Ausgabe    1/2012 

September vom 09.01.2012 

Druckversion der Zeitung (pdf-Format ohne weiterführende Links).

     Gesetzesänderungen

     Informationen

Schwerbehindertenrecht

Soziales Entschädigungsrecht

Verfahrensrecht

Unfallversicherung

Pflegeversicherung

Krankenversicherung

Sachverständigenvergütung

Anwaltshonorar

Grundsicherung für Arbeitssuchende SGB II

Sozialhilfe SGB XII

     Buchrezension

     Service

Herausgeber und verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes Dorothea Strake
Schulstr. 90, 41372 Niederkrüchten

 erscheint alle 2 Monate


Liebe Leser,

wir wünschen unseren Lesern alles Gute für das Jahr 2012.

Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihr Team von "Sozialrecht online" und uwendler.de


Gesetzesänderung

Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren - vom 24. November 2011 - (pdf-Dokument)

veröffentlicht im Bundesgesetzblatt S. 2302 Jahrgang 2011 Teil I Nr. 60, ausgegeben zu Bonn am 2. Dezember 2011

 

Informationen

Schwerbehindertenrecht

GdB für essentiellen Tremor

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 13 SB 102/08 - Urteil vom 23.11.2011

Ein essentieller Tremor, der mittels Hirnschrittmachers in dem Sinn erfolgreich behandelt wird, dass es klinisch zu einer weitgehenden Symptomreduktion kommt, ist mit einem GdB von 30 angemessen bewertet.

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"G" bei außergewöhnlichem Schmerzsyndrom

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 13 SB 161/10 - Urteil vom 18.08.2011

Bei Knieschäden kann ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom einen höheren GdB - und damit auch den Nachteilsausgleich "G" - rechtfertigen als sich aufgrund der "reinen"  Bewegungseinschränkungen ergibt. Außergewöhnliche Schmerzzustände sind jedoch zu belegen. Nicht ausreichend ist dabei, dass der Betroffene nicht verschreibungspflichtige Medikamente und Salben wie Ibuprofen und Voltaren zur Schmerzlinderung verwendet. Gleiches gilt hinsichtlich des Medikamentes Dona 200 (S), denn dieses dient der chondroprotektiven Therapie, mithin der Behandlung der Gelenkarthrosen mit knorpelschützenden und knorpelerhaltenden Arzneimitteln.

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Gehtests ungeeignet für die Feststellung von "G"

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 13 SB 91/11 - Urteil vom 21.10.2011

Für die Feststellung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "G" ist das Ergebnis von Gehtests grundsätzlich nicht geeignet. Entscheidend ist vielmehr, ob sich auf die Gehfähigkeit auswirkende Funktionsstörungen vorliegen, die den in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit bzw. in der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung aufgeführten Funktionsstörungen entsprechen, bei denen eine erhebliche Beeinträchtigung der Gehfähigkeit angenommen wird.

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Feststellung des GdB nach Ablauf der Heilungsbewährung

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt - L 7 SB 29/07 - Urteil vom 22.02.2011

Nach Ablauf der Heilungsbewährung, die bei malignen Erkrankungen meist fünf Jahre beträgt, ist der GdB ausschließlich nur noch anhand der noch verbliebenen Funktionseinschränkungen zu bestimmen. Dabei sind Operations- oder Bestrahlungsfolgen im jeweiligen Funktionssystem zu bewerten. Eine Erhöhung des Behinderungsgrads wegen eines durch ein Primärleiden hervorgerufenen Leidens an einem anderen Organ oder Organsystem, ohne dass dieses nennenswerte Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft hat, führt zu keinem höheren GdB. Hat das Sekundärleiden nämlich keine wesentlichen Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit des betroffenen Menschen, so besteht kein Grund, es bei der Bewertung des Behinderungsgrads anders zu behandeln als eine von dem Primärleiden unabhängig entstandene weitere Gesundheitsstörung.

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Soziales Entschädigungsrecht 

Opferentschädigung nach dem OEG nach Polizeigewalt bei Blutentnahme

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 10 (6) VG 34/08 - Urteil vom 13.05.2011

Auch wenn die polizeiliche Ingewahrsamnahme des späteren Opfers und Versuche, ihm Blut zu entnehmen, grundsätzlich rechtmäßig sind, kann eine Blutentnahme unter Gewaltanwendung rechtswidrig sein und zur Entschädigung nach dem OEG (hier wegen dabei erlittenem hypoxischen Hirnschaden) führen. Das ist dann der Fall, wenn die Blutentnahme aufgrund der Gesamtumstände, z.B. vorheriger Ablauf und Gesamtdauer der Versuche, Blut zu entnehmen, kein willensgesteuerter Widerstand, nicht mehr gerechtfertigt war.

