Ausgabe    5/2012 

September vom 09.09.2012 

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     Informationen

Schwerbehindertenrecht

Soziales Entschädigungsrecht

Verfahrensrecht

Unfallversicherung

Krankenversicherung

Rentenversicherung

Anwaltshonorar

Grundsicherung für Arbeitssuchende SGB II

Sozialhilfe SGB XII

     Buchrezension

     Service

Herausgeber und verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes Dorothea Strake
Schulstr. 90, 41372 Niederkrüchten

 erscheint alle 2 Monate


Liebe Leser,

die im Schwerbehindertenrecht maßgeblichen Versorgungsmedizinischen Grundsätze verwenden häufig interpretationsbedürftige Begriffe (z. B. "mittelgradige" Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule, "leichte" psychische Störungen e.t.c.). Um Herauszufinden, was darunter nach der Rechtsprechung im Einzelfall zu verstehen ist, benötigen Sie einen Kommentar. Wir haben den VdK- Kommentar zu den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen in diesem Jahr neu aufgelegt. Sichern Sie sich den Informationsvorsprung dieses Buches und bestellen Sie es über die vorliegende Internetseite.

Ihr Team von uwendler.de und vom Sozialmedizinischen Verlag wünschen viel Spaß beim Lesen unserer neuen Onlinezeitung.   


Nachweis von Gleichgewichtsstörungen

Bayerisches Landessozialgericht - L 15 SB 66/11 - Urteil vom 20.03.2012

Angegebene stark ausgeprägte Schwindelneigungen bzw. Störungen des Gleichgewichtssinns bedürfen, um bei der Ermittlung des GdB berücksichtigt werden zu können, des Vollbeweises. Es ist dabei zwar nicht erforderlich, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch noch zweifelt, d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt. Zwar sind dabei auch die Angaben eines Beteiligten zu berücksichtigen. Jedenfalls dann aber, wenn erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Angaben bestehen, kann der Vollbeweis allein damit keinesfalls mehr erbracht werden. Dem Kläger steht kein Anspruch zu, dass das Gericht ihm unbesehen glaubt.

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GdB von 50 für Diabetes mellitus erfordert gravierende Beeinträchtigung in der Lebensführung

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt - L 7 SB 84/10 - Urteil vom 26.04.2012

Durch die Neufassung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zum Diabetes mellitus erfordert die Feststellung eines GdB von 50 nicht nur mindestens vier Insulininjektionen pro Tag und ein selbständiges Anpassen der jeweiligen Insulindosis. Zusätzlich muss es,  sei es bedingt durch den konkreten Therapieaufwand oder die jeweilige Stoffwechselqualität oder wegen sonstiger Auswirkungen der Erkrankung (z.B. Folgeerkrankungen), zu einer gravierenden Beeinträchtigung in der Lebensführung kommen.

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Soziales Entschädigungsrecht 

Augenerkrankung aufgrund unmittelbarer Kriegseinwirkung i.S.d. § 5 Abs. 1 BVG

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 11 VE 85/09 - Urteil vom 19.04.2012

Welche Umstände in den Kriegsjahren 1940 bis 1945 können ursächlich für eine Augenerkrankung eines nachfolgend geborenen Kindes sein?

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Schadensausgleich nur noch nach Netto-Prinzip

Hessisches Landessozialgericht - L 4 VE 39/11 - Beschluss vom 02.07.2012

Schadenausgleich nach § 40a BVG ist, wenn der Antrag erst nach dem 21.12.2007 gestellt wird, ausschließlich auf der Grundlage des Netto-Prinzips zu leisten. Das zuvor geltende Günstigkeitsprinzip, nach dem der Ausgleich auf der dem Betroffenen günstigsten Basis - in Betracht kam alternativ das Brutto-Prinzip - berechnet werden konnte, ist ersatzlos entfallen. Dies ist nicht zu beanstanden; es handelt sich um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung.

