Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 6 VS 3/06 - Urteil vom 01.02.2011
Selbst wenn dem Bericht der vom Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages eingerichteten Expertenkommission zur Untersuchung von Strahlenschäden durch militärische Radargeräte bzw. darauf beruhenden bundesministerialen Rundschreiben unmittelbare rechtliche Wirkung in Bezug auf Entscheidungen der Verwaltungsbehörden zugemessen wird, würde dies lediglich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Strahlenexposition und bösartiger Erkrankung betreffen. Dies entbindet aber nicht von dem Nachweis, tatsächlich auch strahlenbelastende Tätigkeiten (in hinreichendem Umfang) ausgeübt zu haben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei dem Kläger einer Dickdarmkrebserkrankung als Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen und ihm Versorgung nach § 80 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) i.V.m. § 30 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) zu gewähren ist.
Der 1940 geborene Kläger war vom 03.07.1961 bis zum 31.12.1962 als Wehrpflichtiger Soldat der Bundeswehr. Er war vom 03.07. bis 24.09.1961 in der Fach- und Grundausbildung in M, vom 25.09.1961 bis 15.05.1962 als Radarflugmelder und vom 16.05. bis 31.12.1962 als Bürohilfskraft in H eingesetzt. Während dieser Zeit wurde er wegen asthmoider Bronchitis im I-Krankenhaus F (15. bis 29.12.1961) und im Bundeswehrkrankenhaus L (09.01. bis 01.02.1962) behandelt. Vom 16.10. bis 06.11.1961 war er dienstunfähig. Aus der stationären Behandlung im Dezember 1961 wurde er mit einer sog Schonzeit von 8 bis 10 Tagen entlassen, nach der Entlassung aus dem Bundeswehrkrankenhaus wurde er nicht mehr im Bunker eingesetzt.
1995 erkrankte der Kläger an Dickdarmkrebs. Im August 2001 wandte er sich wegen einer etwaigen Entschädigung zunächst an die Beigeladene. Auf deren Hinweis, dass die Versorgungsämter für Entschädigungen nach dem Ausscheiden aus dem Wehrdienst zuständig seien, beantragte er am 06.09.2001 beim Versorgungsamt Aachen eine Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz für das durch die Tätigkeit als Radar-Operator verursachte Dickdarmkarzinom. In einem von ihm am 06.09.2001 ausgefüllten Fragebogen gab er an, er führe die Krebserkrankung auf eine Strahlenaufnahme während der Arbeit in der unterirdischen Radarstation H/V zurück. Er sei an Geräten der Wetterbeobachtung, Flugüberwachung und Zielortung/ Gefechtsüberwachung eingesetzt gewesen und habe als Operator Einschalt- bzw. Einrichtvorgänge, Entfernungsabgleich und Zielortung durchgeführt. Die konkreten Sichtgeräte seien ihm nicht mehr bekannt. Er wisse auch nicht, ob die Geräte abgedeckt oder Röhren sichtbar gewesen seien. Bei der Frage nach dem zeitlichen Umfang der Arbeit an den Geräten hat der Kläger die Worte Monat und Tag unterstrichen. Weitere konkrete Angaben zu den Geräten oder der von ihm genau ausgeübten Tätigkeit konnte er nicht machen.
In einem Anamnesebogen vom 19.09.2001 zu einer ärztlichen Untersuchung durch den Oberfeldarzt L gab der Kläger zur Frage nach der Arbeitssituation an, dass ihm die einzelnen Belastungen nicht mehr bekannt seien. Die Wehrzeit liege solange zurück, dass er sich an technische Einzelheiten nicht mehr erinnern könne. Dem Arzt gegenüber äußerte er, sich lediglich an einen Bildschirmarbeitsplatz in den 60er Jahren zu erinnern.
Der Beklagte wies den Antrag des Klägers auf Gewährung von Beschädigtenversorgung mit Bescheid vom 05.02.2002 zurück. Es fehle an einem Schädigungstatbestand. Allgemein sei bei Strahlung im Zusammenhang mit dem Betrieb von Radargeräten zwischen Hochfrequenzstrahlung (HF-Strahlung) und ionisierender Strahlung (Röntgenstrahlung) zu unterscheiden. Gesundheitlich relevante Expositionen seien bei der HF-Strahlung nur im Rahmen eines Unfallgeschehens zu erwarten. Ionisierende Röntgenstrahlung entstehe in sogenannten Endstufenröhren bei der Erzeugung der elektromagnetischen Felder. Sie werde nur während des Betriebs der Anlage erzeugt, wenn an den Röhren Hochspannung anliege. Die Strahlung, die nur bei ungenügender Abschirmung aus dem Gerät austreten könne, habe eine kurze Reichweite von wenigen Zentimetern bis zu wenigen Dezimetern. Bei einem größeren Abstand bestehe keine gesundheitlich relevante Exposition. Das Personal an Bildschirmarbeitsplätzen habe seine Tätigkeit in erheblicher Distanz vom Radar ausgeübt, es sei keiner Röntgenstrahlung ausgesetzt gewesen. Mangels Schädigungstatbestandes könne deshalb die geltend gemachte Gesundheitsstörung nicht als Wehrdienstbeschädigung anerkannt werden.
