Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Hinterbliebenenleistungen nach dem Tod ihres Ehemanns LS (Versicherter).

Der 1943 geborene Versicherte war als Verwaltungsangestellter beim Bezirksamt Mitte - LuV (Leitungs- und Verantwortungsbereich) Gesundheit/ Betreuungsstelle - als Amtsbetreuer u.a. auch für eine Vielzahl von Koma-Patienten verantwortlich gewesen. Er erlitt am 07. September 2006, als er mit dem Fahrrad von seiner Arbeitsstelle auf dem Weg nach Hause war, einen von der Beklagten anerkannten Arbeitswegeunfall, indem er von einem herannahenden Motorrad erfasst wurde und mit dem Kopf auf der Bordsteinkante unbehelmt aufschlug. Hierbei zog er sich u.a. ein schweres Schädelhirntrauma mit Subdural- und Subarachnoidalblutung zu und verlor das Bewusstsein.

Der Befund der Verletzungsfolgen stellte sich letztlich wie folgt dar (vgl. Erstes Rentengutachten des Facharztes für Neurologie Dr. S vom 18. Februar 2008): Als Folge des Schädelhirntraumas bestand ein apallisches Syndrom (Wachkoma); willkürliche Reaktionen waren nicht mehr möglich. Der Versicherte war vollständig auf pflegerische Hilfe angewiesen. Die Extremitäten waren tetraplegisch. Wegen einer Dysphagie war der Versicherte seither mit einem Tracheostoma versorgt und wurde künstlich über eine Magensonde ernährt. Er war stuhl- und harninkontinent.

Der Versicherte wurde Ende 2006 zur zustandserhaltenden Pflege in ein Wachkomazentrum verlegt und unterdessen nicht nur stationär pflegerisch, sondern auch physiotherapeutisch, ergotherapeutisch und logopädisch behandelt; am fortbestehenden Wachkoma änderte sich nichts, vgl. etwa ergotherapeutischen Abschlussbericht vom 23. September 2008. Die Klägerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Bernau vom 19. März 2007 für alle Angelegenheiten des Versicherten zur Betreuerin bestellt.

Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 18. März 2008 folgende Arbeitsunfallfolgen an: - apallisches Syndrom (Wachkoma) - Tetraplegie (komplette Lähmung aller Extremitäten) - Dysphagie mit Tracheostoma- und PEG-Versorgung - Harn-/ Stuhlinkontinenz

nach Verkehrsunfall mit schwerem Schädelhirntrauma mit Subdural- und Subarachnoidalblutung, multiplen Schädelfrakturen und multiplen traumatischen Hirnkontusionen, stumpfem Thoraxtrauma, Rippenserienfrakturen II bis VI links, traumatischer Hämatopneumothorax beidseits und Milzkontusion. Sie gewährte dem Versicherten eine Verletztenrente unter Zugrundelegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vom Hundert (v.H.). In der Folgezeit setzte die Beklagte die Verletztenrente wegen des Zusammentreffend mit der Heimunterbringung auf die Hälfte herab, vgl. Bescheid vom 01. Dezember 2009 und Widerspruchsbescheid vom 23. September 2010.

Das Unfallkrankenhaus B (UKB) - Klinik für Neurologie mit Stroke Unit und Frührehabilitation - stellte mit Bericht vom 29. März 2010 u.a. fest, dass eine positive Veränderung des Gesundheitszustands des Versicherten nicht mehr zu erwarten war. Es reifte in der Folgezeit bei der Klägerin der Entschluss, beim Versicherten die Versorgung über die Magensonde einzustellen. Sie beriet die Angelegenheit mit ihren erwachsenen Söhnen CSF. Sie und ihre Söhne hielten in einem mit "Aktueller Sachstand vom 09. Juli 2010" überschriebenen und von ihnen unterschriebenen Vermerk u.a. fest: "Da eine Patientenverfügung in schriftlicher Form nicht vorliegt, nach meinem Kenntnisstand und dem unserer Söhne, sich mein Mann zu Zeiten vor seinem Unfall wiederholt und ganz klar geäußert hat, niemals nur durch lebensverlängernde Maßnahmen weiterleben zu wollen, haben meine Söhne und ich uns in einem Gespräch am 04.07.2010 einvernehmlich entschieden, sein Leiden nach fast vier Jahren zu beenden und ihn sterben zu lassen."