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Die anspruchsbegründenden Tatsachen, insbesondere ein Angriff i.S.d. § 1 OEG, müssen nachgewiesen werden

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 13 (10) VG 11/09 - Urteil vom 09.03.2011

1. Die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für eine soziale Entschädigung nach dem OEG, zu denen das Vorliegen eines rechtswidrigen Angriffs i.S.d. § 1 OEG zählt, müssen grundsätzlich nachgewiesen werden, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bzw. mit einem so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit festgestellt werden können, dass kein vernünftiger Zweifel mehr besteht.
2. Züchtigungen waren bis zur Abschaffung des sog. Elterlichen Züchtigungsrechts im Jahr 2000 nicht per se rechtswidrig.
3. Die Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG kann nicht angewendet werden, wenn das Begehren des Antragsstellers nicht stützende Beweismittel vorliegen. § 15 KOVVfG setzt nämlich gerade das Fehlen von Beweismitteln voraus.

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Verfahrensrecht

Wiedereinsetzung und "höhere Gewalt"

Bundessozialgericht - B 14 AS 63/11 B - Beschluss vom 06.10.2011

Unter höherer Gewalt i.S. des § 67 Abs. 3 SGG wird nicht nur wie im Haftungsrecht ein von außen kommendes nicht beeinflussbares Ereignis (Krieg, Naturkatastrophe, Reaktorunfall, Epidemie o.Ä.), sondern jedes Geschehen verstanden, das auch durch die größtmögliche, von dem Betroffenen unter Berücksichtigung seiner Lage, Bildung und Erfahrung vernünftigerweise zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte. Damit können sich etwa objektiv falsche oder irreführende Auskünfte einer Behörde nach der Rechtsprechung des BSG als höhere Gewalt i.S. des § 67 Abs. 3 SGG darstellen. Gleiches gilt im Hinblick auf irreführendes, fehlerhaftes Verhalten durch ein Gericht. Die Jahresfrist des § 67 Abs. 3 SGG verfolgt den Zweck, eine unangemessene Verzögerung von Prozessen zu verhindern und den Eintritt der Rechtskraft zu gewährleisten. Im Hinblick auf diesen Zweck ist sie ausnahmsweise dann nicht anwendbar, wenn die Überschreitung der Frist nicht in der Sphäre des Beteiligten lag, sondern allein dem Gericht zuzurechnen ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn das Gericht innerhalb der Jahresfrist Handlungen vorgenommen hat, die aus Sicht der Beteiligten auf eine sachlich-rechtliche Behandlung des Rechtsbehelfs hindeuten.

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Zur Verrechnung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen

Bundessozialgericht - GS 2/10 - Beschluss vom 31.08.2011

Der Leistungsträger darf die Rechtsfolgen einer einseitig gegenüber dem originär Sozialleistungsberechtigten durchgeführten Verrechnung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen mit ihm obliegenden Geldleistungen nach § 52 SGB I durch Verwaltungsakt regeln.

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Rechtzeitiger Wiedereinsetzungsantrag nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlich

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 13 VG 50/11 - Beschluss vom 21.11.2011

Wird für die Durchführung eines Berufungsverfahrens zunächst "lediglich" die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt und dem Antrag durch Entscheidung des Berufungsgerichts stattgegeben, ist nachfolgend spätestens binnen eines Monats Berufung einzulegen und Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist zu beantragen. Nach § 67 SGG ist die Berufungseinlegung als versäumte Rechtshandlung binnen einen Monats nach Wegfall des Hindernisses - die vorab beantragte Gewährung von Prozesskostenhilfe - nachzuholen.

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Hepatitis C als Berufskrankheit

Bundessozialgericht - B 2 U 22/10 R - Urteil vom 15.09.2011

Die BKV umschreibt den Tatbestand der BK 3101 wie folgt: "Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war". Ob "Einwirkungen" i.S. einer besonders erhöhten Infektionsgefahr vorliegen, beurteilt sich nach dem Grad der Durchseuchung des versicherten Tätigkeitsbereichs und dem Übertragungsrisiko der im Gefahrenbereich vorgenommenen Verrichtungen.

