Gründe:

I.

Im Hauptsacheverfahren S 4 SO XXXX/14 streiten die dortigen Beteiligten um die Gewährung höherer Hilfe zur Pflege aus Sozialhilfemitteln wegen eines vom Kläger geltend gemachten erhöhten zeitlichen Aufwands für seine hauswirtschaftliche Versorgung. Mit Schreiben vom 02.01.2015 ernannte der Vorsitzende der 4. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe den Antragsteller zum gerichtlichen Sachverständigen und beauftragte ihn mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens aufgrund ambulanter Untersuchung des Klägers insbesondere zu Fragen des zeitlichen Umfangs des erforderlichen Pflegebedarfs auf verschiedenen Gebieten insgesamt und speziell für dessen hauswirtschaftliche Versorgung.

Mit Schriftsatz vom 29.01.2015 beantragte der Kläger über seine Prozessbevollmächtigten, den Antragsteller wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Der Antragsteller habe die Betreuerin des Klägers am 22.01.2015 unangekündigt aufgesucht. Seine Prozessbevollmächtigten hätten sich deshalb am 28.01.2015 telefonisch mit dem Antragsteller zur Vermittlung eines Besuchstermins in Verbindung gesetzt. Der Antragsteller habe das Telefonat mit dem Hinweis beendet, er dürfe mit seinen - des Klägers - Prozessbevollmächtigten nicht sprechen, weil er "von der Gegenseite" beauftragt worden sei. In einer an die Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichteten E-Mail vom selben Tag führte der Antragsteller folgendes aus:

"Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt ..., Sie haben mich mit Ihrem frech-schelmischen Anruf mich ganz schon überrascht. Man sagt die Migranten seien eigen, anderer Mebntalität, bildungsunwillig und -unfähig. schlagen sie bei herrn Zarrafin nach, er weis noch mehr über sie. Dass sie national nicht nationalsozialistisch vorbelastet sind gereicht ihnen auch nicht zu Ehre ...

Mit freundlichen Grüßen."

Mit Verfügung vom 30.01.2015 hob der Vorsitzende der 4. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe daraufhin den Gutachtensauftrag an den Antragsteller auf und bat um Rückgabe der ihm überlassenen Verwaltungs- und Prozessakten. Hiervon unterrichtete die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den Antragsteller am selben Tag vorab telefonisch.

Am 16.02.2015 teilte die Betreuerin des Klägers dem Sozialgericht Karlsruhe mit, der Antragsteller habe erneut (nach den Angaben des Antragstellers im Entschädigungsantrag an diesem Tag) versucht, in ihr Haus zu gelangen. Er habe eine Frau vorgeschickt, die bei ihr geklingelt und gesagt habe, sie müsse sie in die Wohnung lassen, da sie einen Termin habe. Erst auf die Verweigerung des Zutritts und den Hinweis, der Gutachtensauftrag sei aufgehoben, sei der Antragsteller persönlich in Erscheinung getreten mit der Behauptung, er wisse von der Aufhebung des Gutachtensauftrages nichts und das Gericht werde im Übrigen Ärger mit ihm bekommen. Mit Schreiben vom 17.02.2015, dem Antragsteller gegen Postzustellungsurkunde am 20.02.2015 zugestellt, übersandte das Sozialgericht Karlsruhe dem Antragsteller erneut die Verfügung über die Aufhebung des Gutachtensauftrags; zugleich forderte es ihn nochmals auf, die überlassenen Verwaltungs- und Prozessakten unverzüglich zurückzugeben und weitere Kontaktversuche mit dem Kläger, der Betreuerin oder den Prozessbevollmächtigten zu unterlassen. Erst auf die Erinnerung der 4. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.03.2015 reichte der Antragsteller die Verwaltungs- und Prozessakten am 30.03.2015, dem letzten Tag der hierzu eingeräumten Frist, zurück.

Durch Beschluss vom 22.06.2015 gab der Vorsitzende der 4. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe dem Befangenheitsgesuch des Klägers gegen den Antragsteller statt.

