Tatbestand:

Streitig ist die Erstattung überzahlter Beträge zu Leistungen nach dem SGB II für den Monat Oktober 2008.

Der 1954 geborene Kläger lebte im streitigen Zeitraum mit seiner 1961 geborenen Ehefrau sowie den 1997 und 1999 geborenen Töchtern in einer 82,66 m² großen Wohnung in der , E.

Für die Töchter wurde Kindergeld in Höhe von jeweils 154 Euro gezahlt. Die Ehefrau des Klägers bezog kein Einkommen.

Der Kläger war seit dem 2. April 2007 bei der ZGT mbH beschäftigt. Zudem nahm er zum 15. September 2008 eine Beschäftigung bei der M. G. GmbH auf. Aus beiden Beschäftigungsverhältnissen floss der - monatlich schwankende - Lohn jeweils im Folgemonat zu.

Mit Bescheid vom 16. Juni 2008 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft für den Zeitraum 1. Juli 2008 bis 31. Dezember 2008 vorläufig monatlich 1.222,44 Euro. Zur Begründung der Vorläufigkeit verwies der Beklagte auf das monatlich unterschiedlich hohe Einkommen des Klägers aus Nebenerwerb.

Den gegen den Bescheid vom 16. Juni 2008 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 3. September 2008 als unbegründet zurück. Die hiergegen erhobene Klage vom 2. Oktober 2008 wird bei dem Sozialgericht Gotha unter dem Aktenzeichen S 6 AS 4638/08 geführt. Mit Beschluss vom 13. Juni 2013 wurde das Ruhen des Verfahrens - u. a. im Hinblick auf das hiesige Verfahren - angeordnet.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2008 hörte der Beklagte den Kläger zu einer Aufhebung und Erstattung von Leistungen nach dem SGB II für den Monat Oktober 2008 in Höhe von 69,44 Euro an. Zur Begründung führte er aus, der Kläger habe Einkommen aus zwei Beschäftigungsverhältnissen erzielt. Ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bestehe daher nur noch in geringerer Höhe (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Der zu Unrecht gezahlte Betrag in Höhe von 69,44 Euro sei zu erstatten (§ 50 SGB X).

Mit Bescheid vom 14. Januar 2009 hob der Beklagte die Bewilligung vom 16. Juni 2008 unter Verweis auf die Ausführungen im Anhörungsschreiben in Höhe von 69,44 Euro auf und forderte zur Erstattung des überzahlten Betrages auf.

Mit Änderungsbescheid vom 6. Februar 2009 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft für den Monat Oktober 2008 1.013,57 Euro. Zur Begründung gab er die Gewährung eines Mehrbedarfs für die Tochter D. infolge des Merkzeichens G an.

Ebenfalls mit Bescheid vom 6. Februar 2009 korrigierte der Beklagte den Aufhebungs- und Erstattungsbetrag aus dem Bescheid vom 14. Januar 2009 mit gleichlautender Begründung auf 69,36 Euro.

Am 11. März 2009 hob der Beklagte den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14. Januar 2009 in Gestalt des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 6. Februar 2009 auf.

Sodann begehrte der Beklagte mit Bescheid vom 11. März 2009 überzahlte Leistungen nach dem SGB II für den Monat Oktober 2008 bei endgültiger Festsetzung in Höhe von 69,36 Euro erstattet.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 20. März 2009 Widerspruch bei dem Beklagten ein. Zur Begründung gab er an, der Bescheid enthalte kein nachvollziehbares Rechenwerk und sei daher rechtswidrig.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 19. Mai 2009 als unbegründet zurück. Er war der Auffassung, der Bedarfsgemeinschaft seien ursprünglich 1.222,44 Euro zuerkannt worden. Aufgrund der mit Änderungsbescheid vom 6. Februar 2009 endgültig festgesetzten Leistungen habe die Bedarfsgemeinschaft unter Berücksichtigung der tatsächlichen Einkommensverhältnisse lediglich einen Anspruch in Höhe von 1.013,57 Euro. Die individuelle Überzahlung für den Kläger belaufe sich auf 69,36 Euro.

Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 17. Juni 2009 am 18. Juni 2009 Klage bei dem Sozialgericht Gotha erhoben. Zur Begründung hat er angegeben, das Bundessozialgericht habe mit Beschluss vom 27. Januar 2009 (B 14 AS 5/08 R) dem Bundesverfassungsgericht die Rechtsfrage zur Verfassungsmäßigkeit der Regelleistung für Kinder zwischen dem 6. und 14. Lebensjahr vorgelegt, deren Beantwortung auch für das vorliegende Verfahren vorgreiflich sei. Fraglich sei auch, ob der Beklagte nach dem 6. Februar 2009 über die endgültige Festsetzung noch einen weiteren Bescheid zur endgültigen Festsetzung habe erlassen dürfen. Der angefochtene Bescheid enthalte letztlich lediglich eine Erstattungsentscheidung. Diese sei bereits deshalb rechtswidrig, weil die Aufhebungsentscheidung mit Bescheid vom 6. Februar 2009 allein gegenüber der Ehefrau des Klägers ergangen sei. Dem Kläger stehen mangels Aufhebungsentscheidung weiterhin die Leistungen aus dem Bescheid vom 16. Juni 2008 zu. Eine endgültige Festsetzung und Erstattung komme zudem ausschließlich hinsichtlich der seit 2007 bestehenden Beschäftigung bei der Z. Thüringen in Betracht. Hinsichtlich der im September 2008 aufgenommenen Tätigkeit seien die §§ 45, 48 SGB X einschlägig. Zudem sei zu berücksichtigen, dass das Verfahren über die vorläufige Leistungsgewährung (S 6 AS 4638/08) noch nicht abgeschlossen sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 14. Oktober 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Vorläufigkeit habe sich auf den gesamten Regelungsgehalt des Bescheides vom 16. Juni 2008 bezogen, so dass die Leistungen nach Vorlage der Einkommensnachweise endgültig festzusetzen und die überzahlten Beträge zu erstatten seien.

Auf den ihm am 20. Oktober 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17. November 2011 die Durchführung der mündlichen Verhandlung beantragt.

Das Sozialgericht hat daraufhin die Klage mit Urteil vom 16. Dezember 2011 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Die Klage sei bereits unzulässig. Dieser stehe die Rechtshängigkeit im Verfahren zur vorläufigen Leistungsbewilligung entgegen. Die Erstattungsforderung sei notwendiger Annex zur Veränderung und werde damit ebenfalls von § 96 SGG erfasst. Zudem sei die Klage aufgrund der im Gerichtsbescheid dargelegten Gründe auch unbegründet. Die Rechtsfrage, ob ein endgültiger Festsetzungsbescheid sowie der Erstattungsbescheid Gegenstand des Verfahrens zur vorläufigen Leistungsgewährung werden, habe grundsätzliche Bedeutung.

Gegen das am 9. Januar 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 8. Februar 2012 am 9. Februar 2012 Berufung zum Thüringer Landessozialgericht eingelegt.

