Ausgabe    1/2011 

Januar vom 09.01.2011 

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     Themen

  Dritte Verordnung zur Änderung der 
   Versorgungsmedizin-Verordnung

     Informationen

Schwerbehindertenrecht

Soziales Entschädigungsrecht

Verfahrensrecht

Vertragsarztrecht

Krankenversicherung

Unfallversicherung

Anwaltshonorar

Grundsicherung für Arbeitssuchende SGB II

Sozialhilfe SGB XII

Kurioses aus der Rechtsprechung

     Buchrezension

     Service

Herausgeber und verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes Dorothea Strake
Schulstr. 90, 41372 Niederkrüchten

Die Zeitschrift erscheint alle 2 Monate


Liebe Leser,

auch im Jahr 2011 werden wir Ihnen an dieser Stelle die sozialgerichtliche Rechtsprechung aufbereiten und Sie gleichzeitig über wichtige Änderungen und Neuerungen unterrichten. Das Ganze gibt es weiterhin kostenlos und werbefrei, was im Internet sicherlich die seltene Ausnahme darstellt. Nicht ganz kostenlos aber extrem günstig ist der Bezug unserer CD "Sozialrecht". Unter "Buch/CD" können Sie im Menü dieser Internetseite einen Blick auf und in beide Produkte unseres Hauses werfen.

Alle Mitarbeiter des Verlages und der Internetseite uwendler.de wünschen Ihnen ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2011.


Themen

Dritte Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung - 23.12. 2010

Bundesgesetzblatt Jahrgang 2010 Teil I Nr. 66, ausgegeben zu Bonn am 22. Dezember 2010           S. 2124
(BGBl. I S. 2124 (Nr. 66); Geltung ab 23.12.2010)

Dritte Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung (3. VersMedVÄndV) - vom 17.12.2010

Auf Grund des § 30 Absatz 17 des Bundesversorgungsgesetzes, der durch Artikel 1 Nummer 32 Buchstabe i des Gesetzes vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904) eingefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung:

Artikel 1
Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung

Die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412, die zuletzt durch die Verordnung vom 14. Juli 2010 (BGBl. I S. 928) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

 

1. Teil A Nummer 5 Buchstabe d wird wie folgt geändert:

Teil A: 5. Besonderheiten der Beurteilung der Hilflosigkeit bei Kindern und Jugendlichen
              a) Doppelbuchstabe bb wird wie folgt gefasst:
alte Fassung neue Fassung
d. Bei angeborenen oder im Kindesalter aufgetretenen Behinderungen ist im Einzelnen folgendes zu beachten:

aa) Bei geistiger Behinderung kommt häufig auch bei einem GdS unter 100 - und dann in der Regel bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres - Hilflosigkeit in Betracht, insbesondere wenn das Kind wegen gestörten Verhaltens ständiger Überwachung bedarf. Hilflosigkeit kann auch schon im Säuglingsalter angenommen werden, z. B. durch Nachweis eines schweren Hirnschadens

bb) Bei autistischen Syndromen sowie anderen emotionalen und psychosozialen Störungen mit langdauernden erheblichen Einordnungsschwierigkeiten ist in der Regel Hilflosigkeit bis zum 16. Lebensjahr - in manchen Fällen auch darüber hinaus - anzunehmen.
d. Bei angeborenen oder im Kindesalter aufgetretenen Behinderungen ist im Einzelnen folgendes zu beachten:

aa) Bei geistiger Behinderung kommt häufig auch bei einem GdS unter 100 - und dann in der Regel bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres - Hilflosigkeit in Betracht, insbesondere wenn das Kind wegen gestörten Verhaltens ständiger Überwachung bedarf. Hilflosigkeit kann auch schon im Säuglingsalter angenommen werden, z. B. durch Nachweis eines schweren Hirnschadens

„bb) Bei tief greifenden Entwicklungsstörungen, die für sich allein einen GdS von mindestens 50 bedingen, und bei anderen gleich schweren, im Kindesalter beginnenden Verhaltens- und emotionalen Störungen mit lang andauernden erheblichen Einordnungsschwierigkeiten ist regelhaft Hilflosigkeit bis zum 18. Lebensjahr anzunehmen."
Begründung zur Änderung der Dritten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung (Bundesrat Drucksache 713/10 vom 05.11.10)
I. Zu Artikel 1 - Zu Nummer 1 Buchstabe a
Der Wortlaut wird an die derzeitige medizinisch-wissenschaftliche Nomenklatur angepasst, die sich aus der International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems 10 (ICD 10) in der deutschen Fassung (ICD-10-GM Version 2010) ergibt. Der erheblichen Varianz der Ausprägung dieser besonderen im Kindesalter beginnenden psychischen Störungen wird mit der Angabe eines Mindest-GdS Rechnung getragen. Aufgrund der neuronalen Veränderungen in Pubertät und Adoleszenz besteht in diesen Lebensphasen häufig eine hohe Krankheitsausprägung.
alte Fassung neue Fassung
                 b) In Doppelbuchstabe dd werden die Wörter „Beendigung der speziellen Schulausbildung für Sehbehinderte" durch die Wörter „Vollendung des 18. Lebensjahres" ersetzt.
dd) Bei sehbehinderten Kindern und Jugendlichen mit Einschränkungen des Sehvermögens, die für sich allein einen GdS von wenigstens 80 bedingen, ist bis zur Beendigung der speziellen Schulausbildung für Sehbehinderte Hilflosigkeit anzunehmen. dd) Bei sehbehinderten Kindern und Jugendlichen mit Einschränkungen des Sehvermögens, die für sich allein einen GdS von wenigstens 80 bedingen, ist bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Hilflosigkeit anzunehmen.
Begründung zur Änderung der Dritten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung (Bundesrat Drucksache 713/10 vom 05.11.10)
I. Zu Artikel 1 - Zu Nummer 1 Buchstabe b
Der in der VersMedV verwendete Begriff "spezielle Schulausbildung für Sehbehinderte" ist nicht einheitlich definiert. Die Integration in die Regelschule ist mittlerweile häufig. Hilflosigkeit ist weder an eine spezielle noch an die Schulausbildung überhaupt gebunden. Daher ist es sinnvoll, Hilflosigkeit bei Sehbehinderung an das Lebensalter, und zwar die Vollendung des 18. Lebensjahres, zu binden. Mit dieser Formulierung sind auch Jugendliche eingeschlossen, die sich in einer beruflichen Ausbildung befinden.

2. Teil B wird wie folgt geändert:

a) Nummer 3.5

Teil B: 3. Nervensystem und Psyche - (Teil II)
3.5
Besondere im Kindesalter beginnende psychische Behinderungen
alte Fassung neue Fassung
„Autistische Syndrome
leichte Formen (z. B. Typ Asperger)     50-80
sonst    100"
Andere emotionale und psychosoziale Störungen ("Verhaltensstörungen") mit lang andauernden erheblichen Einordnungsschwierigkeiten (z.B. Integration in der Normalschule nicht möglich) 50 - 80

 

„Eine Behinderung liegt erst ab Beginn der Teilhabebeeinträchtigung vor. Eine pauschale Festsetzung des GdS nach einem bestimmten Lebensalter ist nicht möglich.

