Ausgabe    3/2011 

Mai vom 09.05.2011 

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     Informationen

Schwerbehindertenrecht

Soziales Entschädigungsrecht

Verfahrensrecht

Vertragsarztrecht

Krankenversicherung

Unfallversicherung

Anwaltshonorar

Grundsicherung für Arbeitssuchende SGB II

Sozialhilfe SGB XII

     Buchrezension

     Service

Herausgeber und verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes Dorothea Strake
Schulstr. 90, 41372 Niederkrüchten

Die Zeitschrift erscheint alle 2 Monate


Liebe Leser,

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In der Regel kein höherer GdB für Diabetes mellitus wegen notwendiger sportlicher Betätigung

Bundessozialgericht - B 9 SB 3/09 R - Urteil vom 02.12.2010

Die GdB-Bewertung eines insulinpflichtigen Diabetes mellitus richtet sich nach der Stabilität der Stoffwechsellage und dem Ausmaß des Therapieaufwandes. Eine medizinisch notwendige sportliche Betätigung ist bei der Bemessung des GdB grundsätzlich nicht als die Teilnahme am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigender Therapieaufwand zu werten, wenn sie sich im Rahmen einer allgemein empfohlenen gesunden Lebensweise bewegt.

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Kriterien zu GdB-Bewertung einer psychischen Gesundheitsstörung

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 11 SB 155/09 - Urteil vom 03.03.2011

Besteht die Frage, ob eine stärker behindernde psychische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vorliegt, kann die Häufigkeit der Inanspruchnahme einer ärztlicher Behandlung ein Bewertungskriterium sein.

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Rückwirkende GdB-Feststellung nur in offenkundigen Fällen

Sozialgericht Aachen - S 17 SB 1031/10 - Urteil vom 22.02.2011

Der GdB ist grundsätzlich nur ab Antrag mit Wirkung für die Zukunft, nicht aber für die Vergangenheit, festzustellen. Eine Rückwirkung eines Antrags i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 2 SchwbAwV muss auf offenkundige Fälle beschränkt werden. Die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch ist jedenfalls dann nicht offenkundig ist, wenn der GdB nur durch Einholung eines oder mehrerer fachärztlicher Gutachten unter Berücksichtigung und Würdigung sämtlicher vorhandener medizinischer Unterlagen festgestellt werden kann, weil dann für betroffene Dritte ohne medizinische Kenntnisse erst recht nicht mehr ersichtlich ist, ob eine Schwerbehinderung besteht oder nicht und sie deshalb durch die rückwirkende Feststellung in unzumutbarer Weise betroffen werden könnten.

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Soziales Entschädigungsrecht 

Kein Anspruch auf in die Vergangenheit wirkende Rücknahme länger als vier Jahre zurückliegender Verwaltungsakte

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 11 VH 88/09 - Urteil vom 03.03.2011

Nach § 44 SGB X kann ein unanfechtbarer rechtswidriger Verwaltungsakt längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren zurückgenommen werden. Dagegen kann nicht eingewandt werden, der Ursprungsbescheid sei von Anfang an offensichtlich rechtswidrig gewesen. Es ist nämlich unerheblich, ob den Leistungsträger ein Verschulden trifft. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Auch auf dieser Grundlage können Leistungen für die Vergangenheit nur für einen Zeitraum von vier Jahren vor Antragstellung beansprucht werden. Ein sich aus der Verletzung einer Nebenpflicht ergebender Herstellungsanspruch kann nämlich nicht weiter reichen als ein sich aus § 44 SGB X ergebender Anspruch auf Leistungen für die Vergangenheit als Folge der Rechtswidrigkeit eines bindend gewordenen Verwaltungsaktes.

