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Ausgabe 3/2008vom 11.05.2008Druckversion der Zeitung (pdf-Format ohne weiterführende Links). Sozialgerichtsgesetz/ Versorgungsverwaltung |
Herausgeber und verantwortlich im Sinne des
Pressegesetzes Karen Schillings, Die Zeitschrift erscheint alle 2 Monate Liebe Leser, das Bundessozialgericht hat in einem bemerkenswerten Urteil vom 24.04.2008 (noch nicht veröffentlicht) die "Anhaltspunkte" erstmals korrigiert. Beim Diabetes mellitus ist nicht - wie nach den AHP vorgeschrieben - die erreichte Stoffwechsellage, sondern auch der dafür erforderliche Therapieaufwand in den GdB mit einzubeziehen. Zu diesem Ergebnis ist das BSG nach Befragung von Sachverständigen gelangt. Das BSG hat mit diesem Urteil (Az.:B 9/9a SB 10/06 R) nun offenbar die Tür dazu geöffnet, die Richtigkeit der AHP grundsätzlich in Frage zu stellen. Das zuständige Ministerium kann einer allgemeinen Infragestellung der AHP allerdings zuvorkommen, indem es die AHP - wie schon seit langem von der Rechtsprechung gefordert - in eine Rechtsverordnung übernimmt. Hierzu hat der Gesetzgeber inzwischen sogar die notwendige Ermächtigungsgrundlage erlassen. Wir sind gespannt, ob die Rechtsverordnung nun kommt. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihr Team von Sozialrecht Online und www.uwendler.de . |
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BSG Pressebericht zur Sitzung vom 24.04.2008 Das BSG hat in der Sitzung vom 24.04.2008 entschieden, bei der Feststellung des GdB bei Diabetes mellitus seien die Darlegungen unter Nr. 26.15 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (Ausgabe 1996) nicht uneingeschränkt zugrunde zu legen. Nach dem Ergebnis der Anhörung von vier Sachverständigen durch das BSG bedarf insbesondere die Vorgabe der AHP "Diabetes mellitus durch Diät und alleinige Insulinbehandlung gut einstellbar" (GdB 40) einer differenzierten Beurteilung. Maßgeblich ist insoweit nicht nur die erreichte Stoffwechsellage, sondern auch der dafür erforderliche Therapieaufwand. Die Entscheidungsgründe wurden bislang noch nicht veröffentlicht. <<< nach oben >>> Keine Änderung bei RF durch AHP 2008 Zu Verwirrung führt die Neufassung der Nr. 33 AHP in der Ausgabe 2008. Die Neufassung erweckt auf den ersten Blick den Eindruck, dass es den Nachteilsausgleich "RF" nicht mehr gibt bzw. dass die Aufgaben der bisher insoweit für die Feststellung zuständigen Behörden an die GEZ übertragen worden wären. Es bleibt hingegen (fast) Alles beim Alten.
Die Nr. 33 AHP wurde in den AHP 2008 gefasst mit: "Gesundheitliche Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht Der Achte Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Achter Rundfunkänderungsstaatsvertrag), in Kraft getreten zum 01.04.2005 regelt in Artikel 5 § 6 die Gebührenbefreiung natürlicher Personen. Gleichzeitig sind die Rundfunkbefreiungsverordnungen der Länder außer Kraft getreten. Mit dieser Änderung obliegt die Feststellung der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nicht mehr den Sozialbehörden sondern den Landesrundfunkanstalten, die ihrerseits die GEZ Köln beauftragt haben, das Verfahren in ihrem Auftrag zentral durchzuführen."
Dazu hat das BMA zwischenzeitlich mit Rundschreiben vom 12.03.2008 - Az. IVc6-48065-3 - geäußert: "Die Änderung der Nummer 33 Anhaltspunkte für die ärztliche Begutachtung nach dem Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) gab Anlass zu Missverständnissen bei deren praktischen Anwendung. Hierzu nehme ich wie folgt Stellung:
Anmerkung: 1. Die GEZ wiederum erteilt - auf Vorlage des entsprechenden Schwerbehindertenausweises bzw. Feststellungsbescheides - lediglich die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht. 2.