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Wartezeit und Pflegebedarf

Hessisches Landessozialgericht - L 8 P 38/10 - Urteil vom 28.09.2011

Nicht berücksichtigt werden kann beim Hilfebedarf eine Wartezeit des Ehemannes der Pflegebedürftigen während der ärztlich verordneten Therapien als Hilfe im Bereich der Mobilität. Als Maßnahme der Grundpflege kann die Mobilitäts-Hilfe außerhalb der eigenen Wohnung nur dann berücksichtigt werden, wenn sie erforderlich ist, um das Weiterleben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen, also um Krankenhausaufenthalte und die stationäre Pflege in einem Pflegeheim zu vermeiden und die Hilfe durch Begleitung zum Arzt durchschnittlich wenigstens einmal wöchentlich anfällt. Gleiches gilt für die Begleitung zum Krankengymnasten, wenn die Maßnahme ärztlich verordnet ist.

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Keine Kostenübernahme für eine hyperbare Sauerstofftherapie

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 1 (16) KR 207/09 - Urteil vom 06.10.2011

In der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten, die an einem diabetischen Fußsyndrom leiden, steht kein Anspruch auf Übernahme der Kosten einer ambulanten hyperbaren Sauerstofftherapie zu.

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Raumluftbefeuchter sind keine Hilfsmittel i.S.d. Krankenversicherungsrecht

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 1 KR 304/10 - Urteil vom 06.10.2011

Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht umfasst. Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind solche, die allgemein auch von Gesunden im täglichen Leben verwendet werden. Dazu gehören auch Raumluftbefeuchter, da sie schon im Allgemeinen nicht vorwiegend für Kranke und Behinderte gedacht sind, sondern auch von gesunden Menschen zur Herstellung eines gesunden Raumklimas genutzt  werden.

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Vergütung für Gutachten

Bayerisches Landessozialgericht - L 15 SF 97/11 - Kostenbeschluss vom 30.11.2011

Für die Ermittlung der Zahl der zu vergütenden Stunden kommt es nicht auf die vom Sachverständigen tatsächlich aufgewandten Stunden an. Die Zeit, die erforderlich ist, hängt nicht von der individuellen Arbeitsweise des Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. Nach der ständigen Rechtsprechung kann nur der Aufwand als "erforderlich" angesehen werden, den ein Sachverständiger mit einer durchschnittlichen Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung und durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt. Demnach ist ein objektiver Maßstab anzulegen.

Aufgrund des auf langjährigen Erfahrungswerten beruhenden Beschlusses des Kostensenats des Bayer. LSG  gelten folgende Bemessungskriterien für die Feststellung der Vergütung in erster Linie medizinischer Gutachten nach dem JVEG :

- Für das Aktenstudium 100 Blatt/Stunde einschließlich der Fertigung von Notizen und Exzerpten bei mindestens 25 % medizinisch gutachtensrelevantem Inhalt. In allen anderen Fällen dagegen erscheinen 150 bis 200 Blatt/Stunde angemessen. Das von der Rechtsprechung des Kostensenats im Einzellfall zugebilligte und davon abweichende Aktenstudium bleibt davon unberührt, z.B. nur eine bis zwei Stunden bei einem testpsychologischen Zusatzgutachten nach dem JVEG.

- Für die Abfassung einer Seite der Beurteilung und Beantwortung der gestellten Beweisfragen eine Stunde, wobei jeweils für eine ganze Seite von 1.800 Anschlägen (30 Zeilen x 60 Anschläge nach DIN 1422) ausgegangen wird.

- Für Diktat und Durchsicht eine Stunde für je sechs Seiten, wobei auch hier für jeweils eine ganze Seite 1.800 Anschläge (30 Zeilen x 60 Anschläge) zugrunde gelegt werden.

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Anwaltshonorar

Zur Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV

Bundessozialgericht - B 4 AS 155/10 R - Urteil vom 27.09.2011

Vertragspartner und Auftraggeber i.S. der Nr. 1008 VV RVG können auch unterschiedliche Personen sein. Eine Mehrheit von Auftraggebern liegt nach dem weiten Anwendungsbereich dieser Regelung bereits dann vor, wenn derselbe Rechtsanwalt für verschiedene natürliche Personen tätig wird. Es kommt insoweit nicht darauf an, wer persönlich dem Anwalt den Auftrag erteilt hat. Auch dann, wenn nur eine Person für eine von ihr vertretene Personenmehrheit Auftraggeber des Anwalts ist und mit diesem den Anwaltsvertrag abschließt, kann Nr. 1008 VV RVG Anwendung finden.