Mit seinem gegen diesen Bescheid gerichteten Widerspruch vom 04.03.2002, dem er ein Attest des ihn behandelnden Internisten Dr. L vom 26.02.2002 beifügte, machte der Kläger geltend, dass sein Einsatz 15 Meter unter der Erde stattgefunden habe. Durch die künstliche Luftzufuhr hätten schlechte Luftverhältnisse geherrscht. Strahlen seien in den Räumen geblieben, die Bildröhren ohne Abdeckung gewesen. Er habe Atemnot und eine Lungenentzündung bekommen und nach einem Aufenthalt im Bundeswehrkrankenhaus L den erneuten Einsatz in der Radarstellung verweigert. Erst danach sei er als Bürohilfskraft eingesetzt worden.
Nach Auswertung beigezogener medizinischer Unterlagen aus der Wehrdienstzeit des Klägers wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2003 unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Bescheides zurück. Aus den wiederholten Asthmaanfällen des Klägers in der Wehrdienstzeit könnten keine Rückschlüsse auf eine schädigende Einwirkung durch Radarstrahlung gezogen werden.
Der Kläger hat am 12.05.2003 Klage beim Sozialgericht (SG) Aachen erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die Schädigung durch die Radarstrahlung sei so offensichtlich, dass eine Umkehr der Beweislast stattfinde. Dies ergebe sich aus dem Bericht der vom Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages eingerichteten Expertenkommission zur Untersuchung von Strahlenschäden durch militärische Radargeräte vom 02.07.2003 (Radarkommission). Diesem Bericht folgend sei eine Krebserkrankung dann als Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen, wenn eine Tätigkeit als Radarbediener/Operator vor 1975 ausgeübt worden, die Tumorerkrankung frühestens 5 Jahre nach Beginn der Arbeit an den Geräten aufgetreten und die Diagnose ärztlich mit histologisch-pathologischem Befund bestätigt sei. Diese Bedingungen seien in seinem Fall erfüllt.
Das SG hat die Personalunterlagen des Klägers vom Kreiswehrersatzamt K, eine Arbeitsplatzbeschreibung eines Radarflugmelders der Dienststelle H-V aus dem Jahre 1962, Kopien der damals gültigen "Zentralen Dienstvorschrift 44/20" und eines "Merkblatts über die Verhütung von Gesundheitsschäden durch Radargeräte und ähnliche Anlagen" sowie den Bericht der Radarkommission vom 02.07.2003 beigezogen.
Während des Klageverfahrens ist das Begehren des Klägers vom Bundesministerium für Verteidigung - Schwerpunktgruppe Radar - überprüft worden. Im dortigen Bericht vom 20.09.2004 wird ausgeführt, dass von einer Exposition mit ionisierenden Strahlen unter Zugrundelegung des Berichts der Radarkommission durch wehrdienstliche Einflüsse nicht ausgegangen werden könne. Der Kläger sei während der Dienstzeit nicht als Radarmechaniker/-techniker eingesetzt worden. Qualifizierende Unterstützungsarbeiten habe er nicht angegeben. Zudem hätten Reparaturarbeiten nur am ausgeschalteten Radargerät durchgeführt werden können.
Der Kläger hat auf diesen Bericht erwidert, er habe mehr als nur gelegentlich Radartechniker direkt am geöffneten und in Betrieb befindlichen Radargerät (Sendeschrank) unterstützt. Die Arbeitsbedingungen damals könnten aus heutiger Sicht wohl nur als abenteuerlich bezeichnet werden (Schreiben vom 10.12.2004). Er könne heute allerdings nicht mehr exakt sagen, wann, wie oft und worin diese Hilfstätigkeiten bestanden hätten (Schreiben vom 24.06.2005).