3. Der Befreiungstatbestand im Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31.08.1991, zuletzt geändert durch den neunten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 31.07./10.10.2006 sieht - den "alten" Vorgaben der AHP in Nr. 33 Abs. 2 Buchstaben a) und b) entsprechend - in § 6 vor: (1) Von Rundfunkgebührenpflicht werden auf Antrag folgende natürliche Personen und deren Ehegatten im ausschließlich privaten Bereich befreit:
b) Nr. 33 Abs. 2 Buchstaben c): § 6 Abs. 8 des Staatsvertrages (Befreiung für "behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung nicht nur vorübergehend wenigsten 80 vom Hundert beträgt und die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können,") entspricht der "alten" Nr. 33 Abs. 2 Buchstabe c). <<< nach oben >>> Sachverständigenbeiratsbeschlüsse zu den AHP Mit Rundschreiben vom 20.12.2007 hat das BMA begutachtungsrelevante Ergebnisse der Tagung vom 14./15. März 2007 des Ärztlichen Sachverständigenbeirats Versorgungsmedizin beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffentlicht.
Diabetes mellitus Typ II Zur Therapie des Diabetes mellitus Typ II sind neben den Sulfonylharnstoffen weitere orale Antidiabetika (z. B. Glinide) mit insulinotroper (insulinosekretorischer) Wirkung zugelassen. Der Beirat votierte daher, die Nr. 26.15 (S. 99) der "Anhaltspunkte" zu ändern:
Diese Änderung der "Anhaltspunkte" wurde bereits mit Rundschreiben vom 17. Juli 2007 und im Internet des BMAS veröffentlicht. GdB nach Hüftkopfersatz Es stellte sich die Frage, ob der GdB nach Hüftkopfersatz (Teil- oder Hemiendoprothese) wie der nach Totalendoprothese des Hüftgelenks zu bewerten sei. Dies wurde vom Beirat bejaht, da die funktionellen Ergebnisse vergleichbar seien. GdB bei Herzklappenersatz Moderne Operationsverfahren streben eine Aortenklappenrekonstruktion durch körpereigenes Gewebe an, so wird z.B. bei der "Ross-Operation" die Aortenklappe durch die körpereigene Pulmonalklappe ersetzt. Diese Operationsverfahren führen zu einer annähernd physiologischen Funktion, eine orale Antikoagulation ist postoperativ nicht notwendig. Der Beirat stellte dazu fest, dass aus seiner Sicht noch nicht genügend Erfahrungen über Langzeitergebnisse dieser Operationsverfahren vorlägen, um eine Änderung der Nummer 26 Punk 9 der "Anhaltspunkte" zu rechtfertigen. GdB bei Fibromyalgie Es war gefragt worden, ob die Aufnahme der "Fibromyalgie" in die ICD-10 eine Anerkennung als Krankheit bedeute. Die "Anerkennung" einer Krankheit erfolgt nach Meinung des Beirates nicht durch eine Behörde, sondern in der medizinischen Wissenschaft. Da es bei den "Anhaltspunkten" auf die Auswirkung von Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe und nicht auf Diagnosen ankommt, ist ein Eintreten in die Diskussion zu dieser Frage ebenso unnötig wie eine Änderung der "Anhaltspunkte". Heilungsbewährung nach Entfernung eines Prostatakarzinoms Die Strahlentherapie des Prostatakarzinoms kann auch als Brachytherapie (Seed-Implantation) erfolgen. Es war angefragt worden, ob die Zeit der Heilungsbewährung erst dann beginnt, wenn der PSA-Spiegel gegen 0 sinkt, was bis ein Jahr nach der kurativen Brachytherapie erfolgen kann. Dies wurde vom Beirat verneint. Die Zeit der Heilungsbewährung beginnt wie bei anderen Behandlungsmethoden mit der klinischen Entfernung des Tumors, d.h. mit Ende der Basistherapie (bei den o.g. Verfahren in der Regel nach 4 bis 6 Wochen), weitere, adjuvante Therapie verschiebt den Beginn der Heilungsbewährung nicht. <<< nach oben >>> "G" bei Schmerzzuständen. LSG Berlin-Brandenburg - L 13 