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Verfahrensrecht

Keine Kostentragung bei Änderung der Verhältnisse und entsprechendem Anerkenntnis

Bayerisches Landessozialgericht - L 15 SB 36/09 - Beschluss vom 28.06.2012

Die Kostenentscheidung ist in der Regel nach den Grundsätzen des sog. Erfolgsprinzips zu treffen; d.h. der (ggf. voraussichtliche) Ausgang des Rechtsstreit bestimmt die Kostentragungspflicht. In Ausnahmefällen kann aber als Korrektiv das Veranlassungsprinzip herangezogen werden. Dies gilt z.B. in Verfahren nach dem Schwerbehindertenrecht, wenn ein Klageerfolg allein darauf beruht, dass im Verlauf des Rechtsstreits eine neue Erkrankung hinzugetreten ist, und wenn der Beklagte diesem Umstand unverzüglich Rechnung trägt. Dann ist es unbillig, den Beklagten mit Kosten zu belasten.

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Voraussetzungen für sozialrechtlichen Herstellungsanspruch

Bundessozialgericht - B 4 AS 77/11 R - Urteil vom 16.02.2012

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen.

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Zum Abschluss gerichtlicher Vergleiche

Bundessozialgericht - B 4 AS 203/10 R - Urteil vom 20.12.2011

Unzulässig ist ein Rechtsmittel insbesondere dann, wenn ein sachliches Bedürfnis des Rechtsmittelführers hieran nicht mehr besteht, weil die weitere Rechtsverfolgung im Rechtsmittelverfahren ihm offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile mehr bringen, das Rechtsschutzziel also nicht mehr erreicht werden kann. Es gibt allerdings keinen Rechtssatz, wonach ein Beteiligter verpflichtet ist, in Vergleichsgespräche einzutreten, andernfalls das Rechtsschutzinteresse entfiele. Es besteht auch keine Verpflichtung zum Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs nach § 101 Abs. 1 SGG.

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Abweisung einer Wiederaufnahmeklage

Bundessozialgericht - B 13 R 53/12 B - Beschluss vom 10.07.2012

Die nach ihrem Wortlaut nur die unzulässige Berufung erfassende Vorschrift des § 158 S. 1 SGG ist auf die unzulässige Wiederaufnahmeklage entsprechend anzuwenden.

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Verrechnung nur durch Verwaltungsakt

Bundessozialgericht - B 13 R 85/09 R - Urteil vom 07.02.2012

Der Gesetzgeber sieht in der Durchführung einer Verrechnung nach § 52 SGB I einen Verwaltungsakt. Dies ergibt sich aus der Regelung des § 24 Abs. 2 Nr. 7 SGB X, die durch das Zweite Gesetz zur Änderung des SGB vom 13.6.1994 eingefügt wurde. Spätestens mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber klarstellend von seiner Befugnis Gebrauch gemacht, die Verrechnung (Aufrechnung) für den Bereich des Sozialrechts der Handlungsform "Verwaltungsakt" zu unterstellen.

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KFZ- Versicherung und Geltendmachung von Schadenersatz

Bundessozialgericht - B 2 U 5/11 R - Urteil vom 27.03.2012

§ 109 Satz 1 SGB VII verschafft zwar nach seinem Wortlaut nur den Personen, deren Haftung (möglicherweise) nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist, die Befugnis, anstatt des Versicherten dessen Rechte im eigenen Namen geltend zu machen, wenn sie auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden. Allerdings sind Kfz-Haftpflichtversicherungen, die den Schädiger im Rahmen der gesetzlichen Pflichtversicherung gegen Schadenersatzforderungen des Verletzten absichern, nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht unmittelbar Begünstigte des § 109 SGB VII. Die Regelung ist aber auf Kfz-Haftpflichtversicherungen analog anzuwenden.

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Hilfeleistung als versicherte Tätigkeit

Bundessozialgericht - B 2 U 7/11 R - Urteil vom 27.03.2012

Der Tatbestand der versicherten Tätigkeit der Hilfeleistung bei gemeiner Gefahr i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a Alt. 2 SGB VII ist nicht auf Hilfeleistungen begrenzt, deren Unterlassen nach § 323c StGB mit Strafe bedroht ist. Er setzt, anders als der Straftatbestand, nicht voraus, dass die erforderliche Hilfeleistung dem Helfenden zuzumuten und insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich war. Gesetzlich unfallversichert ist nicht nur jede vom Handlungszwang des § 323c StGB erfasste Hilfeleistung. Auch eine nach dieser Vorschrift nicht gebotene erforderliche Hilfeleistung ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a Alt. 2 SGB VII versichert, falls objektiv eine gemeine Gefahr vorliegt.

