Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung höherer Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab dem 1. Oktober 2012 bis 31. März 2013.

Der im Jahr 1955 geborene Kläger steht seit geraumer Zeit im Leistungsbezug nach dem SGB II bei dem Beklagten. Er erzielt aus einer selbständigen Nebenbeschäftigung Einkommen in wechselnder Höhe. Mit Bescheid vom 12. September 2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. März 2013 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 734,00 EUR. Hiervon entfielen 374,00 EUR auf die Regelleistung und 360,00 EUR auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die Bewilligung erfolgte im Hinblick auf das selbständige Einkommen vorläufig.

Der Kläger erhob am 17. September 2012 Widerspruch und machte sinngemäß geltend, dass ihm nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, 1 BvL 1/09) eine höhere Regelleistung zu gewähren sei.

Mit Änderungsbescheid vom 24. November 2012 wurden die Leistungen für den Bewilligungszeitraum ab 1. Januar 2013 bis 31. März 2013 entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung neu festgesetzt und eine Regelleistung in Höhe von 382,00 EUR bewilligt.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2012 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Regelleistung nach den Vorgaben des Gesetzes bewilligt worden sei. Die Kosten der Unterkunft seien in tatsächlicher Höhe bewilligt worden.

Der Kläger hat am 28. Dezember 2012 Klage vor dem Sozialgericht Marburg erhoben und geltend gemacht, dass der Regelsatz auf 400,00 EUR erhöht werden müsse, da ansonsten das Existenzminimum nicht gesichert sei (Aktenzeichen S 5 AS 342/12).

Mit Bescheid vom 8. Februar 2013 wurde von Seiten des Beklagten eine Erhöhung der Abschlagszahlung für die Erdgasversorgung anerkannt und die Kosten der Unterkunft ab dem Leistungsmonat 1. Februar 2013 um 2,00 EUR erhöht.

Mit Bescheid vom 9. Juli 2013 wurden die Bescheide vom 12. September 2012, 24. November 2012 und 8. Februar 2013 ersetzt und die Leistungen für den Leistungszeitraum 1. Oktober 2012 bis 31. Dezember 2012 in Höhe von 663,30 EUR und für den Leistungszeitraum 1. Januar 2013 bis 31. März 2013 in Höhe von 673,30 EUR endgültig festgesetzt. Dabei wurde zunächst ein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von monatlich 70,70 EUR angerechnet.

Auf den Widerspruch des Klägers vom 11. Juli 2013 wurde mit Bescheid vom 18. Oktober 2013 das Einkommen des Klägers entsprechend der eingereichten Unterlagen mit monatlich 183,99 EUR ermittelt und nach Abzug der gesetzlichen Freibeträge in Höhe von monatlich 66,71 EUR angerechnet. Eine Kürzung der geltend gemachten Betriebsausgaben fand nicht statt.

Mit weiterem Bescheid vom 18. Oktober 2013 wurde der Ersetzungsbescheid vom 9. Juli 2013 teilweise aufgehoben und Leistungen nur noch in Höhe von insgesamt 400,26 EUR zurückgefordert.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2013 wurde der Bescheid vom 9. Juli 2013 nochmals insoweit aufgehoben, als ein höherer Betrag als 400,26 EUR zurückgefordert wurde, der Widerspruch im Übrigen aber zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger am 20. Dezember 2013 vor dem Sozialgericht Marburg Klage erhoben (Aktenzeichen S 5 AS 344/13).

Das Sozialgericht Marburg hat die Klagen S 5 AS 342/12 und S 5 AS 344/13 nach Anhörung der Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2016 zur gemeinsamen Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen S 5 AS 344/13 miteinander verbunden.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger außerdem klargestellt, dass er für die vergangenen Zeiträume lediglich die Frage der Einkommensermittlung geklärt haben möchte. An der ursprünglichen Forderung eines höheren Regelsatzes halte er nicht mehr fest. Er hat zuletzt beantragt, (1) den Bescheid des Beklagten vom 9. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit zu bewilligen; (2) festzustellen, dass die Alg-II-VO rechtswidrig ist und (3) den Beklagten zu verpflichten, den Bewilligungszeitraum auf das Kalenderjahr umzustellen.