Mit Schriftsatz vom 10. Mai 2012 hat der Kläger im bei dem Sozialgericht Gotha anhängigen Verfahren S 6 AS 4638/08 die Klage auf den Änderungsbescheid vom 6. Februar 2009 umgestellt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 16. Dezember 2011 sowie den Bescheid vom 11. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich am 20. Mai 2009 mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte zum Verfahren S 6 AS 4638/08 und der Behördenakte des Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist, verwiesen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte vorliegend ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft. Zwar wird der gem. § 144 Abs. Abs. 1 SGG maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstands von 750 Euro nicht erreicht und es ist auch keine wiederkehrende oder laufende Leistung für mehr als ein Jahr betroffen. Nachdem das Sozialgericht die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen hat, ist das Landessozialgericht jedoch daran gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 11. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2009. Dieser trifft ausschließlich eine Regelung zur Erstattung überzahlter Beträge. Entsprechendes ergibt die Auslegung des Bescheides. Maßgeblich ist in Anwendung der für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze der objektive Sinngehalt der Erklärung, d. h. wie der Empfänger die Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles objektiv verstehen musste (vgl. BSG, Urteil vom 10. Juli 2012 - B 13 R 85/11 R, Rn. 25, juris). Abzustellen ist auf den Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der Behörde erkennen kann (Engelmann in von Wulffen, SGB X, 8. Auflage 2014, § 31 Rn. 25 m. w. N.).

Gemessen daran hat der Beklagte lediglich eine Erstattung überzahlter Beträge geltend gemacht. Zwar ist der Bescheid vom 11. März 2009 in der Betreffzeile auch mit "endgültige Festsetzung" überschrieben. Jedoch wird im Bescheid inhaltlich ausgeführt, dass mit Bescheid vom 16. Juni 2008 eine vorläufige Bewilligung erfolgt und mit endgültiger Entscheidung über den Leistungsanspruch festgestellt worden sei, dass nur ein geringerer Leistungsanspruch bestehe. Nach dem Wortlaut liegen daher sowohl die vorläufige Bewilligung als auch die endgültige Festsetzung in der Vergangenheit. Für eine Geltendmachung ausschließlich der Erstattungsforderung spricht ferner, dass die endgültig festgesetzten Beträge nicht benannt werden, dem Bescheid kein Berechnungsbogen, aus welchem die endgültige Bewilligung hätte entnommen werden können, beigefügt ist und lediglich die Überzahlung beziffert wird. Schließlich wird im Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2009 in den Gründen ausgeführt, dass mit dem Bescheid vom 11. März 2009 eine Erstattung von Leistungen nach dem SGB II geltend gemacht wurde, deren Rechtmäßigkeit schließlich alleiniger Prüfungsgegenstand des Widerspruchsbescheides sei.

Die hiergegen gerichtete Berufung ist indes unbegründet.

Denn die gegen den Bescheid vom 11. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2009 erhobene Klage ist wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig. Der Bescheid ist nach § 96 SGG Gegenstand des bei dem Sozialgericht Gotha anhängigen Verfahrens S 6 AS 4638/08 geworden.

Nach § 96 Abs. 1 SGG wird ein neuer Verwaltungsakt nach Klageerhebung nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, eine schnelle, erschöpfende Entscheidung über das gesamte Streitverhältnis in einem Verfahren bei Vermeidung der Gefahr divergierender Entscheidungen zu ermöglichen. Außerdem soll der Betroffene vor Rechtsnachteilen geschützt werden, die ihm dadurch erwachsen, dass er im Vertrauen auf einen eingelegten Rechtsbehelf weitere Schritte unterlässt (vgl. BT-Drs 16/7716, S. 18f).

Maßgebend ist, ob der neue Verwaltungsakt den angefochtenen Bescheid ändert oder ersetzt. Der Unterschied zwischen Abänderung und Ersetzung ist gradueller Natur und braucht für die Anwendung von § 96 SGG i. d. R. nicht geklärt zu werden. Nicht unter § 96 SGG fällt jedenfalls der bloße Austausch von Begründungselementen. Wie auch bei § 95 SGG kommt es auf den Verfügungssatz und die tragenden Gründe an. Der Anlass oder die Begründung für die Abänderung oder Ersetzung ist hingegen nicht maßgebend (vgl. BSG, Beschluss vom 6. Oktober 1994 - GS 1/91, juris). Ersetzt wird ein Verwaltungsakt nach der Definition des BSG, wenn der neue Verwaltungsakt ganz an die Stelle des alten tritt und die Beschwer des Klägers vermehrt, in gleichem Umfang bestätigt oder nur in geringem Umfang beibehält (vgl. BSG, Urteil vom 14. Februar 1989 - 7 RAr 62/87, Rn. 18, juris). Erforderlich ist weiter, dass der neue Bescheid nicht nur (zumindest teilweise) mit dem Gegenstand des angegriffenen Bescheides identisch ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 96 Rn. 4a), sondern auch mit dem Streitgegenstand des Gerichtsverfahrens. Dieser ist genau zu identifizieren und darf nicht darauf reduziert werden, es gehe um Leistungen aus demselben Sozialrechtsverhältnis (Breitkreuz in Breitkreuz/ Fichte, SGG, 2. Auflage 2014, § 96 Rn. 11 m. w. N.).