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Gebühren bei Untätigkeitsklage

Hessisches Landessozialgericht - L 2 AS 517/11 B - Beschluss vom 28.11.2011

Teilweise wird die Auffassung vertreten, im Falle einer Untätigkeitsklage sei grundsätzlich nur die Verfahrensgebühr nach der Nr. 3102 VV-RVG anzusetzen, weil es sich bei der Untätigkeitsklage um eine von der sonstigen Tätigkeit des Rechtsanwalts in Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren unabhängigen Tätigkeit handele mit der Folge, dass für den abgesenkten Gebührenrahmen der Nr. 3103 VV-RVG kein Raum sei.. Dem schließt sich das Hessische LSG nicht an. Auch bei einer Untätigkeitsklage sind Vorkenntnisse aus einem Vorverfahren von Bedeutung und maßgeblich für die Überlegung, ob es sachdienlich ist, die Untätigkeitsklage zu erheben. Eine Befassung mit der Sach- und Rechtslage ist erforderlich. Allein die Prüfung der Fristen des § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genügt nicht, um substantiiert Untätigkeitsklage erheben zu können. Dementsprechend bewirken Vorkenntnisse aus einem vorangegangenen Verfahren Synergieeffekte, die die Anwendung der Nr. 3103 VV-RVG begründen.

Nach den Kriterien des § 14 RVG ist eine Untätigkeitsklage allerdings als deutlich unterdurchschnittlich zu bewerten. Denn das Interesse des Klägers ist im Wesentlichen gerichtet auf den Erlass eines Bescheides bzw. Widerspruchsbescheides durch den Leistungsträger. Unter Berücksichtigung dessen ist im Regelfall die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes im Rahmen einer Untätigkeitsklage mit der halben Mittelgebühr der Nr. 3103 VV-RVG (Mittelgebühr 200,- EUR, halbe Mittelgebühr 100,- EUR) angemessen vergütet. Mit der halben Mittelgebühr sind das Gespräch mit dem Mandanten, die Akteneinsicht und die Fertigung der Untätigkeitsklageschrift abgegolten.

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Zur Erledigungsgebühr

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen - L 7 AS 722/09 - Urteil vom 18.10.2011

Eine Erledigungsgebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens durch Abhilfebescheid kann nur dann beansprucht werden, wenn der Anwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat, die über das Maß desjenigen hinaus geht, dass schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird. Eine solche qualifizierte, die Erledigungsgebühr begründende Tätigkeit liegt z. B. vor, wenn der Rechtsanwalt zum Zwecke des Beweises entscheidungserhebliche Tatsachen unaufgefordert beibringt. Dies gilt aber nur für neue, bisher noch nicht bekannte Beweismittel im Widerspruchsverfahren. Anders verhält es sich bei der Vorlage schon präsenter Beweismittel im Rahmen der dem Widerspruchsführer ohnehin obliegenden Mitwirkung. Dort ist die unaufgeforderte Vorlage bereits mit der Geschäftsgebühr bzw. der Auslagenpauschale abgegolten. Entscheidend ist der dem Anwalt entstandene Aufwand, der im Fall des vorgenannten Urteils des BSG durch das Bemühen entstanden ist, an den Arbeitgeber heranzutreten, um von diesem eine entsprechende Bescheinigung zu erhalten. Dementsprechend reicht auch eine ausführliche Widerspruchsbegründung nicht aus, um die Erledigungsgebühr auszulösen, und zwar selbst dann nicht, wenn die vorgetragenen Argumente dazu führen, dass die Behörde ihre Auffassung ändert und dem Widerspruch abhilft.

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Grundsicherung für Arbeitssuchende SGB II

Weiterhin kein SGB II für Ausbildungszwecke

Bundessozialgericht - B 4 AS 145/10 R - Urteil vom 27.09.2011

Der Ausschlussregelung des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II liegt die Erwägung zugrunde, dass bereits die Ausbildungsförderung nach dem BAföG oder eine Förderung gemäß §§ 60 bis 62 SGB III auch die Kosten des Lebensunterhalts umfasst und die Grundsicherung nach dem SGB II nicht dazu dienen soll, durch Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts das Betreiben einer dem Grunde nach anderweitig förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen. Die Ausschlussregelung im SGB II soll die nachrangige Grundsicherung (vgl. § 3 Abs. 3 SGB II) mithin davon befreien, eine - versteckte - Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene zu ermöglichen. Wie beide für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden haben, zieht allein die Förderungsfähigkeit der Ausbildung dem Grunde nach die Rechtsfolge des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II, also den Ausschluss von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, nach sich. Individuelle Versagensgründe, die im Verhältnis zum Träger der Förderungsleistung eingetreten sind, bleiben demgegenüber außer Betracht.