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Krankengeld auch bei Feststellung der Arbeitsunfähigkeit am letzten Arbeitstag

Bundessozialgericht - B 1 KR 19/11 R - Urteil vom 10.05.2012

Nach § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Krankengeld-Anspruch am Tag nach der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (AU). Wird AU erst am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt, reicht dies grundsätzlich für die Aufrechterhaltung der Pflichtmitgliedschaft Beschäftigter aus und führt damit auch zu einem Krankengeldanspruch über das Beschäftigungsverhältnis hinaus.

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Kein Anspruch auf  transarterielle Chemoperfusionen nebst LITT

Bundessozialgericht - B 1 KR 6/11 R - Urteil vom 03.07.2012

Es besteht kein Anspruch auf sachleistungsersetzende Kostenerstattung für erhaltene transarterielle Chemoperfusionen nebst Laserinduzierter Interstitieller Thermotherapie (LITT), denn diese Leistungen sind nicht zur ambulanten Behandlung zugelassen. Ärztliche Aufklärungsmängel können den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht erweitern.

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Kein Anspruch auf Hyperthermiebehandlung und Behandlung mit dendritischen Zellen bei Bronchialkarzinom mit Thalamusmetastase

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 5 KR 150/12 B ER - Beschluss vom 02.05.2012

In der medizinischen Wissenschaft existieren keine verwertbaren Ergebnisse hinsichtlich der Behandlung eines Bronchialkarzinoms sowie einer Thalamusmetastase mittels einer Kombinationstherapie in Form einer Hyperthermiebehandlung und Behandlung mit dendritischen Zellen. Mithin kann auch die nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätzen für eine Leistung der Gesetzlichen Krankenkassen erforderliche positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf nicht festgestellt werden.

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Kein Anspruch auf Fertigarzneimittel CellCept bei Myasthenia gravis

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 5 KR 330/11 - Urteil vom 14.06.2012

Das Fertigarzneimittel CellCept (Wirkstoff: Mycofenolatmofetil), das weder in Deutschland noch EU-weit für die Indikation Myasthenia gravis zugelassen ist, kann auch nicht im Wege des Off-label-use beansprucht werden. Es fehlt nämlich an der erforderlichen Aussicht auf einen Behandlungserfolg. Diese Aussicht ist nur gegeben, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann. Erforderlich sind insoweit Studien, die die an eine Phase-III-Studie zu stellenden qualitativen Anforderungen erfüllen. Daran fehlt es hier.

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Kein Krankengeld ohne Arbeitsunfähigkeitsfeststellung

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 16 KR 146/11 - Urteil vom 15.03.2012

Ein Anspruch auf Krankengeld setzt zwingend voraus, dass Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt und dass die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse gemeldet wird. Die Folgen einer fehlenden ärztlichen Feststellung und einer verspäteten Meldung der Arbeitsunfähigkeit sollen den Versicherten dann nicht treffen, wenn er alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, hieran durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert wurde und er - zusätzlich - seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend macht.

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Arbeitsunfähigkeit auch rückwirkend?

Bundessozialgericht - B 1 KR 20/11 R - Urteil vom 10.05.2012

Mit dem Erfordernis vorgeschalteter ärztlich festzustellender Arbeitsunfähigkeit (AU) sollen beim Krankengeld Missbrauch und praktische Schwierigkeiten vermieden werden, zu denen die nachträgliche Behauptung der AU und deren rückwirkende Bescheinigung beitragen könnten. Dementsprechend ist grundsätzlich für die Beurteilung der AU der versicherungsrechtliche Status des Betroffenen im Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung maßgebend. Als Regelfall geht das Gesetz davon aus, dass der in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtigte Versicherte selbst die notwendigen Schritte unternimmt, um die mögliche AU feststellen zu lassen und seine Ansprüche zu wahren. Deshalb kann z.B. grundsätzlich ein Versicherter, der das Ende der bescheinigten AU akzeptiert und über Monate hinweg Leistungen wegen Arbeitslosigkeit bezieht, die er bei AU nicht hätte erhalten dürfen, nicht mehr mit der nachträglichen Behauptung gehört werden, er sei in der gesamten Zeit zu Unrecht als arbeitslos statt - richtigerweise - als arbeitsunfähig behandelt worden.

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Rente wegen Analphabetismus?