Ob vorgenannte Identität besteht, muss durch einen Vergleich der in beiden Verwaltungsakten getroffenen Verfügungssätze sowie des zugrunde liegenden Sachverhaltes festgestellt werden; ein bloßer Sachzusammenhang genügt nicht (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2014 - B 14 AS 39/13 R, Rn. 12 m. w. N., juris). Nach der Rechtsprechung des BSG ist dabei maßgebend, ob die einzubeziehenden Bescheide aufeinander aufbauend eine Entscheidung hinsichtlich der Höhe der Leistungen treffen und damit die ursprüngliche Bewilligung abändern (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2011 - B 14 AS 165/10 R, Rn. 17, juris).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Zunächst legt der Änderungsbescheid vom 6. Februar 2009, welcher nach Klageerhebung im Verfahren S 6 AS 4638/08 erging, den Leistungsanspruch für die Zeit vom 1. bis 31. Oktober 2008 endgültig fest. Damit liegt wegen der identischen Bewilligungszeit und dem Ausspruch eines positiven bzw. eines negativen Leistungsanspruchs eine gemeinsame Grundlage vor. Mit Erlass des endgültigen Bescheides vom 6. Februar 2009 hat sich der vorläufige Bescheid vom 16. Juni 2008 nach § 39 SGB X erledigt. Der Bescheid vom 6. Februar 2009 hat den vorläufigen Bescheid ersetzt, ohne dass es einer Aufhebung oder Änderung der vorläufigen Entscheidung bedurft hätte. Der endgültige Bescheid hat die von dem Kläger geltend gemachte Beschwer nicht beseitigt und ist damit nach § 96 SGG Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens zum Aktenzeichen S 6 AS 4638/08 geworden (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2012 - B 14 AS 13/12 R, Rn. 12 m. w. N., juris). Würde § 96 SGG in dieser Konstellation keine Anwendung finden, wäre die rechtliche Beschwer im Verfahren S 6 AS 4638/08 entfallen. Dies würde jedoch den vom Gesetzgeber angestrebten Zielen - eine erschöpfende Entscheidung über das gesamte Streitverhältnis in einem Verfahren zu ermöglichen und den Betroffenen vor Rechtsnachteilen zu schützen, die ihm dadurch erwachsen, dass er im Vertrauen auf einen eingelegten Rechtsbehelf weitere Schritte unterlässt - zuwider laufen.

Diese wertungsmäßige Identität ist sodann auch zwischen den Bescheiden vom 16. Juni 2008 und 6. Februar 2009 sowie dem streitigen Erstattungsbescheid vom 11. März 2009 gegeben. Mit dem Erstattungsbescheid wird lediglich der endgültige Bescheid vom 6. Februar 2009 formal umgesetzt. Die Rückzahlungsverpflichtung ergibt sich bereits aus dem endgültigen Bescheid (vgl. § 328 Abs. 3 SGB III). Der Bescheid vom 11. März 2009 baut daher i. S. d. BSG-Rechtsprechung auf die Bescheide vom 16. Juni 2008 und 6. Februar 2009 auf (so auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24. Juni 2014 - L 4 AS 55/12 R, Rn. 22, juris).