SB 85/06 - Urteil vom 18.03.2008 Liegen ausgeprägte Schmerzustände an den unteren Extremitäten vor - z.B. Knorpelschäden der Kniegelenke mit Schmerzen bzw. eine sehr schmerzhafte Arthrose -, kann bei der Beurteilung des Grades der Behinderung bzw. der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" auch auf die Vorgaben der Anhaltspunkte zu arteriellen Verschlusskrankheiten zurückgegriffen werden. <<< nach oben >>> Soldatenversorgungsrecht In NRW ist nunmehr der Landschaftsverband zuständig LSG Nordrhein-Westfalen - L 6 (10) VS 29/07 - Urteil vom 11.03.2008 Die durch das Straffungsgesetz durchgeführte Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung im Aufgabenbereich der Kriegsopferversorgung und die Übertragung der Aufgaben auf den Landschaftsverband ist rechtlich nicht zu beanstanden.; sie ist von Art. 84 GG gedeckt. <<< nach oben >>> Gutartiger Tumor (Meningeom) ist keine Folgen von Strahlenbelastung LSG Niedersachsen-Bremen - L 5 VS 11/05 - Urteil vom 13.02.2008 Nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft besteht kein nachweisbarer Ursachenzusammenhang zwischen Radarstrahlung einerseits und gutartigen Hirntumoren andererseits. <<< nach oben >>> Versorgungsrecht Landschaftsverbände nicht zuständig? LSG Nordrhein-Westfalen - L 10 V 9/05 - Urteil vom 05.03.2008 1. 2. <<< nach oben >>> In NRW ist nunmehr der Landschaftsverband zuständig LSG Nordrhein-Westfalen - L 6 V 28/07 - Urteil vom 11.03.2008 Die durch das Straffungsgesetz durchgeführte Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung im Aufgabenbereich der Kriegsopferversorgung und die Übertragung der Aufgaben auf den Landschaftsverband ist rechtlich nicht zu beanstanden.; sie ist von Art. 84 GG gedeckt. <<< nach oben >>> Neue Erkenntnisse bei bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS Bundessozialgericht - B 2 U 4/06 R - Urteil vom 30.10.2007 Bezüglich der BK Nr. 2108 Anl. BKV bedarf das MDD (Mainz - Dortmunder Dosismodell) im Hinblick auf die an seinen wissenschaftlichen Grundlagen und seinem Berechnungsmodus geäußerte Kritik der weiteren Überprüfung. Die mittlerweile vorliegenden Ergebnisse der "Deutschen Wirbelsäulenstudie", deuten darauf hin, dass auch unterhalb der Orientierungswerte nach dem MDD ein erhöhtes Risiko für bandscheiben-bedingte Erkrankungen der LWS bestehen kann. Nach dem Abschlussbericht hat die Studie, in der verschiedene Dosismodelle verglichen und bewertet wurden, gezeigt, dass mehrere der geprüften Modelle an sich besser geeignet sind als das MDD, um Dosis-Wirkungsbeziehungen bei bandscheibenbedingten Wirbelsäulenerkrankungen abzubilden. Danach zeichnen sich die am besten angepassten Modelle dadurch aus, dass die Schwellenwerte für die Bandscheibendruckkraft bei Lastenhandhabung und für die Rumpfvorneigung im Vergleich zum MDD abgesenkt sind, dass auf die Einführung eines Schwellenwertes für die Tagesdosis verzichtet wird und dass neben dem Heben und Tragen zusätzliche Formen der Lastenhandhabung wie Ziehen, Schieben, Werfen und Fangen von Lasten berücksichtigt werden. Diese Modelle gehen allerdings über die geltende Legaldefinition der BK Nr. 2108 Anl. BKV hinaus, da sie auch Tätigkeiten außerhalb der rechtlich vorgegebenen Kriterien "schweres Heben und Tragen" und "extreme Rumpfbeugehaltung" berücksichtigen. Sie können deshalb das MDD in seiner Funktion als Zusammenfassung des für eine Konkretisierung der bestehenden BK benötigten medizinischen Erfahrungswissens nicht unmittelbar ersetzen. <<< nach oben >>> Arbeitsunfähigkeit nach Unfall Bundessozialgericht - B 2 U 31/06 R - Urteil