Sächsisches Landessozialgericht - L 5 R 896/13 - Urteil vom 21.07.2015
Zwar kann die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses mangels berechtigten Interesses an der alsbaldigen Feststellung grundsätzlich nicht verlangt werden, wenn der Anspruch im Wege einer Leistungsklage verfolgt werden könnte. Denn der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren, obwohl er - anders als in § 43 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - keinen ausdrücklichen Niederschlag im Gesetzeswortlaut gefunden hat. Ausnahmen von der Subsidiarität hat die Rechtsprechung jedoch bei Feststellungsklagen gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts zugelassen, weil in dem Fall angenommen werden kann, dass solche Beklagte aufgrund ihrer Bindung an Recht und Gesetz die Kläger auch ohne Leistungsurteil mit Vollstreckungsdruck befriedigen. Voraussetzung ist jedoch, dass erwartet werden kann, dass der Streitfall mit der gerichtlichen Feststellung einer endgültigen Klärung zugeführt werden kann. Dient die Feststellungsklage hingegen nur der Klärung einer Vorfrage und kann den Streit nicht im Ganzen bereinigen, so ist das Rechtsschutzinteresse für die Erhebung einer Feststellungsklage auch gegenüber einer juristischen Person des öffentlichen Rechts wegen der fehlenden Prozesswirtschaftlichkeit ausgeschlossen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Wege der Feststellungsklage über eine Schadenersatzforderung aufgrund der verspäteten Abgabe einer Drittschuldnererklärung.
Die Klägerin ist ein Kreditinstitut und im Besitz zweier vollstreckbarer Titel gegen den am 2015 verstorbenen Schuldner K -D S. Aufgrund dieser Titel erwirkte sie einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts L am R vom 31. März 2011 (Az. 6 M 657/11) über einen Gesamtbetrag von 4.079,74 EUR zzgl. Zinsen von 0,36 EUR pro Tag gegen die Beklagte. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde der Beklagten mit Zustellungsurkunde vom 19. April 2011 durch einen Gerichtsvollzieher zugestellt und die Beklagte darin nach § 840 Zivilprozessordnung (ZPO) zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung binnen zwei Wochen aufgefordert (Bl. 11 Verwaltungsakte). Mit Schreiben vom 8. August 2011 (Eingang am 11. August 2011) forderte die Klägerin die Beklagte zur Überweisung der Forderung zzgl. Zustellungskosten für den Gerichtsvollzieher in Höhe von 24,95 EUR und Anwaltskosten für das Mahnschreiben in Höhe von 446,13 EUR bis zum 22. August 2011 auf.
Mit der vor dem Sozialgericht Leipzig am 9. September 2011 erhobenen Klage begehrte die Klägerin zunächst Zahlung von 1.000 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit wegen unterlassener Drittschuldnererklärung. Aufgrund ihrer Schadensminderungspflicht gehe sie nur von einem monatlich pfändbaren Betrag von 200 EUR aus und mache mit der Klage die pfändbaren Beträge für die Monate April bis August 2011 geltend. Die Beklagte sei wegen der unterlassenen Erklärung ihren gesetzlichen Verpflichtungen gemäß § 840 ZPO nicht nachgekommen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung des BGH sei bei einem schweigenden Drittschuldner davon auszugehen, dass die gesamte Forderung, wie sie im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss verkörpert sei, zu Recht geltend gemacht werde und in voller Höhe erhoben werden könne. Solange der Drittschuldner keine Drittschuldnererklärung abgebe, könne der Betrag ohne jedes Kostenrisiko eingeklagt werden. Auf die Fälligkeit der Leistung komme es nicht an.
Mit Schreiben an die Klägerin vom 22. September 2011 teilte die Beklagte mit, der Schuldner erhalte keine Leistungen und die Pfändung sei vorgemerkt. Daraufhin hat die Klägerin am 14. November 2011 beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die verspätet Drittschuldnererklärung entstanden ist (Bl. 17 Gerichtsakte). Mit Bescheid vom 21. November 2012 hat die Beklagte dem Schuldner ab dem 1. November 2012 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit - unterhalb der Pfändungsfreigrenze - in Höhe von 107,28 EUR monatlich bewilligt (Bl. 32 Gerichtsakte). Am 30. November 2012 hat die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Drittschuldnererklärung abgegeben. Die gepfändete Forderung wurde als begründet anerkannt, nach der Tabelle zu § 850c ZPO ergebe sich jedoch kein pfändbarer Betrag.