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Keine Beweiserleichterung bei Geltendmachung einer Strahlenschädigung

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 6 VS 3/06 - Urteil vom 01.02.2011

Selbst wenn dem Bericht der vom Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages eingerichteten Expertenkommission zur Untersuchung von Strahlenschäden durch militärische Radargeräte bzw. darauf beruhenden bundesministerialen Rundschreiben unmittelbare rechtliche Wirkung in Bezug auf Entscheidungen der Verwaltungsbehörden zugemessen wird, würde dies lediglich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Strahlenexposition und bösartiger Erkrankung betreffen. Dies entbindet aber nicht von dem Nachweis, tatsächlich auch strahlenbelastende Tätigkeiten (in hinreichendem Umfang) ausgeübt zu haben.

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Verfahrensrecht

Auswechseln der Ermächtigungsgrundlage von § 48 SGB X auf § 45 SGB X

Bundessozialgericht - B 14 AS 45/09 R - Urteil vom 24.02.2011

Das Stützen der Entscheidung auf eine andere Rechtsgrundlage ist zulässig, soweit der Verwaltungsakt dadurch nicht in seinem Regelungsumfang oder seinem Wesensgehalt verändert oder die Rechtsverteidigung des Betroffenen in unzulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert wird. Dies ist bei einem fälschlicherweise auf § 48 SGB X gestützten Bescheid nicht der Fall, denn die §§ 45, 48 SGB X haben dasselbe Ziel, nämlich die Änderung bzw. Aufhebung eines Verwaltungsakts. Aus diesem Grunde ist das Auswechseln der genannten Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig.

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Keine Wiedereinsetzung bei fehlender Postausgangskontrolle eines Rechtsanwalts

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 16 KR 9/10 - Beschluss vom 28.03.2011

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Das Verschulden eines beauftragten Rechtsanwalts ist dem Beteiligten anzurechnen. Ein schuldloses Verhalten setzt aber in diesem Zusammenhang nicht nur voraus, dass der Prozessbevollmächtigte die Berufungsschrift fristgerecht erstellt und unterschrieben hat, sondern verlangt auch, dass im Rahmen der Fristenkontrolle sicher gestellt wird, dass die für den Postversand vorgesehenen Schriftstücke zuverlässig auf den Postweg gebracht werden. Hierzu muss die Absendung in einem besonderen Vorgang, nämlich mittels eines Postausgangsbuches oder sonstige Dokumentation des Versendevorgangs, kontrolliert werden. Fehlt eine solche wirksame Postausgangskontrolle, kann ein fehlendes Organisationsverschulden nicht hinreichend glaubhaft gemacht werden.

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Vertragsarztrecht

Hyperbare Sauerstofftherapie kann für die Indikationen "akutes Knalltrauma" und "Hörsturz mit/ohne Tinnitus" nicht zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 11 (10) KA 14/07 - Urteil vom 27.10.2010

Die Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (nunmehr Gemeinsamer Bundesausschuss), dass die Hyperbare Sauerstofftherapie (HBO) für die Indikationen "akutes Knalltrauma" und "Hörsturz mit/ohne Tinnitus" nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden kann, ist rechtmäßig.

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Fortdauernde unwirtschaftliche Behandlungsweise eines Arztes kann zur Disziplinarstrafe führen

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 11 KA 100/08 - Urteil vom 15.12.2010

Verstößt ein Vertragsarzt fortdauernd gegen das Gebot der wirtschaftlichen Behandlungsweise, so ist in der Regel eine Disziplinarmaßnahme - hier Geldbuße - gerechtfertigt.

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Zu den Voraussetzungen der Zulassung eines Krankenhauses zur ambulanten Behandlung

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 11 KA 109/10 B ER - Beschluss vom 13.04.2011

Ein Krankenhaus ist zur ambulanten Behandlung nur berechtigt, wenn und soweit es zur ambulanten Behandlung bestimmt worden ist. Bei der Bestimmung ist die die vertragsärztliche Versorgungssituation zu berücksichtigen. Niedergelassene Vertragsärzte können einen Bestimmungsbescheid z.B. mit der Begründung anfechten, dass die Versorgungssituation nicht hinreichend berücksichtigt worden sei.