Bundessozialgericht - B 5 R 68/11 R - Urteil vom 09.05.2012

Zwischen den Leistungseinschränkungen des Versicherten (Erwerbsminderung) und den Krankheit(en) bzw. Behinderung(en) muss ein Ursachenzusammenhang bestehen ("wegen"). Die Leistungsminderung muss wesentlich (Theorie der wesentlichen Bedingung) auf einer Krankheit oder Behinderung (den versicherten Risiken) beruhen und nicht auf sonstigen Umständen wie Lebensalter, fehlenden Sprachkenntnissen oder Arbeitsentwöhnung.

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Anwaltshonorar

Zur Auslösung einer Terminsgebühr

Thüringer Landessozialgericht - L 6 SF 238/12 B - Beschluss vom 21.03.2012

Voraussetzung für die Auslösung einer Terminsgebühr ist eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung, an der beide Seiten mitgewirkt haben. Damit wollte der Gesetzgeber einen Anreiz für außergerichtliche Einigungen schaffen. Eine solche Besprechung liegt vor, wenn der Beschwerdeführer und die Beklagte telefonisch konkret (nicht nur allgemein und hinsichtlich einer abstrakten Möglichkeit einer außergerichtlichen Erledigung) über den Abschluss eines Vergleichs verhandeln. Dies ist für die Terminsgebühr ausreichend.

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Keine fiktive Terminsgebühr mehr bei ER-Verfahren in Thüringen

Thüringer Landessozialgericht - L 6 SF 368/12 B - Beschluss vom 05.07.2012

Die fiktive Terminsgebühr kommt in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht in Betracht. Das LSG Thüringen gibt seine entgegenstehende frühere Rechtsprechung auf.

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"gesonderte Angelegenheiten"

Bayerisches Landessozialgericht - L 15 SF 214/10 B E - Beschluss vom 31.07.2012

Jedenfalls dann, wenn wie hier verschiedene Streitgegenstände in verschiedenen sozialgerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden und zudem keine künstliche Aufspaltung von Zusammengehörendem durch den Beschwerdeführer vorliegt, handelt es sich um gesonderte Angelegenheiten im Sinn des Rechtsanwaltsvergütungsrechts. Daran ändert nichts, wenn zwischen den einzelnen Verfahren rechtliche oder tatsächliche Interdependenzen oder gar Überschneidungen bestehen.

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Zum Tatbestandsmerkmal "Vorausgegangenes Verwaltungsverfahren"

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 19 AS 627/12 B - Beschluss vom 12.06.2012

Es liegt nahe, dass der verringerte Gebührenrahmen nach Nr. 3103 VV RVG anknüpfend an sein Tatbestandsmerkmal des "vorausgegangenen" Verwaltungsverfahrens auf die Fälle beschränkt bleibt, in denen über die zeitliche Nachfolge des weiteren Verfahrens hinaus auch eine Identität der Streitgegenstände im "vorausgegangenen" Verwaltungsverfahren und im nachfolgenden Verfahren besteht, weil auch nur in diesem Fall die typisierende Annahme eines Synergieeffektes berechtigt erscheint.

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Zur Gebühr bei mehreren Mandanten 

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 19 AS 1992/11 - Urteil vom 14.05.2012

Die Vorschrift der Nr. 1008 Abs. 3 VV RVG, wonach mehrere Erhöhungen bei Betragsrahmengebühren das Doppelte des Mindest- und Höchstbetrages nicht übersteigen dürfen, ist nicht dahingehend auszulegen, dass die Erhöhung der Mindest- und Höchstbetrags jeweils auf das Zweifache der Ausgangsbetrags begrenzt ist, sondern die Regelung der Nr. 1008 Abs. 3 VV RVG begrenzt die Erhöhung wegen mehrerer Auftraggeber auf das Dreifache des Ausgangsbetrags.

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Grundsicherung für Arbeitssuchende SGB II

Wohnkostenübernahme bei selbstgenutztem Eigentum

Bundessozialgericht - B 4 AS 14/11 R - Urteil vom 16.02.2012

Zu den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die Leistungen zu erbringen sind, gehören grundsätzlich nicht Tilgungsraten. Die Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Hinblick auf den im SGB II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses "Wohnen" nur in besonderen Ausnahmefällen angezeigt, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist. Im Übrigen ist der Eigentümer grundsätzlich ebenso wenig wie der Mieter davor geschützt, dass sich die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels ergeben kann.