Der Senat verkennt nicht, dass die mit Wirkung zum 1. April 2008 eingeführte Fassung des § 96 SGG mit dem "nur dann" klarstellen soll, dass eine restriktive Auslegung der Vorschrift geboten ist. Der Gesetzgeber hat damit eine Abkehr von der in der Vergangenheit in der Rechtsprechung verschieden vorgenommenen extensiven Auslegung beabsichtigt. In der Begründung des Gesetzentwurfes wird auf Rechtsprechung verwiesen, wonach die Einbeziehung des neuen Verwaltungsaktes in das anhängige Verfahren schon dann als gerechtfertigt angesehen wurde, wenn der neue Verwaltungsakt mit dem anhängigen Streitgegenstand in irgendeinem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stand (vgl. BT-Drs 16/7716, S. 19). Beispielhaft kann hier auf die Einbeziehung von Folgezeiträumen im Rahmen des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II verwiesen werden (vgl. zum Streitstand: BSG, Urteil vom 25. Juni 2008 - B 11b AS 35/06 R, Rn. 15 m. w. N., juris).

Hiermit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG, wonach eine Abänderung bzw. ein Ersetzen vorliegt, wenn die Bescheide aufeinander aufbauend eine Entscheidung über die Höhe des Leistungsanspruchs treffen, bedarf es keiner analogen Anwendung des § 96 SGG, der Anwendungsbereich ist für den hier streitigen Monat Oktober 2008 unmittelbar eröffnet. Die Gegenauffassung würde es zudem der jeweiligen Bescheidungstechnik der Behörde überlassen, ob für den Leistungsbezieher ein gesonderter Widerspruch erforderlich wird oder nicht, obwohl über einen identischen Streitgegenstand entschieden worden ist. Möglich wäre dann auch die Konstellation, dass der Erstattungsbescheid in Bestandskraft erwächst, während die endgültige Festsetzung noch Gegenstand eines Klageverfahrens ist, mit der Folge der Vollziehbarkeit des Erstattungsbescheides. Zur Vermeidung der Vollziehbarkeit wäre der Adressat des Erstattungsbescheides stets gehalten, ein gesondertes Rechtsmittel gegen den Erstattungsbescheid einzulegen, über welches jedoch sinnvoll erst nach Abschluss des Verfahrens über die Festsetzung der Höhe des Leistungsanspruchs entschieden werden kann. Eine getrennte Behandlung der Bescheide widerspricht damit auch der Verfahrens- und Prozessökonomie i. S. d. vom Gesetzgeber bezweckten schnellen, erschöpfenden Entscheidung über das gesamte Streitverhältnis in einem Verfahren bei Vermeidung der Gefahr divergierender Entscheidungen (im Ergebnis auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24. Juni 2014 - L 4 AS 55/12, Rn. 22).

Soweit der Kläger vorgibt, dass für die Anrechnung des Einkommens aus der Beschäftigung bei der M. GmbH die §§ 45 ff., 50 SGB X anzuwenden seien, kann offen bleiben, ob ein Erstattungsbescheid nach Maßgabe des § 50 SGB X ebenfalls nach § 96 SGG Gegenstand eines bereits anhängigen Höhenrechtsstreits würde. Denn um einen solchen Fall handelt es sich vorliegend nicht; maßgeblich ist ausschließlich § 328 Abs. 2 Satz 3 SGB III.

