oder auf andere Weise im Laufe des Widerspruchsverfahrens alle entscheidungserheblichen Tatsachen zur Kenntnis gebracht wurden, sodass er sich zu ihnen sachgerecht äußern konnte. <<< nach oben >>> Vertrauensschutz bei falscher PKH- Bewilligung Bayerisches Landessozialgericht - L 15 SF 327/10 B E - Beschluss vom 01.10.2012 Der verfassungsrechtliche Grundsatz des Vertrauensschutzes gebietet, dass begünstigende Entscheidungen von Behörden und Gerichten, die bestandskräftig bzw. rechtskräftig geworden sind, grundsätzlich nicht mehr abgeändert werden, wobei letztlich eine Abwägung gegen das Prinzip der materiellen Richtigkeit zu erfolgen hat. <<< nach oben >>> In Befangenheitsverfahren ist Beschwerde gegen erstinstanzliche Beschlüsse zulässig Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 11 U 416/12 B - Beschluss vom 24.09.2012 Wortlaut, Gesetzessystematik, Entstehungsgeschichte und teleologische Gesichtspunkte sprechen dafür, dass gegen einen Beschluss eines Sozialgerichts, mit dem eine gegen einen Richter erhobene Befangenheitsrüge zurückgewiesen wird, die Beschwerde an das Landesozialgericht zulässig ist. <<< nach oben >>> Streitwert bei "fristwahrender" Klage Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 16 KR 157/12 B - Beschluss vom 06.08.2012 Der Umstand, dass eine Klage zunächst nur fristwahrend erhoben wird, ist für den Streitwert unbeachtlich. Gleiches gilt, wenn der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung keine Vorstellung darüber gehabt haben will, in welcher Höhe ein Haftungsbescheid letztlich angefochten werde, wenn sich aus der Klage keine Teilanfechtung ergibt. <<< nach oben >>> Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren über Gutachterkosten nach § 109 SGG Bayerisches Landessozialgericht - L 16 SB 2/12 B - Kostenbeschluss vom 27.07.2012 Bei Beschwerden gegen Beschlüsse, mit denen die Übernahme der Kosten für ein nach § 109 SGG eingeholtes Gutachten abgelehnt wurde, ist eine Kostenentscheidung zu treffen, weil das Beschwerdeverfahren seit Inkrafttreten des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes einen eigenständigen Verfahrensabschnitt bildet. Bei positiver Beschwerdeentscheidung trifft die Staatskasse und nicht etwa den Beklagten des Hauptsacheverfahrens die Pflicht zur Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens. <<< nach oben >>> Altersteilzeit und "Beschäftigung" Bundessozialgericht - B 2 U 8/11 R - Urteil vom 15.05.2012 Das Gesetz stellt für die Versicherteneigenschaft nicht abstrakt auf einen rechtlichen "Status" als "Beschäftigter" ab. In der gesetzlichen Unfallversicherung sind Rechte auf Versicherungsleistungen nach den §§ 26 ff SGB VII bei Arbeitsunfällen i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nur wegen solcher Unfälle vorgesehen, die infolge "einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" entstanden sind. Die Tatbestände der versicherten Tätigkeiten sind jeweils gesondert materiell gesetzlich bestimmt und begründen eigenständige "Sparten" der gesetzlichen Unfallversicherung mit eigenen Schutzbereichen. Nur wenn, solange und soweit jemand den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eine eigene Verrichtung erfüllt, ist er gegen Unfälle (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII) versichert, die rechtlich wesentlich durch diese Verrichtung verursacht werden. Deswegen reicht die Fiktion einer Beschäftigung für Personen nach § 7 Abs. 1a SGB IV, die wegen Altersteilzeit von der Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt sind, zur Begründung der Versicherteneigenschaft nicht aus. § 7 Abs. 1 und 1a SGB IV lassen die unfallversicherungsrechtliche Bedeutung des Rechtsbegriffs "Beschäftigte" i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unberührt, soweit sie davon abweichen (§ 1 Abs. 3 SGB IV). Erforderlich ist auch bei solchen Freigestellten stets die tatsächliche Verrichtung einer Beschäftigung. <<< nach oben >>> Organspende und Unfallversicherung Bundessozialgericht - B 2 U 16/11 R - Urteil vom 15.05.2012 Nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b SGB VII sind Personen versichert, die Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden. Der Tatbestand dieser versicherten Tätigkeit des "Spendens eines Organs" setzt folgende Verrichtungen voraus: Der Spender muss freiwillig und nach Maßgabe des Transplantationsgesetzes (TPG) in seiner jeweils gültigen Fassung in die Entnahme seines Organs durch ein anerkanntes Transplantationszentrum und in die Übertragung des Organs auf einen gesetzlich zugelassenen Empfänger eingewilligt, sich in ein Transplantationszentrum begeben und sich dort der Entnahmeoperation einschließlich der Vor- und Nachbehandlung unterworfen haben. Denn das Gesetz soll nur solchen Lebendorganspendern Unfallversicherungsschutz gewähren, die sich zu einer nach