Sozialgericht Düsseldorf - Beschluss vom 27.07.2005 - Az.: S 23 AL 311/04 -


Gründe:

I.

Gegenstand der Erinnerung ist der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 01.02.2005.

In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit stritten die Beteiligten um die Dauer, für die dem Kläger Arbeitslosengeld nach §§ 117 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) - Arbeitsförderung - zu bewilligen war.

Die vom Kläger angegriffene Bewilligung mit Bescheid vom 28.05.2004 hatte sich auf die Dauer von 373 Tagen erstreckt und war durch Widerspruchsbescheid vom 09.07.2004 bestätigt worden.

Am 02.08.2004 erhob der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage. Zur Begründung führte er aus, die Beklagte habe zu Unrecht eine unverbrauchte Anspruchsdauer von lediglich 133 Tagen berücksichtigt. Tatsächlich seien 240 Tage des Anspruches unverbraucht gewesen. Eine frühere Bewilligung habe das Arbeitsamt Mannheim aufgehoben.

Mit Bescheid vom 03.11.2004 anerkannte die Beklagte eine Anspruchsdauer von 240 Tagen und teilte dies mit Schriftsatz vom 16.11.2004 mit. Am 06.12.2004 erklärte der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat am 06.12.2004 zugleich Kostenfestsetzung in Höhe von 545,20 Euro beantragt. Er hat eine Verfahrensgebühr gemäß § 2 Abs. 2, 13 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Verbindung mit Nr. 3102 des Vergütungsverzeichnisses in Höhe von 250,00 Euro, eine Terminsgebühr gemäß § 2 Abs. 2 RVG in Verbindung mit Nr. 3106 des Vergütungsverzeichnisses in Höhe von 200,00 Euro, eine Auslagenpauschale nach Nr. 7002 des Vergütungsverzeichnisses in Höhe von 20,00 Euro sowie 16 % Mehrwertsteuer zugrunde gelegt.

Unter dem 01.02.2005 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle Kosten in Höhe von 382,80 Euro festgesetzt. Dieser Betrag hat eine Verfahrensgebühr nach § 3 RVG in Verbindung mit Nr. 3102 des Vergütungsverzeichnisses in Höhe von 200,00 Euro, eine Terminsgebühr nach § 3 RVG in Verbindung mit Nr. 3106 des Vergütungsverzeichnisses in Höhe von 110,00 Euro, eine Auslagenpauschale nach Nr. 7002 des Vergütungsverzeichnisses in Höhe von 20,00 Euro sowie 16 % Mehrwertsteuer umfasst. Zur Begründung hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle ausgeführt, im Zusammenhang mit den Gebühren nach Nr. 3102 und 3106 des Vergütungsverzeichnisses sei von der Mittelgebühr auszugehen, die 250,-- Euro bzw. 200,-- Euro betrügen. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger als gut durchschnittlich, der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit als unterdurchschnittlich und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit als durchschnittlich anzusehen seien.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat am 10.03.2005 Erinnerung eingelegt. Er ist der Auffassung, sowohl hinsichtlich der Verfahrensgebühr als auch der Terminsgebühr sei die Mittelgebühr angemessen. Ebenso wie unter der Geltung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) sei mangels anderweitiger Anhaltspunkte im Zweifel die Mittelgebühr zugrunde zu legen. Bei der Bemessung der Terminsgebühr dürfe keine Rolle spielen, ob ein Termin tatsächlich stattgefunden habe. Die Terminsgebühr sei vielmehr als eine Art Erfolgsgebühr einzustufen. Sofern der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Angelegenheit in ihrer Bedeutung als gut durchschnittlich und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit als durchschnittlich bewerte, werde die leicht unterdurchschnittliche anwaltliche Tätigkeit kompensiert und führe zu einem Anspruch auf die Mittelgebühr. Im übrigen sei der Aufwand keineswegs unterdurchschnittlich gewesen. Es sei erforderlich gewesen, die äußerst umfangreiche Verwaltungsakte der Beklagten durchzuarbeiten, um den Sachverhalt zu erfassen. Der Umfang der Klagebegründung entspreche nicht zwingend den zu leistenden Vorarbeiten.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass dem Prozessbevollmächtigten des Klägers keinesfalls eine überdurchschnittliche Gebühr zustehe. Dies beruhe insbesondere darauf, dass sie die Klageforderung anerkannt habe. Gerechtfertigt sei eher eine unterdurchschnittliche Gebühr.

II.

Die Erinnerung des Prozessbevollmächtigten des Klägers hat Erfolg.

Die Erinnerung ist zulässig.

Die Erinnerung ist insbesondere nach § 178 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers greift mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss eine Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle an.

Die Erinnerungsfrist von einem Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung (§§ 178 Satz 2, 173 SGG) ist gewahrt. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 23.02.2005 zugestellt. Die Erinnerung ging am 10.03.2005 bei Gericht ein.

Die Erinnerung ist auch begründet. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat einen Anspruch auf Festsetzung höherer als der durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle anerkannten Gebühren.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, Beratungsrahmengebühren. Bei Rahmengebühren bestimmt gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 3 RVG).

Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugrunde gelegten Gebühren sind angemessen.

Die nach § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 RVG erfolgte Festsetzung einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 des Vergütungsverzeichnisses in Höhe von 200,00 Euro entspricht nicht den zu berücksichtigenden Umständen dieses Falles. Zugrunde zu legen ist vielmehr die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers geltend gemachte Verfahrensgebühr in Höhe von 250,00 Euro. Dabei handelt es sich um die Mittelgebühr. Der vorgesehene Gebührenrahmen erstreckt sich von 40,00 Euro bis 460,00 Euro. Diese Gebührenhöhe entspricht zunächst der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit. Im übrigen ist der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit lediglich als leicht unterdurchschnittlich zu bewerten. Zwar beschränkte sich die anwaltliche Tätigkeit auf die Einreichung der Klageschrift und die Fertigung der Klagebegründung. Im übrigen wurde aber die Verwaltungsakte der Beklagten durchgearbeitet. Hier ist zu berücksichtigen, dass es auch der Beklagten im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nicht gelungen war zu erkennen, dass dem Kläger Arbeitslosengeld für eine längere Dauer als bewilligt zu gewähren war. Schließlich war die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger, wie dies bereits der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle feststellte, als leicht überdurchschnittlich zu bewerten. Gegenstand des Rechtsstreits war ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer weiterer 107 Tage. Auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers rechtfertigen die Zugrundelegung der Mittelgebühr.

Diese Erwägungen gelten auch für die Bemessung der Terminsgebühr nach Nr. 3106 des Vergütungsverzeichnisses. Auch hier ist die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers geltend gemachte Gebühr von 200,00 Euro zuzusprechen. Bei dieser Gebühr handelt es sich ebenfalls um die Mittelgebühr. Der Gebührenrahmen erstreckt sich von 20,00 Euro bis 380,00 Euro. Es ist nicht angezeigt, den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit wegen des Anerkenntnisses als extrem gering zu bewerten. Die Terminsgebühr nach Nr. 3106 des Vergütungsverzeichnisses fällt gerade in Verfahren an, die durch Anerkenntnis enden.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 178 Abs. 1 Satz 1 SGG endgültig.