Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 8 R 208/14 - Urteil vom 18.06.2014
§ 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI dient dem Schutz des Rücküberweisungs- und Erstattungsanspruchs des Rentenversicherungsträgers bei rechtsgrundloser Zahlung, Abs. 3 Satz 3 SGB VI dagegen den berechtigten Schutzinteressen der Geldinstitute im Zahlungsverkehr. Das BSG hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die Schutzwürdigkeit des Geldinstituts vor Rückforderungsverlangen des rechtsgrundlos leistenden Rentenversicherungsträgers bereits bei grober Fahrlässigkeit entfallen könne. Dies gilt jedoch erst recht, wenn sogar positive Kenntnis von der rechtsgrundlosen Zahlung besteht, weil das Ableben des rentenberechtigten Kontoinhabers bekannt ist. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dem Rentenversicherungsträger stünden die Erstattungsansprüche nach § 118 Abs. 4 SGB VI bzw. gegenüber dem Erben des verstorbenen Rentenberechtigten zu. Denn der Rückerstattungsanspruch des Abs. 3 soll im öffentlichen Interesse eine schnelle Rücküberweisung der überzahlten Rentenbeträge ermöglichen, damit die Gelder möglichst bald dem Rentenversicherungsträger wieder zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung stehen. Der Rentenversicherungsträger soll zugleich seine Verpflichtung, zu Unrecht erfolgte Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen, auf unkomplizierte Weise erfüllen können. Mit diesen Zielsetzungen wäre es unvereinbar, ihn auf den wesentlich schwierigeren Weg der Forderungsrealisierung gegenüber Dritten zu verweisen.
Tatbestand:
Der klagende Rentenversicherungsträger begehrt die Erstattung überzahlter Altersrente in Höhe von 1.158,57 Euro, die nach dem Tod des Rentenberechtigten noch auf dessen Girokonto bei dem beklagten Geldinstitut überwiesen worden ist.
Der Rentenberechtigte U (geb. am 00.00.1929) - nachfolgend: der Rentenberechtigte - erhielt von der Klägerin neben einer Witwerrente aus der Versicherung seiner vorverstorbenen Ehefrau und einer Unfallrente seit dem 1.2.1989 eine Altersrente aus eigener Versicherung in Höhe eines Auszahlungsbetrages von zuletzt monatlich 1.188,90 Euro. Die Auszahlung erfolgte auf das bei der Beklagten unter der IBAN DE 000 geführte Girokonto des Rentenberechtigten mit Wertstellung zum jeweiligen Monatsende für den Folgemonat.
Der Rentenberechtigte verstarb am 24.1.2012. Auf dem Konto erfolgte am 31.1.2012 im Auftrag der Klägerin noch die für Februar 2012 bestimmte Gutschrift der Altersrentenzahlung. Kenntnis vom Tod des Rentenberechtigten erhielt sie erst durch Eingang eines amtlichen Nachweises am 8.2.2012.
Am 30.3.2012 erfolgten die Auflösung des Kontos und die Überweisung des Restguthabens i.H.v. 2.378,43 Euro an Frau W. Der letzte Kontoauszug ist ausgestellt auf "Herr U - Nachlass -, z. H. W, I-Weg 00, N".
Die Klägerin machte erstmals gegenüber der Beklagten per DV-Übertragung am 5.4.2012 die Rückforderung einer zu Unrecht gewährten Geldleistung i.H.v. 1.158,57 Euro geltend. Die Beklagte lehnte dies unter Hinweis darauf ab, dass das Konto am 30.3.2012 und somit vor Eingang des Rückforderungsverlangens aufgelöst worden sei. Die Auszahlung auf ein Konto der Frau W habe nicht zu einer Reduzierung von Schutzbeträgen durch eigene Forderungen geführt.