Das Sozialgericht hat mit Urteil (ohne mündliche Verhandlung) vom 17. September 2013 festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die verspätete Drittschuldnererklärung auf den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts L am R vom 31. März 2011 - 6 M 657/11 - entstanden ist. Das Gericht sei örtlich und sachlich zuständig, das nach § 78 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erforderliche Vorverfahren sei durchgeführt worden. Im Weiteren nimmt das Sozialgericht unter Berufung auf § 136 Abs. 3 SGG auf den "umfassenden und zutreffenden" Vortrag der Klägerin Bezug. Die Beklagte habe sowohl die außergerichtlichen als auch die gerichtlichen Kosten zu tragen. Den Streitwert hat das Gericht auf die Höhe der ursprünglichen Forderung von 1000 EUR festgesetzt.
Gegen das am 21. Oktober 2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21. November 2013 Berufung eingelegt. Die Klage sei unzulässig, weil die erhobene Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage subsidiär sei. Soweit es um vorprozessuale Kosten gehe, hindere die Klägerin nichts an einem Leistungsantrag. Soweit es um Kosten aus dem Rechtsstreit gehen sollte, stehe der Klägerin mit dem Kostenerstattungsverfahren nach §§ 193, 197 SGG ein einfacheres Mittel zur Verfügung. Dem Antrag fehle daher das von § 55 Abs. 1 SGG geforderte berechtigte Interesse an einer baldigen Feststellung. Die Klage sei auch unbegründet. Der Schadenersatzanspruch werde durch ein weit überwiegendes Mitverschulden der Klägerin nach § 254 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgeschlossen, weil sie sich auf den Erfolg nur einer einzigen unsicheren Vollstreckungsmaßnahme verlassen habe. Es dürfte bekannt sein, dass sich aus der Pfändung von Renten nur selten ein pfändbarer Betrag ergibt. Zudem habe sie an die Abgabe der Drittschuldnererklärung auch nicht erinnert. Gegenüber ihrer groben Sorgfaltspflichtverletzung falle die verspätete Abgabe der Drittschuldnererklärung, die allenfalls leicht fahrlässig sei, nicht ins Gewicht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 17. September 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klageänderung sei nach § 263 ZPO zulässig und sachdienlich. Denn eine Gläubigerin, die infolge nicht rechtzeitiger Auskunftserteilung eine Zahlungsklage gegen den Drittschuldner erhoben hat, könne auf Feststellung der Haftung der Drittschuldnerin für den aus der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung entstandenen Schaden übergehen, wenn sich herausstelle, dass der gepfändete Anspruch besteht, aber noch nicht fällig ist. Sie sei nicht verpflichtet, den Schadenersatzanspruch zu beziffern, weil es sich um einen "versteckten Auskunftsprozess" handele. Voraussetzung eines Feststellungsinteresses sei lediglich, dass ein Anspruch aus § 840 Abs. 2 ZPO bestehe und ein Schaden möglich sei, weil die Umstellung der Klage für den klagenden Gläubiger die einzige Möglichkeit sei, die dem Gegner obliegende Kostentragung direkt durchzusetzen. Der Weg über eine Erledigungserklärung nach § 91a ZPO stehe ihm nicht offen. Der Anspruch ergebe sich v.a. aus den entstandenen Rechtsanwaltskosten, die noch nicht beziffert werden könnten, weil der Verfahrensgang noch nicht absehbar sei. Eine Kostenfestsetzung sei erst nach Streitwertfestsetzung möglich. Auch könnten Schadenersatzansprüche aufgrund nicht eingeleiteter Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (gegen Dritte) aufgrund der nicht abgegebenen Drittschuldnererklärung noch nicht abschließend beziffert werden. Voraussetzung sei nicht, dass die gepfändete Forderung tatsächlich existiere. Der Einwand des Mitverschuldens sei als verspätet zurückzuweisen. Zudem treffe die Klägerin kein Mitverschulden. Ihr stehe es frei zu entscheiden, welche Vollstreckungsmaßnahmen sie einleite.