Mit Urteil vom 21. Januar 2016 hat das Sozialgericht Marburg die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt:

"Die zulässige Klage, ist unbegründet.

Der Bescheid vom 12.09.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24.11.2012, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2012, allesamt in der Fassung des Bescheides vom 09.07.2013 und 18.10.2013 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Streitgegenständlich ist das Begehren des Klägers auf eine höhere monatliche Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts, die Umstellung des Bewilligungszeitraumes auf einen Jahreszeitraum, sowie die Feststellung, dass die ALG- II- VO rechtswidrig ist.

Die vorläufigen Festsetzungen der Leistungshöhe in den Bescheiden vom 12.09.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24.11.2012, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2012 haben sich dabei durch Erlass der endgültigen Bescheide im Klageverfahren auf sonstige Weise im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X erledigt (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB Ill, K § 328 RdNr. 59; Eicher in Eicher/Schlegel, § 328 SGB III RdNr. 60). Der endgültige Bescheid hat die vorläufigen Bescheide ersetzt und ist damit alleiniger Gegenstand der Klage geworden.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Bewilligung höherer Leistungen. Der mit dem angefochtenen Bescheid vom 09.07.2013 endgültig festgesetzte Betrag ist rechtmäßig.

Fehler in der Leistungsbewilligung sind insoweit nicht ersichtlich.

Insbesondere kann der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, dass ein niedrigeres Einkommen als das vom Beklagten angesetzte der Berechnung zugrunde gelegt wird.

Als Einkommen sind nach § 11 Abs. 1 SGB Il Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen. Darunter fallen auch die Einkünfte des Klägers aus seiner selbstständigen Tätigkeit.

Nach § 3 Abs. 1 Alg II-VO ist bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind dabei alle aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II) tatsächlich zufließen. Nach § 3 Abs. 2 Alg II-VO sind dabei zur Berechnung des Einkommens von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen.

Hierbei ist nach § 3 Abs. 3 Alg II -VO zu berücksichtigen, dass tatsächliche Ausgaben nicht abgesetzt werden sollen, soweit diese ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechen.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat als Verordnungsgeber die ALG II-V mit Wirkung ab 01.01.2008 insbesondere hinsichtlich der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit neu gefasst. Während bis zu diesem Zeitpunkt maßgebend auf den Einkommensteuerbescheid abgestellt worden ist, ist nunmehr das Einkommen grundsätzlich für den Bewilligungszeitraum gesondert festzustellen. Ausgangspunkt sind die Betriebseinnahmen im Bewilligungszeitraum von in der Regel sechs Monaten. Die Abkoppelung der Anrechnung des Einkommens von Selbständigen vom Steuerrecht führt dazu, dass es auf die steuerliche Leistungsfähigkeit nicht mehr ankommt. Diese liegt nämlich deutlich oberhalb des sozio-kulturellen Existenzminimums und muss daher nicht den tatsächlichen Gewinn abbilden. Im Einkommenssteuerrecht werden auch fiktive Einnahmen und Ausgaben, d.h. solche, die entweder noch gar nicht oder nicht in der Höhe getätigt worden sind, berücksichtigt. Beantragt der Unternehmer daher Leistungen nach dem SGB II, ist er verpflichtet, neben der steuerlichen Einnahmen- und Ausgabenbuchung auch immer über seine tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben Buch zu führen. Der Gesetzgeber sieht dies als zumutbar an (vgl. Begründung des BMAS zum Entwurf für die ALG II-V vom 27.11.2007 [http://vvww.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Gesetzeiverordnung-zur-berechnung-einkommen-alg11-Sozialgeld.pdf? blob=publicationFile]; Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage, BTDrs 16/12021 Seiten 1, 4, 6).