Tief greifende Entwicklungsstörungen (insbesondere frühkindlicher Autismus, atypischer Autismus, Asperger-Syndrom)

Bei tief greifenden Entwicklungsstörungen

- ohne soziale Anpassungsschwierigkeiten beträgt der GdS 10-20,

- mit leichten sozialen Anpassungsschwierigkeiten beträgt der GdS 30-40,

- mit mittleren sozialen Anpassungsschwierigkeiten beträgt der GdS 50-70,

- mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten beträgt der GdS 80-100.

Die Kriterien der Definitionen der ICD-10-GM Version 2010 müssen erfüllt sein.

Soziale Anpassungsschwierigkeiten liegen insbesondere vor, wenn die Integrationsfähigkeit in Lebensbereiche (wie zum Beispiel Regel-Kindergarten, Regel-Schule, allgemeiner Arbeitsmarkt, öffentliches Leben, häusliches Leben) nicht ohne besondere Förderung oder Unterstützung (zum Beispiel durch Eingliederungshilfe) gegeben ist oder wenn die Betroffenen einer über das dem jeweiligen Alter entsprechende Maß hinausgehenden Beaufsichtigung bedürfen. Mittlere soziale Anpassungsschwierigkeiten liegen insbesondere vor, wenn die Integration in Lebensbereiche nicht ohne umfassende Unterstützung (zum Beispiel einen Integrationshelfer als Eingliederungshilfe) möglich ist. Schwere soziale Anpassungsschwierigkeiten liegen insbesondere vor, wenn die Integration in Lebensbereiche auch mit umfassender Unterstützung nicht möglich ist."

Andere emotionale und psychosoziale Störungen ("Verhaltensstörungen") mit lang andauernden erheblichen Einordnungsschwierigkeiten (z.B. Integration in der Normalschule nicht möglich) 50 - 80
Begründung zur Änderung der Dritten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung (Bundesrat Drucksache 713/10 vom 05.11.10)
I. Zu Artikel 1 - Zu Nummer 2 Buchstabe a
Der Wortlaut wird an die derzeitige medizinisch-wissenschaftliche Nomenklatur angepasst, die sich aus der International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems 10 (ICD 10) in der deutschen Fassung (ICD-10-GM Version 2010) ergibt. Es handelt sich um angeborene Störungen. Eine Behinderung liegt erst ab Beginn der Teilhabebeeinträchtigung vor. Es besteht eine große Varianz der Ausprägung. Eine wissenschaftlich anerkannte, allgemein verbindliche Übereinkunft über die Definition von Schweregraden bei tief greifenden Entwicklungsstörungen besteht derzeit nicht. Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung wird bei diesen Störungen insbesondere durch eine mangelnde Integrationsfähigkeit der Betroffenen und der daraus resultierenden sozialen Anpassungsschwierigkeiten bestimmt. Die GdS-Einstufung erfolgt in Anlehnung an die Beurteilung anderer psychischer und Verhaltensstörungen. Die Ergänzungen sind Grundlage für eine sachgerechte, einwandfreie und bei gleichen Sachverhalten einheitliche Bewertung der Teilhabebeeinträchtigung bei diesen Gesundheitsstörungen.

b) Nummer 4 wird wie folgt geändert:

Teil B: 4. Sehorgan
       aa) Der zweite Absatz wird wie folgt gefasst:
alte Fassung neue Fassung
Die Sehschärfe ist grundsätzlich entsprechend den Empfehlungen der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) nach DIN 58220 zu prüfen; Abweichungen hiervon sind nur in Ausnahmefällen zulässig (z.B. bei Bettlägerigkeit oder Kleinkindern). Die übrigen Partialfunktionen des Sehvermögens sind nur mit Geräten und Methoden zu prüfen, die den Richtlinien der DOG entsprechend eine gutachtenrelevante einwandfreie Beurteilung erlauben. Bei Nystagmus richtet sich der GdS nach der Sehschärfe, die bei einer Lesezeit von maximal einer Sekunde pro Landolt-Ring festgestellt wird.

„Die Sehschärfe ist grundsätzlich entsprechend den Empfehlungen der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) nach DIN 58220 zu bestimmen; Abweichungen hiervon sind nur in Ausnahmefällen zulässig (zum Beispiel bei Bettlägerigkeit oder Kleinkindern). Die übrigen Partialfunktionen des Sehvermögens sind nur mit Geräten oder Methoden zu prüfen, die den Empfehlungen der DOG entsprechend eine gutachtenrelevante einwandfreie Beurteilung erlauben."

Begründung zur Änderung der Dritten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung (Bundesrat Drucksache 713/10 vom 05.11.10)
I. Zu Artikel 1 - Zu Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa
Die Empfehlungen der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) zur Sehschärfebestimmung sehen für den allgemeinen Sehtest eine Darbietungszeit von bis zu zehn Sekunden pro Landolt-Ring vor. Um eine Ungleichbehandlung zu vermeiden, wird der Satz "Bei Nystagmus richtet sich der GdS nach der Sehschärfe, die bei einer Lesezeit von maximal einer Sekunde pro Landolt-Ring festgestellt wird." in Teil B Nummer 4 gestrichen. Damit wird der vorher bestehende Widerspruch zu den Empfehlungen der DOG zum allgemeinen Sehtest ausgeräumt.
     bb) Im dritten Absatz werden vor dem Wort „nur" die Wörter „zur Feststellung von Gesichtsfeldausfällen" eingefügt und die Angabe „III/4" durch die Angabe „III/4e" ersetzt.
alte Fassung neue Fassung
Hinsichtlich der Gesichtsfeldbestimmung bedeutet dies, dass nur Ergebnisse der manuellkinetischen Perimetrie entsprechend der Marke Goldmann III/4 verwertet werden dürfen. Bei der Beurteilung von Störungen des Sehvermögens ist darauf zu achten, dass der morphologische Befund die Sehstörungen erklärt. Hinsichtlich der Gesichtsfeldbestimmung bedeutet dies, dass zur Feststellung von Gesichtsfeldausfällen nur Ergebnisse der manuellkinetischen Perimetrie entsprechend der Marke Goldmann III/4e verwertet werden dürfen. Bei der Beurteilung von Störungen des Sehvermögens ist darauf zu achten, dass der morphologische Befund die Sehstörungen erklärt.
Begründung zur Änderung der Dritten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung (Bundesrat Drucksache 713/10 vom 05.11.10)
I. Zu Artikel 1 - Zu Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb
Die Ergänzung "zur Feststellung von Gesichtsfeldausfällen" ist notwendig, da zum Ausschluss eines pathologischen Befundes das Ergebnis einer statischen Perimetrie verwendet werden kann. Zur Feststellung von Gesichtsfeldausfällen müssen jedoch weiterhin Ergebnisse der manuell-kinetischen Perimetrie entsprechend der Marke Goldmann III/4e verwertet werden. Der Zusatz "e" präzisiert die Leuchtdichte der anzuwendenden Reizmarke.

cc) Nummer 4.2 wird wie folgt gefasst:

Teil B: 4. Sehorgan
4.2 Linsenverlust
alte Fassung neue Fassung
4.2 Linsenverlust  
eines Auges
(korrigiert durch intraokulare Kunstlinse oder Kontaktlinse)
 
  Sehschärfe 0,4 und mehr 10
  Sehschärfe 0,1 bis weniger als 0,4 20
  Sehschärfe weniger als 0,1 25 - 30
beider Augen  
  der sich aus der Sehschärfe für beide Augen ergebende GdS ist um 10 zu erhöhen.