Dem Gericht lagen die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte beider Rechtszüge vor, worauf zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zum Teil begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, als die Klägerin im Wege des Feststellungsbegehrens über die für die gegen die Beklagte unbegründet erhobene (Leistungs-)Klage aufgewandten Kosten hinausgehende Schadenersatzansprüche geltend macht. Die Berufung ist unbegründet, soweit sich die Beklagte damit (auch) gegen die Feststellung wendet, dass sie verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Erhebung der Zahlungsklage (in Form der Gerichts- und notwendigen außergerichtlichen Kosten) entstanden ist.
1. Die Klage ist zulässig.
An den Rechtsweg ist das Landessozialgericht, nachdem das Sozialgericht in der Sache über den geltend gemachten Anspruch entschieden hat, gebunden, § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz.
Die Feststellungsklage ist nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft, weil der gegen die Beklagte geltend gemachte Schadenersatzanspruch, mithin der Streit über das Bestehen einer Forderung, ein Rechtsverhältnis darstellt, über das die Beteiligten streiten. Ein privatrechtliches Rechtsverhältnis ist ausreichend, wenn über dieses im Sozialrechtsweg zu entscheiden ist (Keller in: Meider-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014 § 55 Rn. 4).
Aufgrund der hier gegebenen besonderen Konstellation liegt ausnahmsweise das besondere Feststellungsinteresse im Sinne von § 55 Abs. 1 SGG vor. Zwar kann die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses mangels berechtigten Interesses an der alsbaldigen Feststellung grundsätzlich nicht verlangt werden, wenn der Anspruch im Wege einer Leistungsklage verfolgt werden könnte. Denn der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage gilt, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, auch im sozialgerichtlichen Verfahren, obwohl er - anders als in § 43 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) - keinen ausdrücklichen Niederschlag im Gesetzeswortlaut gefunden hat (BSG, Urteile vom 2. Juli 2013 - B 4 AS 74/12 R -, juris 2. Leitsatz, vom 20. Mai 1992 - 14a/6 RKa 29/89 - juris Rn. 19; so auch Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 55 Rn. 19). Ausnahmen von der Subsidiarität hat die Rechtsprechung jedoch bei Feststellungsklagen gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts zugelassen, weil in dem Fall angenommen werden kann, dass solche Beklagte aufgrund ihrer Bindung an Recht und Gesetz die Kläger auch ohne Leistungsurteil mit Vollstreckungsdruck befriedigen (st. Rspr, vgl. BSG Urteil vom 26. Mai 1959 - 3 RK 36/56 - BSGE 10, 21, 24 f; Urteil vom 11. März 1960 - 3 RK 62/56 - BSGE 12, 44, 46 = SozR Nr. 73 zu § 54 SGG; Urteil vom 20. Mai 1992 - 14a/6 RKa 29/89 - juris Rn. 19; Urteil vom 22. Juli 2004 - B 3 KR 12/04 R - juris Rn. 17; Urteil vom 27. Oktober 2009 - B 1 KR 4/09 R - juris Rn. 17). Voraussetzung ist jedoch, dass erwartet werden kann, dass der Streitfall mit der gerichtlichen Feststellung einer endgültigen Klärung zugeführt werden kann. Dient die Feststellungsklage hingegen nur der Klärung einer Vorfrage und kann den Streit nicht im Ganzen bereinigen, so ist das Rechtsschutzinteresse für die Erhebung einer Feststellungsklage auch gegenüber einer juristischen Person des öffentlichen Rechts wegen der fehlenden Prozesswirtschaftlichkeit ausgeschlossen (st. Rspr. BSG, vgl. Urteil vom 20. Mai 1992 - 14a/6 RKa 29/89 - juris Rn. 19; Urteil vom 8. Mai 2007 - B 2 U 3/06 R - juris Rn. 23; Urteil vom 2. Juli 2013 - B 4 AS 74/12 R -, juris Rn. 24). Eine Bereinigung im hiesigen Verfahren kann erwartet werden hinsichtlich der als Schadenersatz im Streit stehenden Kosten für den Rechtsstreit. Würde hingegen die von der Klägerin begehrte Feststellung getroffen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr "den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die verspätete Drittschuldnererklärung auf den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ... entstanden ist und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen" (vgl. Antrag im Schriftsatz vom 10. November 2011), würde - weil die Klägerin ausweislich ihrer Schriftsätze davon ausgeht, ihr stünden weitergehende Ansprüche als die unnütz aufgewandten Prozesskosten u.a. in Form von Schadenersatzansprüchen aufgrund nicht eingeleiteter Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen Dritte zu (vgl. u.a. Schriftsatz vom 29. Januar 2013, Bl. 41 Gerichtsakte), - der Rechtsstreit durch die begehrte Feststellung nicht bereinigt. Vielmehr wäre ein weiterer Streit darüber, welche der geltend gemachten "Schäden" tatsächlich auf der verspäteten Drittschuldnererklärung beruhen und von § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO erfasst sind, wahrscheinlich.