vom 30.10.2007 Arbeitsunfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles liegt anknüpfend an die Rechtsprechung zum Begriff der Arbeitsunfähigkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung vor, wenn ein Versicherter aufgrund der Folgen eines Versicherungsfalles nicht in der Lage ist, seiner zuletzt ausgeübten oder einer gleich oder ähnlich gearteten Tätigkeit nachzugehen. Arbeitsunfähigkeit ist danach gegeben, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles konkret ausgeübte Tätigkeit wegen Krankheit nicht (weiter) verrichten kann. Dass er möglicherweise eine andere Tätigkeit trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung noch ausüben kann, ist unerheblich. Gibt er nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit die zuletzt innegehabte Arbeitsstelle auf, ändert sich allerdings der rechtliche Maßstab insofern, als für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht mehr die konkreten Verhältnisse an diesem Arbeitsplatz maßgebend sind, sondern nunmehr abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen ist. Der Versicherte darf dann auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden, wobei aber der Kreis möglicher Verweisungstätigkeit entsprechend der Funktion des Kranken- bzw. Verletztengeldes eng zu ziehen ist. Handelt es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um einen anerkannten Ausbildungsberuf, so scheidet eine Verweisung auf eine außerhalb dieses Berufes liegende Beschäftigung aus. Auch eine Verweisungstätigkeit innerhalb des Ausbildungsberufs muss, was die Art der Verrichtung, die körperlichen und geistigen Anforderungen, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Höhe der Entlohnung angeht, mit der bisher verrichteten Arbeit im Wesentlichen übereinstimmen, sodass der Versicherte sie ohne größere Umstellung und Einarbeitung ausführen kann. Dieselben Bedingungen gelten bei ungelernten Arbeiten, nur dass hier das Spektrum der zumutbaren Tätigkeiten deshalb größer ist, weil die Verweisung nicht durch die engen Grenzen eines Ausbildungsberufes eingeschränkt ist. <<< nach oben >>> Zustandekommen eines Heilmittel Behandlungsvertrages Bundessozialgericht - B 3 KR 4/07 R - Urteil vom 15.11.2007 Ein Heilmittel-Behandlungsvertrag zwischen dem Leistungserbringer und der Krankenkasse kommt dadurch zustande, dass dem Leistungserbringer nach Maßgabe der vertragsärztlichen Verordnung ein Angebot der Krankenkasse zu einer bestimmten Heilmittelabgabe unterbreitet wird und der Leistungserbringer das Vertragsangebot durch Entgegennahme der Verordnung zwecks Behandlungsbeginn annimmt (§§ 145 ff BGB). Da die Krankenkasse dabei in aller Regel nicht selbst mit dem Leistungserbringer in Kontakt tritt, muss sie bei Abgabe des Angebots durch einen Bevollmächtigten vertreten werden (§ 164 BGB). Die Krankenkasse wird im Heilmittelbereich bei der Konkretisierung des Hilfsmittelanspruchs durch den Vertragsarzt vertreten, dessen vertragsärztliche Verordnung das Angebot verkörpert, während der Versicherte als Überbringer der Verordnung als Bote fungiert, selbst aber Vertreter ist, soweit er den Leistungserbringer auswählt. Der Umfang der Vertretungsmacht des Vertragsarztes hängt dabei davon ab, ob sich die Krankenkasse die Zustimmung zu der verordneten Heilmittelbehandlung vorbehalten hat oder nicht. <<< nach oben >>> Drei Versuche einer künstlichen Befruchtung LSG Nordrhein-Westfalen - L 5 KR 20/07 - Urteil vom 18.03.2008 Nach mit Wirkung zum 01.01.2004 eingetretener Änderung des § 27a Abs. 1 Nr. 2 SGB V wird unwiderlegbar vermutet, dass nach