Die GdS-Werte setzen die Verträglichkeit der Linsen voraus.

Maßgebend ist der objektive Befund.

Bei Unkorrigierbarkeit richtet sich der GdS nach der Restsehschärfe.

Bei Versorgung mit Starbrille ist der aus der Sehschärfe für beide Augen sich ergebende GdS um 10 zu erhöhen, bei Blindheit oder Verlust des anderen Auges um 20.
 
„4.2 Linsenverlust
Linsenverlust korrigiert durch intraokulare Kunstlinse oder Kontaktlinse
Linsenverlust eines Auges  
          Sehschärfe 0,4 und mehr 10
          Sehschärfe 0,1 bis weniger als 0,4 20
          Sehschärfe weniger als 0,1 25-30
Linsenverlust beider Augen 
Beträgt der sich aus der Sehschärfe für beide Augen ergebende GdS nicht mehr als 60, ist dieser
um 10 zu erhöhen.
Die GdS-Werte setzen die Verträglichkeit der Linsen voraus. Maßgebend ist der objektive Befund.
Bei Versorgung mit Starbrille ist der aus der Sehschärfe für beide Augen sich ergebende GdS um 10 zu erhöhen, bei Blindheit oder Verlust des anderen Auges um 20.
Bei Unkorrigierbarkeit richtet sich der GdS nach der Restsehschärfe."

 

Begründung zur Änderung der Dritten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung (Bundesrat Drucksache 713/10 vom 05.11.10)
I. Zu Artikel 1 - Zu Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc
Die pauschale Addition eines GdS von 10 zu dem sich aus der Sehschärfe für beide Augen ergebenden GdS bei durch intraokulare Kunstlinse oder durch Kontaktlinse korrigiertem Linsenverlust beider Augen (wie bisher in der VersMedV festgelegt) ist nicht immer gerechtfertigt. Abhängig von der Sehschärfe beider Augen kommt es entweder zu keiner oder zu einer wesentlichen Erhöhung der Teilhabebeeinträchtigung. Die Minderung des Kontrastsehens und die Verstärkung der Blendempfindlichkeit kann die Teilhabebeeinträchtigung wesentlich verstärken. Diesen Umständen wird durch die Neuformulierung Rechnung getragen.

 

c) Nummer 18.12 wird neu gefasst:

18. Haltungs- und Bewegungsorgane, rheumatische Krankheiten
18.12 Endoprothesen der Gelenke
alte Fassung neue Fassung
„18.12 
Bei Endoprothesen der Gelenke ist der GdS abhängig von der verbliebenen Bewegungseinschränkung und Belastbarkeit.
Folgende Mindest-GdS sind angemessen:
Hüftgelenk  
          einseitig 20
          beidseitig 40
Kniegelenk  
          einseitig 30
          beidseitig 50
Endoprothesen anderer großer Gelenke sind entsprechend den Kniegelenksendoprothesen zu bewerten.”

 

„18.12
Endoprothesen
Es werden Mindest-GdS angegeben, die für Endoprothesen bei bestmöglichem Behandlungsergebnis gelten. Bei eingeschränkter Versorgungsqualität sind höhere Werte angemessen.
Die Versorgungsqualität kann insbesondere beeinträchtigt sein durch
- Beweglichkeits- und Belastungseinschränkung,
- Nervenschädigung,
- deutliche Muskelminderung,
- ausgeprägte Narbenbildung.
Die in der GdS-Tabelle angegebenen Werte schließen die bei der jeweiligen Versorgungsart üblicherweise gebotenen Beschränkungen ein.
Hüftgelenk  
    bei einseitiger Endoprothese beträgt der GdS mindestens 10
    bei beidseitiger Endoprothese beträgt der GdS mindestens 20
Kniegelenk  
    bei einseitiger Totalendoprothese beträgt der GdS mindestens 20
    bei beidseitiger Totalendoprothese beträgt der GdS mindestens 30
    bei einseitiger Teilendoprothese beträgt der GdS mindestens 10
    bei beidseitiger Teilendoprothese beträgt der GdS mindestens 20
Oberes Sprunggelenk  
    bei einseitiger Endoprothese beträgt der GdS mindestens 10
    bei beidseitiger Endoprothese beträgt der GdS mindestens 20
Schultergelenk  
    bei einseitiger Endoprothese beträgt der GdS mindestens 20
    bei beidseitiger Endoprothese beträgt der GdS mindestens 40
Ellenbogengelenk  
    bei einseitiger Totalendoprothese beträgt der GdS mindestens 30
    bei beidseitiger Totalendoprothese beträgt der GdS mindestens 50
Kleine Gelenke 
  Endoprothesen bedingen keine wesentliche Teilhabebeeinträchtigung."
Begründung zur Änderung der Dritten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung (Bundesrat Drucksache 713/10 vom 05.11.10)
I. Zu Artikel 1 - Zu Nummer 2 Buchstabe c
Klinische Studien belegen, dass sich das auf die Teilhabe auswirkende Behandlungsergebnis nach endoprothetischem Ersatz des Hüft- und Kniegelenks im Vergleich zu den Erkenntnissen vor 15 Jahren gebessert hat. Zudem ist der endoprothetische Gelenkersatz des Schulter-, Ellenbogen- und oberen Sprunggelenks mittlerweile kein Einzelfall mehr. Dadurch ist die Bewertung dieser Gelenkendoprothesen notwendig.

Artikel 2 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Der Bundesrat hat zugestimmt.
Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales
Ursula von der Leyen

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Informationen

Schwerbehindertenrecht

Kein Entzug von "aG" ohne wesentliche Änderung

Bayerisches Landessozialgericht - L 16 SB 112/08 - Urteil vom 18.08.2010

Der Nachteilsausgleich "aG" kann nicht auf der Grundlage des § 48 SGB X entzogen werden, wenn bereits im Zeitpunkt der Zubilligung des Nachteilsausgleichs die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung der außergewöhnlichen Gehbehinderung nicht gegeben waren. Es ist nämlich in diesem Fall keine wesentliche Änderung der gesundheitlichen Voraussetzungen eingetreten.

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GdB für Schlafapnoe-Syndrom

Bayerisches Landessozialgericht - L 15 SB 64/09 - Urteil vom 12.10.2010

Ein therapiebedürftiges Schlafapnoe-Syndrom ist mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten, wenn der Betroffene lediglich nicht willens ist, dieses mittels einer nasalen Überdruckbeatmung (nCPAP-Therapie) behandeln zu lassen. Ein höher GdB kommt nur in Betracht, wenn eine notwendige nCPAP-Therapie aus objektiven Gründen nicht durchgeführt werden kann.