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Höhe der übernahmefähigen Mietkosten

Bundessozialgericht - B 4 AS 16/11 R - Urteil vom 22.03.2012

Die in § 8 WoGG festgeschriebenen Werte erheben nicht den Anspruch, die realen Verhältnisse auf dem Markt zutreffend abzubilden. Der Sinn und Zweck des WoGG liegt nicht darin, die Mieten für Wohnraum bei Vorliegen der einkommensrechtlichen Voraussetzungen voll oder zu einem erheblichen Teil zu übernehmen. Vielmehr handelt es sich beim Wohngeld um einen Zuschuss zu den Aufwendungen für Wohnraum. Die Höhe ist abhängig von der zu berücksichtigenden Miete, den Haushaltsmitgliedern und dem Einkommen. Übersteigt die tatsächliche Miete den in § 8 WoGG festgesetzten Betrag, bleibt der übersteigende Teil bei der Wohngeldberechnung außer Betracht. Die i.S. des § 22 Abs. 1 S 1 SGB II angemessene Miete muss hingegen gewährleisten, dass zu dem als angemessen erachteten Wert Wohnraum vorhanden ist.

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Einbehaltungen des SGB II Trägers

Bundessozialgericht - B 4 AS 26/10 R - Urteil vom 22.03.2012

Nach § 51 Abs. 1 SGB I kann der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf Geldleistungen mit Ansprüchen gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und 4 SGB I pfändbar sind. § 54 Abs. 4 SGB I bestimmt, dass Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. Bei SGB II Empfängern  ist es regelmäßig so, dass es schon unter Berücksichtigung der Höhe der gesamten SGB II-Leistungen an einer Pfändbarkeit unter Beachtung der für Arbeitseinkommen nach den §§ 850 ff ZPO geltenden Bestimmungen fehlt.

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Förderung des Meistertitels ist Einkommen

Bundessozialgericht - B 4 AS 94/11 R - Urteil vom 16.02.2012

Der Maßnahmebeitrag (§ 10 Abs. 1 AFGB) für den Besuch einer Meisterschule ist eine zweckbestimmte Einnahme, jedoch der ausdrücklich - ebenso wie die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II - zur Deckung des Unterhaltsbedarfs geleistete Unterhaltsbeitrag (§ 10 Abs. 2 AFBG) ist als Einkommen zu berücksichtigen. Dies gilt auch für den Darlehensanteil am Unterhaltsbeitrag.

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Zur Angemessenheit eines Einfamilienhauses mit Einliegerwohnung

Bundessozialgericht - B 4 AS 99/11 R - Urteil vom 22.03.2012

Bei der Beurteilung der Angemessenheit eines Hausgrundstücks ist die gesamte Wohnfläche des Hauses einschließlich einer eventuell vermieteten Einliegerwohnung zu berücksichtigen.

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Anrechnung ausländischer Renten

Bundessozialgericht - B 4 AS 105/11 R - Urteil vom 16.05.2012

Die Erfassung ausländischer Altersrenten, soweit sie deutschen Rentenleistungen vergleichbar sind, von § 7 Abs. 4 SGB II wird durch Überlegungen zur grundsätzlichen systematischen Einordnung dieses Leistungsausschlusses sowie seines Sinns und Zwecks bestätigt.

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In NRW sind 50 qm Wohnfläche noch angemessen.

Bundessozialgericht - B 4 AS 109/11 R - Urteil vom 16.05.2012

Als angemessene Wohnungsgröße für einen Ein-Personen-Haushalt ist in NRW eine Wohnfläche von 50 qm zu berücksichtigen. Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist in Nordrhein-Westfalen ab dem 1.1.2010 auf die in Nr. 8.2 der WNB (MBl NRW 2010, 1) festgesetzten Werte zurückzugreifen. Diese sehen für einen Ein-Personen-Haushalt anstelle von bisher 45 qm eine Wohnfläche von 50 qm vor.