drei vergeblichen Versuchen einer künstlichen Befruchtung mittels intracytoplasmatischer Spermainjektion keine hinreichende Aussicht auf Herbeiführung einer Schwangerschaft besteht. Ein weitergehender Kostenerstattungsanspruch gegen die Gesetzliche Krankenversicherung besteht auch dann nicht, wenn weitere Versuche zur Schwangerschaft führen. <<< nach oben >>> Ersatzvornahme zu Arzneimittel-Richtlinien ist nichtig Bundessozialgericht - B 1 KR 16/07 R - Urteil vom 28.02.2008 Die am 25.8.2005 durch die ministerielle Ersatzvornahme geänderten Arzneimittel-Richtlinien sind insoweit nichtig, als sie den Kreis der zu Lasten der GKV verordnungsfähigen Lebensmittel über die Vorgaben des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V hinaus erweitern. <<< nach oben >>> Brustasymmetrie ist keine Krankheit i.S.d. der gesetzlichen Krankenversicherung Bundessozialgericht - B 1 KR 19/07 R - Urteil vom 28.02.2008 Ist bei einer Asymmetrie der Brüste deren Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigt und liegt auch keine äußerliche Entstellung von erheblichen Ausmaß vor, sind die Kosten einer Brustangleichungsoperation nicht von der gesetzlichen Krankenkassenversicherung (GKV) zu tragen, weil keine Krankheit i.S.d. GKV vorliegt. Psychische Leiden können einen Anspruch auf eine Operation zum Brustaufbau nicht begründen. <<< nach oben >>> Schutz des Vertragsarztes gegen Ermächtigungen Bundessozialgericht - B 6 KA 42/06 R - Urteil vom 17.10.2007 Ein Vertragsarzt, der in demselben räumlichen Bereich Leistungen anbietet, die Gegenstand der Ermächtigung eines Krankenhausarztes derselben Fachrichtung und Qualifizierung sind, ist zur Anfechtung der Ermächtigung befugt, sofern die Ermächtigung seine eigenen Erwerbsmöglichkeiten über das dem Vertragsarztrecht immanente Maß hinaus einschränken. Diese drittschützende Wirkung ist nicht auf solche niedergelassene Ärzte beschränkt, die in demselben regionalen Planungsbereich wie der ermächtigte Krankenhausarzt tätig sind. Der Drittschutz reicht in räumlicher Hinsicht so weit, wie in einem real existierenden Teilmarkt Anbieter gleichartiger Leistungen in wesentlichem Umfang um die Versorgung derselben Patienten konkurrieren und deshalb für den niedergelassenen Arzt im Wettbewerb bedeutsame Einkommenseinbußen infolge zusätzlich erteilter Ermächtigungen zu besorgen sind. <<< nach oben >>> Keine Befreiung vom Notfalldienst bei Ungeeignetheit Bundessozialgericht - B 6 KA 13/06 R - Urteil vom 06.02.2008 Jeder Vertragsarzt ist - mit Ausnahme von gesundheitlichen Hindernissen - zur Teilnahme am Notfalldienst verpflichtet. Fachliche Ungeeignetheit - hier eines Pathologen - rechtfertigt keine Freistellung; ggf. muss auf eigene Kosten ein geeigneter Vertreter gestellt werden. <<< nach oben >>> Rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft bei Rentenbegehren Bundessozialgericht - B 13 R 44/07 R - Urteil vom 29.11.2007 Unerheblich ist, wenn die bescheidmäßige Anerkennung als schwerbehinderter Mensch nicht bereits im Zeitpunkt des Rentenbeginns vorlag, sondern erst im Bescheid des Versorgungsamts enthalten ist. Für die Anerkennung in diesem Sinn kommt es nicht auf das Datum des Bescheids an; es reicht die Rückwirkung einer späteren Anerkennung. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die rückwirkende Anerkennung erst im Wege eines Überprüfungsantrags nach § 44 SGB X durchgesetzt worden ist. Denn sonst würde man - entgegen dem Grundgedanken des § 44 SGB X - diejenigen benachteiligen, die ihre Ansprüche infolge einer falschen Verwaltungsentscheidung nicht bereits "im ersten Anlauf" durchsetzen konnten. <<< nach oben >>>