Mit seinem am 07.04.2015 beim Sozialgericht Karlsruhe eingegangenen Antrag vom 30.03.2015 machte der Antragsteller eine Vergütung für seinen Zeitaufwand im Zusammenhang mit dem Gutachtensauftrag im Umfang von 26 Zeitstunden, weiter für 167 gefahrene Kilometer am "26.01.2015" (98 km) und am 16.02.2015 (69 km), "notwendige Postausgaben" für "Telefonate und Korrespondenzen zur Beschaffung der medizinischen Daten des Klägers" in Höhe von 100,00 EUR, 6,99 EUR Portokosten für die Aktenrücksendung an das Gericht und weitere 6,20 EUR Portokosten für "Korrespondenzen mit Gericht, dem Kläger und seiner Betreuerin" geltend.

Der Kostenbeamte lehnte eine Entschädigung des Antragstellers mit der Begründung ab, dieser verliere seinen Entschädigungsanspruch, wenn er - wie hier - im Laufe seiner Tätigkeit Gründe geschaffen habe, die seine Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit rechtfertigten (Schreiben vom 09.07.2015).

Deswegen hat der Antragsteller am 20.07.2015 die richterliche Festsetzung seiner Vergütung beantragt.

Der Kostenbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 23.07.2015) und sie dem erkennenden Gericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens des Antragstellers wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungs-, Prozess- und Kostenakten Bezug genommen.

 

II.

Der nicht fristgebundene Antrag auf richterliche Festsetzung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG)) ist statthaft und zulässig. Er ist jedoch nicht begründet, weil dem Antragsteller eine Vergütung für Zeitaufwand und sonstige Kosten aufgrund des Gutachtensauftrags vom 02.01.2015 nicht zusteht.

1. Die Vergütung u.a. von Sachverständigen, die von dem Gericht herangezogen werden, richtet sich nach den Vorschriften des JVEG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 JVEG). Nach § 8 Abs. 1 JVEG erhalten Sachverständige als Vergütung ein Honorar für ihre Leistungen (Nr. 1), Fahrtkostenersatz (Nr. 2) sowie u.a. Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen (Nr. 4). Allerdings kann ein Sachverständiger seinen Vergütungsanspruch in bestimmten Fällen ganz oder teilweise einbüßen, wie sich aus § 8 a JVEG ergibt. Nach dessen Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 erhält der Sachverständige eine Vergütung nur insoweit, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist, wenn er im Rahmen der Leistungserbringung grob fahrlässig oder vorsätzlich Gründe geschaffen hat, die einen Beteiligten zur Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen.

Allerdings macht allein der Umstand, dass ein Sachverständiger mit Erfolg abgelehnt und deshalb die von ihm erbrachte Leistung unverwertbar wird, seinen Vergütungsanspruch nicht hinfällig (vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Auflage 2014, § 8 a, Rand-Nr. 19 und OLG Koblenz vom 18.06.2014 - 14 W 334/14 - (Juris)). Vielmehr kann die - erfolgreiche - Ablehnung eines gerichtlichen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit nach dem Gesetzeswortlaut nur dann den Verlust der Vergütung rechtfertigen, wenn der Sachverständige die Ablehnung grob fahrlässig oder durch bewusste Pflichtwidrigkeit herbeigeführt hat (vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a.a.O., m.w.N. aus der Rechtsprechung). Grobe Fahrlässigkeit liegt in Anlehnung an die Definition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, zweiter Halbsatz des Sozialgesetzbuchs - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dies setzt voraus, dass der Sachverständige die erforderliche Sorgfalt nach den Umständen des Einzelfalls in ungewöhnlich hohem Maße verletzt hat, indem er schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher das unbeachtet gelassen hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. u.a. BSGE 42, 184 und BSGE 62, 32; BVerwGE 92, 84; ferner OLG Koblenz, a.a.O.).