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Zur Durchsetzung von Regressansprüchen gegen einen Vertragsarzt in Insolvenz

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 11 KA 121/10 B ER und L 11 KA 16/11 B ER - Beschluss vom 13.04.2011

Aus der Insolvenzmasse sind die Ansprüche zu befriedigen, die zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits begründet waren. Solche Ansprüche - hier Regressansprüche der Kassenärztlichen Vereinigung gegen den insolventen Vertragsarzt - sind beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anzumelden und können nicht durch Aufrechnung gegen laufende Honorarforderungen des Arztes verwirklicht werden. Alle anderen (nach Insolvenzeröffnung entstandene) Forderungen - sog. Neuforderungen - unterliegen indes nicht der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters; hier kann aufgerechnet werden.

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Krankenversicherung

Kein Anspruch auf elektrisch betriebene mobile Treppensteighilfe im Rahmen der GKV

Bundessozialgericht - B 3 KR 13/09 R - Urteil vom 07.10.2010

Krankenkassen sind nicht zur Versorgung von auf einen Rollstuhl angewiesenen Versicherten mit einer elektrisch betriebenen mobilen Treppensteighilfe verpflichtet. Der mit der Bereitstellung einer solchen Treppensteighilfe bezweckte zusätzliche Behinderungsausgleich betrifft nicht die von der Gesetzlichen Krankenversicherung allein geschuldete medizinische Rehabilitation, sondern allenfalls die soziale bzw. gesellschaftliche Integration und Rehabilitation. Diese fallen jedoch in den Zuständigkeitsbereich anderer Sozialleistungsträger (z.B. den Träger der Sozialhilfe). Krankenkassen sind nicht für Hilfsmittel eintrittspflichtig, die ein dauerhaft behinderter Versicherter allein wegen seiner individuellen Wohnsituation benötigt.

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Behindertendreirad kann von Anspruch auf Hilfsmittelversorgung umfasst sein

Bundessozialgericht - B 3 KR 5/10 R - Urteil vom 07.10.2010

Ist zur Verbesserung der Mobilität und zur Unterstützung ärztlich verordneter Krankengymnastik ein sich zyklisch wiederholendes Bewegungstraining benötigt, das durch andere Therapiemethoden - etwa einen Hometrainer - nicht oder nur unzureichend sicher gestellt ist, kann zur "Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung" ein Anspruch auf ein Behindertendreirad bestehen. Bei den Anschaffungskosten kommt ein Abzug für ein gewöhnliches Fahrrad in Betracht.

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Ein hochgradig sehbehinderter Versicherter hat grundsätzlich Anspruch auf ein Barcodelesegerät als Hilfsmittel der GKV

Bundessozialgericht - B 3 KR 9/10 R - Urteil vom 10.03.2011

Grundsätzlich kann ein elektronisches Produkterkennungssystem mit Sprachausgabe (Barcodelesegerät) ein Hilfsmittel der Gesetzlichen Krankenversicherung zum Behinderungsausgleich für hochgradig sehbehinderte Versicherte sein. Dies gilt vor Allem, wenn die Erblindung nicht schon bei Geburt, sondern erst im späteren Verlauf des Lebens aufgetreten ist. Indes ist stets auch zu prüfen, ob die Versorgung "im Einzelfall" erforderlich ist und ob mglw. wirtschaftlichere Alternativen zur Verfügung stehen.

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Unfallversicherung

Zur Bezeichnung der Krankheiten bei einem Unfall

Bundessozialgericht - B 2 U 5/10 R - Urteil vom 18.01.2011

Das Bestehen einer Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens muss ausgehend von konkreten Funktionseinbußen beurteilt werden. Soweit die MdE sich nicht ausnahmsweise unmittelbar aus den Unfallfolgen erschließt, bilden festgestellte und eindeutig nach gängigen Diagnosesystemen konkret zu bezeichnende Krankheiten die Tatsachengrundlage, von der ausgehend die Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Leistungsvermögens auf dem Gebiet des gesamten Erwerbslebens zu beurteilen ist.

