Hessisches Landessozialgericht - vom 13.07.2004 - Az.: L 2 SF 6/05 R -


Gründe:

Der Antragsteller, Facharzt für Orthopädie, wurde in einem vor dem Senat anhängigen Rentenrechtsstreit mit Anschreiben vom 29. November 2004 um die Übersendung eines Befundberichts im Anschluss an seinen für das Sozialgericht erstellten Bericht vom 6. August 2003 gebeten, ergänzt um die Frage, ob im Anschluss an diesen Bericht zwischenzeitlich Befundänderungen eingetreten seien, die Auswirkungen auf das Leistungsvermögen haben. Unter dem 14. Dezember 2004 übersandte der Antragsteller eine Aufstellung über in der Zeit vom 22. Februar 2002 bis 6. Oktober 2004 erfolgte Vorsprachen der Klägerin, erhobene Befunde, angewandte Therapien und verordnete Medikamente. Die 6-seitige Aufstellung wurde maschinell erstellt und trägt keine Unterschrift.

Für seinen "fachärztlichen orthopädischen Befundbericht" beanspruchte der Antragsteller mit Rechnung vom 14. Dezember 2004 insgesamt 36,15 Euro, davon 21,00 Euro für den Bericht, 13,50 Euro für Schreibkosten sowie 1,65 Euro für Porto. Der Urkundsbeamte kürzte die Rechnung auf 6,10 Euro, davon 3,00 Euro für einen 6-seitigen Computerausdruck, 2,00 Euro als Aufwandspauschale sowie 1,10 Euro Porto und informierte den Antragsteller mit Schreiben vom 13. Januar 2005.

Der Antragsteller beantragte am 24. Januar 2004 richterliche Festsetzung seiner Vergütung. Zur Begriffsdefinition eines Befundberichts übersandte er einen Auszug aus einem Kompendium der medizinischen Begutachtung.

Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),

die Vergütung für seinen fachärztlichen Befundbericht vom 14. Dezember 2004 auf insgesamt 36,15 Euro festzusetzen.

Der Antragsgegner beantragt (sinngemäß),

die Entschädigung für den übermittelten Computerausdruck auf 4,10 Euro festzusetzen.

Der Antragsgegner meint, der Antragsteller habe keinen Befundbericht geliefert, sondern einen Computerausdruck. Für die Ermittlungen von Fotokopien bzw. Ausdrucken aus der Patientendatei (auch an der Stelle eines geforderten Befundberichts) erhalte ein Arzt nach § 7 Abs. 2 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) eine Aufwendungspauschale von 0,50 Euro für die ersten 50 Seiten und 0,15 Euro für jede weitere Seite. Soweit der Urkundsbeamte für den 6 Seiten umfassenden Ausdruck eine Aufwendungspauschale von 3,00 Euro berechnet habe, entspreche dies den tatsächlichen Verhältnissen und der Rechtslage. Dabei sei nicht berücksichtigt worden, dass das vorgelegte Exemplar auch Daten enthalte, die bereits im früher abgegebenen Bericht vom 6. August 2003 enthalten seien. Ob es gerechtfertigt sei, dem Arzt neben der Vergütung des Sachaufwandes noch eine weitere Aufwandspauschale (in diesem Sinne z. B. BSG, Urteil vom 9. Februar 2000 - B 9 SB 8/98 R - gestützt auf § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Entschädigung von Sachverständigen und Zeugen - ZSEG) in Höhe der für Zeugen geltenden Mindestentschädigung (vormals § 2 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 2 ZSEG) zu erstatten, erscheine fraglich. Das BSG (a.a.O.) habe in einem vergleichbaren Fall der Übersendung eines Computerausdrucks an der Stelle eines geforderten Befundberichts zwar eine solche Mindestentschädigung zugebilligt, andererseits aber keinen Aufwendungsersatz für Schreibauslagen gewährt. Dies spreche gegen das Nebeneinander von Aufwendungspauschalen. Im Falle der Gewährung einer solchen zusätzlichen Vergütung käme dann nach geltendem Recht allerdings der aus § 20 JVEG hervorgehende Betrag von 3,00 Euro in Betracht. Die Portoauslagen seien in Höhe von 1,10 Euro zu ersetzen. Daraus ergebe sich eine Entschädigung nach § 7 Abs. 2 JVEG zuzüglich Portoauslagen von (6 x 0,50 Euro + 1,10 Euro =) 4,10 Euro. Die Differenz zur Höhe der Entschädigung durch den Urkundsbeamten liege im Bereich der Kleinbetragsregelung und sei nicht zurückzufordern.

Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorliegende Antragsakte Bezug genommen.

Der Senat hat anstelle des Einzelrichters das Antragsverfahren wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache entschieden (§ 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG), denn es geht um die Fortführung der bisherigen Senatsrechtsprechung unter Anwendung des JVEG.

Die Vergütung des Antragstellers für den übersandten Computerausdruck vom 14. Dezember 2004 ist auf insgesamt 4,10 Euro festzusetzen. Bei dem übersandten unbearbeiteten Computerausdruck hat es sich um keinen Befundbericht nach Nr. 200 der Anlage 2 Abschnitt 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG gehandelt, der mit 21,00 Euro zu honorieren wäre. Was unter einem Befundbericht zu verstehen ist, ergibt sich mangels gesetzlicher Definition aus dem Anforderungsschreiben (hier: des Senats) an den behandelnden Arzt, das ggf. nach § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aus der Sicht eines verständigen Empfängers auszulegen ist, sowie dem Gegenstand des der Anforderung zugrunde liegenden Verfahrens (vgl. BSG, Urteil vom 9. Februar 2000, B 9 SB 8/98 R). Dabei geht es um medizinische Tatbestände und Angaben für das konkrete Verfahren, die aus den Behandlungsunterlagen ausgewählt und fachlich zweckgebunden (hier bezogen auf das Leistungsvermögen der Klägerin) zu bewerten sind. Die vom Antragsteller gelieferte 6-seitige Aufstellung erfüllt diese Ansprüche nicht. Es handelt sich um einen unbearbeiteten Computer-Ausdruck, der unselektiert und in zeitlicher Folge seit 22. Februar 2002 vorhandene elektronisch gespeicherte ärztliche Aufzeichnungen wiedergibt. Eine dem erkennbaren Zweck der Senatsanfrage entsprechende und die medizinisch-fachliche Sachkunde des Antragstellers dokumentierende gegliederte Datenauswahl mit bewertender Beschreibung der Befunde wurde nicht übermittelt, was im Rahmen eines Befundberichts erwartet werden kann. Auf die Senatsanfrage, die auf die Zeit ab dem 6. August 2003 begrenzt war und mit der auch ein Befundvergleich erwartet wurde, ist der Antragsteller auch nicht eingegangen.

Nach bisheriger Senatsrechtsprechung wird für das Übersenden von Kopien ärztlicher Unterlagen anstelle eines Befundberichts ein Aufwendungsersatz für Kopien und Portoauslagen geleistet. Auch ein Computerausdruck, der mit der Fertigung von Kopien aus der Patientendatei vergleichbar ist, wurde dementsprechend entschädigt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 6. September 1996 - L 9 SF 30/95; vom 16. August 1999 - L 9 SF 44/98). Dementsprechend ist auch nach § 7 Abs. 2 JVEG zu verfahren. Danach werden für die Anfertigung von Ablichtungen 0,50 Euro je Seite für die ersten 50 Seiten und 0,15 Euro für jede weitere Seite ersetzt. Für den 6-seitigen Ausdruck, der allerdings zeitlich umfassender als verlangt ist, können dem Antragsteller 3,00 Euro ersetzt werden.

Nach § 7 JVEG können auch diejenigen Kosten erstattungsfähig sein, die aufzuwenden sind, um eine vom Gericht angeforderte schriftliche Auskunft oder Aussage anzufertigen (vgl. Hartmann, Kostengesetz, 34. Auflage, § 7 Rdnr. 9). Dafür ist aber Voraussetzung, dass Kosten über das ohnehin im Praxisbetrieb übliche Maß hinaus anfallen, denn mit der Pauschalierung des Aufwendungsersatzes für Schreibkosten nach § 7 Abs. 2 JVEG sind damit im Zusammenhang stehende Kosten für das Anfertigen grundsätzlich mit abgegolten. Eine zusätzliche Vergütung von 3,00 Euro nach § 20 JVEG neben dem pauschalierten Aufwendungsersatz für Schreibauslagen kommt deswegen nicht in Betracht, zumal damit auch kein ersichtlicher Nachteil für den Antragsteller verbunden ist.

Unter zusätzlicher Berücksichtigung von 1,10 Euro an Portokosten beträgt die Gesamtentschädigung für den übersandten Computerausdruck damit 4,10 Euro.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).