Mit der am 2.10.2012 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Zahlungsklage hat die Klägerin vorgetragen: Ihr Erstattungsanspruch folge aus § 118 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Die Beklagte könne mit ihrem Auszahlungseinwand nicht gehört werden, da sie zum Zeitpunkt der Kontoauflösung Kenntnis vom Tod des Rentenberechtigten besessen habe. Sie habe Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod überwiesen und mithin zu Unrecht gezahlt worden seien, auf entsprechendes Rückforderungsverlangen zurückzuüberweisen. Diese Verpflichtung scheide nur aus, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang des Rückforderungsverlangens bereits anderweitig verfügt worden sei, es sei denn, dass die Rückforderung aus einem Guthaben erfolgen könne. Eine solche anderweitige, also durch Dritte und für fremde Rechnung erfolgte Verfügung über den der überwiesenen Geldleistung entsprechenden Betrag liege nicht vor. Verfügungen führten u.a. nicht zu einer Minderung des Rücküberweisungsanspruches, soweit sie aus wirtschaftlicher Sicht zugunsten des Geldinstitutes erfolgten. Das sei hier der Fall gewesen. Der Beklagten sei es hingegen versagt gewesen, die Rentenzahlung zur Befriedigung eigener Forderungen gegen den neuen Kontoinhaber zu verwenden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr 1.158,57 Euro zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Klage unter Vertiefung ihres außergerichtlichen Vorbringens entgegengetreten. Sie habe das Restguthaben nicht zur Befriedigung eigener Forderungen eingesetzt, sondern an die Rechtsnachfolgerin als Dritte überwiesen. Dabei sei zu beachten, dass Geldinstitute nicht über die Berechtigung verfügten, sich den lebzeitigen Verfügungen des Verstorbenen oder den Verfügungen der Erben zu widersetzen. Es drohe ihnen vielmehr eine Haftung, wenn sie bereits angewiesene Abbuchungen nicht ausführten. Zudem könne eine umfassende sachliche und rechtliche Prüfung nicht Aufgabe des kontoführenden Institutes sein. Auf die Kenntnis vom Tod des Rentenberechtigten komme es im Rahmen des § 118 Abs. 3 SGB VI im Übrigen nicht an. Jedenfalls gehe das Rückforderungsverlangen ins Leere, da zum Zeitpunkt seines Eingangs das Konto aufgrund der Auflösung erloschen gewesen sei.
Mit Urteil vom 18.2.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Im Wesentlichen hat es ausgeführt: § 118 Abs. 3 SGB VI setze zunächst einmal voraus, dass überhaupt noch ein Konto bei Eingang des Verlangens auf Erstattung existiere. Abgesehen davon komme es nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 118 Abs. 3 SGB VI nicht auf die Kenntnis vom Tod an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das der Klägerin am 27.2.2014 zugestellte Urteil hat diese am 14.3.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie unter Vertiefung ihrer Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren vor: Die Entscheidung des SG stehe im Widerspruch zur ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung. Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits anerkannt, dass es im Rahmen des § 118 Abs. 3 SGB VI durchaus auf die Kenntnis bzw. Unkenntnis des Geldinstitutes vom Tod des Rentenberechtigten ankomme. Dies folge etwa aus den Urteilen vom 4.8.1998 (B 4 RA 27/97 R), vom 9.12.1998 (B 9 V 48/97 R), vom 22.4.2008 (B 5a/4 R 79/06 R) und vom 3.6.2009 (B 5 R 120/07). Mit Bekanntwerden des Todes liege die Unkenntnis des gesetzlichen Vorbehalts nicht mehr vor. Kenne das Geldinstitut den Vorbehalt, entfalle die Bindung an bankrechtliche Verpflichtungen, etwa solche aus dem Kontoführungsvertrag. Überdies sei die Beklagte ihrer Darlegungs- und Beweislast dahingehend, dass über den Schutzbetrag durch Dritte verfügt wurde und demzufolge ein gegenüber § 118 Abs. 4 SGB VI vorrangiger Rücküberweisungsanspruch nicht bestehe, nicht nachgekommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18.2.2014 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr einen Betrag in Höhe von 1.158,57 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt ergänzend vor: Die von der Klägerin angeführten Entscheidungen des BSG beträfen andere Sachverhalte. Da die Rückerstattung an andere bzw. denselben Rentenversicherungsträger als anderweitige Verfügungen anerkannt seien, sei die Kenntnis vom Tod des Rentenempfängers allen als anderweitige Verfügungen anerkannten Rücküberweisungen dieser Hoheitsträger sowie allen Verfügungen durch Erben des Verstorbenen immanent. Auch die vom BSG entwickelte Definition der anderweitigen Verfügung spreche dafür, dass es auf die Kenntnis vom Tod nicht ankomme.