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Berücksichtigung von Gesundheitsstörungen mit einem GdB von 20

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 13 SB 366/09 - Urteil vom 09.09.2010

Zwar ist es bei Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 20 bedingen, vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Dies gilt aber nicht, wenn diese Gesundheitsstörungen - hier psychische Leiden - zu einer weiteren subjektiven Verstärkung der körperlichen Beschwerden führten.

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Kein Anspruch auf "RF" bei Kommunikations- und Konzentrationsstörungen

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen - L 11 SB 42/08 - Urteil vom 28.09.2010

Ein behinderter Mensch, der an öffentlichen Veranstaltungen zwar noch körperlich teilnehmen kann, aber infolge einer Beeinträchtigung seiner geistigen Aufnahmefähigkeit - Kommunikations- und Konzentrationsstörungen - solchen Veranstaltungen nicht bis zum Ende folgen kann, hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht.

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Kein RF mehr bei GdB von 50 wegen Hörbehinderung

Sozialgericht Düsseldorf - S 35 SB 114/08 - Urteil vom 25.10.2010

Als Maßstab der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "RF" ist im Schwerbehindertenrecht nicht mehr Punkt 33 der " Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) anzuwenden, denn die "Anhaltspunkte" sind seit Ende 2008 außer Kraft getreten und durch die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) mit den Versorgungs-medizinischen Grundsätzen (VMG) abgelöst worden. Die VMG enthalten allerdings keine Kriterien nach denen das Merkzeichen "RF" zu gewähren ist, so dass nur die gesetzliche Regelung maßgeblich ist. Entscheidend ist bei Hörgeschädigten daher allein, ob sie sich - trotz Hörhilfen - nicht ausreichend verständigen können. Diese Voraussetzungen sind bei einem GdB von 50 wegen einer Hörbehinderung nicht (mehr) gegeben.

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Soziales Entschädigungsrecht 

Zum Zusammenhang zwischen Grippeschutzimpfung und Chronic Fatigue Syndrom

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 13 VJ 3/10 - Urteil vom 17.09.2010

Über die Ursachen des Chronic Fatigue Syndroms (CFS) besteht zumindest eine wissenschaftliche Ungewissheit, die bei einem Streit über den Zusammenhang zwischen Grippeschutzimpfung und CFS weitere gerichtliche Ermittlungen erforderlich machen kann.

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Kein Impfschaden aufgrund Diphterie-Tetanus-Poliomyelitis-Impfung

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 6 VJ 23/05 - Urteil vom 29.09.2010

Eine Epilepsie als Komplikation nach einer Impfung gegen Diphtherie, Tetanus und Poliomyelitis ist bisher nicht belegt. Es gibt keine Studien, die einen Zusammenhang auch nur vermuten. Auch im Epidemiologischen Bulletin 25/2007 der Ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut vom 22.06.2007 wird ein solcher Zusammenhang nicht erwähnt und somit weder nach der damaligen noch der derzeitigen medizinisch-wissenschaftlichen Auffassung ernsthaft in Erwägung gezogen.

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Zur Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 6 (7) VG 16/05 - Urteil vom 29.09.2010

Die Beweiserleichterung des § 15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) kann nicht greifen, wenn nach eingehendem aussagepsychologischen Procedere Zweifel an der Aussagetüchtigkeit des Betroffenen sowohl im Zeitpunkt der mutmaßlichen Vorfälle als auch im Zeitpunkt der Aussageentstehung und -entwicklung bestehen.

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Erneut: Zur Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 13 (10) VG 49/09 - Urteil vom 12.11.2010

Die Beweiserleichterung des § 15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) kann nicht greifen, wenn der Betroffene nicht in der Lage ist, zwischen Realität und Vorstellungswelt zu unterscheiden. Flash-Backs sind nach dem gegenwärtigen Stand der psychologischen Gedächtnisforschung keineswegs immer präziser Widerhall tatsächlicher Erlebnisse im Sinne automatisch aktivierter Erinnerungsbilder, sondern stellen häufig eine Mischung aus realen und befürchteten oder vorgestellten Ereignissen dar.

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Verfahrensrecht

Anspruch auf Löschung eines Gutachtens

Bundessozialgericht - B 2 U 17/09 R - Urteil vom 20.07.2010

Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X sind Sozialdaten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Der vom Informationseingriff Betroffene hat das Recht, vom Träger die Unkenntlichmachung seiner unzulässig gespeicherten Sozialdaten zu verlangen. Diese Norm ist eine Anspruchsgrundlage. Der Bürger kann eine Löschung beanspruchen, obwohl § 38 SGB I (Rechtsanspruch bei gebundenen Sozialleistungen auch ohne Feststellung eines individualschützenden Normzwecks) nicht gilt. Denn § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X ist eine drittschützende Norm. Sie soll dem Schutz der von einem Informationseingriff betroffenen Bürger, mithin einem von der Allgemeinheit abgrenzbaren Personenkreis, dienen und ihnen die Rechtsmacht zuweisen, gegen die Verwaltung durchzusetzen, dass die Ergebnisse des Eingriffs, die gespeicherten Sozialdaten, gelöscht werden.

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Streit über Erstattungsforderung der Aufenthaltskosten eines Ausländers

Bundessozialgericht - B 8 AY 1/09 R - Beschluss vom 26.10.2010

Nach § 40 Abs. 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist. Nach § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG hat derjenige, der sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen. Die Klage gegen den geltend gemachten Erstattungsanspruch ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, weil insoweit ein Träger öffentlicher Gewalt auf Grund eines ihm eingeräumten oder auferlegten Sonderrechts gehandelt hat. Da eine ausdrückliche Zuweisung an die Sozialgerichte nicht gegeben ist, sind für derartige Streitigkeiten die Verwaltungsgerichte zuständig.

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Keine Beschwerde gegen Mutwillenskosten

Bundessozialgericht - B 13 R 229/10 B - Beschluss vom 28.10.2010

Zur Aufhebung einer Kostenentscheidung eines LSG nach § 192 SGG (Mutwillenskosten), kann sich ein Kläger in der Revisionsinstanz beim BSG nicht auf § 192 Abs. 3 Satz 2 SGG stützen, wonach die Entscheidung nach § 192 Abs. 1 SGG durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden kann. Denn mit der Einfügung dieser Norm ist kein gesondertes Rechtsmittel gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 1 SGG eingeführt worden.

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Kein Ordnungsgeld bei Nichterscheinen trotz ordnungsgemäßer Ladung und Anordnung des persönlichen Erscheinens

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 17 SB 151/10 B - Beschluss vom 24.09.2010

Gegen einen Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen das Gericht angeordnet hat und der im Termin nicht erscheint, kann ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Die Grundlage des Ordnungsgeldbeschlusses darf aber nicht rechtswidrig sein; so steht u.a. hinreichend entschuldigter Urlaub am Terminstag einem Ordnungsgeld entgegen.