Nach § 328 Abs. 1 Satz 2 SGB III sind Umfang und Grund der Vorläufigkeit anzugeben. Gemessen daran sind - den Umfang betreffend - sämtliche vom Beklagten bewilligten Leistungen lediglich vorläufig bewilligt worden. So heißt es zunächst, dass über den Anspruch noch nicht abschließend entschieden werden könne. Es deutet also nichts darauf hin, dass über einen Teil des Anspruchs bereits endgültig entschieden werden könnte. Im Anschluss heißt es, dass für eine bestimmte Zeit Leistungen vorläufig wie folgt bewilligt würden. Diese werden alsdann aufgeführt und untergliedert als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und Kosten für Unterkunft und Heizung bezeichnet. Bei keiner dieser Leistungen findet sich ein Hinweis, dass die vorangestellte Aussage, die nachfolgenden Leistungen würden lediglich vorläufig bewilligt, einschränkend oder anders verstanden werden könnte. Alle vom Beklagten bewilligten Leistungen werden zweifelsfrei als vorläufig bewilligt bezeichnet.

Entgegen der Ansicht des Klägers kann aus dem Umstand, dass der Beklagte als Grund für die Vorläufigkeit der Bewilligung das Einkommen aus Nebenerwerb des Klägers angeführt hat, nicht geschlossen werden, dass der Bewilligungsbescheid teilweise oder in Gänze als endgültig interpretiert werden könnte. Einkommen aus einer Beschäftigung, welches nach §§ 9 Abs. 1, 11 Abs. 1 SGB II auf den Hilfebedarf angerechnet wird, kann sich sowohl auf das Ob und die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes als auch auf das Ob und die Höhe die Kosten der Unterkunft und Heizung auswirken. Ist das anzurechnende Einkommen mithin größer als der Regelbedarf (§ 20 SGB II) und die Mehrbedarfe (§ 21 SGB II), ist es auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung anzurechnen (vgl. § 19 Abs. 3 Satz 2 SGB II). Da sich die Beschäftigung bei der Z. Thüringen auf den gesamten Bewilligungszeitraum bezieht, lässt sich aus dem von dem Beklagten angegeben Grund für die Vorläufigkeit der Bewilligung kein Anhaltspunkt ersehen, den Bescheid entgegen seinem eindeutigen Verfügungssatz dahingehend auszulegen, er sei ganz oder teilweise endgültig.

Für die Erstattungsforderung des Beklagten ist demnach ausschließlich § 328 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 SGB III maßgebend. § 50 SGB X findet daneben keine Anwendung.

Nach alledem ist der Bescheid vom 11. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2009 in das Verfahren S 6 AS 4638/08 einzubeziehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Über die Kosten des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 11. März 2009 ist im Verfahren S 6 AS 4638/08 mit zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2010 - B 13 R 15/10 R, Rn. 21, juris). In diesem Zusammenhang ist es - entgegen der Auffassung des Klägers - unerheblich, ob die Behörde lediglich versehentlich oder bewusst fehlerhaft über das zutreffende Rechtsmittel belehrt hat. Ein Erstattungsanspruch für die Kosten des Klageverfahrens ist ebenfalls zu verneinen, auch wenn im Rahmen des § 193 SGG die Veranlassung des Rechtsstreits einen Ermessensgesichtspunkt darstellen kann (vgl. BSG Urteil vom 16. Mai 2012 - B 4 AS 168/10 R, juris). Der Kläger ist mit seinem Begehren im Rechtsstreit erfolglos geblieben (vgl. BSG, Urteil vom 19. Juni 2012 - B 4 AS 142/11 R, Rn. 21, juris).

Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe (§§ 160 Abs. 1, 2 SGG) nicht vorliegen. Insbesondere begründet die von dem Kläger formulierte Frage der partiellen Bestandskraft der Bescheide nach § 328 SGB III keine grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Dieser Zulassungsgrund erfordert eine sich stellende Rechtsfrage, also eine die Rechtsanwendung betreffende, mit Mitteln juristischer Methodik zu beantwortende Frage (Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 160 Rn. 7 m. w. N.). Bei der Frage, welcher Teil des Bescheides als vorläufig bezeichnet ist, handelt es sich hingegen um eine Frage der Auslegung des konkreten Bescheides, mithin um eine Tatsachenfrage.