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Rückerstattungen von Mietnebenkosten

Bundessozialgericht - B 4 AS 139/11 R - Urteil vom 22.03.2012

Wie der 14. Senat des BSG bereits für die Rückerstattung von Vorauszahlungen auf der Grundlage von Energielieferverträgen entschieden hat, ist von der Maßgeblichkeit des tatsächlichen Zuflusses als Differenzierungskriterium zwischen Einkommen und Vermögen nicht abzuweichen. Nichts anderes kann im Ergebnis für Rückerstattungen von Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen im Rahmen von Wohnraummietverhältnissen gelten. Solche Rückzahlungen erfolgen ebenfalls nicht aus bereits erlangten Einkünften, mit denen ein gezielter "Vermögensaufbau" betrieben wurde und sind daher nicht etwa mit einem Sparguthaben vergleichbar, das bei Auszahlung Vermögen bleibt.

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Rückzahlungen von Mietnebenkosten und Verrechnungen der Verwaltung

Bundessozialgericht - B 4 AS 159/11 R - Urteil vom 16.05.2012

Die Regelung des § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II kann nicht als eigenständige und von den Voraussetzungen der §§ 45, 48 SGB X unabhängige Ermächtigungsgrundlage für die Verwaltung zur Korrektur der sich aus Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, ergebenden Beträge aufgefasst werden. Vielmehr modifiziert die Regelung im Rahmen der Vorschriften über die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung nur den Zeitpunkt, zu dem die Rückzahlung oder die Gutschrift zu berücksichtigen ist in der Weise, dass auf den Monat nach "Zufluss" der Rückzahlung oder des Guthabens abzustellen ist. Dies führt bei der Anwendung der §§ 45, 48 SGB X nicht zu einer übermäßigen Erschwernis für die Verwaltung, denn bei einer verspäteten Mitteilung durch den Leistungsberechtigten wird in der Regel eine Verletzung des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X bzw. des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X zu bejahen sein.

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Ausgaben und Werbungskosten

Bundessozialgericht - B 4 AS 163/11 R - Urteil vom 19.06.2012

Vom zu berücksichtigenden Einkommen sind nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben abzusetzen. Mit dieser Vorschrift knüpft der Gesetzgeber nicht unmittelbar an die in § 9 EStG zu Werbungskosten getroffene Regelung an. Eine Identität zwischen den mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben und den Werbungskosten i.S. des § 9 EStG besteht deshalb nur insoweit, als nicht der Zweck der Leistungen nach dem SGB II Differenzierungen gebietet.

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Unerlaubte Ortsabwesenheit und neuer Antrag

Bundessozialgericht - B 4 AS 166/11 R - Urteil vom 16.05.2012

§ 37 SGB II stellt allgemein - ohne Differenzierung zwischen Erst- und Fortzahlungsbegehren - auf das Erfordernis der Antragstellung als Voraussetzung für den Leistungsbeginn ab; der Antrag hat konstitutive Wirkung. Mit diesem konstitutiven Akt wird das Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt - ab diesem Zeitpunkt hat der Leistungsträger die Verpflichtung, das Bestehen des Leistungsanspruchs zu prüfen und zu bescheiden. Der Antrag hat insoweit "Türöffnerfunktion" für den Bewilligungszeitraum von in der Regel 6 Monaten (§ 41 Abs. 1 S. 4 SGB II) bis zu einem Jahr. Dahinter steht das Konzept, dass Alg II wie die Alhi keine rentenähnliche Dauerleistung ist. Die Befristung gewährleistet auch dann, dass Änderungen der Verhältnisse - insbesondere bedingt durch wechselnde Einkommensverhältnisse und Veränderungen in der Bedarfsgemeinschaft - verfahrensrechtlich und verwaltungstechnisch zeitnah bearbeitet und erfasst werden können.

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Bedarfsgemeinschaft mit Stiefelternteil

Bundessozialgericht - B 14 AS 17/11 R - Urteil vom 14.03.2012

Zur Auslegung des Begriffes "Kind" in § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II kommt es unmittelbar nicht auf die in § 32 Abs. 1, § 63 EStG bzw. § 2 Abs. 1 BKGG normierte Stief- bzw. Pflegeelternbeziehung an. Ist das Kind also in den Haushalt des leiblichen Elternteils aufgenommen, gehört es der über diesen Elternteil vermittelten Bedarfsgemeinschaft zwischen den Partnern an, ohne dass es einer weitergehenden Prüfung der familienhaften Beziehungen zwischen Kind und Stiefelternteil bedarf. Ein zusätzlicher Einstandswille seitens des Stiefelternteils ist auch bei erwachsenen Stiefkindern nicht zu fordern. Mit dieser Auslegung des Begriffs "dem Haushalt angehörenden" Kinder werden nur solche (auch faktische) Elterngemeinschaften erfasst, in denen einerseits die Bindungen zwischen Elternteil und Partner so eng sind, dass von ihnen ein gegenseitiges - auch wirtschaftliches - Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann und in denen andererseits zumindest zwischen leiblichem Elternteil und erwachsenem Kind über das bloße Zusammenleben hinaus eine weitergehende Familienbeziehung erkennbar wird. Dies ist notwendig, aber auch ausreichend für die gesetzgeberische Annahme, dass das Existenzminimum in solchen Gemeinschaften auch durch das Einkommen und Vermögen des Stiefelternteils gesichert ist.