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Anwaltshonorar

Gebühren für isoliertes Vorverfahren

Bundessozialgericht - B 13 R 63/09 R - Urteil vom 09.12.2010

Die Anfechtung des Kostenfestsetzungsbescheids kann nicht auf die Höhe der Erledigungsgebühr wirksam begrenzt werden. Vielmehr steht die Höhe der Geschäftsgebühr ebenfalls zur Überprüfung. Die Erledigungs- und die Geschäftsgebühr sind lediglich einzelne Berechnungsfaktoren der Kostenfestsetzung, aus denen sich die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs neben anderen Faktoren insgesamt zusammensetzt. Die isolierte Festsetzung einer Erledigungsgebühr sieht das Gesetz hingegen nicht vor; sie enthielte auch keine Regelung, die Bindungswirkung entfalten könnte. Die Gerichte haben eigenständig nach Maßgabe des Gesetzes unter Berücksichtigung der Berechnungsfaktoren zu entscheiden, ob  insgesamt ein Anspruch auf höhere Kostenerstattung zusteht. Ein Kläger ist insofern allerdings durch das prozessuale Verböserungsverbot vor einer im Ergebnis niedrigeren Kostenerstattung geschützt.

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Grundsicherung für Arbeitssuchende SGB II

Keine Leistungen bei Wohnsitz im Ausland

Bundessozialgericht - B 4 AS 14/10 R - Urteil vom 18.01.2011

Mit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II hat der Gesetzgeber - entsprechend dem allgemeinen Grundsatz, wonach jedenfalls bei steuerfinanzierten Leistungen an den Wohnsitz angeknüpft wird - ausdrücklich auf den Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts in § 30 Abs. 1 SGB I Bezug genommen. Nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

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Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch wenn Leistungsträger Fortzahlungsantrag nicht übersendet?

Bundessozialgericht - B 4 AS 29/10 R - Urteil vom 18.01.2011

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen.

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Unterhaltstitel und Unterhaltsverpflichtung

Bundessozialgericht - B 4 AS 78/10 R - Urteil vom 09.11.2010

Ein Unterhaltstitel i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB II liegt auch vor, wenn sich der Unterhaltsschuldner - wie hier - mit einer Jugendamtsurkunde zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet.

Die nach der gesetzgeberischen Konzeption des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB II vorgesehene Anknüpfung an einen Unterhaltstitel für die Ermittlung der vom Einkommen absetzbaren Unterhaltszahlungen entspricht der Rechtsprechung des BSG zur Abzweigung nach § 48 SGB I. Konkrete Feststellungen der Sozialleistungsträger bzw. der Gerichte zur Unterhaltspflicht, insbesondere zur Leistungsfähigkeit des Hilfebedürftigen, erfolgen nur dann, wenn keine gerichtliche Entscheidung oder verbindliche Vereinbarung über den zu leistenden Unterhalt vorliegt.  Dagegen bestimmt und begrenzt ein rechtskräftiger Unterhaltstitel gleichzeitig die gesetzliche Unterhaltspflicht i.S. des § 48 SGB I.

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Krankenhaustagegeld ist Einkommen

Bundessozialgericht - B 4 AS 90/10 R - Urteil vom 18.01.2011

Das Krankenhaustagegeld stellt Einkommen i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar. Hiernach sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem BVG oder nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Bei dem Krankenhaustagegeld handelt es sich um keine in diesem Sinne gesetzlich ausgenommene Leistung.