2. Ungeachtet der nicht geklärten einzelnen Umstände der Kontaktaufnahme zwischen dem Antragsteller und der Betreuerin des Klägers am 22.01.2015 und dessen Prozessbevollmächtigten am 28.01.2015 hat der Antragsteller jedenfalls die Prozessbevollmächtigten des Klägers in seiner E-Mail vom 28.01.2015 unsachlich und persönlich angegriffen, indem er diesen ein "frech-schelmisches Verhalten" am Telefon vorgeworfen und zusätzlich noch den "Rat" erteilt hat, zu persönlichen Eigenschaften von Ausländern "bei herrn Zarrafin" (gemein offenbar: Thilo Sarrazin "Deutschland schafft sich ab") nachzuschlagen. Insbesondere aber der nachfolgende Satz in der E-Mail des Antragstellers: "Dass sie national nicht nationalsozialistisch vorbelastet sind gereicht ihnen auch nicht zur Ehre ...", stellt einen unsachlichen und persönlichen Angriff des Antragstellers gegen die Prozessbevollmächtigten des Klägers dar. Den Vorwurf eines "frech-frivol-schelmischen Vokabulars" der Prozessbevollmächtigten hat der Antragsteller zudem in seiner Äußerung vom 20.06.2015 zum Befangenheitsgesuch des Klägers wiederholt und zusätzlich Telefonate mit der Betreuerin des Klägers als Versuch bezeichnet, sich Gewissheit verschaffen zu wollen, ob eine "ihr möglicherweise zuvor zugesicherte Aufhebung des Gutachtens auch tatsächlich stattgefunden" habe. Auch sein Vorbringen im Schriftsatz vom 20.06.2015, die Prozessbevollmächtigten des Klägers hätten mit ihrem Anruf vom 28.01.2015 keinen Besprechungstermin vermitteln, sondern "zielbewusst die Realisierung des Wunsches der Betreuerin des Klägers: Die Verhinderung (seiner) Zusammenkunft mit dem Kläger unter vier Augen" verhindern wollen, stellt einen (weiteren) unsachlichen und durch nichts begründeten Angriff gegenüber der Betreuerin und den Prozessbevollmächtigten des Klägers dar. Diese deutlich am Gebot der Sachlichkeit und der Verpflichtung eines gerichtlichen Sachverständigen zur persönlichen Zurückhaltung und Unvoreingenommenheit gegenüber den Prozessbeteiligten vorbeigehenden Angriffe erfolgten - wenn nicht gar vorsätzlich - zumindest grob fahrlässig. Als akademisch vorgebildetem Menschen hätte dem Antragsteller bei Anstellung selbst einfachster Überlegungen einleuchten müssen, dass derartige unsachliche Äußerungen aus Sicht eines objektiven, unbeteiligten Dritten geeignet sind, Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit zu wecken. Demgemäß hat der Vorsitzende der 4. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe dem Befangenheitsgesuch des Klägers stattgegeben.

Nachdem überdies das erkennende Gericht bereits mit Verfügung vom 30.01.2015 den Gutachtensauftrag vom 02.01.2015 aufgehoben hatte - dass der Antragsteller hiervon vor Erhalt des weiteren Schreibens des Gerichts vom 17.02.2015 keine Kenntnis gehabt haben will, erachtet die Kammer angesichts der aktenkundigen Telefonnotiz der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 30.01.2015 als bloße Schutzbehauptung - ist eine von ihm erbrachte Leistung für das Gericht insgesamt unverwertbar. Dies führt zum Wegfall seines Vergütungsanspruchs.

Soweit der Antragsteller eine Vergütung auch für Zeit- und Fahrtkostenaufwand am 16.02.2015 geltend macht, als er - trotz Kenntnis von der Aufhebung des Gutachtensauftrags - erneut versucht hatte, sich - zudem mittels einer unbekannten dritten Person - dennoch Zutritt zur Wohnung des Klägers zu verschaffen, steht ihm ein Vergütungsanspruch schon deshalb nicht zu, weil er zu diesem Zeitpunkt und zu diesen Handlungen nicht - wie erforderlich (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JVEG) - von dem Gericht "herangezogen" worden war.

3. Die Entscheidung über die Gebühren und Kosten folgt aus § 4 Abs. 8 JVEG.