Die Klägerin durchtrennte nach Absprache mit der Heimleitung am 12. Juli 2010 die der Ernährung des Versicherten dienende Magensonde. Der Versicherte verstarb am 20. Juli 2010 an Unternährung, ohne nach dem Unfall das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Als Todesursache wurde Marasmus infolge Beendigung der Nahrungszufuhr festgestellt.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 26. August 2010 die von der Klägerin beantragte Gewährung von Hinterbliebenenrente und Sterbegeld ab. Ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen den anerkannten Unfallfolgen und dem Tod des Versicherten lasse sich nicht feststellen. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2011, der Klägerin am 02. März 2011 zugestellt, als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 01. April 2011 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Es sei ausgeschlossen gewesen, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten wieder bessern würde. Unter anderem unter dem Eindruck eines zur Straflosigkeit der Sterbehilfe ergangenen Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 25. Juni 2010 (2 StR 454/09) habe sie sich zusammen mit ihren Söhnen entschlossen, den Versicherten sterben zu lassen. Sie hat die Meinung vertreten, der anerkannte Arbeitswegeunfall und dessen Folgen seien die wesentliche Bedingung für den Tod des Versicherten.

Das SG hat der Klage mit Urteil vom 16. Januar 2012 stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 26. August 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2011 verurteilt, an die Klägerin Hinterbliebenenrente und Sterbegeld zu zahlen. Das SG hat zur Begründung ausgeführt, der Arbeitswegeunfall sei die wesentliche Ursache des Todes des Versicherten. Der Kausalzusammenhang hätte nur durch ein schuldhaftes Verhalten dritter Personen unterbrochen werden können. Dies sei bei einer straflosen Sterbehilfe durch einen Behandlungsabbruch, welche wertungsmäßig einer nach den Besonderheiten des Einzelfalls unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehenden Selbsttötung entspreche, nicht der Fall. Die Hinterbliebenenleistungen seien auch nicht nach § 101 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) ausgeschlossen, weil keine strafbare Herbeiführung des Todes des Versicherten vorliege.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 23. Januar 2012 zugestellte Urteil am 22. Februar 2012 Berufung eingelegt. Der Zustand des Versicherten sei zwar schwer und weitestgehend irreparabel, jedoch nicht todbringend gewesen. Sein Zustand sei unverändert gewesen, wie erst im März 2010 im UKB festgestellt worden sei. Der Tod sei vielmehr infolge einer von der Klägerin bewusst herbeigeführten Mangelernährung des Versicherten eingetreten. Es könne mangels einer Patientenverfügung nicht angenommen werden, dass das Entfernen der Magensonde dem Willen des Versicherten entsprochen habe. Ein entsprechender Versichertenwille müsse vollbeweislich feststehen. Zu einem derart behaupteten Patientenwillen habe sich die Klägerin selbst in Widerspruch gesetzt, indem sie noch kurz vor dem Tod des Versicherten der Durchführung einer Blasen- und einer Zahnoperation zugestimmt, auf der Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der zwischenzeitlich nicht mehr durchlässigen Magensonde bestanden und ferner auf die weitere Durchführung von Ergotherapie und Logopädie Wert gelegt habe. Hierbei wäre zudem zu beachten, dass die Klägerin und ihre Söhne als Einzige den mutmaßlichen Willen des Versicherten bezeugten und zugleich dessen Erben seien, die Unfallfolgen und der Zustand des Versicherten unzweifelhaft eine ungeheure familiäre Belastung dargestellt hätten und der Klägerin als Betreuerin erst im Dezember 2009 ein Bescheid über die Rentenkürzung wegen Heimunterbringung des Versicherten zugestellt worden sei, über welchen zum Zeitpunkt des Todes noch ein Widerspruchsverfahren anhängig gewesen sei. Auch das recht ungewöhnliche Verhalten der Klägerin, umgehend am Tag nach dem Tod mit der Todesanzeige den Anspruch auf Sterbegeld und Hinterbliebenenrente geltend zu machen, sei in die Beweiswürdigung mit einzubeziehen. Selbst wenn das Handeln der Klägerin mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit vom mutmaßlichen Willen des Versicherten gedeckt gewesen sei, seien die Hinterbliebenenleistungen nach § 101 SGB VII ausgeschlossen, weil sie vorsätzlich der Tod des Versicherten herbeigeführt habe.