Die Beigeladene hat mitgeteilt, dass die Radarstellung N in H von der englischen Luftwaffe übernommen worden sei und bereits bei Übernahme über einen unterirdischen Gefechtsstand (Operationszentrale) verfügt habe. Die Radarstellung sei 1961-1962 mit den Radargeräten T-80 (Rundsuchradargerät) und T-13 (Radarhöhenmesser) ausgerüstet gewesen. Bei den englischen Streitkräften sei auf eine räumliche Trennung zwischen den Operationszentralen und dem Standort der Radargeräte und daneben auf eine funktionelle Trennung zwischen Radartechnikern (Arbeitsplatz am Radargerät) und Operatoren (Arbeitsplatz an den Konsolen in der Operationszentrale) geachtet worden. Diese Trennung habe die Luftwaffe übernommen. Es solle jedoch vorgekommen sein, dass in der Anfangszeit der Bundeswehr bei Personalmangel im technischen Bereich Operator-Personal für unterstützende Hilfstätigkeiten am Radargerät herangezogen worden sei. Zu beachten sei, dass Röntgenstörstrahlen nur in räumlich eng begrenzten Bereichen unmittelbar an den geöffneten Sender-/Modulatorschränken auftreten konnten. Diese stellten nur einen relativ kleinen Teil der technischen Anlagen der Radargeräte dar. Arbeiten an geöffneten Schränken noch dazu unter Hochspannung seien Aufgabe des qualifizierten Technikers und nicht des Hilfsarbeiters gewesen. Die Notwendigkeit am geöffneten Schrank zu arbeiten habe sich zudem wegen der Konstruktion dieser Schränke auf wenige Einstellarbeiten und die Fehlersuche beschränkt. Zwischen dem unterirdischen Gefechtsstand und dem Standort der Radargeräte habe eine Entfernung von bis zu mehreren hundert Metern gelegen. Im Gefechtsstand habe es keine Radarsender, Modulatoren und ähnliche Radarkomponenten gegeben. Hierzu hat die Beigeladene Pläne und Beschreibungen überreicht.
Im Verhandlungstermin des SG am 19.09.2005 hat der Kläger erklärt, dass er sich während der Dienstzeit nur unten in dem Gefechtsstand aufgehalten habe. Des Öfteren habe er auch an den Radarsuchgeräten mit den Mechanikern gearbeitet und sei dann auch draußen gewesen. Die Techniker seien seiner Meinung nach im Bunker gewesen und hätten an den Sendeschränken gearbeitet.
Mit Urteil vom 05.12.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Nachweis eines schädigenden Ereignisses sei nicht erbracht. Das Gericht habe sich nicht mit der für den Beweis notwendigen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugen können, dass der Kläger während seiner Tätigkeit bei der Bundeswehr überhaupt Radarstrahlen ausgesetzt gewesen sei. Wenngleich es grundsätzlich möglich sei, dass auch Operatoren an Radargeräten gearbeitet hätten, so fehle dem Gericht die Überzeugung, dass der Kläger selbst auch diese Hilfstätigkeiten ausgeübt, d.h. wie von ihm angegeben an Sendeschränken und Modulatoren gearbeitet habe. In der Station H habe es die Radargeräte T-80 und T-13 gegeben. Beide Geräte seien nach den vorgelegten Unterlagen so konstruiert, dass sich die Sendeschränke/Modulatoren oberirdisch befunden hätten. Unterirdisch im Gefechtsstand habe es nur Bildschirmkonsolen gegeben. Von diesen seien keine Strahlen ausgegangen. Der Kläger habe bis zum Zeitpunkt der Vorlage des Radarberichts immer nur vorgetragen, dass er im Gefechtsstand gearbeitet habe und sich an einen Bildschirmarbeitsplatz erinnern könne. Auch im Termin habe er zunächst nur eine Tätigkeit im Bunker angegeben. Seine spätere Erklärung, auch draußen an Radarsuchgeräten gearbeitet zu haben, stehe hierzu im Widerspruch. Diesen Widerspruch habe er nicht beseitigen können. Etwas anderes ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung des Radarberichts. Soweit dort Kriterien vorgeschlagen würden, nach denen eine Anerkennung erfolgen solle, werde immer vorausgesetzt, dass eine Tätigkeit im schädigenden Bereich ausgeübt worden sei. Daran fehle es hier.
Gegen das ihm am 19.01.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.01.2006 Berufung eingelegt. Er hat eidesstattlich versichert, dass er die Hilfstätigkeiten tatsächlich geleistet habe. Dass er diese zunächst nicht angegeben habe, sei darauf zurückzuführen, dass ihm deren Bedeutung zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen sei. Das Urteil des Sozialgerichts berücksichtige nicht ausreichend den Bericht der Radarkommission, dessen Voraussetzungen für eine Anerkennung er erfülle. Das Bundesministerium der Verteidigung habe nach Beratung im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages am 24.09.2003 zugesagt, diesen Bericht unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten im Prinzip eins zu eins umzusetzen. Der Bericht sei daher mit parlamentarischer Zustimmung Grundlage für die Bewertung der Versorgungsansprüche. Eine Anerkennung könne lediglich dann ausgeschlossen werden, wenn die Bundeswehr nachweise, dass konstruktionsbedingt eine Tätigkeit am offenen Gerät bei eingeschalteter Hochspannung in der Nähe des unabgeschirmten Störstrahlers nicht möglich gewesen sei.
Der Kläger ist zum Verhandlungstermin am 01.02.2011 nicht erschienen. Er hat mitgeteilt, dass ihm die Teilnahme aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sei und er um ein Urteil bitte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 05.12.2005 zu ändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 05.02.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2003 zu verurteilen, die Dickdarmkarzinomerkrankung als Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen und ihm Versorgung nach § 80 SVG zu gewähren.