Maßgabe des Transplantationsgesetzes rechtmäßigen Organspende bereitfinden. <<< nach oben >>> Klimaheilkur am Toten Meer bei Vitiligo Bundessozialgericht - B 1 KR 17/11 R - Urteil vom 06.03.2012 Ein gesetzlich Krankenversicherter, der an an der Weißfleckenkrankheit (Vitiligo) leidet, kann einen Anspruch auf eine Klimaheiltherapie am Toten Meer haben. Voraussetzung ist aber, dass die Vitiligo überhaupt einen Behandlungsanspruch auslöst und das eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung nur außerhalb Deutschlands und außerhalb des EWR möglich ist, mithin ein Versorgungsdefizit besteht. <<< nach oben >>> Kein Anspruch gesetzlich Krankenversicherter auf Versorgung mit Gepan instill Bundessozialgericht - B 1 KR 23/11 R - Urteil vom 03.07.2012 Gepan instill, früher Uropol-S, ist als vorwiegend physikalisch wirkender Stoff oder Zubereitung aus Stoffen weder Arznei- noch Hilfsmittel. Es ist zwar verkehrsfähig, ist aber zu Recht von dem Gemeinsamen Bundesausschuss nicht in die Liste der verordnungsfähigen Medizinprodukte aufgenommen worden. Denn es fehlen qualitativ hochwertige, belastbare Studien, die einen Nutzen von Gepan instill belegen. <<< nach oben >>> Kein Anspruch gesetzlich Krankenversicherter auf Versorgung mit Tilade Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 5 KR 340/12 B - Beschluss vom 11.09.2012 Auch wenn ein Arzneimittel positiv gewirkt hat und wenn die Behandlung mit diesem Mittel nach Ansicht des behandelnden Arztes einer Behandlung mit anderen Arzneimitteln vorzuziehen ist, hat ein gesetzlich Krankenversicherter grundsätzlich keinen Anspruch auf dieses Arzneimittel, wenn wenn es - wie hier Tilade - nach den Regelungen des Arzneimittelrechts einer Zulassung bedarf und diese Zulassung nicht erteilt worden ist. <<< nach oben >>>
Zur "eheähnlichen Lebensgemeinschaft" Bundessozialgericht - B 4 AS 34/12 R - Urteil vom 23.08.2012 § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II normiert für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft drei Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen: Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben, und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Bei den Kriterien zu 1. und 2. (Partnerschaft und Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt) handelt es sich um objektive Tatbestandsvoraussetzungen, die nach der Systematik des § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II kumulativ zu der subjektiven Voraussetzung des Einstehens- und Verantwortungswillens gegeben sein müssen. Partnerschaft und Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt sind zugleich Anknüpfungspunkte der Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II. Die subjektive Seite, dass die in einem Haushalt zusammenlebendenden Partner auch den gemeinsamen Willen, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen, haben müssen, wird nach § 7 Abs. 3a SGB II bei positiver Feststellung einer der dort aufgezählten vier Fälle - die ebenso wie die beiden objektiven Kriterien von Amts wegen ermittelt werden müssen (§ 20 SGB X bzw. § 103 SGG) - allerdings vermutet. Es obliegt dann dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, diese Vermutung zu widerlegen. § 7 Abs. 3a SGB II regelt mithin (nur) die subjektive Voraussetzung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und gibt mit den dort aufgezählten, nicht abschließenden Fallgestaltungen Indizien für eine gesetzliche Vermutung von Tatsachen vor, mit deren Hilfe auf den inneren Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, geschlossen werden kann. Das SGB II knüpft insoweit an die bisherige Rechtslage und Rechtsprechung zu § 193 SGB III bzw. § 137 AFG und § 122 BSHG an. Insbesondere die Notwendigkeit, dass für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft zwingend eine objektiv festzustellende Partnerschaft sowie Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft - neben dem subjektiven Einstehens- und Verantwortungswillen - gegeben sein muss, folgt dem bisherigen Konzept der Einkommens- und Vermögensberücksichtigung bei existenzsichernden Transferleistungen. <<< nach oben >>> Rückzahlung von Betriebskosten Bundessozialgericht - B 4 AS 132/11 R - Urteil vom 16.05.2012 Der Anwendung des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II bei Rückzahlungen infolge von Betriebskostenabrechnungen steht nicht entgegen, dass das Betriebskostenguthaben aus einem früheren Mietverhältnis stammt. Eine in diesem Sinne einschränkende Auslegung ergibt sich aus dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II nicht. Insofern gilt der allgemeine Grundsatz, dass während der Hilfebedürftigkeit zugeflossenes Einkommen zur Bedarfsdeckung heranzuziehen ist und bei der Anrechnung von Einkommen regelmäßig auf den Zeitraum des Erzielens von Einkommen in Geld oder Geldeswert