Der Kläger ist daher im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs. 1 S. 1 SGB I gehalten, Angaben über seine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit für den Bewilligungszeitraum zu machen [vgl. insoweit die Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 28.03.2013 - B 4 AS 42/12 R]. Darüber hinaus hat er auch die geltend gemachten Betriebsausgaben - jedenfalls auf Anforderung des Beklagten - anhand geeigneter Belege nachzuweisen. Die Mitwirkungsobliegenheiten des SGB I finden auch im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende Anwendung (BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 45/07 R - BSGE 101, 260 = SozR 4-1200 § 60 Nr. 2, RdNr. 13). Dieser Mitwirkungspflicht stehen auch nicht die in § 65 SGB I geregelten Grenzen der Mitwirkung entgegen [näheres dazu; BSG, a.a.O.]. Insbesondere kommen dem Kläger keine datenschutzrechtlichen Bestimmungen zugute. Insoweit ermächtigt § 51b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 51 b Abs. 2 Nr. 3 SGB II die Grundsicherungsträger, Angaben über Art und Höhe der angerechneten Einkommen, übergegangenen Ansprüche und das Vermögen für alle Leistungsempfänger zu erheben und zu ermitteln. Hierzu zählen sachnotwendig auch Daten über das Einnahme- und das Ausgabeverhalten des Leistungsempfängers, weshalb die Anforderung von Kontoauszügen und Geschäftsunterlagen grundsätzlich erlaubt ist. Die geforderten Mitwirkungshandlungen stehen auch mit dem Sozialdatenschutz des § 35 SGB I in Einklang. Danach hat jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (Sozialgeheimnis). Nach § 67a Abs. 1 S. 1 SGB X ist das Erheben von Sozialdaten i.S. des § 35 SGB I zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Dies ist hier der Fall. Wie oben bereits ausgeführt ist die Vorlage von Geschäftsunterlagen erforderlich, um die Anspruchsvoraussetzung der Hilfebedürftigkeit zu ermitteln und zu überprüfen. Eine Einschränkung ergibt sich nach der Rechtsprechung des BSG nur dann, wenn besondere personenbezogene Daten im Sinne von § 67 Abs. 12 SGB X in den Unterlagen enthalten sind. § 67 Abs. 12 SGB X nennt als besondere Arten personenbezogener Daten Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben. Es spricht daher nicht dagegen, wenn der Kläger beispielsweise die Namen der Empfänger seiner Leistungen schwärzt. Dies gilt jedoch nicht für die Eingangsrechnungen, welche die Betriebsausgaben belegen. Sofern der Kläger diesbezüglich meint, dass die Vorlage der Rechnungen gegen den Datenschutz der Firmen verstoße, so geht diese Annahme fehl. Nach § 1 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) unterliegen nur die personenbezogenen Daten dem Datenschutz. Nach § 3 Abs. 1 BDSG sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Dieselbe Regelung findet sich wortgleich auch in § 2 Abs. 1 des Hessischen Datenschutzgesetzes. Damit fallen Unternehmen, die keine natürlichen Personen sind und damit auch per se keine personenbezogenen Daten haben (können), von vornherein aus dem Schutzbereich des BDSG heraus. Letztlich wäre es auch widersinnig, wenn ein Unternehmen, welches am allgemeinen Markt teilnimmt und sich damit selbst in die Öffentlichkeit bringt, Datenschutz in Anspruch nehmen wollte. Da es sich bei Rechnungen auch allgemein um Privaturkunden handelt, die zum Beweis im Rechtsverkehr dienen sollen, existiert auch hier kein Datenschutz im Rechtssinne.