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Darlegungspflicht der Reise- bzw. Verhandlungsunfähigkeit bei Vertagungsantrag

Bundessozialgericht - B 6 KA 2/10 B - Beschluss vom 13.10.2010

Wird eine Terminverlegung wegen Erkrankung erst einen Tag vor der mündlichen Verhandlung beantragt, so muss der Verhinderungsgrund so dargelegt sein, dass das Gericht ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann, ob Verhandlungs- bzw. Reiseunfähigkeit besteht. Es muss eine substantiierte ärztliche Bescheinigung vorlegt werden, aus der sich Art, Schwere und voraussichtliche Dauer der Erkrankung in einer Weise entnehmen lassen, dass das Gericht auf ihrer Grundlage die Frage der Verhandlungsunfähigkeit selbst beurteilen kann.

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Beschwerde gegen Kostenfestsetzungsbeschluss

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt - L 4 P 8/09 B - Beschluss vom 30.10.2009

Nach § 172 SGG ist gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte das Rechtsmittel der Beschwerde zum Landessozialgericht eröffnet, soweit im SGG nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 178 SGG kann gegen Entscheidungen des ersuchten oder beauftragten Richters oder des Urkundsbeamten binnen einen Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden (sog. Erinnerung), das endgültig entscheidet. Nach seinem eindeutigen Wortlaut erfasst § 178 SGG auch Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts und damit auch Festsetzungen von PKH-Vergütungen gegen die Landeskasse. Dies wird auch durch die Regelung des § 197 Abs. 1 SGG bestätigt. Hiernach setzt auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevollmächtigten der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszuges den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. Gegen diese Entscheidung des Urkundsbeamten kann gemäß § 197 Abs. 2 SGG binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das dann endgültig entscheidet. Eine (weitere) Beschwerde dagegen ist unstatthaft und damit unzulässig.

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Versagung der Leistung bei fehlender Mitwirkung unzulässig

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt - L 10 KR 74/06 - Urteil vom 15.04.2010

Versagt ein Bescheid gemäß § 66 Abs. 1 SGB I die beantragte Weitergewährung von Krankenversicherungsleistungen, enthält er keine Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen des materiell rechtlichen Anspruchs. Seine begrenzte Wirkung erschöpft sich darin, bis zur Nachholung der Mitwirkungshandlung die Leistung vorläufig nicht zu gewähren und bezüglich des Leistungsantrags nichts Weiteres zu veranlassen, insbesondere nicht weiter zu ermitteln. Dies muss im Verfügungssatz des Bescheids zum Ausdruck kommen. Gründe hierfür sind das unterschiedliche Ausmaß der Bestandskraft und der Zweck der Maßnahme. Anders als die materiell-rechtliche Ablehnung einer Leistung wegen des Fehlens einer Anspruchsvoraussetzung ist die Versagung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I ausdrücklich "bis zur Nachholung der Mitwirkung" begrenzt und bis dahin vorläufiger Natur, weil der Leistungsträger versagte Leistungen nach Mitwirkung nachträglich rückwirkend erbringen kann (§ 67 SGB I). Es handelt sich insoweit um ein Beugemittel und nicht um eine Sanktion. Kommt dieser Inhalt in der Versagung nicht unmissverständlich zu Ausdruck, kann diese ihren Beugezweck nicht erfüllen.

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Vertragsarztrecht

Folgen eines verspäteten RLV-Zuweisungsbescheides

Sozialgericht Marburg - S 11 KA 604/10 ER - Beschluss vom 01.09.2010

Wird der Zuweisungsbescheid über das Regelleistungsvolumen (RLV) verspätetet erlassen, gilt das RLV des Vorquartals vorläufig fort. Eine nachträgliche Korrektur des ggf. zu hohen fortgeltenden RLV ist nicht möglich.

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Hepatitis B-Immunglobulin und Beriglobin sind keine Impfstoffe im Sinne der Impfvereinbarung

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - L 4 KA 24/08 - Urteil vom 17.11.2009

Die vertragsärztliche Verordnung der Medikamente Hepatitis B-Immunglobulin und Beriglobin als Impfstoff verstößt gegen die Impfvereinbarung. Gleichwohl ist der Vertragsarzt dann nicht zum Schadensersatz verpflichtet, wenn die nachträgliche Zuordnung der Verordnung zu der zuständigen Krankenkasse ohne weiteren Aufwand möglich ist.

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Krankenversicherung

Keine Beitragspflicht aufgrund einer Kapitalzahlung aus einer befreienden Lebensversicherung

Bundessozialgericht - B 12 KR 15/09 R - Urteil vom 05.05.2010

Eine Kapitalzahlung aus einer befreienden Lebensversicherung, die auf einem privatrechtlichen Rentenversicherungsvertrag beruht, stellt keine beitragspflichtige Einnahme dar, begründet mithin keine Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.

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Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Hessisches Landessozialgericht - B 1 KR 48/10 B - Urteil vom 25.02.2010

Krankenkassen und Gerichte sind an den Inhalt einer ärztlichen Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit nicht gebunden. Einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt vielmehr lediglich die Bedeutung einer ärztlich-gutachtlichen Stellungnahme zu, welche die Grundlage für den über den Krankengeldanspruch zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in diesem Sinne ein Beweismittel wie jedes andere, so dass der durch sie bescheinigte Inhalt durch andere Beweismittel widerlegt werden kann; ob eine solche Bescheinigung dort als ausreichender und keiner weiteren Überprüfung bedürfender Nachweis angesehen werden kann, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und unterliegt pflichtgemäßem richterlichem Ermessen. Die Vorlage bzw. die Berufung auf ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bewirkt auch keine Beweiserleichterung bis hin zur Beweislastumkehr in dem Sinne, dass Krankenkasse und Gerichte von der Arbeitsunfähigkeit auszugehen hätten, solange nicht das Gegenteil erwiesen sei. Es gilt vielmehr der Grundsatz, dass jeder Beteiligte die Beweislast für diejenigen Tatsachen - in Bezug auf das Vorhandensein positiver sowie für das Fehlen negativer Tatbestandsmerkmale - trägt, welche die von ihm geltend gemachte Rechtsfolge begründen.

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Unfallversicherung

Zur Feststellung einer "Wie-BK"

Bundessozialgericht - B 2 U 19/09 R - Urteil vom 20.07.2010

Die Feststellung der Widerspruchsstelle, der Kläger habe keinen Anspruch auf Anerkennung einer Wie-BK, ist rechtswidrig und verletzt diesen schon in seinem verfahrensrechtlichen Recht auf Entscheidung durch die funktional und sachlich zuständige Behörde des Leistungsträgers (§ 42 Satz 1 SGB X), wenn die Widerspruchsstelle an Stelle der Ausgangsbehörde des Trägers über ein erstmals im Widerspruchsverfahren geltend gemachtes Recht zu entscheidet.