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sind der Auffassung, dass im Gefechtsstand N, in dem der Kläger seinen Wehrdienst verrichtet habe, kein Bunker gewesen sei. Einen Bunker habe es in der Einheit H/V lediglich in der Liegenschaft V-Q gegeben. Die frühere Angabe eines unterirdischen Gefechtsstands in N beruhe auf einer Verwechslung der beiden Liegenschaften. Im Übrigen werde der Einschätzung des Sozialgerichts hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers zugestimmt. Soweit der Kläger angebe, im Bunker gearbeitet zu haben, sei festzustellen, dass dort keine Sender- und Modulatorschränke gestanden hätten. Es fehlten ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in nicht unerheblichem Umfang Arbeiten ausgeführt habe, bei denen er Röntgenstörstrahlung ausgesetzt gewesen sei. Von daher liege auch kein Fall der von ihm geforderten Umkehr der Beweislast entsprechend dem Bericht der Expertenkommission vor.
In einem Verhandlungstermin am 22.05.2007 hat der Kläger erneut bekräftigt, unterirdisch im Gefechtsstand eingesetzt worden zu sein. Hierzu hat er Skizzen sowohl der Außenanlage als auch der unterirdischen Station vorgelegt und erläutert, dass sich die Sendeschränke etwa in einem Abstand von 4 bis 5 Metern hinter den Bildschirmkonsolen befunden hätten. Bei Störungen seien die Schränke geöffnet worden und er habe helfen müssen, dies ca. drei- bis viermal pro Woche. Er habe auch des öfteren an den Radarantennenanlagen geholfen.
Die Beigeladene hat im Anschluss an den Termin Teilberichte der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar betreffend die Radargeräte T-80 und T-13 vorgelegt.
In einem weiteren Verhandlungstermin am 03.11.2009 hat der Kläger erklärt, dass er oberirdische Arbeiten am Rundumsuchgerät ca. drei- bis viermal pro Woche habe vornehmen müssen, Hilfsarbeiten an den Sendeschränken/Modulatoren hingegen häufiger, ca. vier- bis fünfmal pro Woche. Wenn er an den Sendeschränken gearbeitet habe, habe er nicht gewusst, ob diese ausgeschaltet gewesen seien oder nicht. Nach seiner Entlassung aus dem Bundeswehrkrankenhaus in L sei er nicht mehr im unterirdischen Gefechtsstand eingesetzt worden sondern habe oberirdisch einen Unteroffizierslehrgang geleitet. In diesem Termin hat der Senat des weiteren den vom Kläger benannten Zeugen U vernommen. Dieser hat zu den Verhältnissen in N in den Jahren 1971 bis 1976 berichtet. Zu dieser Zeit habe es dort einen Rundumsuchradar FPS 7 gegeben, der in einem Turm untergebracht gewesen sei. Ein Bunker habe sich ca. 4-5 km entfernt in V befunden, ein Höhenradar in Q. Er sei als Radarflugmeldemechaniker tätig gewesen. Die Sendeschränke hätten sich in relativer Nähe (ca. 4 bis 5 Meter) zum Radargerät selbst befunden. Wehrpflichtige seien gelegentlich zu einfachen Arbeiten herangezogen worden, in seiner Schicht allerdings nie wenn die Sendeschränke unter Spannung standen. Dies sei wegen der großen Gefahr der hohen Spannung nur Fachpersonal vorbehalten gewesen.
Am 19.03.2010 hat der Senatsvorsitzende einen Ortstermin mit den Beteiligten durchgeführt. Der Kläger hat erklärt, den Weg und die Liegenschaft N wiederzuerkennen. Im unmittelbaren Umfeld des Turmes sei es in den Bunker hinuntergegangen. Es habe dort ein Radargerät T-80 und ein Radargerät T-13 gegeben. In Q hingegen sei er nicht gewesen.
Im Hinblick auf die unklaren örtlichen Verhältnisse hat der Kläger angeregt, weitere von ihm bezeichnete Quellen für die Beschreibung der Militäranlage Q beizuziehen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, wegen der Ergebnisse der Beweisaufnahme auf die Sitzungsniederschriften verwiesen. Der Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten des Beklagten und der Beigeladenen ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Richtiger Klagegegner im Berufungsverfahren ist seit dem 01.01.2008 der für den Kläger örtlich zuständige Landschaftsverband Rheinland (vgl. zur Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung im Bereich des Sozialen Entschädigungsrechts z.B. Urteil des er-kennenden Senats vom 11.03.2008, L 6 (10) VS 29/07, bestätigt durch BSG, Urteil vom 11.12.2008, B 9 VS 1/08 R; Urteil des BSG vom 11.12.2008, B 9 V 3/07 R; Urteil des erkennenden Senats vom 11.03.2008, L 6 V 28/07 und Urteil vom 11.03.2008, L 6 VG 13/06, bestätigt durch BSG Urteil vom 23.04.2009, B 9 VG 1/08 R).
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung der bei ihm aufgetretenen Dickdarmkarzinomerkrankung als Wehrdienstbeschädigung im Sinne des SVG und Gewährung einer Versorgung.