Diesbezüglich ist - zumindest bis zur Rechtskraft des entsprechenden Bewilligungsbescheides - auch die Fertigung von Kopien verhältnismäßig und damit auch rechtmäßig [BSG, Urteil vom 19.09.2008, Az.: B 14 AS 45/07 R]. Auf bestimmte Beweisangebote des Leistungsempfängers ist die Behörde dabei nicht beschränkt. Ihr obliegt es allein, Art und Umfang der Ermittlungen im Verwaltungsverfahren zu bestimmen, ohne an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten gebunden zu sein. Sie bestimmt nach § 21 Abs. 1 SGB X selbst, welche Beweismittel sie zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Damit hat der Gesetzgeber hinreichend deutlich gemacht, dass er den Betroffenen einerseits von jeglicher Beibringungs- oder Darlegungslast befreien will, dass aber andererseits jegliche Festlegung der Art und Weise der Sachaufklärung durch den Betroffenen ausgeschlossen ist [vgl. BSG, Urteil vom 17.02.2004, Az.: B 1 KR 4/02 R].

Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, dass § 3 Alg II- VO rechtswidrig ist, ist bereits entschieden worden, dass dies nicht der Fall ist und es wegen des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II einer gesonderten "grundsicherungsrechtlichen" Darlegung der Betriebsausgaben bedarf und dass steuerrechtliche Maßstäbe für die Betriebsführung bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit i.S.d. § 9 SGB II nicht maßgeblich sind. Insoweit verstößt § 3 Alg II-V entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht gegen höherrangiges Recht und ist insbesondere von der Ermächtigungsgrundlage in § 13 SGB II gedeckt. Das BSG hat in seinem Urteil vom 22.08.2013 (B 14 AS 1/13R) dazu ausgeführt: "Die um die notwendigen Ausgaben bereinigten Einnahmen sind nach § 3 Abs. 4 Alg II-V 2008 - abweichend von ihrem tatsächlichen Zufluss - gleichmäßig monatlich aufzuteilen. Damit werden Einnahmen fiktiv einem Monat zugeordnet, ohne dass zu überprüfen ist, ob sie in diesem Monat tatsächlich zur Bedarfsdeckung zur Verfügung standen. § 3 Abs. 4 Alg II-V 2008 steht gleichwohl mit der Ermächtigungsgrundlage in § 13 Nr. 1 SGB II (in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (BGBI I 1706); nunmehr § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II) in Einklang und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. § 13 Nr. 1 SGB II ermächtigt den Verordnungsgeber zum Erlass einer Verordnung, in der die Berücksichtigung und Berechnung von Einkommen näher geregelt wird. Hinsichtlich des Ausmaßes der Ermächtigung enthält § 13 Nr. 1 SGB 11 eine Regelung, die den hier eingeräumten Gestaltungsspielraum jedenfalls in Zusammenhang mit den übrigen Regelungen des SGB II hinreichend eingrenzt; die Ermächtigung des § 13 Nr. 1 SGB II genügt dem Bestimmtheitsgebot des Artikel 80 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz ((GG), vgl. im Einzelnen Urteil des Senats vom 30.7.2008- B 14 AS 43/07 R - juris RdNr. 33). § 3 Abs. 4 Alg II-V 2008 verstößt, soweit er bei der endgültigen Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts Anwendung findet, auch nicht gegen höherrangiges Recht. Grundsätzlich erfolgt bei der Berücksichtigung von Einkommen nach dem SGB ll zwar eine monatsweise Betrachtung, was sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen im Gesetz ergibt (vgl. bereits BSG SozR 4-4225 § 2 Nr. 1 RdNr. 14) und was nunmehr § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB ll (i.d.F. des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBI I 453)) ausdrücklich regelt. Eine modifizierende Anordnung in Bezug auf dieses monatsbezogene Zuflussprinzip durch die Alg II-V 2008 ist im Grundsatz aber zulässig (vgl. etwa BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15, RdNr. 20 f zu den Regelungen über die Einmalzahlungen in § 2 Abs 4 Alg II-V 2008; kritisch dagegen Schwarzlos/Siebel-Huffmann, info also 2008, 51, 52 zu den Regelungen über schwankendes Einkommen in § 2 Abs. 3 Alg II-V 2008).[ ...] Es verstößt nicht gegen Artikel 1 i.V.m. Artikel 20 GG, wenn bei der endgültigen Entscheidung über die Leistungen eine Zuordnung von bereinigtem Einkommen gleichmäßig auf sechs Monate vorgenommen wird; denn dies entspricht dem üblichen Wirtschaften Selbständiger und verlangt kein Verhalten ab, das den Grundsätzen des Grundsicherungsrechts zuwider läuft. Die Notwendigkeit, mit zufließenden Einnahmen alle Ausgaben, auch die Aufwendungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, längerfristig als nur von Monat zu Monat decken zu müssen, ist typischerweise mit jeder selbständigen Tätigkeit verbunden. Die Verteilung von im Bewilligungszeitraum erzielten Betriebseinnahmen in § 3 Abs. 4 Alg II-V 2008 bringt in verfassungsrechtlich zulässiger Weise die Erwartung an einen Selbständigen zum Ausdruck, dass er (auch wenn seine Tätigkeit für sich genommen nicht existenzsichernd ist) über längerfristige Zeiträume als einen Monat hinweg mit den erzielten Einnahmen wirtschaften muss. Soweit der laufende Bedarf mit vorläufigen Leistungen gedeckt und damit wirtschaftliche Engpässe soweit überbrückt werden, ist der Existenzsicherung ausreichend Rechnung getragen. Es bleibt auch für Selbständige nicht eine aktuelle Bedarfslage ungedeckt, sondern es entsteht nach Rückforderung nach endgültiger Entscheidung (nur) künftig eine Verbindlichkeit gegenüber dem Träger der Grundsicherung (ähnlich bereits BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 57, RdNr. 15).

