Gründe:

I.

In dem Rechtsstreit, der die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zum Gegenstand hat, bestellte das Sozialgericht auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Beweisanordnung vom 18.8.2009 den Beschwerdeführer zum Sachverständigen. Für das unter dem 30.9.2009 erstattete Gutachten stellte der Beschwerdegegner mit Schreiben vom 9.11.2009 unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 85 EUR folgende Vergütung in Rechnung:

Aktenstudium, Anforderung neuer Akten 5 Stunden 425,00 Euro
Untersuchung 4 Stunden 340,00 Euro
Befunde und Diktat 5 Stunden 425,00 Euro
Beurteilung 6 Stunden 510,00 Euro
Schreibgebühr 61210 Zeichen = 61 x 0,75 Euro 45,75 Euro
Porto 6,90 Euro
Summe 1751,75 Euro

Mit Schreiben vom 25.11.2009 stellte die Kostenbeamtin die Vergütung mit 1252,65 Euro fest und legte dabei einen Stundensatz von 60,00 Euro nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG), Honorargruppe M 2 zugrunde. Zur Begründung wird auf die Rechtsprechung des Senats Bezug genommen. Mit dem am 8.12.2009 eingegangenen Schreiben hat der Beschwerdeführer richterliche Festsetzung beantragt und vorgebracht, der dem Gutachten zugrundeliegende Sachverhalt sei sehr komplex. Er habe neueste wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt, die ein erhebliches Spezialwissen erforderten (z. B. komplexe Traumafolgen). Der Beschwerdegegner ist dem entgegengetreten.

Mit Beschluss vom 15.1.2010 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Vergütung auf 1252,65 Euro festgesetzt und zur Begründung auf das Schreiben der Kostenbeamtin Bezug genommen. Gegen den Beschluss, dessen Zustellung nicht dokumentiert ist, hat der Beschwerdeführer am 4.2.2010 Beschwerde eingelegt und vorgebracht, er habe im Gutachten schwierige Zusammenhangsfragen, nämlich eine lange zurückliegende Kriegstraumatisierung und deren Überlagerung durch spätere Belastungen und Ereignisse zu klären gehabt, um die Zusammenhangsfrage zu beantworten. Der Beschwerdegegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Nachdem das Sozialgericht mit Beschluss vom 8.6.2010 der Beschwerde nicht abgeholfen hatte und das mit dem Gutachtenauftrag versandte Hinweisschreiben nach § 407a Zivilprozessordnung (ZPO) vorgelegt hatte, teilte der Beschwerdeführer auf Nachfrage des Gerichts mit, er habe en Hinweis erhalten. Der den Kostenvorschuss übersteigende Mehraufwand habe sich erst während der Gutachtenerstellung ergeben, weil der Sachverhalt so komplex war. Ihm gehe es in erster Linie um die Feststellung, dass die Einstufung vom 25.11.2009 falsch gewesen sei.

 

II.

Der Senat entscheidet gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG durch den Berichterstatter als Einzelrichter.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Der Vergütung des Gutachtens des Beschwerdeführers ist der Stundensatz von 85,00 Euro nach der in § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG vorgesehenen Vergütungsgruppe M 3 zugrunde zu legen. Die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 soll dem Wortlaut nach der Begutachtung spezieller Kausalitätszusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder der Beurteilung der Prognose und/oder der Beurteilung strittiger Kausalfragen vorbehalten sein. Beispielhaft werden Gutachten zu Berufskrankheiten und zur Minderung der Erwerbsfähigkeit bei besonderen Schwierigkeiten genannt. Dem hat der Senat in gefestigter Rechtsprechung (vergleiche Beschlüsse vom 2.5.2005 - L 4 B 5/05 -, vom 22.8.2005 - L 4 B 4/05 -, vom 10.5.2006 - L 4 B 1/06 -, vom 30 ...1.2009 - L 4 B 21/07 - und vom 26.7.2010 - L4 U 291/10 B) entnommen, dass der Schwierigkeitsgrad des Gutachtens das maßgebliche Abgrenzungskriterium darstellt. Ein hoher beziehungsweise besonderer Schwierigkeitsgrad, der die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 zulässt, erfordert es, dass der Sachverständige umfassende und vielseitige, vielschichtige und verwickelte Überlegungen anstellen muss. Dazu gehören in erster Linie Ausführungen zu schwierigen Zusammenhangsfragen, die eine eingehende Auseinandersetzung mit Vorgutachten und Vorbefunden erfordern und - soweit notwendig - die im Schrifttum vertretenen wissenschaftlichen Meinungen berücksichtigen. Das Gutachten des Beschwerdeführers hatte schwierige Zusammenhangsfragen zu klären bei der Abgrenzung der kriegsbedingten psychischen Störungen der Klägerin aufgrund der Ereignisse im Herbst 1944, die er als komplexe posttraumatische Belastungsstörung, deutlich chronifiziert und überlagert, gekennzeichnet hat und später eingetretenen Konflikten und Belastungen, wie etwa den Tod der Mutter sowie Problemen mit dem DDR-Regime. Die Zusammenhangsfragen werden ausführlich diskutiert (Seite 21-29 des Gutachtens). Die dabei verwendete Literatur wird dokumentiert. Die vom Beschwerdeführer angegebenen Zeitanteile bei den Arbeitsschritten zur Erstellung des Gutachtens sowie für Schreibgebühren und Porto sind unter den Beteiligten des Beschwerdeverfahrens nicht streitig. Sie sind auch ansonsten nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für eine Kürzung der Vergütung, weil der Beschwerdegegner seiner in § 407a Abs. 3 S. 2 ZPO normierten Pflicht nicht nachgekommen ist, das Gericht rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass die voraussichtlich erwachsenden Kosten, das heißt die Vergütung für das Gutachten einschließlich des Ersatzes für besondere Leistungen und Aufwendungen, den angeforderten Kostenvorschuss von 1500 EUR übersteigen werde, liegen nicht vor.