Höhere Gebühr bei 6- monatigem Widerspruchsverfahren Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 10 (6) P 61/07 - Urteil vom 06.02.2008 Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist als überdurchschnittlich anzusehen, wenn ein Widerspruchsverfahren überdurchschnittlich lang dauert. Als Anhaltspunkt für die überdurchschnittliche Dauer kann dabei § 88 Abs. 2 SGG dienen. Diese Vorschrift geht von einer vom Gesetzgeber im Regelfall für angemessenen erachteten Frist zur Bearbeitung des Widerspruchs von drei Monaten aus. <<< nach oben >>>
Beratungspflichten der Behörden bei Grundsicherungsleistungen Bundessozialgericht - B 14/11b AS 63/06 R - Urteil vom 31.10.2007 Eine umfassende Beratungspflicht des Sozialversicherungsträgers bzw. des Sozialleistungsträgers besteht zunächst regelmäßig bei einem entsprechenden Beratungs- und Auskunftsbegehren des Versicherten. Ausnahmsweise besteht jedoch auch dann eine Hinweis- und Beratungspflicht des Versicherungsträgers, wenn anlässlich einer konkreten Sachbearbeitung dem jeweiligen Mitarbeiter eine nahe liegende Gestaltungsmöglichkeit ersichtlich ist, die ein verständiger Versicherter wahrnehmen würde, wenn sie ihm bekannt wäre. <<< nach oben >>> Kosten für Haushaltshilfe Bundessozialgericht - B 8/9b SO 12/06 R - Urteil vom 11.12.2007 Der Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Haushaltshilfe setzt bei allen denkbaren Anspruchsgrundlagen (§§ 27 Abs. 3, 28 Abs. 1 Satz 2, 63 Satz 2 i.V.m. 65 Abs. 1 Satz 1, 70 SGB XII; hierzu näher unter 1-4) voraus, dass die Antragstellerin überhaupt im streitigen Zeitraum die geltend gemachten Kosten für eine Haushaltshilfe aufgewendet hat, sie also im Wege der zulässigen "Selbstbeschaffung" eine Haushaltshilfe eingeschaltet und diese auf andere Weise bezahlt hat, oder dass sie der Haushaltshilfe die Bezahlung noch schuldet. Aufgabe der Sozialhilfe ist es nämlich nicht, nachträglich Leistungen zu erbringen, wenn der Bedarf hierfür mittlerweile entfallen ist. <<< nach oben >>> Anrechnung kostenloser Verpflegung Bundessozialgericht - B 8/9b SO 21/06 R - Urteil vom 11.12.2007 Bei einer Zurverfügungstellung kostenlosen Essens in einer Werkstatt für behinderte Menschen muss der Regelsatz in dem Umfang abgesenkt werden, in dem der Bedarf des Leistungsberechtigten durch eine anderweitige Leistung tatsächlich ("im Einzelfall") gedeckt wird. Dabei ist jedoch nicht vom tatsächlichen Wert der den Bedarf anderweitig deckenden Leistung auszugehen; vielmehr ist der pauschalierte monatliche Regelsatz des § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII (nur) um den in ihm selbst für den Bedarf normativ vorgesehenen Betrag abzusenken. Maßgeblich ist der Betrag (345 Euro insgesamt), den der Gesetzgeber bzw. der Verordnungsgeber für die fiktive Bestimmung des Regelsatzes des SGB XII bzw. für die Bestimmung der Regelleistung des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) angesetzt hat. Andere, eigenständig ermittelte Werte sind bedeutungslos. <<< nach oben >>> Einkommensanrechnung von Sonderrenten Bundessozialgericht - B 11b AS 49/06 R - Urteil vom 05.09.2007 Ausgenommen von der Einkommensanrechnung sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II lediglich Leistungen nach dem SGB II, die Grundrente nach dem BVG und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und die Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Im Wesentlichen ist damit beabsichtigt, gerade diese Renten, die im besonderen Maße ein mit dem Verlust körperlicher Unversehrtheit