Eine Feststellungsklage ist dennoch ausnahmsweise (insgesamt) als zulässig zu erachten. Denn zum einen steht der Klägerin der Ersatz weiterer - über die von ihr unnütz aufgewandten Prozesskosten hinausgehende - Schäden nicht zu (vgl. unten 2. b), weshalb deren Bezifferung und Geltendmachung in Form eines Leistungsantrages im hiesigen Verfahren aus prozessökonomischen Gründen nicht zielführend ist. Wäre die Klägerin aufgrund einer drohenden teilweisen Klageabweisung als unzulässig zur Konkretisierung und Umstellung dieses Teiles ihres Feststellungsantrages gezwungen, würde dies lediglich dazu führen, dass der entsprechende Antrag - nach Umstellung - als unbegründet abzuweisen wäre, was dem Sinn und Zweck der Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage schon deshalb zuwiderliefe, weil dasselbe Ergebnis - lediglich durch mehr Aufwand - erreicht würde. Dies läge weder im Interesse der Prozessökonomie noch in dem der Beteiligten. Zum anderen ist es sinnvoll, über den der Klägerin zustehenden Schadenersatz (in Form der Prozesskosten) durch Feststellung zu entscheiden. Denn eine im Wege der Leistungsklage geltend gemachte Kostenerstattung würde dazu führen, dass die Kostentragungspflicht der Beklagten im Tenor zweimal - einmal durch die Zahlungsverpflichtung und einmal durch die Kostenentscheidung, die das gesamte Verfahren vor und nach Umstellung der Klage umfasst, - ausgesprochen würde. Um dies zu verhindern, ist es sinnvoll, die Kostentragung lediglich festzustellen (so auch BGH, Urteil vom 28. Januar 1981 - VIII ZR 1/80 - juris Rn. 27 ff.). Insbesondere ist eine Erledigungserklärung der Hauptsache nach Abgabe der Drittschuldnererklärung mit der Folge, dass nur noch über die Kosten des Rechtsstreites zu entscheiden wäre, nicht möglich, weil die Klage nicht auf die Abgabe dieser Erklärung gerichtet war, und im Übrigen auch nicht hätte gerichtet werden können (vgl. BGH, Urteil vom 17. April 1984 - IX ZR 153/83 - juris Leitsatz), sondern ausschließlich auf Zahlung der (vermeintlich) gepfändeten Rente, weshalb sie - weil der Anspruch nie bestand - von Anfang an unbegründet war (vgl. auch BGH, Urteil vom 28. Januar 1981 - VIII ZR 1/80 - juris Rn. 9 und 25).
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts wurde kein Vorverfahren nach § 78 SGG durchgeführt. Die Durchführung war indes - ausnahmsweise - nicht erforderlich. § 78 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGG sieht ein Vorverfahren nur vor Erhebung einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage vor. Zwar muss die Feststellungsklage nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich mit einer Anfechtungsklage, in dem ein feststellender Verwaltungsakt zum streitigen Rechtsverhältnis beantragt wurde, verbunden werden, vor deren Erhebung wiederum ein Widerspruchsverfahren durchzuführen ist (BSG, Urteil vom 9. Oktober 1984 - 12 RK 18/83 - juris Rn. 15). Dieses Erfordernis besteht hier jedoch nicht. Zum einen stehen die Beteiligten - auch wenn die Klage ursprünglich auf Zahlung einer Rente gerichtet war - zumindest hinsichtlich der begehrten Feststellung nicht in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung, sodass die Beklagte nicht durch Verwaltungsakt handeln kann. Zum anderen hat die Beklagte durch die Nichtabgabe der Drittschuldnererklärung einen konkreten Anlass zur sofortigen Klage gegeben (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2006 - IX ZR 189/04 - juris Rn. 14).