Für die Feststellung einer Wie-BK genügt es nicht, dass im Einzelfall berufsbedingte Einwirkungen die rechtlich wesentliche Ursache einer nicht in der BK-Liste bezeichneten Krankheit sind, denn die Regelung des § 9 Abs. 2 SGB VII beinhaltet keinen Auffangtatbestand und keine allgemeine Härteklausel. Vielmehr darf die Anerkennung einer Wie-BK nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme der betreffenden Einwirkungs-Krankheits-Kombination in die Liste der BKen erfüllt sind, der Verordnungsgeber sie also als neue Listen-BK in die BKV einfügen dürfte, aber noch nicht tätig geworden ist.

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Anwaltshonorar

Anrechnung von Beratungshilfe

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 13 (10) B 9/09 SB - Beschluss vom 12.08.2009

Voraussetzung für eine Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr für die Beratungshilfe ist, dass sowohl das Beratungshilfeverfahren als auch das anschließende gerichtliche oder behördliche Verfahren vom selben Rechtsanwalt bzw. derselben Sozietät betrieben werden, beide Verfahren denselben Gegner betreffen, beide Verfahren denselben Streitgegenstand betreffen und schließlich zwischen beiden Verfahren ein gewisser zeitlicher Zusammenhang besteht.

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Keine Anrechnung der Beratungshilfegebühr

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 6 AS 52/10 B - Beschluss vom 29.11.2010

Auf die im sozialgerichtlichen Verfahren anfallenden Gebühren ist die Beratungshilfegebühr, nicht nach Nr. 2503 Abs. 2 S. 1 VV RVG anzurechnen. Die Vorschrift der Nr. 2503 Abs. 2 S. 1 VV RVG ist nicht auf Verfahren anzuwenden, in denen sich an die Beratungshilfe ein gerichtskostenfreies sozialgerichtliches Verfahren anschließt. In diesen Fällen ist die Gebührenvorschrift der Nr. 3103 VV RVG als die Anrechnung einer Vorbefassung abschließend regelnde Sondervorschrift anzusehen.

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PKH für Anwalt außerhalb des Gerichtsbezirks

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 7 AS 1939/10 B - Beschluss vom 30.11.2010

Nach dem Wortlaut bzw. dem Sinn und Zweck des § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 121 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) soll ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen oder aber besondere Umstände vorliegen, die diese Beiordnung rechtfertigen können. Daraus folgt im sozialgerichtlichen Verfahren für den Senat jedoch nicht zwingend, dass der Beteiligte einen Anwalt wählen muss, der im Bezirk des Gerichts seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei hat.

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Beiordnung eines Anwalts nach Klageerhebung

Bayerisches Landessozialgericht - L 15 SF 131/10 B E - Beschluss vom 25.08.2010

Eine Kürzung der Verfahrensgebühr auf 170 Euro mit der Begründung, dass die Prozesskostenhilfebewilligung und die Beiordnung erst ab einem Zeitpunkt nach Klageerhebung wirken, ist nicht gerechtfertigt. Mit seiner Beiordnung hat der Anwalt ein normales Klageverfahren in zeitlich gedrängter Weise zu führen. Im übrigen ist eine mit dem Zeitpunkt der Beiordnung begründete Kürzung der Verfahrensgebühr ohnehin nicht zulässig , denn das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bietet keine Grundlage für eine Betrachtungsweise, die auf eine Quotelung der Gebühr hinauslaufen würde. Insbesondere lässt sich eine solche Kürzung nicht darauf stützen, dass bei der Abwägung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG auch der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit zu berücksichtigen ist. Bei der Beurteilung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit ist der im gesamten Verfahren aufgewendete Arbeits- und Zeitaufwand zu würdigen, nicht nur der Arbeits- und Zeitaufwand nach dem Wirksamwerden der Beiordnung.

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Grundsicherung für Arbeitssuchende SGB II

Unterscheidung Einkommen-Vermögen

Bundessozialgericht - B 4 AS 70/09 R - Urteil vom 30.08.2010

1. Nach § 11 Abs. 1 SGB II sind nur Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen zu berücksichtigen; dagegen ist die Berücksichtigung als Vermögen nach den Regelungen des § 12 SGB II auch dann möglich, wenn weitere Verwertungshandlungen "zwischengeschaltet" sind. Vermögensgegenstände können daher neben beweglichen Sachen und Immobilien auch (künftig fällig werdende) Forderungen und Rechte sein. Insofern haben die für die Grundsicherung nach dem SGB II zuständigen Senate des BSG im Zusammenhang mit der Differenzierung zwischen Einkommen und Vermögen im SGB II in grundsätzlicher Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerwG zur Sozialhilfe u.a. ausgeführt, dass - unabhängig von dem rechtlichen Schicksal einer Forderung - für deren Berücksichtigung als Einkommen ausschließlich auf die Erzielung von Einkünften in Geld oder Geldeswert im Sinne eines tatsächlichen Zuflusses abzustellen ist.

2. Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können. Die Verwertung muss für den Betroffenen einen Ertrag bringen, durch den er, wenn auch nur kurzfristig, seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder weil sie - wie beispielsweise Grundstücke in Folge sinkender Immobilienpreise - über den Marktwert hinaus belastet sind. Eine generelle Unverwertbarkeit i.S. des § 12 Abs. 1 SGB II liegt vor, wenn völlig ungewiss ist, wann eine für die Verwertbarkeit notwendige Bedingung eintritt.

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Förderungsfähigkeit nach BAföG schließt SGB II nicht generell aus

Bundessozialgericht - B 4 AS 97/09 R - Urteil vom 30.08.2010

Die Förderung einer "Ausbildung" nach § 77 SGB III führt nicht zu einem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II, denn Maßnahmen im Rahmen der beruflichen Weiterbildung begründen keinen Ausschluss von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Dieses gilt unabhängig von der grundsätzlichen Förderfähigkeit der schulischen Ausbildung nach dem BAföG.

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Kosten der Unterkunft

Bundessozialgericht - B 14 AS 15/09 R - Urteil vom 19.10.2010

1. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft sind nicht in beliebiger Höhe erstattungsfähig, sondern nur insoweit, als sie angemessen sind. Die Angemessenheitsprüfung limitiert somit die erstattungsfähigen Kosten der Höhe nach. Die Angemessenheitsprüfung ist nicht ins Belieben der Verwaltung gestellt. Vielmehr sind weitere Konkretisierungen erforderlich, die schon auf Grund des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien erfolgen müssen. Zum anderen fordert das Rechtsstaatsprinzip die Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit der Begrenzung.

2. Der Anspruch auf Heizkosten gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II besteht zunächst jeweils in Höhe der konkret individuell geltend gemachten Aufwendungen. Eine Pauschalierung ist unzulässig. Nur wenn die Heizkosten über einem aus einem bundesweiten oder kommunalen Heizspiegel zu ermittelnden Grenzbetrag liegen, sind sie im Regelfall nicht mehr als angemessen zu betrachten.