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Auch für Folgeantrag ist auf Antragserfordernis abzustellen

Bundessozialgericht - B 4 AS 99/10 R - Urteil vom 18.01.2011

Aus dem Wortlaut des § 37 SGB II lässt sich eine unterschiedliche Behandlung von Erst- und Fortzahlungsanträgen nicht entnehmen. Die Regelung stellt allgemein auf das Erfordernis der Antragstellung als Voraussetzung für den Leistungsbeginn ab. In der Begründung zum Gesetzentwurf wird betont, dass der Antrag auf Leistungen konstitutive Wirkung habe, sodass Leistungen erst ab Antragstellung zustünden (BT-Drucks 15/1516, S 62). Ein Hinweis darauf, dass insoweit zwischen dem erstmaligen Leistungsbegehren und einem Anspruch auf die Fortzahlung zu differenzieren sei, findet sich nicht.

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SGB II und private Krankenversicherung

Bundessozialgericht - B 4 AS 108/10 R - Urteil vom 18.01.2011

Nach seinem Wortlaut enthält § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 VAG keine Regelung dazu, wer die bei Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II trotz Anwendung des § 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 VAG ungedeckten Beiträge zur privaten Krankenversicherung übernehmen soll. Es handelt sich insofern um eine gesetzesimmanente Lücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelungen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass mit den gesetzlichen Neuregelungen des GKV-WSG der Krankenversicherungsschutz der privat versicherten Hilfebedürftigen nach dem SGB II wesentlich verschlechtert werden und bei ihnen in größerem Umfang ungedeckte Beiträge zu ihren Lasten verbleiben sollten.

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50 qm auch in Berlin Obergrenze für 1 Personen - Haushalt

Bundessozialgericht - B 14 AS 2/10 R - Urteil vom 19.10.2010

Zur maßgeblichen Wohnungsgröße in Berlin und zu dem vom Jobcenter zu erstattenden Quadratmeterpreis in Berlin.

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Zuschuß zur Unterkunft für Studenten

Bundessozialgericht - B 14 AS 23/09 R - Urteil vom 15.12.2010

Die Höhe des Zuschusses nach § 22 Abs. 7 SGB II bemisst sich nicht allein nach der Differenz zwischen den Unterkunftskosten der Klägerin nach dem SGB II und dem nach dem SGB III zu Grunde zu legenden Unterkunftsbedarf. Der erkennende Senat folgt insoweit dem Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22.3.2010 (B 4 AS 69/09 R). Vielmehr ist der ungedeckte Bedarf nach den Vorschriften des SGB II unter Berücksichtigung der Leistung nach dem SGB III einschließlich des dort angerechneten Unterkunftsbedarfs sowie ggf. weiterem Einkommen zu ermitteln. In Höhe des sich dann ggf. ergebenden ungedeckten Bedarfs nach dem SGB II ist der Zuschuss alsdann - gedeckelt durch die Differenz zwischen Unterkunftsbedarf nach dem SGB II und in der Ausbildungsförderungsleistung enthaltenem Unterkunftsanteil - vom Grundsicherungsträger zu zahlen.

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Kein Mehrbedarf für erwerbsfähige bei Merkzeichen "G"

Bundessozialgericht - B 14 AS 44/09 R - Urteil vom 15.12.2010

Es entsprach von vornherein dem gesetzgeberischen Anliegen, erwerbsfähigen Hilfebedürftigen einen Mehrbedarf allein wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft und der Zuerkennung des Merkzeichens "G" nicht zugänglich zu machen. Wie das BSG bereits entschieden hat, ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige anders als nicht erwerbsfähige Empfänger von Sozialgeld keinen Anspruch auf Leistungen wegen eines Mehrbedarfs haben, wenn sie Inhaber eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "G" sind. Die Anknüpfung an die Erwerbsfähigkeit eines Hilfebedürftigen ist hinreichendes Differenzierungskriterium im Hinblick auf die Gewährung des in Rede stehenden Mehrbedarfs.