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Freibetrag bei Kurzarbeitergeld

Bundessozialgericht - B 14 AS 18/11 R - Urteil vom 14.03.2012

Das Merkmal "Einkommen aus Erwerbstätigkeit" in § 30 SGB II ist dahingehend zu fassen, dass der Freibetrag nur vom Erwerbseinkommen im engeren Sinne abzusetzen ist. Diese Auslegung entspricht der Zielsetzung des Gesetzes, wonach der Einkommensfreibetrag dem Grundsatz Rechnung tragen soll, dass der Erwerbstätige mehr Geld zur Verfügung haben soll als derjenige, der trotz Erwerbsfähigkeit nicht arbeitet.

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Zum Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft

Bundessozialgericht - B 14 AS 45/11 R - Urteil vom 14.03.2012

Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs. 1 GG verlangt eine enge Auslegung des § 7 Abs. 3 SGB II. Der Gesetzgeber knüpft nicht an jedes Zusammenleben von einander nicht zur materiellen Unterstützung verpflichteten Personen unter einem Dach die dargestellten Rechtsfolgen, sondern lediglich an das Zusammenleben in einer Bedarfsgemeinschaft. Im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG zur Bedürftigkeitsprüfung im Recht der Arbeitslosenhilfe bei eheähnlichen Gemeinschaften schließt der Gesetzgeber nur bei Vorliegen bestimmter typisierter (familiär geprägter) Lebensumstände auf (typisierte) Haushaltseinsparungen und Unterstützungsleistungen innerhalb der Gemeinschaft, die die Gewährung staatlicher Hilfe nicht oder nur noch in eingeschränktem Umfang gerechtfertigt erscheinen lassen.

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Leistungsübergang ist kein Einkommen

Bundessozialgericht - B 14 AS 98/11 R - Urteil vom 14.03.2012

Bei den Beträgen, die ein Jobcenter infolge des Übergangs von Ansprüchen des Leistungsberechtigten nach § 33 SGB II i.d.F. des GSiFoG erhält, handelt es sich nicht um Einkommen des Leistungsberechtigten i.S. des § 11 SGB II. Dem Leistungsberechtigten verbleibt infolge eines Anspruchsübergangs zwar das Stammrecht auf den Unterhalt. Ein entsprechender Zahlungsanspruch besteht jedoch in Höhe des kraft Gesetzes übergegangenen Teils nicht mehr. Ausschließlich die auf diesem Anspruch auf Auszahlung beruhende Zahlung vermittelt aber den nach § 11 SGB II entscheidenden Zufluss.

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Zur Verwertbarkeit einer Münzsammlung

Bundessozialgericht - B 14 AS 100/11 R - Urteil vom 23.05.2012

Die Wirtschaftlichkeit der Verwertung eines bestimmten Vermögensgegenstands ist ausschließlich nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit liegt nach der Rechtsprechung des BSG dann vor, wenn der (aktuell) auf dem Markt zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert (zumeist als Substanzwert bezeichnet) des zu verwertenden Vermögensgegenstands steht. Dabei knüpft das Tatbestandsmerkmal der Unwirtschaftlichkeit i.S. des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II an § 193 SGB III i.V.m. § 1 AlhiVO 2002 an. Die Unwirtschaftlichkeit kann danach nicht durch einen strikt monetären Vergleich des aktuell erzielbaren Verkaufserlöses mit den Erwerbskosten ermittelt werden. Der Substanzwert ist somit keine feste Größe, der sich nur aus dem Anschaffungswert ergibt. Es ist nach Vermögensgegenständen zu differenzieren. Der Anschaffungswert kann zwar bei fest kalkulierbaren Wertanlagen eine entscheidende Rolle spielen, so z.B. bei der Bewertung einer Kapitallebensversicherung, deren Rückkauf dann als unwirtschaftlich qualifiziert wird, wenn der Rückkaufswert die Summe der eingezahlten Beträge um eine bestimmte Marge unterschreitet. Im Übrigen gilt aber, dass der Anschaffungswert lediglich ein Indiz für die Frage der Unwirtschaftlichkeit darstellen kann.