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Kein Zuschuss zur privaten Krankenversicherung von Studenten

Bundessozialgericht - B 4 AS 160/10 R - 27.09.2011

Nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II gilt für Bezieher von Alg II, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig und nicht familienversichert sind und die für den Fall der Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, § 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 des VAG. Die Vorschrift knüpft im Sinne der vorhergehenden Ausführungen bereits dem Wortlaut nach an den Alg II-Bezug an. Sie beschränkt den zuschussberechtigten Personenkreis. Die Geltung von § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG wird ausdrücklich nur für die Bezieher von Alg II oder Sozialgeld angeordnet.

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Kein Freibetrag bei Krankengeldbezug

Bundessozialgericht - B 4 AS 180/10 R - Urteil vom 27.09.2011

Nach § 30 SGB II ist bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein weiterer Betrag abzusetzen. Die Formulierung "weiterer Betrag" bezieht sich auf den Absetzbetrag des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II. Der Höhe nach macht der Erwerbstätigenfreibetrag gemäß § 30 Satz 2 Nr. 1 SGB II einen Betrag aus von 20 v.H. des Einkommensteils, der das monatliche Einkommen von 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 800 Euro beträgt. Aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte, systematischem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Regelung folgt jedoch, dass dieser Erwerbstätigenfreibetrag einzig vom Erwerbs- und nicht von Erwerbsersatzeinkommen, auch nicht vom Krankengeld in Abzug zu bringen ist.

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Erstausstattungsanspruch auch bei fahrlässigem Verhalten des Leistungsempfängers

Bundessozialgericht - B 4 AS 202/10 R - Urteil vom 27.09.2011

In Abgrenzung zu einem Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf, der aus der Regelleistung zu bestreiten ist, kommt eine Wohnungserstausstattung aber auch bei einem erneuten Bedarfsanfall in Betracht, wenn der Hilfebedürftige nachweist, dass er - regelmäßig im Zusammenhang mit besonderen Ereignissen - über die nunmehr notwendigen Ausstattungsgegenstände bisher nicht oder nicht mehr verfügt. Von den in den Gesetzesmaterialien beispielhaft genannten Bedarfen für eine Wohnungserstausstattung, z.B. nach einem Wohnungsbrand oder bei Erstanmietung nach einer Haft, steht jedenfalls der Wohnungsbrand für Konstellationen, bei denen - nach dem Willen des Gesetzgebers - Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II für einen erneuten Bedarfsanfall im Sinne einer Ersatzbeschaffung als "Wohnungserstausstattung" gewährt werden können. Entsprechend hat das BSG bereits entschieden, dass der erstmaligen Ausstattung einer Wohnung wertungsmäßig diejenigen Fälle einer Ersatzbeschaffung gleichzustellen sind, bei denen vorhandene Ausstattungsgegenstände allein durch einen vom Grundsicherungsträger veranlassten Umzug in eine angemessene Wohnung unbrauchbar werden. Gleiches gilt unter Berücksichtigung der gebotenen bedarfsbezogenen Betrachtungsweise, wenn die Wohnungsausstattung bei einem Zuzug aus dem Ausland untergegangen ist. Verschuldensgesichtspunkte können dem Bedarf nicht entgegengehalten werden.

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Angemessene Unterkunftskosten und Tilgungsraten

Bundessozialgericht - B 14 AS 79/10 R - Urteil vom 07.07.2011

Zu den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, für die Leistungen zu erbringen sind, gehören grundsätzlich nicht die von Eigentümern zu zahlenden Tilgungsraten. Die Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Hinblick auf den im SGB II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses "Wohnen" nur in besonderen Ausnahmefällen angezeigt, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist. Im Übrigen ist der Eigentümer grundsätzlich ebenso wenig wie der Mieter davor geschützt, dass sich die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels ergeben kann.

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Wertersatz für rechtsgrundlos erbrachte Arbeit

Bundessozialgericht - B 14 AS 101/10 R - Urteil vom 13.04.2011

Der Hilfebedürftige kann einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gerichtet auf Wertersatz für eine rechtsgrundlos erbrachte Arbeit nicht lediglich dann beanspruchen, wenn die Eingliederungsvereinbarung bzw. ein entsprechender ersetzender Bescheid (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 5 SGB II) an rechtlichen Mängeln leidet. Dort, wo die Eingliederungsvereinbarung für sich genommen keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Durchführung einer bestimmten Arbeitsgelegenheit darstellt, kommt es in der Konsequenz wegen der Prüfung des Rechtsgrundes für die geleistete Arbeit nicht allein auf das Vorliegen einer Eingliederungsvereinbarung, sondern auch auf die weiteren Regelungen zu der konkret durchgeführten Maßnahme an. Insbesondere wenn eine solche Maßnahme zwar auf eine im öffentlichen Interesse liegende Arbeit im Sinne einer wertschöpfenden, fremdnützigen Tätigkeit gerichtet ist, sich aber nicht als zusätzlich i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II darstellt, kann die erbrachte Arbeit rechtsgrundlos zugewandt sein.