und nicht auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem es "erwirtschaftet" wurde. <<< nach oben >>> Zum richtigen Adressaten einer Rückforderung Bundessozialgericht - B 4 AS 154/11 R - Urteil vom 16.05.2012 Nach § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dieses Erfordernis bezieht sich sowohl auf den Verfügungssatz bzw. die Verfügungssätze der Entscheidung als auch auf den Adressaten eines Verwaltungsaktes. Insofern verlangt das Bestimmtheitserfordernis als materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung zum einen, dass der Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzt, die in ihm getroffene Rechtsfolge vollständig, klar und unzweideutig zu erkennen und sein Verhalten daran auszurichten. Als Besonderheit des SGB II ist zu berücksichtigen, dass es keinen Anspruch der Bedarfsgemeinschaft als solcher kennt, sondern Anspruchsinhaber jeweils alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind. Entsprechend können auch im Rückabwicklungsverhältnis die - hier auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gestützte - Aufhebung eines rechtswidrigen Bewilligungsbescheids als auch die Erstattungsforderung erbrachter SGB II-Leistungen nur gegenüber dem jeweiligen Leistungsempfänger als einzelnem hilfebedürftigen Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft i.S. von § 7 Abs. 3 SGB II erfolgen. Da es keinen "Gesamtanspruch" der Bedarfsgemeinschaft gibt, besteht auch keine gesamtschuldnerische Haftung deren Mitglieder. Den Verfügungen des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides muss sich daher entnehmen lassen, welcher Adressat bzw. welche Adressaten betroffen sind. <<< nach oben >>> Kosten für Schulbedarfe Bundessozialgericht - B 4 AS 162/11 R - Urteil vom 19.06.2012 Der Kläger hat im hier streitigen Zeitraum auch eine "allgemeinbildende Schule" i.S. des § 24a Satz 1 SGB II besucht. Auch der Besuch einer Tagesbildungsstätte für Kinder und Jugendliche mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf in dem Schwerpunkt "Geistige Entwicklung" ist eine "allgemeinbildende Schule" i.S. des § 24a Satz 1 SGB II. Der Inhalt des Begriffs der "allgemeinbildenden Schule" ist - bezogen auf das SGB II - bereichsspezifisch nach dem Gesetzeskontext, der Historie der Vorschrift sowie nach deren Sinn und Zweck zu bestimmen. Das uneingeschränkte Abstellen auf die jeweiligen landesrechtlichen Vorgaben zum Begriff der allgemeinbildenden Schule würde gegen den Inhalt der revisiblen Norm des § 24a Satz 1 SGB II verstoßen. <<< nach oben >>> Regelbedarf verfassungsgemäß Bundessozialgericht - B 14 AS 153/11 R - Urteil vom 12.07.2012 Der Gesetzgeber hat den ihm zugewiesenen Auftrag, das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum über einen gesetzlichen Anspruch zu gewährleisten, erfüllt. Er hat bei der Bemessung des Regelbedarfs den Umfang des konkreten gesetzlichen Anspruchs, der insbesondere den Bedarf an Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie (ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile) sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens abdecken soll, in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren bemessen. <<< nach oben >>> Zur Verwertung eines Hausgrundstücks Bundessozialgericht - B 14 AS 158/11 R - Urteil vom 12.07.2012 Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass jedes (Haus-)Grundstück, das mit einem Nießbrauch oder Wohnrecht belastet ist, nicht nach § 12 Abs. 1 SGB II verwertbar sei. Vielmehr ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob es eine Verwertungsmöglichkeit - z. B. durch Beleihung - gibt. <<< nach oben >>>
Fasselt/Schellhorn (Hrsg.) Handbuch
Sozialrechtsberatung Ganz im Sinne des Titels ist das Handbuch Sozialrechtsberatung konzipiert, um dem Berater einen möglichst schnellen und umfassenden Überblick über das Sozialrecht zu verschaffen. Zu diesem Zweck bedient sich das Buch eines äußerst praktischen und lebensnahen Aufbaues: Der erste Teil ist noch im herkömmlichen Stil aufgebaut: Ausbildungsförderung, gesetzliche Krankenversicherung, gesetzliche Rentenversicherung usw. Im 2. Teil wird es dann richtig interessant. Überschrieben ist er mit "Lebenslagen und Probleme". Dabei wird vom "Beratungssubjekt" und seinen Fragen ausgegangen, also z.B. "Lebenspartnerschaft Erwachsener, Alleinerziehende und Schwangere" oder "Alter" oder "Behinderung". M. E. ist das viel praktischer als sich ein Gesetz vorzunehmen und zu suchen, ob es darin möglicherweise eine Lösung für ein Problem gibt. Der Käufer des Buches erhält automatisch eine 1jährige Onlineversion des Buches mit ständiger Aktualisierung und ein Poster mit Überblick über alle Sozialrechtsleistungen.
<<< nach oben >>> Die nächste Ausgabe unserer Zeitschrift erscheint im Januar 2013! |
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