Nach § 80 S. 1 SVG erhalten Soldaten, die eine Wehrdienstbeschädigung erlitten haben, nach Beendigung des Wehrdienstes wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes. Eine Wehrdienstbeschädigung ist gem. § 81 Abs. 1 SVG eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Die geschützte Tätigkeit, das schädigende Ereignis und die Gesundheitsstörung müssen nachgewiesen, d.h. ohne vernünftige Zweifel bewiesen sein (BSG, Urteil vom 15.12.1999, B 9 VS 2/98 R in BSG SozR 3-3200 § 81 Nr.16). Dies setzt einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit voraus, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG, Urteil vom 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R m.w.N.; Urteil vom 10.11.1993, 9 RVg 2/93; Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl. 2005, § 118 Rn 5 m.w.N.)
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Ein schädigendes Ereignis innerhalb der vom Kläger ausgeübten geschützten Tätigkeit als Radarflugmelder in der Zeit vom 25.09.1961 bis 31.12.1962 ist nicht nachgewiesen. Der Kläger erfüllt nicht die Kriterien der Berufskrankheit (BK) 2402 der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BKV). Eine Beweiserleichterung bzw. Beweislastumkehr kommt ihm entgegen seiner Auffassung nicht zugute.
Wird eine Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge nach dem Soldatenversorgungsgesetz wegen allmählicher Einwirkungen des Wehrdienstes bzw. wehrdiensteigentümlicher Verhältnisse geltend gemacht, so kann sie nur dann als Wehrdienstbeschädigung anerkannt werden, wenn die Schädigungsfolge als Berufskrankheit in der BKV anerkannt ist oder anerkannt werden könnte oder die wehrdiensttypischen Belastungen auf kriegsähnliche Belastungen zurückgehen, die in Zivilberufen typischerweise nicht vorkommen (BSG, Urteil vom 05.05.1993, 9/9a RV 25/92, Beschluss vom 11.10.1994, 9 BV 55/94; vgl. ebenso Bericht der Radarkommission, S. 107).
Für die vom Kläger geltend gemachten Strahlenschäden ist vorliegend die BK 2402 "Erkrankungen durch ionisierende Strahlen" einschlägig. Die Anerkennung der BK 2402 setzt den Nachweis einer entsprechenden Strahlendosis durch Ganz- oder Teilkörperbestrahlung, Kontamination oder Inkorporation voraus. Dieser Nachweis ist hier nicht erbracht, da Erkenntnisse über die konkreten tatsächlichen Arbeitsplatzverhältnisse des Klägers während seiner Wehrdienstzeit nicht vorliegen und auch nicht ermittelt werden konnten. Dem Kläger kommt auch nicht die Beweiserleichterung aus § 15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VfG-KOV), das gem. § 1 VfG-KOV i.V.m. § 80 SVG auch im Bereich der Soldatenversorgung anwendbar ist, zugute. Die hier normierte erleichterte Beweisführung erfordert, dass der Antragsteller Angaben aus eigenem Wissen, jedenfalls aber überhaupt Angaben machen kann (BSG, Urteil vom 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R, Rn 12 in SozR 3-3900 § 15 Nr. 3). Derartige Angaben zur Strahlendosis waren dem Kläger - verständlicherweise - nicht möglich. Ebenfalls konnte der Kläger keine solch substantiierten Angaben zu den Geräten machen, an denen er eingesetzt war, dass sich hieraus im Nachhinein eine Strahlendosis hätte errechnen lassen.
Der mangelnde Nachweis einer relevanten Exposition gegenüber ionisierenden Strahlen lässt sich auch nicht über die Annahme einer Beweiserleichterung oder gar Beweislastumkehr in Anwendung des Berichtes der Radarkommission vom 02.07.2003 beheben.
Zweifelhaft ist bereits, ob dem Bericht der Radarkommission im Fall des Klägers rechtliche Relevanz zukommt. Grundsätzlich entfaltet ein Bericht einer Expertenkommission keine unmittelbare rechtliche Wirkung in Bezug auf Entscheidungen der Verwaltungsbehörden. Ob der Kläger möglicherweise im Hinblick auf ein an die damaligen obersten Versorgungsbehörden gerichtetes Rundschreiben des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung vom 24.10.2003 Rechte aus dem Kommissionsbericht herleiten könnte, begegnet bereits unter Berücksichtigung des konkreten Inhalts des Rundschreibens Bedenken. In diesem ist ausgeführt, dass das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Strahlenexposition und bösartiger Erkrankung unterstelle und entsprechend die Notwendigkeit einer versorgungsärztlichen Nachprüfung der Kausalitätsentscheidung der Bundeswehr in den anhängigen Wehrdienstbeschädigungsverfahren entfalle. Mit dieser Vorgehensweise sei das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung einverstanden und bitte die Versorgungsverwaltung um Übernahme des dargestellten Verfahrens. Bei dem Kläger ist jedoch nicht der Ursachenzusammenhang zwischen schädigender Exposition und Karzinomerkrankung fraglich, sondern die Exposition als solche. Hierzu verhält sich das Rundschreiben des Ministeriums nicht.