Schließlich ist die Klageänderung nach § 99 Abs. 1 SGG zulässig. Sie ist sachdienlich, weil damit der Streit zwischen den Beteiligten in einem Verfahren endgültig bereinigt und ein neuer Prozess (Klage auf Leistung von Schadenersatz bzw. auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz des Schadens) vermieden werden kann (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O. § 99 Rn. 10 m.w.N.) ...
2. Die Klage ist lediglich in dem Umfang begründet, in dem die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihr zum Ersatz des durch die verspätete Abgabe der Drittschuldnererklärung entstandenen Schadens in Form der unnütz aufgewandten Kosten für die vergeblich erhobene Leistungsklage verpflichtet ist.
Anspruchsgrundlage ist § 840 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 1 ZPO. Nach § 840 Abs. 1 ZPO hat der Drittschuldner auf Verlangen des Gläubigers binnen zwei Wochen von der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Gläubiger u.a. zu erklären, ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkenne und Zahlung zu leisten bereit sei (Nr. 1), ob und welche Ansprüche andere an die Forderung machen (Nr. 2) sowie ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet sei (Nr. 3). Nach Absatz 2 Satz 2 der Vorschrift haftet der Gläubiger für den aus seiner Nichterfüllung entstehenden Schaden.
a) Die Voraussetzungen liegen vor.
Die Aufforderung mit dem benannten Inhalt wurde der Beklagten ausweislich der Zustellungsurkunde des Obergerichtsvollziehers B am 19. April 2011 zugestellt. Die Aufforderung zur Abgabe dieser Erklärung war in der Zustellungsurkunde aufgenommen, § 840 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die Beklagte hat sich binnen der Frist von zwei Wochen nicht geäußert. Die Drittschuldnererklärung hat sie vielmehr erst am 30. November 2012, mithin mehr als anderthalb Jahre nach Zustellung der Aufforderung, abgegeben.
Auch liegt das für den Schadenersatzanspruch aus § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO erforderliche Verschulden (BGH, Urteil vom 28. Januar 1981 - VIII ZR 1/80 - juris Rn. 13 m.w.N.) der Beklagten vor. Denn sie hat die verspätete Abgabe der Drittschuldnererklärung mehr als anderthalb Jahre nach Zugang der Aufforderung zu vertreten. Da § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO ein gesetzliches Schuldverhältnis begründet, trägt die Beklagte als Schuldner - und nicht etwa die Klägerin - die Beweislast dafür, dass sie ihrer Verpflichtung ohne Verschulden nicht bzw. nicht rechtzeitig nachgekommen ist (BGH, Urteil vom 28. Januar 1981 - VIII ZR 1/80 - juris Rn. 14 m.w.N). Weder hat die Beklagte behauptet, an der Abgabe der Drittschuldnererklärung ohne Verschulden gehindert gewesen zu sein, noch hat sie einen Nachweis hierfür erbracht. Ein solcher ist auch nicht aus dem Akteninhalt ersichtlich.
Ein Mitverschulden der Klägerin an dem Unterlassen der Abgabe der Drittschuldnererklärung nach § 254 BGB kann die Beklagte ebenfalls nicht geltend machen. Insbesondere bestand keine Pflicht der Klägerin, die Beklagte an die Abgabe der Drittschuldnererklärung zu erinnern oder diese anzumahnen. Erteilt der Drittschuldner nach Zugang der Aufforderung zur Erklärung nach § 840 Abs. 1 ZPO dem Gläubiger keine Antwort, kann dieser ohne weiteres davon ausgehen, dass die gepfändete Forderung beigetrieben werden kann. Weder bedarf es einer weiteren vorprozessualen Aufforderungshandlung des Gläubigers noch einer gesonderten Auskunftsklage (BGH, Urteil vom 4. Mai 2006 - IX ZR 189/04 - juris Rn. 14). Einer anderen Auslegung steht auch der Wortlaut des § 840 Abs. 1 und 2 ZPO entgegen. Denn die gesetzliche Frist von zwei Wochen nach Zustellung der Aufforderung liefe ins Leere, wäre für den in Absatz 2 Satz 2 der Vorschrift normierten Schadensersatzanspruch eine weitere - in der Vorschrift nicht ausdrücklich erwähnte - Handlung des Gläubigers erforderlich.