Es ist von daher nicht zu beanstanden, wenn von selbständigen Leistungsempfängern nach nur vorläufiger Bewilligung von Arbeitslosengeld II regelmäßig ein vorausschauendes Wirtschaften erwartet wird, das zu einem gleichmäßigen Verbrauch von unregelmäßigen Einnahmen führt. [ ...] [ ...] mit der Einkommensermittlung nach § 3 Abs 2 Alg II-V 2008 (ist) bereits berücksichtigt, dass Anknüpfungspunkt für die Beurteilung von Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben im Bewilligungsabschnitt sein müssen."

Der Kläger hat eine Einnahmen- Ausgabenliste vorgelegt, die vom Beklagten ohne weitere Sachprüfung der Notwendigkeit der Ausgaben anerkannt wurde. Aus dieser Aufstellung ergaben sich für den streitgegenständlichen Zeitraum Einnahmen in Höhe von 5.184,04 EUR und Ausgaben in Höhe von 4.053,84 EUR und folglich einen Gewinn in Höhe von 1.130,20 EUR, der aufgeteilt auf den sechsmonatigen Bewilligungszeitraum anteiligem Einkommen in Höhe von 188,37 EUR entspricht. Unter Anwendung der gesetzlichen Freibeträge in Höhe von 117,67 EUR wäre damit ein verbleibendes Einkommen in Höhe von 70,70 EUR anzurechnen gewesen. Der Beklagte hat jedoch nur 66,71 EUR angerechnet, so dass der Kläger dadurch nicht beschwert ist.

Es liegt auch kein Anwendungsfall des § 3 Abs. 5 Alg-II-V vor. Nach dieser Vorschrift soll eine jährliche Ermittlung des Durchschnittseinkommens erfolgen, wenn auf Grund der Art der Erwerbstätigkeit eine jährliche Berechnung des Einkommens angezeigt ist. Dies gilt jedoch nicht, soweit das Einkommen bereits in dem der wiederholten Antragstellung vorangegangenen Bewilligungszeitraum berücksichtigt wurde oder bei Antragstellung in diesem Zeitraum hätte berücksichtigt werden müssen.