Ob der Bericht der Radarkommission rechtliche Relevanz hat und ggf. in welcher Art (vgl. hierzu LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 13.02.2008, L 5 VS 11/05: antizipiertes Sachverständigengutachten bzw. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.07.2008, L 6 VS 2599/06 Rn 32: Beweiserleichterung) kann jedoch dahinstehen, da der Kläger die Voraussetzungen der von der Radarkommission vorgesehenen Beweiserleichterungen nicht erfüllt.
Nach dem Bericht der Radarkommission (S. 135/136) sollten Personen, die im Zeitraum bis 1975 (sog. Phase 1, Bericht S. 130) an anderen Radargeräten als am SGR-103 tätig gewesen sind, anerkannt werden, sofern
1. sie an einem malignen Tumor mit Ausnahme der Chronisch Lymphatischen Leukämie erkrankt sind (sog. qualifizierende Erkrankung),
2. der Tumor ärztlich bestätigt und pathologisch-histologisch befundet ist,
3. der Tumor, wenn es sich um einen soliden Tumor handelt, frühestens 5 Jahre nach Exposition aufgetreten ist bzw. Leukämie oder ein Knochensarkom frühestens 2 Jahre nach Exposition aufgetreten sind,
4. sie Arbeiten als Techniker/Mechaniker oder Bediener (Operator) an Radaranlagen ausgeübt haben (sog. qualifzierende Arbeiten),
5. die Tumorlokalisation mit der maximalen Betriebsspannung der Radargeräte übereinstimmt und
6. der Bundeswehr kein anderweitiger Ausschluss einer relevanten Strahlung möglich ist.
Der Senat hat sich nicht davon überzeugen können, dass der Kläger qualifizierende Arbeiten im Sinne des Radarberichtes ausgeführt hat. Anders als der Kläger meint, genügt nicht jede Tätigkeit als "Operator", um von qualifizierenden Arbeiten auszugehen. Erforderlich ist vielmehr, dass im Rahmen der Tätigkeit tatsächlich Arbeiten an strahlenaussendenden Radargeräten ausgeführt worden sind.
Dass vom Bericht der Radarkommission nur Personen erfasst werden sollen, die konkret an Radargeräten gearbeitet haben, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der vorgeschlagenen Anerkennungskriterien, wonach "Personen, die an anderen Radargeräten [als dem SGR-103] tätig gewesen sind", anerkannt werden sollten (Bericht S. 135). Dass dies Radargeräte sein müssen, an denen eine Exposition mit Röntgenstörstrahlen in Betracht kommt, zeigt auch die Formulierung im Kommissionsbericht, dass das Vorbringen der Antragsteller für die Annahme von Expositionsdauern "an einzelnen Störstrahlern" zugrunde gelegt werden sollte (Bericht S. 44). Im Übrigen ergibt sich eine solche Eingrenzung notwendig aus der Aufgabensetzung und dem Ziel des Kommissionsberichts. Dieser hat ausdrücklich die "beim Betrieb, der Wartung und Reparatur von Radargeräten" auftretenden Expositionen untersucht. Es sollte eine Expositionsrekonstruktion der Röntgenstörstrahlung bei der Bundeswehr erfolgen (Bericht S. III). Dabei wird in dem Bericht davon ausgegangen, dass die Reichweite von Röntgenstrahlung verhältnismäßig gering ist, so dass Gefährdungen für das Personal nur in unmittelbarer Nähe der Sender, z.B. bei Einstellungs- und Reparaturarbeiten entstehen konnten (Bericht S. 1). Bei der Beschreibung der Tätigkeitsprofile hat die Kommission ausgeführt, dass nachvollziehbar berichtet wurde, bei Reparatur- und Einstellarbeiten eines Radargerätes hätten auch Mechaniker anderer Radargeräte und auf dem Gerät arbeitende Operatoren Unterstützung leisten müssen. Dies sei regelmäßig für Geräte der HAWK-Batterie, des Radargerätes AN/CPN-4 sowie beim Waffensystem NIKE erfolgt (Bericht S. 44). Nach Auffassung der Kommission sollte für die Annahme von Expositionsdauern an einzelnen Störstrahlern das Vorbringen der Antragsteller im Einzelnen zugrunde gelegt werden. Vor diesem Hintergrund sind Operatoren in die Beschlussempfehlung aufgenommen worden, wobei auch nach Auffassung der Kommission hier jeweils die konkreten Tätigkeiten an einzelnen Störstrahlern zu überprüfen waren (vgl. Bericht S. 44). Die Geltung der Beweiserleichterungen nur für solche Operatoren, die in relevantem Umfang an Störstrahlern gearbeitet haben, wird auch durch die späteren Klarstellungen der Radarkommission in ihren "Antworten auf den vom BMVg vorgelegten Katalog "Fragen/Auslegungen zum Bericht der Radarkommission" (Schreiben BMVg vom 18.07.2003)" bekräftigt. Dort wird auf die Frage, für welchen Expositionszeitraum die Kommission entsprechend der Strahlenempfindlichkeit der einzelnen Organe eine Verursachungswahrscheinlichkeit für gegeben ansehe, unter Antworten zu II. 4. ausgeführt, dass die Kommission bei ihren Empfehlungen davon ausgegangen sei, dass es sich grundsätzlich (aufgrund der spezifischen Ausbildung) um längere Tätigkeiten und nicht nur um gelegentliche Tätigkeiten im Gesamtumfang weniger Tage handele. Die Kommission selbst ist nach ihren Antworten zu I. 1. und 2. der o.g. Fragen allein zu den Waffensystemen HAWK, NIKE und AN/CPN-4 davon ausgegangen, dass Operatoren einer relevanten Exposition ausgesetzt sein konnten.