Die Staatsanwaltschaft Berlin hat das strafrechtliche Ermittlungsverfahren 234 Js 205/12 gegen die Klägerin mangels hinreichenden Tatverdachts eines Tötungsdelikts mit Verfügung vom 26. November 2012 eingestellt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Januar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere ergäben sich aus dem vorläufigen Abschlussbericht des UKB vom 29. März 2010 behandlungspflichtige Folgeschäden des Versicherten. In diesem Bericht komme zum Ausdruck, dass bereits im März 2010 die Klägerin mit den behandelnden Ärzten die zu Lebzeiten geäußerte Ablehnung des Versicherten gegen bloß lebensverlängernde Therapien erörtert habe. Durch unzureichend mögliche Mundhygiene sei es zu Entzündungen im Mund-, Rachen- und Gesichtsbereich gekommen, welche eine Totalsanierung des Gebisses durch Entfernung aller Zähne erforderlich gemacht hätten. Im Zuge einer überdies notwendig gewordenen urologischen Behandlung sei zur Vorbereitung eines operativen Eingriffs die Magensonde ausgestellt worden. Ende Mai 2010 habe das Pflegeheim der Klägerin mitgeteilt, dass die Magensonde nicht mehr durchlässig sei, weshalb umgehend zunächst die Wiederherstellung der Sonde habe veranlasst werden müssen; dies sei für die Klägerin damals nicht der richtige Zeitpunkt gewesen, (spontan) zu entscheiden, den Versicherten sterben zu lassen. Das Grundsatzurteil des BGH sei erst danach veröffentlicht worden. Erst nach Kenntnis dieses Urteils habe sich die Klägerin schließlich zur Beendigung lebensverlängernder Maßnahmen durchringen können. Zu Lebzeiten hätten der Versicherte und die Klägerin keine Veranlassung gehabt, eine Patientenverfügung aufzusetzen. Der Versicherte sei völlig gesund gewesen; alle Freunde und Bekannte hätten seine ablehnende Haltung gegen lebenserhaltende Maßnahmen gekannt. Das Betreuungsgericht habe offenbar ebenfalls keine Veranlassung gehabt, auf die angekündigte Unterbrechung der Sondenernährung zu reagieren. Die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe sich widersprüchlich verhalten oder sei finanziellen Erwägungen gefolgt, treffe nicht zu.

Der Senat hat die Strafakten der Staatsanwaltschaft Berlin 234 Js 205/12 beigezogen und hiervon eine Kopie zu den Gerichtsakten genommen.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 15. Mai und 10. September 2013 einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. §§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das SG hat der auf Hinterbliebenenrente und Sterbegeld gerichteten Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und beschweren die Klägerin. Der Klägerin stehen die von ihr geltend gemachten Ansprüche dem Grunde nach zu, weshalb die Beklagte gemäß § 131 Abs. 1 S. 1 SGG dementsprechend zu verurteilen war. Denn die Klägerin hat als Witwe des Versicherten sowohl einen Anspruch auf Sterbgeld aus § 64 Abs. 1 SGB VII als auch auf Witwenrente aus § 65 SGB VII jeweils i.V.m. § 63 Abs. 1 SGB VII, weil der Tod des Versicherten infolge des Versicherungsfalls eingetreten ist und kein Anspruchsausschluss nach § 101 Abs. 1 SGB VII vorliegt.

Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle der Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Der Gesetzgeber bringt mit der wiederholten Formulierung "infolge" - vgl. etwa §§ 8 Abs. 1 S. 1, 45 Abs. 1 Nr. 1, 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII - für sämtliche Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung das Erfordernis eines Zusammenhangs zum Ausdruck. Es muss eine kausale Verknüpfung des Unfalls bzw. seiner Folgen mit der betrieblichen Sphäre bestehen, mithin eine rechtliche Zurechnung für besonders bezeichnete Risiken der Arbeitswelt beziehungsweise gleichgestellter Tätigkeiten, für deren Entschädigung die gesetzliche Unfallversicherung als spezieller Zweig der Sozialversicherung einzustehen hat, und zwar nicht nur im Sinne einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, sondern auch im Sinne der Zurechnung des eingetretenen Erfolges zum Schutzbereich der unfallversicherungsrechtlichen Norm als eines rechtlich wesentlichen Kausalzusammenhangs (Zurechnungslehre der wesentlichen Bedingung, ständige Rechtsprechung, etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 09. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 13 ff.). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Verstorbenen zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02. April 2009 - B 2 U 29/07 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale "Versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, a.a.O., Rn. 16). Ob der Gesundheitsschaden eines Versicherten durch einen Arbeitsunfall (wesentlich) verursacht wurde, entscheidet sich - bei Vorliegen einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne - danach, ob das Unfallereignis selbst die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Gesundheitsschadens war (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 13 ff.).

Hiervon ausgehend bestehen keine Zweifel am Vorliegen eines unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehenden Arbeitswegeunfalls des Versicherten am 07. September 2006, vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII. Der Senat ist im nach § 128 Abs. 1 S. 1 des SGG erforderlichen Maße, d.h. im Sinne einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit ferner davon überzeugt, dass der Versicherte im Wesentlichen wegen der Folgen des Unfalls vom 07. September 2006 starb.

Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache bzw. dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, weiterhin Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, den Befunden und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie der gesamten Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein (BSG, a.a.O., Rn. 16).

Hieran gemessen liegt im aufgrund des Unfallereignisses vom 07. September 2006 eingetretenen Gesundheitserstschadens (schweres Schädelhirntrauma mit Subdural- und Subarachnoidalblutung, multiple Schädelfrakturen und multiple traumatische Hirnkontusionen), der zunächst zu einem Wachkoma führte, eine wesentliche Ursache für den am 20. Juli 2010 eingetretenen Tod des Versicherten. Der Versicherte trug so schwere Verletzungen davon, dass der Todeseintritt durch die intensivmedizinische Sofortbehandlung und die unmittelbar anschließende, ununterbrochene Intensivpflege letztlich nur aufgeschoben werden konnte. Der Versicherte war unfallbedingt nicht mehr selbständig lebensfähig, sondern todgeweiht. Eine funktionelle Erholung war nach Einschätzung der mit dem Fall befassten Ärzte bereits nach mehrmonatiger ausgebliebener Remission unwahrscheinlich, vgl. Erstes Rentengutachten vom 18. Februar 2008. Nach Ablauf von fast vier Jahren war nach Meinung der behandelnden Ärzte eine funktionelle Erholung letztlich ausgeschlossen, vgl. Bericht des UKB vom 29. März 2010. Diese Einschätzungen entsprechen dem Stand der medizinischen Wissenschaft (vgl. nur Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 260. Aufl. 2004, zum Stichwort "Syndrom, apallisches"). Dementsprechend trat der Tod schließlich - trotz aller vorangegangenen intensivmedizinischen bzw. -pflegerischen Bemühungen - allein schon nach dem bloßen Unterlassen weiterer künstlicher Ernährung ein. Dieses Unterlassen vermag dem Unfall das Gepräge der alles überragenden Ursache für das Versterben des Versicherten nicht zu nehmen; es ebnete dem nach dem Unfall natürlichen Sterbeprozess letztlich nur wieder den Weg. Hiernach kann dahinstehen, ob darin, dass die Klägerin die Magensonde durchtrennte, eine (weitere) wesentliche Ursache vorliegt. Die Durchtrennung der Magensonde änderte nichts daran, dass wesentliche Todesursache die beim Unfall zugezogenen Verletzungen waren.