einhergehendes Sonderopfer für die Allgemeinheit ausgleichen, nicht durch Anrechnung auf Grundsicherungsleistungen zu entwerten. Darüber hinausgehende Rentenanteile mit Entgeltcharakter sind demnach als Einkommen zu berücksichtigen und weder als Einnahmen mit sonstiger Zweckbestimmung nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II noch als Entschädigungen für Nichtvermögensschäden entsprechend § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II anrechnungsfrei. Die Privilegierung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II ist für Renten nach dem BVG und vergleichbare Leistungen im Verhältnis zu § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II mit Rücksicht auf die vorausgesetzte besondere Zweckbestimmung die speziellere Regelung, § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II eine nicht analogiefähige Sondervorschrift. <<< nach oben >>> Verwertbarkeit von Vermögen Bundessozialgericht - B 14/7b AS 46/06 R - Urteil vom 06.12.2007 Wenn eine Verwertung bzw. Verwertungsmöglichkeit eines Vermögensgegenstandes nicht absehbar ist, etwa weil sie von dem Tod einer bestimmten Person abhängt, so handelt es sich in jedem Falle um tatsächlich nicht verwertbares Vermögen. Eine Ausnahme mag dann gelten, wenn eine zukünftige Verwertbarkeit sicher eintritt, d.h. beispielsweise von dem Eintritt eines bestimmten kalendermäßig ablaufenden Datums abhängt, und nicht von dem Eintritt eines ungewissen Ereignisses wie hier dem Tod der Mutter. Verwertbarkeit von Vermögen i.S. des § 12 Abs. 1 SGB II kann nur dann angenommen werden, wenn der Berechtigte in der Lage ist, die Verwertung innerhalb einer bei Antragstellung feststehenden Zeitspanne durch eigenes Handeln - autonom - herbeizuführen. Ist dagegen völlig ungewiss, wann eine für die Verwertbarkeit notwendige Bedingung eintritt, so liegt eine generelle Unverwertbarkeit bereits i.S. des § 12 Abs. 1 SGB II vor. <<< nach oben >>>
Eicher / Spellbrink Über dem Schutzumschlage (orangefarben, - ein Markenzeichen) ist ein
weiterer, weißer Einband, der verkündet "Der Praxiskommentar".
Klingt reißerisch. Trifft es aber haargenau. Damit ist eigentlich schon
alles gesagt. Was ich an dieser Stelle zu Grube / Wahrendorf rezensierte, gilt auch hier: " … Irgendein Problem im Sozialrecht? Erst einmal einlesen, einen Überblick schaffen oder grundlegende Rechtsprechung finden? Der Praktiker greift als Erstes zu der "orangenen Reihe" und greift nie daneben. … Alles in allem wieder einmal ein bewährter, kompakter Helfer für den sozialrechtlichen Alltag. Mit etwas anderem ist in der "orangenen Reihe" auch gar nicht zu rechnen. Umfangmäßig geht der Eicher / Spellbrink darüber noch hinaus: Aber auch andere - abgelegenere - Punkte sind detailliert dargestellt,
z. B. § 40 Anwendung von Verfahrensvorschriften oder § 33 Übergang von
Ansprüchen. Wenn dazu in der Kommentierung keine sozialgerichtliche
Rechtsprechung zitiert wird, dann - wage ich zu behaupten - gibt es noch
keine. Die Autoren sind mir persönlich unbekannt, aber der Umfang des Kommentars läßt nur zwei Schlüsse zu: Entweder, Herr Eicher und Herr Dr. Spellbrink verfügen über ein Heer von Mitarbeitern oder beide arbeiten 24 Stunden rund um die Uhr. Fazit: Ich kann nur das wiederholen, was ich eingangs schon sagte: ein Wegweiser im sozialrechtlichen Dickicht. Unbedingte Kaufempfehlung für alle mit dem SGB II und SGB XII Befassten! Rechtsanwältin M. Schörnig <<< nach oben >>> Die nächste Ausgabe unserer Zeitschrift erscheint im Juli 2008! <<< nach oben >>> |
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