Die einschränkende Geltung für den Personenkreis der Operatoren entspricht darüber hinaus auch der konkret zur Angelegenheit des Klägers erstellten Aktenverfügung des Bundesministeriums der Verteidigung, Schwerpunktgruppe Radar vom 20.09.2004. Hierin heißt es, dass Tätigkeiten als Bediener/Operator nur dann qualifzierend seien, wenn diese die Radartechniker nicht nur gelegentlich direkt am geöffneten und in Betrieb befindlichen Radargerät (Senderschrank) unterstützt haben.
Der Senat hält es nach den Angaben des Klägers, den von der Beigeladenen vorgelegten Unterlagen und der Beweisaufnahme zwar für möglich aber eher für zweifelhaft, dass der Kläger in dem erforderlichen relevanten Umfang Arbeiten an Radargeräten durchgeführt hat, von denen ionisierende Strahlen ausgegangen sind. Beweise für entsprechende Tätigkeiten liegen in keiner Form vor. Bereits die örtlichen Modalitäten sind zwischen den Beteiligten höchst umstritten und aufgrund des langen Zeitablaufs und der mehrfachen Änderung der Verhältnisse vor Ort trotz eines Ortstermins nicht mehr aufklärbar gewesen. Zeugen für den streitigen Zeitraum konnte keiner der Beteiligten benennen. Der vom Kläger einzig benannte und vom Senat vernommene Zeuge U vermochte Auskünfte lediglich über eine deutlich spätere Zeit zu erteilen, zu der die Umstände nicht mehr denjenigen, wie vom Kläger für die Zeit seiner Tätigkeit angegeben, entsprachen.
Allein die Angaben des Klägers vermochten den Senat nicht ohne Zweifel von ausreichenden strahlenbelastenden Tätigkeiten des Klägers zu überzeugen. Gemäß § 15 VfG-KOV können die Angaben des Antragstellers der Entscheidung zugrunde gelegt werden, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers untergegangen sind, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Angaben des Klägers zu den ggf. schädigenden Tätigkeiten sind zum Teil nicht ausreichend glaubhaft, zum Teil nicht ausreichend präzisiert.
Der Kläger hat im Verlauf des gesamten, mehr als anderthalb Jahre dauernden Verwaltungsverfahrens stets angegeben, dass er an Bildschirmen eingesetzt worden sei. Seine Tätigkeit habe in der Wetterbeobachtung, Flugüberwachung und Zielortung/Gefechtsüberwachung bestanden. Konkrete Geräte, die konkrete Arbeitssituation und einzelne Belastungen seien ihm nicht mehr bekannt. Die Wehrzeit liege solange zurück, dass er sich an technische Einzelheiten nicht mehr erinnern könne. Auch im anschließenden Klageverfahren hat er zunächst nichts Weiteres vorgetragen. Erstmals Ende 2004 - nach Übersendung des Berichts der Schwerpunktgruppe Radar, in der mitgeteilt worden war, dass eine Anerkennung ausscheide, weil der Kläger keine qualifizierenden Unterstützungsarbeiten angegeben habe - hat der Kläger Hilfstätigkeiten an Sendeschränken behauptet, dies wiederum ohne weitere konkrete Angaben. Im Verhandlungstermin am 19.09.2005 - somit vier Jahre nach Antragstellung - hat der Kläger seine Angaben erstmals daraufhin erweitert, dass er auch außerhalb des Gefechtsstandes an den Radarsuchgeräten mit den Mechanikern gearbeitet habe. In einem weiteren Verhandlungstermin am 22.05.2007 hat er die Arbeiten an den Sendeschränken auf ca. drei- bis viermal die Woche beziffert; die Hilfstätigkeiten an den Radarantennenanlagen seien "des öfteren" erfolgt. Im Verhandlungstermin am 03.11.2009 schließlich hat er die Arbeiten an den Sendeschränken im Bunker mit ca. vier- bis fünfmal die Woche angegeben, die oberirdischen Arbeiten am Rundumsuchgerät mit ca. drei- bis viermal pro Woche. Diese Änderung der Darstellung im Laufe des Verfahrens weckt Zweifel an der Glaubhaftigkeit. Die diesbezügliche Einlassung des Klägers, ihm sei die Bedeutung der Hilfstätigkeiten zunächst nicht bekannt gewesen, kann im Hinblick auf die mehrfachen detaillierten Fragestellungen zur gesamten Arbeitstätigkeit nicht überzeugen.