b) Gemäß § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO haftet der Drittschuldner dem Gläubiger für einen infolge der Nichterteilung bzw. nicht rechtzeitiger Erteilung der Auskunft entstandenen Schaden.
Dieser besteht entgegen der Ansicht der Klägerin allein in den aufgrund der Klage unnütz aufgewandten Prozesskosten. Weder aus dem Wortlaut des § 840 Abs. 2 ZPO noch aus der am 1. Januar 2002 eingefügten amtlichen Überschrift (vgl. Zivilprozessreformgesetz vom 27. Juli 2001 - BGBl. I S. 1887) zu § 840 ZPO (Erklärungspflicht des Drittschuldners) ergibt sich, dass der Drittschuldner im Rahmen des § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO für jeden denkbaren Schaden aufzukommen hat (BGH, Urteil vom 4. Mai 2006 - IX ZR 189/04 - juris Rn. 13 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 17. April 1984 - IX ZR 153/83 - BGHZ 91, 126, 128 f.). Inhalt und Ausmaß der Schadenersatzpflicht des § 840 Abs. 2 ZPO werden vielmehr durch den Normzweck der Bestimmung konkretisiert (BGH, Urteil vom 4. Mai 2006 - IX ZR 189/04 - juris Rn. 14). Durch diese im Interesse des Pfändungsgläubigers getroffene Regelung soll unter geringstmöglicher Belastung des - an den Rechtsbeziehungen zwischen Gläubiger und dessen Schuldner im Allgemeinen nicht beteiligten - Drittschuldners seine Entscheidung erleichtert werden, ob er aus der gepfändeten Forderung seines Schuldners gegen den Drittschuldner vorgehen soll. Nur zu diesem Zweck und in dem durch die Pfändung gezogenen Rahmen sind dem Drittschuldner daher die Auskunftsverpflichtung und die Haftung aus deren Nichterfüllung aufzuerlegen. Diese geht deshalb nicht weiter, als den Gläubiger gemäß § 249 BGB so zu stellen, wie er bei Auskunftserfüllung durch den Drittschuldner gestanden hätte (BGH, Urteil vom 25. September 1986 - IX ZR 46/86 - juris Rn. 15). Denn die einzige Pflicht des Drittschuldners besteht darin, sich über die für die Vollstreckung in die gepfändete Forderung bedeutsamen Umstände zu erklären. Eine Verpflichtung auf den Ersatz auch anderer Schäden als der durch den Entschluss des Gläubigers verursachten, die gepfändete vermeintliche Forderung gegen den Drittschuldner geltend zu machen oder davon abzusehen, begründet § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht (BGH, Urteil vom 25. September 1986 - IX ZR 46/86 - juris Rn. 15). Im Rahmen des § 840 ZPO kommt dem Gebot der Rechtsklarheit sowie dem Interesse an einer möglichst einfachen Konfliktlösung besondere Bedeutung zu, weil nach der Ausgestaltung der Norm der Pfändungsgläubiger dem Schuldner gegenüber bereits günstiger gestellt ist als ein neuer Gläubiger nach einer Abtretung (BGH, Urteil vom 17. April 1984 - IX ZR 153/83 - juris Rn. 14). Für weitergehende Begünstigungen des Pfändungsgläubigers und damit einhergehende zusätzliche Belastungen des Drittschuldners fehlt es an einem rechtfertigenden Grund (BGH, Urteil vom 4. Mai 2006 - IX ZR 189/04 - juris Rn. 14; Urteil vom 17. April 1984 - IX ZR 153/83 - juris Rn. 14).