Ebenso wie die herrschende Meinung in der Rechtsprechung (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 26.6.1996 - 7 W 69/95 -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.2.2004 - L 12 U 2047/03 KO-A -; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 14.12.2006 -12 W 37/06 -; OLG Celle, Beschluss vom 2.10.2007 - 2 W 85/07- BauR 2007, 718; OLG Stuttgart, Beschluss vom 12.11.2007 -8 W 452/07 -) legt der Senat zu Grunde, dass ein Verstoß gegen die Hinweispflicht aus § 407a Abs. 3 S. 2 ZPO nicht zwangsläufig zu einer Kürzung der Sachverständigenvergütung führen muss (Beschluss des Senats vom 5.10.2009 - L 4 B 7/09). Da weder der letztgenannten Vorschrift noch den Vorschriften des JVEG diese zwingende Rechtsfolge zu entnehmen ist, sieht der Senat die Voraussetzungen für eine Kürzung der Vergütung infolge schuldhafter Verletzung der Hinweispflicht durch den Sachverständigen nur dann für gegeben an, wenn anzunehmen ist, dass bei pflichtgemäßer Anzeige der voraussichtlich entstehenden Mehrkosten der Antrag auf Begutachtung gemäß § 109 SGG jedenfalls nicht ohne weiteres uneingeschränkt aufrechterhalten worden wäre. Auf diese mögliche Konsequenz deutet bereits die Regelung in § 407a Abs. 3 S. 2 ZPO hin. Dass der Gutachtenauftrag bei rechtzeitiger Mitteilung aufrechterhalten worden wäre, lässt sich bei einer fiktiven Expostbetrachtung nur dann bejahen, wenn bei objektivierter Betrachtung im Nachhinein nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass die Klägerin eine Überschreitung der ursprünglich durch das Gericht veranschlagten Begutachtungskosten uneingeschränkt akzeptiert und den weiteren Kostenvorschuss eingezahlt hätte. Das Risiko der Unaufklärbarkeit infolge der im Zusammenhang mit der fiktiven Betrachtungsweise verbleibenden Unwägbarkeiten trifft den Beschwerdeführer, der durch das Unterlassen des Hinweises auf die voraussichtlich entstehenden höheren Kosten dieser Situation herbeigeführt hat.

Daher kann ein Sachverständiger die Vergütung insoweit nicht beanspruchen, als diese den eingezahlten Kostenvorschuss erheblich überschreitet. Die Erheblichkeitsgrenze setzt der Senat im Einklang mit der neueren Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3.2.2005 - I-10 W 98/04 mit weiteren Nachweisen) und unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründe für die unterlassene Mitteilung im vorliegenden Begutachtungsfall bei einer Überschreitung des Kostenvorschusses von 20 % an. Die vom Beschwerdeführer in Rechnung gestellte Vergütung von 1751,75 Euro überschreitet den Kostenvorschuss von 1500,00 Euro jedoch in geringerem Umfang, sodass eine Kürzung nicht gerechtfertigt ist.

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG, § 4 Abs. 4 S. 2 JVEG).