Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Anerkennung ihrer Multiple Sklerose (MS)-Erkrankung als Folge eines Versicherungsfalls.

Die Klägerin wurde zu Beginn ihres Medizinstudiums an der P-von-H-Universität N gemäß den Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am 25.11.1997, 01.12.1997 und letztmalig am 14.05.1998 gegen Hepatitis B geimpft. Für alle drei Impfungen wurde eine aktive Immunisierung mit Gen HB-VAX durchgeführt. Im Anschluss an die letzte Impfung traten nach Angabe der Klägerin am 16.05.1998 erstmals Dysästhesien, am 18.05.1998 eine Kraftminderung des rechten Beins und am 20.05.1998 eine solche der rechten Hand auf. Im Universitätsklinikum N wurde die Klägerin vom 20. bis 26.05.1998 unter der Verdachtsdiagnose einer Myelitis stationär behandelt. Im April 2000 wurde im Universitätsklinikum N erstmals die Diagnose MS gestellt.

Im Juni 2006 wandte die Klägerin sich an die Beklagte und machte ihre MS-Erkrankung als Folge der Hepatitis B-Impfungen geltend. Die Beklagte leitete daraufhin ein Feststellungsverfahren ein. Sie zog medizinische Unterlagen bei und beauftragte anschließend Prof. Dr. I, Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitätsklinikum N, mit der Erstattung eines Gutachtens. Dieser kam zu folgendem Ergebnis: Bei der Klägerin sei erstmals am 16.05.1998 ein erster Krankheitsschub einer MS mit sensiblem Querschnitt und einer Hemiparese der rechten Körperseite aufgetreten. Bei einer MS handele es sich um eine autoimmunentzündliche und degenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems, die typischerweise mit Sehstörungen, Sensibilitätsstörungen und Lähmungen einhergehe. Von immunpathologischer Seite sei der erste Krankheitsschub nicht mit dem Krankheitsbeginn gleichzusetzen. Man gehe davon aus, dass bereits Monate bis Jahre vor dem ersten klinischen Ereignis pathologische Veränderungen im zentralen Nervensystem bestünden. Berücksichtige man diese Erkenntnis, erscheine es unwahrscheinlich, dass durch die Hepatitis B-Impfung die Erkrankung einer MS ausgelöst worden sei. Es sei aber davon auszugehen, dass durch die Impfung das klinische Ereignis ausgelöst worden sei. Die Hepatitis B-Impfung komme als Träger für den Krankheitsschub in Frage, nicht aber als Auslöser für die Erkrankung. Ob durch eine Hepatitis B-Impfung ein Schub einer MS ausgelöst werden könne, könne zurzeit anhand der zur Verfügung stehenden Literatur nicht abschließend beantwortet werden (Gutachten vom 09.07.2007).

Mit Bescheid vom 10.10.2007, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, lehnte die Beklagte es ab, das Ereignis vom 14.05.1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen und Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Die Klägerin erhob Widerspruch und machte geltend: Die Behauptung des Gutachters, dass der erste Krankheitsschub nicht mit dem Beginn der MS gleichzusetzen sei, stütze sich nicht auf die geltenden medizinischen Erkenntnisse, auch wenn man im klinischen Alltag häufig auf Patienten treffe, bei denen es beim ersten Schub schon Hinweise auf eine vorab existente MS gebe. Wegen fehlender früherer Symptome, fehlenden zusätzlichen Herden im MRT, unauffälligem Nervenwasser und normaler elektrophysiologischer Befunde der Sehnerven sei der erste Krankheitsschub in ihrem Fall mit dem Krankheitsbeginn der MS gleich zu setzen. Der ursächliche Zusammenhang zwischen der Hepatitis B-Schutzimpfung und der Erkrankung sei gegeben. Dafür sprächen der enge zeitliche Zusammenhang, der sehr hohe Impftiter, der Ausschluss anderer Ursachen der Erkrankung und das Fehlen sämtlicher Hinweise für eine bereits bestehende MS vor der Impfung so wie die negative Familienanamnese als fehlender Hinweis für eine erhöhte genetische Disposition. Gegen den ursächlichen Zusammenhang spreche lediglich, dass die unterschiedlichen Auffassungen in der zurzeit zur Verfügung stehenden Literatur keine abschließende Beantwortung zuließen, ob die Impfung als Auslöser einer MS zu betrachten sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2007, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, wies die Beklagte den Rechtsbehelf der Klägerin zurück.

Die Klägerin hat am 24.12.2007 Klage erhoben und ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren wiederholt und vertieft. Die Beklagte ist auf ihrem Standpunkt verblieben.