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Erziehungsbeitrag und Einkommen

Bundessozialgericht - B 14 AS 148/11 R - Urteil vom 23.05.2012

Der Wortlaut des § 11 Abs. 4 SGB II a.F. mit den Begriffen "erstes", "zweites", "drittes", "viertes" beinhaltet nicht zwangsläufig eine zeitliche Reihenfolge der Pflegekinder, sondern zunächst nur eine Regelung über das Ausmaß der anzurechnenden Erziehungsbeiträge. Im Übrigen würde eine zeitliche Reihenfolge ein Kriterium für diese Reihung aufstellen, das dem Gesetz nicht zu entnehmen ist und hinsichtlich dessen keine Klarheit besteht.

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Erstattung für Frauenhausaufenthalt

Bundessozialgericht - B 14 AS 156/11 R - Urteil vom 23.05.2012

§ 36a SGB II ist eine gegenüber §§ 102 ff Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) spezialgesetzliche Kostenerstattungsregelung im SGB II. Sucht danach eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten. Auch materiell-rechtlich folgt die Aktivlegitimation bzw. die Passivlegitimation der ARGE/des Jobcenters dabei aus der entsprechenden Aufgabenübertragung für die dem Kostenerstattungsanspruch zugrunde liegenden Leistungen in kommunaler Trägerschaft.

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Sozialhilfe SGB XII

Zur Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers bei schulischen Fördermaßnahmen

Bundessozialgericht - B 8 SO 30/10 R - Urteil vom 22.03.2012

Wie bereits § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII verdeutlicht ("nach der Besonderheit des Einzelfalles"), liegt § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO ein individualisiertes Förderverständnis zugrunde. Eine Unterscheidung der Maßnahmen nach ihrer Art, etwa nach pädagogischen oder nichtpädagogischen bzw. begleitenden, ist rechtlich nicht geboten, weil grundsätzlich alle Maßnahmen in Betracht kommen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern. Deshalb können von der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers auch Maßnahmen umfasst werden, die zum Aufgabenbereich der Schulverwaltung gehören. Ausgeschlossen sind allerdings Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind, der sich nach der Gesetzessystematik nicht unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen, sondern der sozialhilferechtlichen Regelungen bestimmt.

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Buchrezension

Knickrehm (Hrsg.) Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht Handkommentar 
Nomos, 1080 Seiten, € 98,- 
ISBN: 978-3 - 832 - 95275-4 

Vom Gesetzgeber beabsichtigt ist die Bündelung aller sozialen Gesetze in einem Gesetzbuch. Wie weit der Weg bis dahin ist, macht dieses Werk deutlich: Mit Abkürzungen wie "OEG" oder "BVG" kann jeder - zumindest im Sozialrecht - etwas anfangen, aber was ist mit solchen "Exoten" wie "UntAbschlG"? Daß es sich dabei um das "Gesetz über den Abschluß von Unterstützungen der Bürger der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik bei Gesundheitsschäden infolge medizinischer Maßnahmen" oder kurz "Unterstützungsabschlußgesetz" handelt, werden die wenigsten wissen. Und noch weniger Bevollmächtigte werden jemals damit arbeiten. Der Kommentar ist in erster Linie ein "Fleißwerk". Nicht nur gesammelt, darüber hinaus kommentiert sind hier nicht nur "Exoten" sondern auch Bekannteres wie z. B. SVG oder IfSG. 
Wenn auch wichtigere Neuerungen wie die Änderungen im Berufsschadensausgleichsrecht darin enthalten sind, wird der Kommentar wohl eher selten genutzt werden, was beileibe nicht an der bewährten, aktuellen und übersichtlichen Kommentierung liegt, sondern an den eher abgelegenen Materien (wenn man beispielsweise einen Fall mit dem "Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz" bearbeitet). 

M. Schörnig 
Rechtsanwältin

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