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Stromkostenerstattung kein Einkommen

Bundessozialgericht - B 14 AS 185/10 R - Urteil vom 23.08.2011

Auch wenn Einnahmen aus bereits bestehenden Rechtspositionen erzielt werden (z.B. Auszahlung des Gehalts als Erfüllung der Gehaltsforderung) und eine auf Geld oder Geldeswert gerichtete (noch nicht erfüllte) Forderung einen wirtschaftlichen Wert darstellt, gehört die Forderung, wenn sie dem Inhaber bereits zusteht (z.B. noch nicht erfüllte Gehaltsforderungen für zurückliegende Monate), zu seinem Vermögen. Das führt jedoch nicht zu einer Konkurrenz dergestalt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung als Einkommen zu berücksichtigen wären. Vielmehr ist nach § 11 SGB II im Falle der Erfüllung einer (Geld-) Forderung grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung von Bedeutung, sondern das Gesetz stellt insofern allein auf die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen ab. Das gilt allerdings nicht für Fälle, in denen mit bereits erlangten Einkünften Vermögen angespart wurde, z.B. bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen. Denn andernfalls wertete man den Rückgriff auf Erspartes unzulässig erneut als Einkommen. Dementsprechend bleibt ein Sparguthaben bei seiner Auszahlung Vermögen.

Bei der Rückerstattung von Vorauszahlungen auf der Grundlage von Energielieferverträgen ist von der Maßgeblichkeit des tatsächlichen Zuflusses als Differenzierungskriterium zwischen Einkommen und Vermögen nicht abzuweichen. Solche Rückzahlungen erfolgen nicht aus bereits erlangten Einkünften, mit denen ein gezielter "Vermögensaufbau" betrieben wurde. Im Ergebnis kommt damit nur die Berücksichtigung der Rückzahlung als Einkommen im Bedarfszeitraum, nicht dagegen als Vermögen in Betracht. Eine Rückzahlung von Stromkosten, die auf Vorauszahlungen in Zeiträumen beruht, in denen Hilfebedürftigkeit nach §§ 7, 9 SGB II bestand, kann aber nach Sinn und Zweck des § 11 Abs. 1 und § 20 SGB II nicht als Einkommen berücksichtigt werden.

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Zur "eheähnlichen Lebensgemeinschaft"

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 2 AS 842/11 B - Beschluss vom 23.11.2011

Nach § 7 Abs. 3a SGB II wird ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vermutet, wenn Partner 1. länger als ein Jahr zusammenleben, 2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, 3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder 4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. Diese Vermutung betrifft zum einen nur die Qualität der persönlichen Bindung, nicht aber das "vorgelagerte" Erfordernis des Zusammenlebens "als Partner" in einem gemeinsamen Haushalt. Dies muss als Anknüpfungspunkt der Vermutung zunächst (und zwar ohne dass insoweit eine Vermutung wirkt) festgestellt werden. Erforderlich ist, dass der Sachstand eine klare Überzeugungsbildung dahingehend ermöglicht, dass die Betroffenen als Partner zusammenleben.

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Zuständigkeit bei Wechsel des Frauenhauses

Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 12 AS 3169/10 - Urteil vom 21.10.2011

Der Erstattungsanspruch des § 36a SGB II besteht auch, wenn durch einen Wechsel des Frauenhauses die Zuständigkeit eines anderen kommunalen Trägers begründet wird. Mit dem Wortlaut des "bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort" im Sinne von § 36a SGB II ist der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort außerhalb eines Frauenhauses gemeint. Im Falle eines unmittelbaren Wechsels von einem Frauenhaus in ein in einem anderen Bezirk liegendes Frauenhaus wird nicht erneut "Zuflucht in ein Frauenhaus" im Sinne von § 36a SGB II "gesucht", vielmehr bleiben die betreffenden Personen in einem Frauenhaus, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen des ersten Halbsatzes des § 36a SGB II erfüllt sind, wenn nur ein Wechsel des Ortes des Frauenhauses stattfindet. Es bleibt daher der kommunale Träger der Leistungen am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts vor der Verlegung des Aufenthaltsorts in ein Frauenhaus zur Erstattung der Leistungen auch dann verpflichtet, wenn Hilfebedürftige von einem Frauenhaus in ein anderes Frauenhaus wechseln und damit ein anderer Träger des (zweiten) Frauenhauses für die Leistungserbringung zuständig wird.