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Auch Anwärterbezüge sind förderungsfähige Ausbildung

Bundessozialgericht - 14 AS 24/09 R - Urteil vom 19.08.2010

Nach § 2 Abs. 6 Nr. 3 BAföG wird u.a. dann keine Ausbildungsförderung geleistet, wenn der Auszubildende als Beschäftigter im öffentlichen Dienst Anwärterbezüge oder ähnliche Leistungen aus öffentlichen Mitteln erhält. Die Ausschlussregelungen des § 2 Abs. 6 berühren aber die Förderungsfähigkeit einer Ausbildung dem Grunde nach nicht. Auch wenn diese Ausschlussregelungen des § 2 Abs. 6 BAföG im Abschnitt I des Gesetzes mit der Überschrift "Förderungsfähige Ausbildung" stehen, haben sie nicht den Zweck, den Begriff der förderungsfähigen Ausbildung näher zu umschreiben. Ihr Sinn liegt allein darin, das Konkurrenzverhältnis zwischen Förderungsansprüchen zu lösen, das dann entsteht, wenn für ein- und dieselbe Ausbildung neben den in § 2 Abs. 6 Nr. 1 bis 4 BAföG aufgeführten Leistungen (u.a. Leistungen der Begabtenförderung nach § 2 Abs. 6 Nr. 2 BAföG) auch eine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz möglich ist. In derartigen Fällen sollen die in § 2 Abs. 6 BAföG aufgezählten Leistungen nach der Rechtsprechung des BVerwG in der Weise Vorrang haben, dass Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz nicht (auch nicht aufstockend) erbracht werden.

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Kein gesonderter Antrag für Erstausstattung notwendig

Bundessozialgericht - B 14 AS 10/09 R - Urteil vom 19.08.2010

Was der Antragsteller mit einem Antrag auf Leistungen nach dem SGB II begehrt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Bringt dieser zum Ausdruck, dass er Leistungen vom Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende begehrt, so ist der Antrag so auszulegen, dass das Begehren des Antragstellers möglichst weitgehend zum Tragen kommt. Wie der Senat bereits entschieden hat, sind als beantragt alle Leistungen anzusehen, die nach Lage des Falls ernsthaft in Betracht kommen (Grundsatz der Meistbegünstigung). Wird mit einem Antrag ein Hilfebedarf nach dem SGB II geltend gemacht, so sind damit alle Leistungen umfasst, die der Sicherung des Lebensunterhalts in Form des Arbeitslosengeldes II dienen, also regelmäßig alle im 1. und 2. Unterabschnitt des 2. Abschnitts des 3. Kapitels SGB II genannten Leistungen. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei den in § 23 Abs. 3 SGB II genannten Leistungen um einmalige Sonderbedarfe handelt. So wird einerseits gewährleistet, dass ein Hilfebedürftiger alle ihm zustehenden Leistungen auch tatsächlich erhält, ohne dass er von vornherein alle denkbaren Möglichkeiten eingeplant haben muss, andererseits ergeben sich aber auch Vereinfachungseffekte bei dem Träger, der bei Prüfung der Leistungen auf einen einheitlichen Zeitpunkt abstellen kann und bei zeitlichen Verzögerungen der Streit ausgespart bleibt, ob ggf. eine notwendige Beratung nicht oder nicht in dem notwendigen Umfang stattgefunden hat.

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Erstausstattung der Wohnung

Bundessozialgericht - B 14 AS 36/09 R - Urteil vom 19.08.2010

1. Soweit ein Bedürftiger innerhalb eines Bewilligungsabschnitts mit Anmietung und Bezug einer eigenen Wohnung einen Bedarf für eine Erstausstattung für diese Wohnung i.S. des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II geltend macht, handelt es sich um eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen im Sinne des § 48 SGB X. Es kommt für die Entstehung des Anspruchs auf Erstausstattung für die Wohnung nicht auf eine (gesonderte) Antragstellung an.

2. Verschuldensgesichtspunkte spielen nicht schon bei der Feststellung des Bedarfs eine Rolle. Wie das Verhältnis von §§ 19 ff SGB II zu § 34 SGB II zeigt, ist ein bestehender Bedarf immer dann zu erfüllen, wenn dies Voraussetzung für ein menschenwürdiges Dasein ist.

3. Besteht im Ergebnis ein Leistungsanspruch auf Geld unmittelbar aus § 23 Abs. 3 SGB II nicht und hat der Bedürftige die Leistung selbst beschafft, so muss die Verwaltung einen Kostenerstattungsanspruch prüfen. Die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (also in Eil- und Notfällen) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung ist Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht. Liegen seine Voraussetzungen vor, wandelt sich auch im Anwendungsbereich des SGB II ein Sachleistungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch gerichtet auf Geld um. 

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Keine Leistungen für Schulbücher vor Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Bundessozialgericht - B 14 AS 47/09 R - Urteil vom 19.08.2010

Ein Anspruch auf eine Kostenübernahme für Schulbücher im Schuljahr 2005/2006 ist - trotz der Verfassungswidrigkeit des SGB II - insoweit auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gegeben. Das BVerfG hat, in dem es das Regelleistungssystem des SGB II insgesamt für den Zeitraum ab 1.1.2005 als Verstoß gegen die Menschenwürde des Art 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsgebot des Art 20 Abs. 1 GG betrachtet hat, zugleich klargestellt, dass eine rückwirkende Leistungsgewährung nicht notwendig ist. Das BVerfG hat vielmehr klargestellt, dass Art 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art 20 Abs. 1 den Gesetzgeber nicht dazu verpflichten, die Leistungen rückwirkend für die Zeit ab Inkrafttreten des SGB II am 1.1.2005 neu festzusetzen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG muss der Gesetzgeber einen mit dem GG unvereinbaren Rechtszustand nicht rückwirkend beseitigen, wenn dies einer geordneten Finanz- und Haushaltsplanung zuwider läuft oder die Verfassungsrechtslage bisher nicht hinreichend geklärt war und dem Gesetzgeber aus diesem Grund eine angemessene Frist zur Schaffung einer Neuregelung zu gewähren ist. Diese Grundsätze des BVerfG über die nicht notwendige rückwirkende Korrektur der Verfassungswidrigkeit durch den Gesetzgeber (a.a.O.) gelten auch für die Leistung zur Sicherung des Bedarfs an Schulbüchern, unabhängig davon, ob der Bedarf durch eine Erhöhung der Regelleistung oder durch einen gesonderten Anspruch auf Leistungen für die Schule zu decken wäre.