Keine Verweisung auf untersten Wohnstandard

Bundessozialgericht - B 14 AS 50/10 R - Urteil vom 19.10.2010

Der Berliner Mietspiegel weist in den Spalten 1 und 3 innerhalb der Bauklassen bis 1918 und bis 1949 Wohnungen mit besonders niedrigem Ausstattungsgrad (Wohnungen ohne Sammelheizung und/oder ohne (Dusch-)Bad) gesondert aus. Es handelt sich einerseits um Wohnungen mit "Ofenheizung", bei denen sich der Mieter der Wohnung mit der Versorgung mit Kohlen und der Entsorgung der Asche befassen muss, und andererseits oder kumulativ um Wohnungen ohne Bad (mit Innen-WC), in denen sich die Bewohner nur mit fließendem Wasser am Waschbecken (sei es in WC oder Küche) waschen, aber nicht duschen können. Zur Bildung eines grundsicherungsrelevanten Mietwertes sind diese Werte nicht mit heranzuziehen, denn auf Wohnungen mit diesem untersten Ausstattungsgrad können Hilfebedürftige bei der Wohnungssuche grundsätzlich nicht verwiesen werden.

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Kinderbetreuung muß tatsächlich sichergestellt sein

Bundessozialgericht - B 14 AS 92/09 R - Urteil vom 15.12.2010

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II ist die Ausübung der Arbeit auch dann zumutbar, wenn die Erziehung eines unter dreijährigen Kindes nicht gefährdet ist. Dies ist dann der Fall, soweit dessen Betreuung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege im Sinne der Vorschriften des Achten Buches Sozialgesetzbuch oder auf sonstige Weise sichergestellt ist. Insofern ist rechtlicher Maßstab für die Zumutbarkeit einer Arbeit ausschließlich, ob die Erziehung eines Kindes tatsächlich i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II sichergestellt ist.  Maßgeblich ist insofern ausschließlich die objektive Betreuungssituation, die von Amts wegen zu ermitteln ist (§ 20 SGB X i.V.m. § 103 SGG). Eine Präklusion von Vorbringen,  ist insoweit nur in den engen Grenzen des § 106a SGG möglich.

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Sozialhilfe SGB XII

Keine Erstattung der Praxisgebühr

Bundessozialgericht - B 8 SO 7/09 R - Urteil vom 16.12.2010

Eine Erhöhung des Regelsatzes wegen der Zuzahlungen bei der sog. Praxisgebühr ist nicht gerechtfertigt. Praxisgebühren und sonstige Zuzahlungen sind kein "besonderer Anlass". Vielmehr werden diese seit 1.1.2004 mit dem normalen Regelsatz im Rahmen der HLU abgegolten.

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Mehrbedarf nur bei Merkzeichen "G"

Bundessozialgericht - B 8 SO 9/09 R - Urteil vom 16.12.2010

Nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII wird nur für Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben oder voll erwerbsgemindert nach dem SGB VI sind und einen Ausweis nach § 69 Abs. 5 SGB IX mit dem Merkzeichen G besitzen, ein Mehrbedarf anerkannt. Diese Voraussetzungen erfüllt nicht, wem das Merkzeichen G nicht aktuell zuerkannt worden ist. Die Besitzstandsregelung des § 23 Abs. 1 Satz 2 BSHG, nach der über die Grundsicherung hinaus als Sozialhilfe bis 31.12.2004 Leistungen wegen Mehrbedarfs gewährt wurden, weil ihnen dieser Mehrbedarf bereits bis zum 31.7.1996 zuerkannt war, ist in das SGB XII (ab 1.1.2005) nicht übernommen worden.

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Buchrezension

Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. (Hrsg.) - Fachlexikon der sozialen Arbeit
Nomos, 7. Auflage 2011, 1129 Seiten, € 44,-.
ISBN 978 - 3 - 8329 - 5153 - 5

Zu Recht ist der Adressatenkreis breit gefächert: Alle in sozialen Berufen Tätigen und alle, die in Rechtsberufen mit sozialem "Einschlag" tätig sind. Daher werden auch alle Schlagwörter in ihrem jeweiligen Kontext behandelt. Mithilfe von Querverweisen kann der Leser / Benutzer alle Begriffe, die mit dem gesuchten Schlagwort in Verbindung stehen, finden.