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Erziehungsrente ist Einkommen

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt - L 5 AS 141/08 - Urteil vom 13.10.2011

Die Erziehungsrente nach § 47 SGB VI ist keine Leistung zur Erziehung eines Kindes oder Jugendlichen, sondern dient wie die Regelleistung nach dem SGB II der Sicherung des Lebensunterhalts. Die Rente ist daher als Einkommen nach dem SGB II anzurechnen.

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Kosten für Nachhilfe

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - L 6 AS 190/11 B - Beschluss vom 21.12.2011

Nach §§ 19 Abs. 2, 28 Abs. 5 SGB II wird bei Schülerinnen und Schülern eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen.  In der Regel ist die Nachhilfe nur kurzzeitig notwendig, um vorübergehende Lernschwächen zu beheben. Sie soll unmittelbare schulische Angebote lediglich ergänzen. Die unmittelbaren schulischen Angebote haben in jedem Fall Vorrang und nur dann, wenn diese im konkreten Einzelfall nicht ausreichen, kommt außerschulische Lernförderung in Betracht. Die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Lernförderung bezieht sich auf das wesentliche Lernziel, das sich wiederum im Einzelfall je nach Schulform und Klassenstufe aus den schulrechtlichen Bestimmungen des jeweiligen Landes ergibt. Das wesentliche Lernziel in der jeweiligen Klassenstufe ist regelmäßig die Versetzung in die nächste Klassenstufe beziehungsweise ein ausreichendes Leistungsniveau. Es ist nach der Begründung zum Gesetz eine auf das Schuljahresende bezogene prognostische Einschätzung unter Einbeziehung der schulischen Förderangebote zu treffen. Ist im Zeitpunkt der Bedarfsfeststellung diese Prognose negativ, besteht kein Anspruch auf Lernförderung. Die Lernförderung ist auch dann nicht geeignet, wenn das Lernziel objektiv nicht mehr erreicht werden kann, sondern nach den schulrechtlichen Bestimmungen beispielsweise ein Wechsel der Schulform und eine Wiederholung der Klasse angezeigt sind. Liegt die Ursache für die vorübergehende Lernschwäche in unentschuldigtem Fehlen oder vergleichbaren Ursachen und bestehen keine Anzeichen für eine nachhaltige Verhaltensänderung, ist Lernförderung ebenfalls nicht erforderlich.

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Sozialhilfe SGB XII

Zur Verwertbarkeit von Lebensversicherungen

Bundessozialgericht - B 8 SO 19/10 R - Urteil vom 25.08.2011

Ob Lebensversicherungsansprüche im Sinne der gesetzlichen Regelung verwertbar sind, beurteilt sich unter rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten; der Vermögensinhaber muss über das Vermögen verfügen dürfen, aber auch verfügen können. Beide Aspekte verlangen darüber hinaus eine Berücksichtigung der zeitlichen Dimension, innerhalb der das Vermögen (voraussichtlich) verwertet werden kann. Kann der Vermögensinhaber das Vermögen nicht in angemessener Zeit verwerten, verfügt er nicht über bereite Mittel. Nach der Rechtsprechung des 14. Senats des BSG ist von einer generellen Unverwertbarkeit i.S. des § 12 Abs. 1 SGB II auszugehen, wenn völlig ungewiss ist, wann eine für die Verwertbarkeit notwendige Bedingung eintritt. Maßgebend für die Prognose, dass ein rechtliches oder tatsächliches Verwertungshindernis wegfällt, ist danach im Regelfall der Zeitraum, für den die Leistungen bewilligt werden, also regelmäßig der sechsmonatige Bewilligungszeitraum des § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II, mit der Folge, dass nach Ablauf des jeweiligen Bewilligungsabschnitts eine neue Prognoseentscheidung ohne Bindung an die vorangegangene Einschätzung zu treffen ist.