Der Anspruch ist auch nicht nach - dem hier einzig in Betracht zu ziehenden Ausschlusstatbestand des - § 101 Abs. 1 SGB VII ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift haben Personen, welche den Tod von Versicherten vorsätzlich herbeigeführt haben, keinen Anspruch auf Leistungen. Die Vorschrift regelt einen Sonderfall der Verwirkung. Ein von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten soll nicht durch eine Entschädigung aus der Sozialversicherung "belohnt" werden (Köhler, in Hauck: Sozialgesetzbuch SGB VII, Stand 03/13, § 101 Rn. 1). Der Ausschluss setzt mithin nicht nur strafrechtliche Vorwerfbarkeit voraus (so auch Becker, in: SGB VII - Lehr- und Praxiskommentar, 3. Auflage 2011, § 101 Rn. 1), sondern greift seinem Sinn und Zweck nach selbst dann nicht, wenn eine Tötung auf Verlangen i.S.v. § 216 des Strafgesetzbuchs (StGB) vorliegt (Köhler, a.a.O., Rn. 5 f.). Für die vorsätzliche Todesverursachung als (Mit-)Täter, Gehilfe oder Anstifter genügt bloße Körperverletzung auch mit nicht gewollter Todesfolge nicht. Strafrechtlich nicht sanktionierte Sterbehilfefür einen Schwerstverletzten durch Behandlungsabbruch mit seinem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen, die den Tod als mittelbare Unfallfolge herbeiführt, schließt daher keine Ansprüche aus (Ricke, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 78. Erg.-Lfg. 2013, SGB VII § 101 Rn. 3). Da § 101 SGB VII eine so genannte Gegennorm im beweisrechtlichen Sinne ist, trägt der Unfallversicherungsträger die Beweislast hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen des Ausschlusstatbestands (etwa Köhler, a.a.O., Rn. 7).

Hiervon ausgehend vermag der Senat bei der von der Klägerin am Versicherten vorgenommenen Sterbehilfe kein von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten zu erkennen, welches nach dem Sinn und Zweck des § 101 SGB VII dazu angetan wäre, die Hinterbliebenenansprüche auszuschließen. Es liegt kein strafbewehrtes Tötungsdelikt vor. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen eines Tötungsdelikts mangels hinreichenden Tatverdachts im Hinblick auf das Urteil des BGH vom 25. Juni 2010 - 2 StR 454/09 - (zitiert nach juris) nachvollziehbar eingestellt, wonach Sterbehilfe durch Unterlassen, Begrenzen oder Beenden einer begonnenen medizinischen Behandlung (Behandlungsabbruch) gerechtfertigt ist, wenn dies dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Patientenwillen entspricht (vgl. §§ 1901a ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)) und dazu dient, einem ohne Behandlung zum Tode führenden Krankheitsprozess seinen Lauf zu lassen.