Geht man davon aus, dass der Kläger, wie von ihm durchgängig behauptet, in einem unterirdischen Gefechtsstand gearbeitet hat und dass dort je ein Radargerät T-80 und ein Radargerät T-13 gestanden haben - was Beklagter und Beigeladene bestreiten - so ist die weitere Aussage des Klägers, er habe unterstützende Arbeit an Sendeschränken erbringen müssen, wiederum mit erheblichen Zweifeln behaftet. Die von der Beigeladenen vorgelegten Baupläne beider Radargeräte belegen, dass die allein strahlenrelevanten Sendeschränke und Modulatoren jeweils in der Nähe der Antenne oberirdisch lokalisiert waren. Dafür, dass dies in der Anlage N ausnahmsweise anders war, ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte. Im Gegenteil hat der Beigeladene nachvollziehbar dargelegt, dass es aus technischen Gründen erforderlich war, die Module in unmittelbarer Nähe der Antennen unterzubringen. Im Hinblick darauf, dass der Kläger sich zunächst viele Jahre überhaupt nicht an technische Einzelheiten erinnern konnte, ist bei seiner späteren Darlegung, er habe an Sendeschränken helfen müssen, in Frage zu ziehen, ob er - unterstellt, er hat Tätigkeiten an Schränken vorgenommen - richtig zuordnen konnte, dass es sich hierbei tatsächlich um "Sende"schränke und nicht um Schränke sonstiger Art handelte.
Selbst wenn man weiter unterstellt, dass der Kläger unterstützende Arbeiten an Sendeschränken verrichtet hat, genügen seine Angaben nicht für die Annahme einer relevanten Exposition gegenüber ionisierenden Strahlen. Der Kläger hat nicht auszusagen vermocht, ob die Schränke unter Spannung standen oder ausgeschaltet waren. Gefährdende Strahlungen aber gingen allein von eingeschalteten Sendeschränken aus. Kann aber der Kläger aus eigenem Wissen keine Angaben machen, ist für die Annahme eines entsprechenden schädigenden Vorgangs kein Raum (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R, Rn 12 in SozR 3-3900 § 15 Nr. 3). Die Heranziehung eines Wehrdienstleistenden zu Tätigkeiten am geöffneten und eingeschalteten Sendeschrank widerspricht überdies den generellen Aussagen des Beigeladenen und des Zeugen U, wonach Arbeiten an unter Hochspannung stehenden Schränken allein Aufgabe des qualifizierten Technikers gewesen seien, dies schon wegen der von ihnen ausgehenden hohen Gefährdung.
Trotz der zweifellos schwierigen Nachweismöglichkeiten des Klägers zu den von ihm ausgeübten Tätigkeiten, kann eine weitere Beweiserleichterung zu seinen Gunsten nicht greifen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass sich der Gesetzgeber trotz der im sozialen Entschädigungsrecht vielfach bestehenden Beweisschwierigkeiten entschieden hat, eine Gesundheitsstörung nicht bereits dann als Schädigungsfolge anzuerkennen, wenn eine Schädigung durch geschützte schädigende Ereignisse wie im Fall des Klägers lediglich möglich erscheint. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass die Entstehungsmechanismen und insbesondere die Einwirkung bestimmter Faktoren bei einer Vielzahl von Erkrankungen nicht ausreichend gesichert sind und dies die Abgrenzung zwischen einer wehrdienstbedingten und einer schicksalhaften Erkrankung schwierig macht. So sind Darmkrebserkrankungen wie die des Klägers - auch ohne heute kaum noch in Betracht kommende Schädigung durch berufsbedingte ionisierende Strahlen - die zweithäufigste Krebserkrankung in Deutschland. Dabei sind Männer wie Frauen gleichermaßen betroffen (Verbreitung von Krebserkrankungen in Deutschland, Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Eine Veröffentlichung des Zentrums für Krebsregisterdaten am Robert-Koch-Institut, Berlin 2010, S. 37).
Den Anregungen des Klägers auf weitere Beweiserhebungen zum Standort N bzw. der Militäranlage Q brauchte der Senat nicht nachzugehen. Ein Anspruch des Klägers auf Anerkennung des Dickdarmkarzinoms als Wehrdienstbeschädigung ergibt sich wie oben dargelegt auch dann nicht, wenn man unterstellt, dass es wie vom Kläger dargestellt, in N im streitigen Zeitraum einen unterirdischen Gefechtsstand sowie Radargeräte T-80 und T-13 gab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) nicht als gegeben angesehen.