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Einkommensberechnung bei gemischter Bedarfsgemeinschaft

Bundessozialgericht - B 8 SO 20/09 R - Urteil vom 09.06.2011

Leistungen nach dem SGB II sind kein anrechenbares Einkommen im Rahmen des SGB XII. Zwar werden neben den "Leistungen nach diesem Buch" Leistungen nach dem SGB II in der Aufzählung des § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII über von der Einkommensberücksichtigung ausgenommenes Einkommen nicht genannt; bei einer gemischten Bedarfsgemeinschaft ist aber auch das Alg II, das der SGB-II-Leistungsberechtigte erhält, in entsprechender Anwendung des § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII wie die Leistungen nach dem SGB XII zu behandeln. Auch das SGB II (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II) sieht nämlich korrespondierend zum SGB XII (§ 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) eine Nichtberücksichtigung von Leistungen nach dem SGB II als Einkommen vor. Beide Vorschriften bezwecken, existenzsichernde Leistungen nicht als Einkommen einsetzen zu müssen. Dann aber kann bei der gegenseitigen Berücksichtigung von Einkommen bei Mitgliedern einer gemischte Bedarfsgemeinschaft, in der der eine Teil Alg II und der andere Teil Sozialhilfeleistungen erhält, nichts anderes gelten. Dies hat der Gesetzgeber übersehen, der die gemischte Bedarfsgemeinschaft nicht im Blick hatte (Schmidt in jurisPK-SGB XII, § 82 SGB XII RdNr. 45).

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Kosten der Bestattung

Bundessozialgericht - B 8 SO 20/10 R - Urteil vom 08.06.2009

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Für die Annahme einer solchen Pflicht genügt nicht eine Vereinbarung mit einem Bestattungsunternehmen; erforderlich ist vielmehr ein besonderer zivil- oder öffentlich-rechtlicher Status. Das Bundesverwaltungsgericht formuliert insoweit "wer der Kostenlast von vornherein nicht ausweichen kann" . Zu unterscheiden ist dieser von dem Totensorgerecht, einer in familienrechtlichen Beziehungen begründeten, näheren Verwandten zustehenden Rechts-, nicht verpflichtenden Position.

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Buchrezension

Reinkober
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II

Boorberg, 199 Seiten, € 19,80
ISBN: 978-3-415 -047105

Der Untertitel lautet "Eine Fallbearbeitung": Anhand einer fiktiven Großfamilie (drei Generationen, die alle unter einem Dach leben) werden hier die verschiedenen Ansprüche durchgerechnet. Die Autorin - Mitarbeiterin der Bundesagentur für Arbeit - hat hier jede erdenkliche Fallgestaltung eingebaut: Hauseigentümer, Mieter, Alleinerziehende, Verheiratete, eheähnliche Lebensgemeinschaft, Volljährige über und unter 25, Minderjährige, Student, Erwerbsgeminderte, Altersrentenbezieher, vorübergehender Auslandsaufenthalt, - hier findet sich für jeden etwas.
Wohltuend ist in dem Wust der Sachverhalte, daß jeder Aspekt für jede Person kurz und knapp aufgearbeitet wird. Überhaupt werden umfangreiche Streitpunkte nicht in epischer Breite dargestellt, sondern die Autorin begnügt sich mit einem Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung. Am Ende jeden Kapitels ist das Prüfungsschema nochmals abstrakt (also ohne Verweis auf unsere fiktiven Helden Björn, Hanna, Erna, Celine u. a.) aufgelistet.
Wer zufällig gerade einen "passenden" Mandanten zur Hand hat, der kann "aus dem Stegreif" beraten mithilfe des Buches. Allerdings ist es auch sehr vollgepackt und läßt ob der Vielfalt der Probleme den Leser lange suchen.

Löns / Herold - Tews
Grundsicherung für Arbeitssuchende (Komm.)

Vahlens, 3. Aufl., 2011, 542 Seiten, € 56,-
ISBN: 978-3-8006-3814-7

In mittlerweile dritter Auflage erscheint dieser Richterkommentar und hat sich gegen die (mittlerweile doch zahlreiche) Konkurrenz durchgesetzt. Das liegt wohl vor allem daran, daß hier fast ausschließlich - und reichlich (!) - Urteile zitiert werden. Kommentare sind in der Minderzahl. Bei den Urteilen wiederum liegt das Schwergewicht auf höchstrichterlicher Rechtsprechung. Urteilsrecherche kann man sich beinahe schon sparen, z. B. im Paragraphen § 22 - Kosten der Unterkunft und Heizung - sind alle Vergleichsräume aufgezählt, über die das BSG bis Juli 2011 entschieden hat.
Hervorhebt sich der Kommentar durch die erstmalige Verwendung von Checklisten, die man als Schemata für jeden Schriftsatz übernehmen kann.
Abgerundet wird das alles durch Tabellen, z. B. zum Mehrbedarf, die jede (zeitraubende) Berechnung überflüssig machen und durch Angabe von weiteren Literaturquellen (z. B. Bearbeitungshinweise der BA zu einzelnen Paragraphen).

M. Schörnig
Rechtsanwältin

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