Es könne nur das nach Eingang des Rückforderungsverlangens noch auf dem Konto befindliche Geld zurücküberwiesen werden, was bei einem erloschenen Konto ausscheide. § 118 Abs. 3 SGB VI bezwecke einen Interessenausgleich. Diesem liefe es zuwider, die Erstattungsverpflichtung der Geldinstitute ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung vom Tode des Rentenempfängers anzunehmen, denn die Feststellung und Bezifferung des Rückforderungsanspruches sei nicht dem Pflichtenkreis der Bank, sondern vielmehr demjenigen des Rentenversicherungsträgers zuzuordnen. Im Hinblick auf die zivilrechtlichen Verpflichtungen der Geldinstitute gegenüber den Verfügungsberechtigten sei es nicht zu rechtfertigen, ihnen bei bloßer Kenntnis, aber ohne Vorliegen einer formalen Rückforderung durch den Rentenversicherungsträger aufzuerlegen, sich durch Verweigerung von Kontotransaktionen einem möglichen Schadensersatzanspruch, insbesondere der Erben, auszusetzen. Das kontoführende Kreditinstitut sei eben nicht Adressat des gesetzlichen Vorbehalts, sondern die Personen, in deren Vermögen die Rentenleistung gelange, regelmäßig die Erben als Gesamtrechtsnachfolger. Der Kontoschluss durch den oder die Erben führe zum Entfall des Anspruchs. Zu diesem Zeitpunkt sei der Tod stets bekannt. Die Beklagte meint, daraus folge, dass die Kenntnis unerheblich sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Klägerin, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Berufung der Klägerin ist begründet. Sie kann von der Beklagten Zahlung von 1.158,57 Euro verlangen. Der - von der Klägerin in zulässiger Weise in Form der Leistungsklage verfolgte - Anspruch ergibt sich aus § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI.
1. Nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI hat das Geldinstitut Geldleistungen im Sinne von § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI dem Träger der Rentenversicherung zurück zu überweisen, wenn dieser sie als zu Unrecht erbracht zurückfordert. Geldleistungen im Sinne von § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI (in der hier maßgebenden, in der Zeit vom 1.3.2004 bis 8.4.2013 geltenden Fassung des 6. SGB VI-ÄndG) sind solche, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem Geldinstitut im Inland überwiesen wurden.
Die dem Rentenberechtigten gewährte Altersrente war eine Geldleistung im Sinne von § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI. Sie wurde für die Zeit nach dem Tod des am 24.1.2012 verstorbenen Berechtigten für einen danach liegenden Zeitraum (Februar 2012) auf ein Konto bei der Beklagten, einem Geldinstitut im Inland, gezahlt. Die Zahlung erfolgte zu Unrecht, weil die Altersrente nur bis zum Ende des Kalendermonats zu leisten ist, in dem der Berechtigte gestorben ist (§ 102 Abs. 5 SGB VI), hier also bis zum 31.1.2012. Schließlich hat die Klägerin die Zahlung auch wirksam als zu Unrecht geleistet zurückgefordert.
2. Der Anspruch ist auf den Wert des durch den Tod des Rentenberechtigten zu Beginn des Zahlungszeitraums rechtsgrundlos gewordenen und damit fehlgeschlagenen überwiesenen Rentenzahlbetrags gerichtet (vgl. BSG, Urteil v. 26.4.2007, B 4 R 89/06 R, Rdnr. 70; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 24.1.2014, L 14 R 1000/12, m.w.N., jeweils juris; Pflüger in jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 118 Rdnr. 80). Es ist daher unerheblich, dass das Girokonto des Rentenberechtigten zur Zeit der Geltendmachung des Rücküberweisungsbegehrens bereits aufgelöst war und damit als "Zugriffsgegenstand" nicht mehr zur Verfügung stand. Der Erstattungsanspruch richtet sich gegen das Geldinstitut und ist - so seine Voraussetzungen erfüllt sind - aus dessen Vermögen zu bedienen.
Der Erstattungsbetrag beläuft sich auf 1.158,57 Euro (Zahlbetrag von 1.188,90 Euro abzüglich der für den Zeitraum vom 25.1. bis 31.1.2012 zu viel abgezweigten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. 24,50 Euro bzw. 5,83 Euro).