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Erhaltungsaufwendungen bei Eigenheim

Sozialgericht Neuruppin - S 18 AS 1314/07 - Urteil vom 29.10.2010

Erhaltungsaufwendungen sind dann als Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu übernehmen, wenn sie dem Zweck dienen, das Eigenheim zu Wohnzwecken zu erhalten, ohne dass dabei dessen Wesensart verändert oder der Zustand substantiell verbessert wird. Aus diesem Grund sind nur solche Maßnahmen erfasst, die unmittelbar drohende oder schon entstandene Schäden an der selbstgenutzten Immobilie mit daraus folgenden unzumutbaren Beeinträchtigungen der Wohnqualität verhindern oder beseitigen sollen. Sie müssen geeignet und erforderlich sein, um das Eigentum zu Wohnzwecken zu erhalten . Nicht zum Erhaltungsaufwand gehören demgegenüber Erneuerungs- und Modernisierungsarbeiten, soweit durch sie das Eigenheim in einen höherwertigen Zustand versetzt wird. Ein Absinken der Wohnqualität ist jedoch - bei ansonsten gewährleisteter Bewohnbarkeit - bis zu den für Mieter vorgegebenen Merkmalen eines einfachen, aber nicht aller einfachsten Wohnungsstandards hinzunehmen. Umgekehrt zählt zum Erhaltungsaufwand somit nicht nur derjenige Aufwand, der periodisch, regelmäßig anfällt und sich auf notwendige Kleinreparaturen, regelmäßig anfallende Wartungsarbeiten sowie kleinere Schönheitsreparaturen und Ausbesserungsarbeiten beschränkt.

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Sozialhilfe SGB XII

§ 19 Abs.. 6 SGB XII regelt Sonderrechtsnachfolge

Bundessozialgericht - B 8 SO 13/09 R - Urteil vom 13.07.2010

Nach § 19 Abs. 6 SGB XII steht der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat. Damit regelt die Vorschrift nach der ausdrücklichen Formulierung der Gesetzesbegründung einen besonderen Fall der Sonderrechtsnachfolge im Sinne einer cessio legis . § 19 Abs. 6 SGB XII begründet keinen originären eigenen Anspruch i.S. eines subjektiven Rechts. Die in § 19 Abs. 6 SGB XII genannten Personen treten bei Vorliegen der in der Vorschrift geregelten Voraussetzungen vielmehr in die Rechtsstellung des verstorbenen Hilfeempfängers ein.

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In NRW haben 2 Personen Anspruch auf 65 qm

Sozialgericht Aachen - S 19 AY 28/10 ER - Beschluss vom 26.07.2010

Zur Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist auf die in den landesrechtlichen Bestimmungen zur Wohnraumgröße im sozialen Mietwohnungsbau anerkannte Wohnfläche abzustellen. In Nordrhein-Westfalen haben diese Vorschriften zum 01.01.2010 eine grundlegende Änderung erfahren. Bis 31.12.2009 war nach Nr. 5.71 des Runderlasses des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport zu § 27 Abs. 4 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 08.03.2002 für zwei Personen eine Wohnungsgröße von bis zu 60 m² angemessen. Diese Verwaltungsvorschrift ist nunmehr durch die auf der Grundlage des neuen Gesetzes zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen erlassenen Wohnraumnutzungsbestimmungen abgelöst worden. Nach Nr. 8.2 lit b) dieser Verwaltungsvorschriften sind für einen Haushalt mit zwei Personen 65 m² Wohnfläche angemessen im Sinne des § 18 Abs. 2 WFNG NRW. Auf der anderen Seite sieht Anlage 1, Nr. 1.4.1 der Wohnraumförderungsbestimmungen für Mietwohnungen bestehend aus einem Zimmer, Küche und Nebenräumen eine Wohnflächenobergrenze von 62 m² vor. Für die Anwendung von Nr. 8.2 WNB gegenüber Anlage 1 Nr. 1.4.1. WFB sprechen jedoch systematische Erwägungen. Folglich ist - den Verwaltungsvorschriften zu dieser Vorschrift (Nr. 8.2 WNB) entsprechend - für zwei Personen von einer angemessenen Wohnfläche von bis zu 65 m² auszugehen.

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Kurioses aus der Rechtsprechung

Zum Entstehen einer Zwangsstörung

Verwaltungsgericht Düsseldorf - 23 K 5235/07 - Urteil vom 02.11.2010

Öffnet ein Beamter den ihm von seinem Vorgesetzten übersandten e-Mailanhang mit ekelerregendem Inhalt, so kann hierdurch eine gravierende Zwangsstörung beim Untergebenen auftreten, die als Dienstunfall anzuerkennen ist.

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Buchrezension

Grube / Wahrendorf
SGB XII
Beck, 3. Auflage 2010, 884 Seiten, € 79,-
ISBN: 978-3 - 406 - 60090 - 6

Mit klarer Gliederung, strikt am Gesetzestext orientiert, wendet sich diese Neuauflage an den Kreis der im Sozialrecht Tätigen. Das SGB XII ist erst knappe sechs Jahre alt und der Kommentar erscheint schon in der dritten Auflage. Dieses zeigt die Schnellebigkeit, mit der Interpretation des Gesetzestextes und Anwendung durch die Rechtsprechung von statten gehen, andererseits die Aktualität, mit der diese Änderungen von den Kommentatoren aufgenommen und wiedergegeben werden. Angesichts dieses hohen Tempos kann man den Grube / Wahrendorf heute schon eine hohe Auflagenzahl prophezeien. Das Zeug zum Klassiker hat er allemal. Eigentlich könnte man auch sagen, er ist es schon. Wo sonst kriegt man so viel Recht so aktuell in einem so handlichen Format

Greß
Schwerbehinderung

Beck kompakt, 2010, 128 Seiten, € 6,80
ISBN: 978-3 - 406 - 60258- 0

Der paßt in die Handtasche, - und damit ist auch gleich der Kreis der Nutzer definiert: Kurz und knapp sind hier alle Bereiche im Schwerbehindertenrecht beschrieben. Ergänzt werden die einzelnen Kapitel (von Antragstellung bis zu einzelnen Vergünstigungen für Behinderte generell, die nicht an die Schwerbehinderteneigenschaft geknüpft sind) durch farblich markierte Praxistipps und Praxisfälle.

Aufgrund des geringen Umfangs und Formats kann dieser Ratgeber wirklich nur "erste Hilfe" leisten. Bei den ständigen Änderungen im Sozialrecht kommt es in erster Linie auf Aktualität an - und aktuell ist dieses Buch in jedem Fall.

Becker / Kingreen
SGB V

Beck, 2. Auflage 2010, 1495 Seiten, € 119,-
ISBN: 978-3 - 406 - 60085 - 2

Die Neuauflage kommentiert jeden Paragraphen strikt am Gesetzestext orientiert. Das SGB V ändert sich fortlaufend, der Kommentar erscheint "erst" in der zweiten Auflage. Meines Wissens hatte der Beck - Verlag in seiner orangefarbenen Reihe keine Kommentierung zum SGB V, bis Becker / Kingreen sich der Sache annahmen. Wie alle anderen Bücher aus der Reihe bürgt er für Aktualität und Qualität. Ein Kommentar erübrigt sich eigentlich schon.

Neben diesen Qualitäten ist das Format nicht zu unterschätzen: Vom Umfang her steht der Becker / Kingreen zwischen Mammutwerken wie z. B. Kasseler Kommentar und Do-it-yourself Ratgebern. Kompakt gibt er die nötigen Informationen und kann doch noch zu Besprechungen, Verhandlungen, etc. mitgenommen werden.

M. Schörnig
Rechtsanwältin

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Nächste Ausgabe

Die nächste Ausgabe unserer Zeitschrift erscheint im März 2011!

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