§ 3 Abs. 5 Alg-II-V zielt grundsätzlich auf typische Saisonbetriebe, also Sachverhalte, in denen im Zeitraum von sechs Monaten vor wiederholter Antragstellung aus selbständiger Tätigkeit höhere Einnahmen erzielt worden sind als in dem verfahrensgegenständlichen Bewilligungszeitraum. Denn Ziel der Vorschrift ist es, eine "Leistungsoptimierung" durch gezielte Antragstellung zu vermeiden (vgl. amtliche Begründung der Bundesregierung zur Alg-II-V vom 17. Dezember 2007 - BGBI. I S. 2942, Begründung u.a. abgedruckt in Eicher/Spellbrink, SGB II, Kommentar, 2. Aufl. 2008, S. 1277). Die Vorschrift enthält hingegen keine Ermächtigungsgrundlage zur Einkommensberechnung unabhängig von der Dauer des Bewilligungszeitraums auf Jahresbasis, insbesondere nicht auf Basis des Kalender- oder Steuerjahrs (Mecke in Eicher, SGB II, Kommentar, 3. Aufl. 2013, § 13 Rn. 53). Denn entsprechend der Zielsetzung des SGB II, eine möglichst bedarfsgerechte Ermittlung des Einkommens zu erreichen, entspricht die Bezugnahme auf den Bewilligungszeitraum von 6 Monaten der leistungsrechtlichen Situation des Hilfebedürftigen, weil damit eine schnellere Anpassung an den tatsächlichen Hilfebedarf verbunden ist. Die maßgebliche zeitliche Bezugsgröße eines Bewilligungszeitraums beruht insoweit auf § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 Alg-II-V i.V.m. § 41 SGB II. Die Einnahmesituation des Klägers ist auch nicht mit der eines Saisonbetriebes vergleichbar. Insoweit ist es einer selbständigen Tätigkeit immanent, dass schwankende Einnahmen erzielt werden. Erkennbare saisonale Schwankungen, die einem anderen Umstand als der Selbständigkeit geschuldet wären, liegen nicht vor.

2. Der gesonderte Feststellungantrag unter Ziffer 2. ist unzulässig. Denn die Feststellungsklage ist gegenüber der Anfechtungsklage (Antrag Ziffer 1.) subsidiär. Insoweit sind die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen auch schon im Rahmen des Antrages zu Ziffer 1. beantwortet worden, so dass sich auch keine Rechtschutzlücke ergibt.

3. Der Antrag unter Ziffer 3. ist ebenfalls unzulässig, da es sowohl an der Klagebefugnis, als auch an dem notwendigen Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Insoweit ist es für das Gericht zwar nachvollziehbar, dass der Kläger eine Umstellung des Bewilligungszeitraums begehrt und es wäre in tatsächlicher Hinsicht wohl auch eine zweckmäßige Handhabung. Allerdings fehlt es an einer entsprechenden Anspruchsgrundlage für eine gerichtliche Entscheidung darüber.

Ein subjektives Recht des Klägers zur Änderung der Bewilligungszeiträume besteht insoweit nicht.

Eine Rechtsvorschrift verlautbart dann ein subjektiv-öffentliches Recht, wenn sie nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse eines aus der Norm abgrenzbaren Kreises Privater zu dienen bestimmt ist, und wenn sie diesen Begünstigten die Rechtsmacht verleiht, die Befolgung der öffentlich-rechtlichen Pflicht von dem Hoheitsträger rechtlich verlangen zu können. Begünstigungen, die diesen Kriterien nicht genügen, sind dagegen bloße Rechtsreflexe (vgl. etwa BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 4 R 71/06 R - BSGE 97, 63 = SozR 4-2500 § 255 Nr. 1, RdNr. 32 m.w.N.). Die Regelung des § 41 Abs. 1 S. 4 SGB II über den Bewilligungszeitraum stellt lediglich die gesetzgeberische Festlegung des Bewilligungszeitraums dar und enthält keine Rechtsposition des Antragstellers. Dies ergibt sich auch aus der systematischen Stellung der Regelung als Verfahrensvorschrift. Der Beginn des jeweiligen Bewilligungszeitraums ergibt sich als Rechtsreflex aus der Stellung des Erst- bzw. Folgeantrags, § 37 SGB II.