Einerseits ist das durchaus hilfreich, andererseits führt es zu einer "Verästelung". Will der Benutzer schnell einen Begriff nachschlagen, kommt er von Hölzchen auf Stöckchen und sucht - aufgrund der Informationsfülle - womöglich stundenlang.

Das einbändige Werk ist in sehr kleiner Schrift gedruckt. Durch diesen "Trick" schaffen es die Herausgeber, eine Unmenge von Begriffen auf 1129 Seiten in einem Band unterzubringen. Andere würden daraus eine Loseblattsammlung zu machen und zu einem vielfachen Preis verkaufen.

Die neuesten Entwicklungen durch die "Hartz IV" Reformen sind bereits eingearbeitet. Diese Neuerungen sind mit ihren Konsequenzen für soziale sowie rechtliche Berufe dargestellt.

 

Hartz IV - 100 Fragen und Antworten für Betroffene und ihre Berater
Nomos, 2011, 126 Seiten, € 16,90
ISBN: 978-3-8329-5880-0
Das Büchlein im Handtaschenformat sieht aus wie seine "großen" Brüder aus dem gleichen Verlag. Der Autor hat im gleichen Verlag das Buch "Das Hartz IV Mandat" herausgebracht und "Hartz IV - 100 Fragen …" ist praktisch die Zusammenfassung. Und was für eine! Für die Erstberatung, den "schnellen Einstieg" in die Materie kann ich es nur wärmstens empfehlen.

Der Nachteil von Büchern zum Thema Hartz IV ist in der Regel, daß der Leser / Berater sich durch einen Wust von Informationen kämpfen muß und dabei leicht die ursprgl. Frage aus den Augen verliert. Hier ist beispielsweise die einfache Frage: "Wer zahlt die Bestattungskosten, wenn ein Hartz - IV- Empfänger stirbt?" Die Antwort darauf ist nur unwesentlich länger und verschont den Fragesteller von "Bandwurm" Antworten, die sich bei Hartz IV leider häufig aufdrängen.

Natürlich könnte man jetzt einwenden, daß ein so komplexes Thema sich doch nicht so zusammengefasst (böse Zungen würden sagen "oberflächlich") abhandeln läßt. Doch, läßt es. Der Titel macht keine falschen Versprechungen und wer dieses Büchlein zur Hand nimmt, der weiß, daß er hier nicht allumfassende Antworten zu einem Thema erhalten kann, das Gericht und Behörden seit Jahren auf Trab hält und das auch in Zukunft tun wird.

Als erster Ansatzpunkt ist dieser Ratgeber eine unbedingte Kaufempfehlung.

 

Pattar, Die Hartz IV Synopse
Nomos 2011, 221 Seiten, € 19,00
ISBN: 978 - 3832 - 966119

Zusammenfassend dargestellt sind das SGB II und alle Gesetze, auf die die Neufassung des SGB II Auswirkungen hatte, - und das sind nicht wenige. Daher bietet es sich an, für einen schnellen Überblick in's Inhaltsverzeichnis zu schauen. Dort erhält der Leser einen Überblick über die betroffenen Gesetze.

Die Fülle der Änderungen ist auch gleichzeitig die Crux des Buches: Die bisherige Gesetzesfassung ist in einer Spalte rechts angegeben, die neu beschlossene Fassung links. Die Neufassung ist textlich wesentlich umfangreicher als vorher. Darunter muß die Lesbarkeit und Verständlichkeit des Textes einfach leiden.

Das Buch ist sehr aktuell; deshalb konnten einige Änderungen nur mit dem voraussichtlichen Datum des Inkrafttretens angegeben werden.

Fazit: Notgedrungen nicht sehr lesefreundlich, aber umfassend.

M. Schörnig
Rechtsanwältin

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