Danach besteht insbesondere kein Anspruch der Klägerin auf Schadenersatz aufgrund unterlassener Pfändungen bei Dritten (so ausdrücklich BGH, Urteil vom 25. September 1986 - IX ZR 46/86 - juris 1. Leitsatz). Nichts anderes gilt für vorgerichtliche Anwaltskosten. Da der Gläubiger, wie dargelegt, nicht verpflichtet ist, vor Klageerhebung weitere Aufforderungshandlungen gegenüber dem Drittschuldner vorzunehmen, ihn vielmehr nach Ablauf der Zweiwochenfrist unmittelbar auf Leistung in Anspruch nehmen kann, sind damit verbundene Anwaltskosten nicht ersatzfähig (so ausdrücklich BGH, Urteil vom 4. Mai 2006 - IX ZR 189/04 - juris Rn. 14 und Beschluss vom 14. Januar 2010 - VII ZB 79/09 - juris 3. Leitsatz und Rn. 14; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 72. Auflage 2014 § 840 Rn. 22).
Eine weitergehende Haftung des Drittschuldners kann auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB folgen. Denn dieser gewährt keinen weitergehenden Anspruch als den für die Verletzung des Schutzgesetzes in § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO bestimmten (BGH, Urteil vom 25. September 1986 - IX ZR 46/86 - juris Rn. 16 sowie vom 4. Mai 2006 - IX ZR 189/04 - juris Rn. 16).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 3. Halbsatz SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2 und 155 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Ausgehend von dem Wert des Streitgegenstandes (dazu unten) obsiegt die Klägerin im Umfang von ca. 10 %.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGG in Verbindung mit § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 sowie § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz. Danach ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Gegenstand des Feststellungsantrages ist der Anspruch auf Schadenersatz aufgrund der unterlassenen bzw. verspäteten Drittschuldnererklärung, wobei die Klägerin zum einen die Prozesskosten (Gerichts- und außergerichtliche Kosten) für die unbegründete Zahlungsklage und zum anderen darüber hinausgehende Schadenersatzansprüche "aufgrund nicht eingeleiteter Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aufgrund der nicht abgegebenen Drittschuldnererklärung" geltend macht.
Die Anwalts- und Gerichtkosten für die unnütz erhobene Klage berechnen sich - ausgehend von dem unbegründet eingeklagten Betrag von 1000 EUR - wie folgt:
Gerichtskosten 3,0 Gebühr nach Nr. 7100 Kostenverzeichnis (Anlage 1 zu § 3 Gerichtskostengesetz in der am 9. September 2011 - Klageerhebung - geltenden Fassung)
Wertgebühr nach § 34 GKG von 55 EUR (25 EUR bis zu einem Streitwert von 300 EUR zzgl. 10 EUR je angefangenen Betrag von 300 EUR bis zu einem Streitwert von 1.500 EUR - 25 EUR plus 3x10 EUR = 55 EUR)
Summe Gerichtskosten: 165 EUR
Anwaltskosten 1,3 Verfahrensgebühr nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) (in der am 9. September 2011 - Klageerhebung - geltenden Fassung)
Wertgebühr nach § 13 RVG von 85 EUR (25 EUR bei einem Gegenstandswert bis zu 300 EUR zzgl. 20 EUR je angefangenen Betrag von 300 EUR bis zu einem Gegenstandswert von 1.500 EUR - 25 EUR plus 3x20 EUR = 85 EUR)
Summe Anwaltskosten: 110,50 EUR zzgl. Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV 20,00 EUR (20% der Gebühren, höchstens 20 EUR) zzgl. 19 % Umsatzsteuer 24,80 EUR Summe Anwaltskosten und Auslagenpauschale 155,30 EUR
Summe Prozesskosten: 320,30 EUR
Der weitergehende Schadenersatz in Form unterlassener Pfändungen bei Dritten wird nicht beziffert, weshalb der ihm zugrunde liegende Streitwert ausgehend von der Bedeutung der Sache im Wege gerichtlichen Ermessens aus dem Wert der im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ausgewiesenen Forderung in Höhe von 4.079,74 EUR bestimmt wird.
Abzüglich eines Abschlages von 20 %, der darauf beruht, dass die Ansprüche im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht wird, ist von einem Streitwert in Höhe von insgesamt 3.520 EUR auszugehen.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.