Hieran gemessen liegt eine gerechtfertigte, straffreie Sterbehilfe vor. Ebenso wie die Staatsanwaltschaft Berlin hat der Senat keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Behandlungsabbruch dem mutmaßlichen Willen des Versicherten entsprach. Nach der von der Klägerin und den gemeinsamen drei erwachsenen Söhnen unterschriebenen Erklärung wollte der Versicherte keine bloß lebensverlängernden Maßnahmen über sich ergehen lassen. Dass er sich zu Lebzeiten gegenüber seinen Angehörigen einschlägig geäußert hatte, erscheint dem Senat angesichts seiner beruflichen Tätigkeit als Betreuer auch für Koma-Patienten ohne weiteres nachvollziehbar. Der Beklagten ist nicht in ihrem Vorbringen zu folgen, zu einem derart behaupteten Patientenwillen habe sich die Klägerin selbst in Widerspruch gesetzt, indem sie noch kurz vor dem Tod des Versicherten der Durchführung einer Blasen- und einer Zahnoperation zugestimmt, auf der Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der zwischenzeitlich nicht mehr durchlässigen Magensonde bestanden und ferner auf die weitere Durchführung von Ergotherapie und Logopädie Wert gelegt habe. Hierzu hat die Klägerin der Sache nach plausibel ausgeführt, dass sie, als die von der Beklagten angesprochenen Behandlungsmaßnahmen notwendig wurden, schnell auf den Behandlungsbedarf reagieren musste und nicht unter dem Eindruck dieses Behandlungsbedarfs über eine etwaige Sterbehilfe entscheiden wollte. Hiermit steht sie zum Einen im Einklang mit den zeitlichen Behandlungsabläufen, wie sie sich u.a. im bereits angesprochenen Bericht des UKB vom 29. März 2010 abbilden, in welchem der Versicherte bereits als zahnlos sowie der urologische Behandlungsbedarf beschrieben sind und zudem auch die Erörterung des Patientenwillens dokumentiert ist, und zum Anderen mit ihrem weiteren Vorbringen, dass der Entschluss zur Sterbehilfe letztlich erst durch das Urteil des BGH vom 29. Juni 2010 befördert wurde. Im Übrigen erzeugt auch das weitere Vorbringen der Beklagten keine Zweifel an der Richtigkeit der klägerischen Darstellung. Soweit die - insoweit beweisbelastete - Beklagte danach trachtet, die Glaubwürdigkeit der Klägerin bzw. ihrer Söhne unter Hinweis darauf zu erschüttern, dass sie als Einzige den mutmaßlichen Willen des Versicherten bezeugten und zugleich dessen Erben seien, die Unfallfolgen und der Zustand des Versicherten unzweifelhaft eine ungeheure familiäre Belastung dargestellt hätten und der Klägerin als Betreuerin erst im Dezember 2009 ein Bescheid über die Rentenkürzung wegen Heimunterbringung des Versicherten zugestellt worden sei, über welchen zum Zeitpunkt des Todes noch ein Widerspruchsverfahren anhängig gewesen sei, gelingt dies nicht. Objektive Anhaltspunkte dafür, dass der Patientenwille ein anderer war, als von der Klägerin vorgebracht, werden hierdurch nicht vermittelt. Das Gleiche gilt, soweit die Beklagte vorträgt, auch das recht ungewöhnliche Verhalten der Klägerin, umgehend am Tag nach dem Tod mit der Todesanzeige den Anspruch auf Sterbegeld und Hinterbliebenenrente geltend zu machen, sei in die Beweiswürdigung mit einzubeziehen. Diesbezüglich hat die Klägerin - für den Senat anhand der Verwaltungsakten nachvollziehbar - dargelegt, dass von Seiten der Beklagten mögliche Ansprüche und Leistungen oft erst auf ihre Initiative bzw. Antragstellung und nach mehrfacher Mahnung bewilligt und beschieden wurden.

Auch die zweite Voraussetzung einer straffreien Sterbehilfe liegt nach dem bereits oben Gesagten vor, nämlich dass der Behandlungsabbruch dazu diente, einem ohne Behandlung zum Tode führenden Krankheitsprozess seinen Lauf zu lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.