Im Übrigen sieht die Ausnahmevorschrift des § 41 Abs. 1 S. 5 SGB 2 eine Verlängerung auf bis zu 12 Monate nur vor, wenn eine Veränderung der Verhältnisse in diesem Zeitraum nicht zu erwarten ist. Dies ist beim Kläger aufgrund der Erzielung von wechselndem Einkommen aber gerade nicht der Fall.

Die Klage ist daher abzuweisen."

Das Urteil des Sozialgerichts Marburg ist dem Kläger am 3. Februar 2016 zugestellt worden. Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 21. Februar 2016, beim Hessischen Landessozialgericht eingegangen am 24. Februar 2016, Berufung eingelegt und seinen bisherigen Vortrag im Widerspruchs- und Klageverfahren wiederholt und vertieft. Auf den ausführlichen Schriftsatz vom 21. Februar 2016 (Bl. 36 bis 46 der Gerichtsakte) wird insoweit ausdrücklich Bezug genommen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

1. das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 21. Januar 2016 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm für den Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. März 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit zu bewilligen, 2. festzustellen, dass die Alg-II-VO rechtswidrig ist, 3. den Beklagten zu verpflichten, den Bewilligungszeitraum auf zwölf Monate bzw. auf das Kalenderjahr umzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid sowie die seiner Auffassung nach überzeugenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil des Sozialgerichts Marburg. Die Berufungsbegründung enthalte keine Ausführungen, die nicht schon im Urteil des Sozialgerichts Berücksichtigung gefunden hätten.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2016 hat der Berichterstatter die Beteiligten im Hinblick auf die mögliche Vorgehensweise nach § 153 Abs. 4 SGG angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Leistungsakten der Beklagten, die bei der Entscheidung jeweils vorgelegen haben, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 SGG eingelegt worden.

Die Berufung ist jedoch nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht begründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich. Das Rechtsmittel ist daher durch Beschluss zurückzuweisen, nachdem die Beteiligten dazu gehört worden sind (§ 153 Abs. 4 SGG).

Das Sozialgericht Marburg (SG) hat die Klage zu Recht und aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Der Senat schließt sich nach eigener Überzeugung den sehr ausführlichen Ausführungen des SG an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 153 Abs. 2 SGG). Insbesondere lassen auch die Ausführungen des Klägers im Berufungsverfahren eine andere rechtliche Bewertung nicht zu. Soweit der Kläger die Vernehmung der Zeugen C., D. und E. beantragt hat, war diesem Beweisantrag schon deshalb nicht nachzukommen, da es schon an der Benennung klärungsbedürftiger Tatsachen mangelt, zu denen die Zeugen hätten Aussagen können. Ob das Gesetz im vorliegenden Fall ordnungsgemäß angewendet wurde oder nicht, hat vielmehr alleine das Gericht zu entscheiden.

Soweit im Berufungsverfahren (erneut) Bedenken gegen die Höhe des Regelbedarfs für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vorgetragen werden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ausdrücklich erklärt hat, für die Vergangenheit einen höheren Regelsatz nicht mehr geltend zu machen, teilt der Senat diese Bedenken nicht. Die Regelleistung des Klägers ist nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden. Das hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 23. Juli 2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 = BVerfGE 137, 34-103 = NJW 2014, 3425) entschieden. Danach sind § 20 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 1, Abs. 4 und 5, § 23 Nr. 1, § 77 Abs. 4 Nr. 1 und 2 SGB II und § 8 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4 und 6, Abs. 2 Nr. 1 und 3 RBEG, jeweils in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II und § 28a SGB XII, sowie die Anlage zu § 28 SGB XII sowie § 2 RBSFV 2012, § 2 RBSFV 2013 und § 2 RBSFV 2014 mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG nach Maßgabe der Gründe derzeit noch vereinbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.