3. Dem Erstattungsanspruch steht nicht der Einwand der anderweitigen Verfügung über den Zahlbetrag (§ 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI) entgegen. Denn auf diesen Einwand kann sich das Geldinstitut ab dem Zeitpunkt, zu dem es Kenntnis vom Ableben des Rentenberechtigten und Kontoempfängers erlangt, nicht mehr berufen (wie hier: BSG, Urteil v. 22.4.2008, B 5a/4 R 79/06 R, Rdnr. 17, SozR 4-2600 § 118 Nr. 6; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 24.1.2014, L 14 R 1000/12, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 5.9.2013, L 4 R 496/08, WM 2014, 212 ff.; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 2.7.2013, L 13 R 2202/12, NZS 2013, 899 f.; Hessisches LSG, Urteil v. 19.2.2013, L 2 R 262/12, juris.) Das ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI, wohl aber aus der Gesetzessystematik (dazu unter a)) und aus Sinn und Zweck der Vorschrift (dazu unter b)). Die Entstehungsgeschichte (dazu unter c)) steht diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen.
a) § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI ist als Ausnahmebestimmung zur Regelung des § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI zu sehen, wonach Geldleistungen, die nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem inländischen Geldinstitut erbracht werden, als unter Vorbehalt erbracht gelten. Dieser Vorbehalt überlagert als öffentlich-rechtliches Sonderrecht (vgl. BSG, Urteil v. 4.8.1998, B 4 RA 72/97 R, SozR 3-2600 § 118 Nr. 3) die bankvertraglichen Beziehungen zwischen dem Geldinstitut und dem Kontoinhabern bzw. Dritten und bewirkt, dass alle zivilrechtlichen Verfügungen, die auf dem Rentenüberweisungskonto nach dem Tode des Versicherten zu Lasten der rechtsgrundlos erfolgten Rentenleistung getroffen worden sind, gegenüber dem Rentenversicherungsträger unwirksam sind, sofern zum Zeitpunkt der Rückforderung des Rentenversicherungsträgers keine Rücküberweisung aus einem dortigen Guthaben erfolgen kann (BSG, Urteil v. 5.2.2009, B 13 R 87/08 R, Rdnr. 19, SozR 4-2600 § 118 Nr. 8). Als Ausnahmevorschrift hierzu trägt § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI dem Umstand Rechnung, dass das Geldinstitut nicht in der Lage ist, diesem Vorbehalt entsprechend zu handeln, solange es vom Ableben des Rentenberechtigten nichts weiß. Die aufgrund dessen ausnahmsweise angeordnete Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen beruht mithin auf der unterstellten Unkenntnis vom Ableben des Rentenempfängers (BSG, Urteil v. 3.6.2009, B 5 R 120/07, Rdnr. 33, SozR 4-2600 § 118 Nr. 10; BSG, Urteil v. 22.4.2008, B 5a/4 R 79/06 R, Rdnr. 20; SozR 4-2600 § 118 Nr. 6; BSG, Urteil v. 22.4.2008, B 5a/4 R 56/07 R, Rdnr. 17; juris). Ab Vorliegen der entsprechenden Kenntnis besteht hingegen für den Einwand anderweitiger Verfügungen keine systematische Rechtfertigung mehr.
b) Diesen Erwägungen entsprechen die § 118 Abs. 3 Satz 1 und 3 SGB VI zugrunde liegenden Schutzerwägungen. § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI dient dem Schutz des Rücküberweisungs- und Erstattungsanspruchs des Rentenversicherungsträgers bei rechtsgrundloser Zahlung (BSG, Urteil v. 26.4.2007, B 4 R 89/06 R, SozR 4-1500 § 170 Nr. 2; BSG, Urteil v. 5.2.2009, B 13 R 87/08 R, a.a.O., Rdnr. 19), Abs. 3 Satz 3 SGB VI dagegen den berechtigten Schutzinteressen der Geldinstitute im Zahlungsverkehr (BSG, Urteil v. 9.12.1998, B 9 V 48/97 R, SozR 3-2600 § 118 Nr. 4; BSG, Urteil v. 5.2.2009, B 13 R 87/08 R, Rdnr. 32, a.a.O.). Das BSG hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die Schutzwürdigkeit des Geldinstituts vor Rückforderungsverlangen des rechtsgrundlos leistenden Rentenversicherungsträgers bereits bei grober Fahrlässigkeit entfallen könne (BSG, Urteil v. 5.2.2009, B 13 R 87/08 R, Rdnr. 32, a.a.O.). Dies gilt jedoch erst recht, wenn sogar positive Kenntnis von der rechtsgrundlosen Zahlung besteht, weil das Ableben des rentenberechtigten Kontoinhabers bekannt ist. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dem Rentenversicherungsträger stünden die Erstattungsansprüche nach § 118 Abs. 4 SGB VI bzw. gegenüber dem Erben des verstorbenen Rentenberechtigten zu. Denn der Rückerstattungsanspruch des Abs. 3 soll im öffentlichen Interesse eine schnelle Rücküberweisung der überzahlten Rentenbeträge ermöglichen, damit die Gelder möglichst bald dem Rentenversicherungsträger wieder zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung stehen (BSG, Urteil v. 28.8.1997, 8 RKn 2/97, SozR 3-2600 § 118 Nr. 1). Der Rentenversicherungsträger soll zugleich seine Verpflichtung, zu Unrecht erfolgte Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen, auf unkomplizierte Weise erfüllen können (BSG, Urteil v. 4.8.1998, B 4 RA 72/97 R, Rdnr. 28, a.a.O.). Mit diesen Zielsetzungen wäre es unvereinbar, ihn auf den wesentlich schwierigeren Weg der Forderungsrealisierung gegenüber Dritten zu verweisen.
c) Die Entstehungsgeschichte des § 118 Abs. 3 SGB VI zwingt zu keinem anderweitigen Verständnis. Die Regelung soll eine bei ihrem Inkrafttreten bereits bestehende Praxis, die sich bisher auf eine im Rentenantrag erteilte Einverständniserklärung des Leistungsberechtigten einerseits und eine Vereinbarung zwischen den Rentenversicherungsträgern und den Spitzenverbänden des Kreditgewerbes andererseits stützte, aus rechtsstaatlichen Erwägungen auf eine gesetzliche Grundlage stellen (BT-Drs. 11/4124, S. 179 zu § 119). Der erst im Zuge der Ausschussberatungen eingefügte Vorbehalt in § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI trug Bedenken der Kreditwirtschaft an der bisherigen Gesetzesfassung Rechnung, ohne den Regelungsgehalt inhaltlich zu verändern (BT-Drs. 11/5530, S. 46 f. zu § 119). Der Wille, die Geldinstitute auch dann zu schützen, wenn sie nicht schutzwürdig sind, weil ihnen das Ableben ihres Kunden bekannt ist, kommt in den genannten Materialien indessen an keiner Stelle zum Ausdruck.
d) Im vorliegenden Fall war der Beklagten der Tod des Rentenberechtigten und damit das Fehlen eines Rechtsgrundes für die Überweisung der Rente für den Monat Februar vor Kontoauflösung und Überweisung des Restbetrages an Frau W bekannt. Dies ergibt sich eindeutig aus dem letzten Kontoauszug ("Herr U - Nachlass - ").
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung, die Entscheidung über den Streitwert aus §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz.
5. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
a) Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Der Senat sieht die Frage, ob der Einwand des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI ab Kenntnis vom Tod des Rentenberechtigten seitens des Geldinstituts ausgeschlossen ist, als durch die zitierten Entscheidungen höchstrichterlich geklärt an.
b) Es besteht auch keine Divergenz im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG zur Entscheidung des BSG v. 13.11.2008 (B 13 R 48/07 R), in der das BSG ausgeführt hat, auf die Kenntnis des Rentenversicherungsträgers oder des Geldinstituts vom Tode des verstorbenen Kontoinhabers stelle § 118 Abs. 3 SGB VI "insoweit" nicht ab. Denn dieses Urteil betrifft die von der vorliegenden Fallkonstellation vollständig unterschiedliche Frage, ob die Kenntnis des Rentenversicherungsträgers vom Tod des Rentenberechtigten im Zeitpunkt der Rentenzahlung nach dem Rechtsgedanken des § 814 Bürgerliches Gesetzbuch einer Rückforderung entgegensteht. Dass sogar grob fahrlässige Unkenntnis hingegen den Entreicherungseinwand des Geldinstituts ausschließen kann, hat auch der 13. Senat des BSG klar gestellt (siehe oben unter 3.b)).