Das Sozialgericht hat weitere medizinische Unterlagen beigezogen und anschließend Prof. Dr. T, Neurologische Klinik der I-I-Universität E, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat ausgeführt: Die MS sei eine chronisch progrediente, also fortschreitende entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems. Die Datenlage spreche dafür, dass es sich um eine Autoimmunerkrankung handele. Das Immunsystem reagiere gegen körpereigene Strukturen, erkenne diese fälschlicherweise als "fremd" und löse eine Entzündung aus. Diese Entzündung richte sich vornehmlich gegen die Myelinscheiden der Nervenfasern im Zentralnervensystem. Es komme schlussendlich zur Entmarkung der Nervenfasern, was als Demyelinisierung bezeichnet werde. Die Auslöser dieser Autoimmunerkrankung seien wie bei vielen anderen Autoimmunerkrankungen nicht eindeutig bekannt. Die gegenwärtige Datenlage zahlreicher Studien lege nahe, dass eine genetische Prädisposition und Umweltfaktoren, insbesondere Infektionen wie z. B. Epstein-Barr-Virus, eine wesentliche Rolle spielen würden. Wahrscheinlich würden genetisch prädisponierte Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt, während einer so genannten vulnerablen Phase, von einer bestimmten Infektionserkrankung befallen, die dann zu einer chronischen Aktivierung und Deviation des Immunsystems führe. Bei der Klägerin könne von einer schubförmigen, sehr langsam progredienten Verlaufsform der MS ausgegangen werden, da es innerhalb von 10 Jahren nur zu einem geringen Progress der Läsionslast in der zerebralen und spinalen Bildgebung gekommen sei und die Klägerin neuropsychologisch und körperlich nur einen geringen Behinderungsgrad aufweise. Der Beginn der Erkrankung mit dem ersten klinischen Schubereignis und objektivierbarer zervikaler Myelitis sei auf den 16.05.1998, zwei Tage nach der dritten Hepatitis B-Impfung, zu datieren. Einen Anhalt, dass die HBV-Impfungen oder die Zusatzstoffe des Impfstoffes Auslöser der MS sein können, gebe es nicht. Mehrere große und nach dem Stand der Wissenschaft durchgeführte epidemiologische Studien hätten keinen Zusammenhang zwischen einer HBV-Impfung und der MS feststellen können. Lediglich eine epidemiologische Studie vergleichbarer wissenschaftlicher Güte lege diesen Verdacht nahe, wobei mögliche methodisch inhärente Mängel das Ergebnis im Sinne einer falsch-positiven Assoziation zwischen HBV-Impfung und MS hätten beeinflussen können. Von Bedeutung sei, dass die Studien auf verschiedene Patienten-Kohorten zugegriffen hätten und/oder methodisch unterschiedlich vorgegangen seien. Die Datenlage sei somit verlässlich und reproduzierbar. 1998 hätten nur einzelne Fallbeobachtungen vorgelegen, aus denen keine allgemeingültigen Rückschlüsse hätten gezogen werden können. Mehrere nationale und international Fachgesellschaften und Impfinstitutionen hätten aus diesem Grunde eine allgemeine HBV-Impfung befürwortet und keinen Zusammenhang auf der Basis dieser genannten Daten gesehen. Somit spreche nach geltender medizinisch-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr gegen als für den angeschuldigten Zusammenhang zwischen HBV-Impfung und Entstehung einer MS. Bei der Klägerin handele es sich somit am ehesten um die schicksalhafte und von der HBV-Impfung unabhängige Entstehung einer MS (Gutachten vom 07.01.2009).

Die Klägerin hat Einwendungen gegen das Gutachten erhoben. Auf ihre Schriftsätze vom 15.02.2009 und 08.03.2009 sowie das letzterem beigefügte Schreiben der Dipl. Mathematikerin Dr. X, Universitätsklinikum N, vom 05.03.2009 wird insoweit verwiesen. Prof. Dr. T hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23.04.2009 ausgeführt: Für die abschließende Einschätzung, einen Kausalzusammenhang für eher unwahrscheinlich zu halten, sei weiterhin die aktuelle Studienlage entscheidend. Zu den weiteren Einwendungen der Klägerin in den Schriftsätzen vom 09.05.2009 und 23.02.2010, auf die ebenfalls Bezug genommen wird, ist Prof. Dr. T erneut gehört worden. Dieser ist in seiner Stellungnahme vom 14.03.2010 weiterhin auf seinem Standpunkt verblieben. Das Sozialgericht hat den Sachverständigen außerdem im Termin am 29.09.2010 angehört. Wegen seiner dortigen Einlassungen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 29.09.2010 verwiesen.

Mit Urteil vom 27.07.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen die ihr am 06.08.2011 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin am 01.09.2011 Berufung eingelegt. Sie trägt vor: Für den streitigen Kausalzusammenhang spreche, dass im Beipackzettel der Hepatitis B-Impfung (MS) als Nebenwirkung aufgeführt werde, keine weiteren Krankheitsursachen und keine Krankheitsanlage nachweisbar seien, erst nach der dritten Impfung die MS manifest geworden sei, die Latenz von zwei Tagen nach der dritten Impfung definitiv plausibel sei, die Antikörper, die das Immunsystem gegen den Impfstoff gebildet habe, extrem hoch gewesen seien, obwohl Kortison, das die Antikörperproduktion hemme, vom 7. bis 9. Tag nach der dritten Impfung verabreicht worden sei und in dem langjährigen Krankheitsverlauf der erste Krankheitsschub der schwerste mit einer halbseitigen Lähmung gewesen sei. Die vorhandenen Studien könnten in ihrem Einzelfall nicht als Argument gegen den ursächlichen Zusammenhang angebracht werden. Wegen des häufigen Vorkommens der Erkrankung in der allgemeinen Bevölkerung und der nur äußerst seltenen Impfkomplikation seien zwei Millionen Studienteilnehmer notwendig, um ein signifikantes Forschungsergebnis zu erzielen. Dies sei von der Leiterin der Abteilung für Medizinstatistik der Universitätsklinik N bestätigt worden. Dies bedeute, dass keine einzige der durchgeführten Studien, die alle mit weniger als zwei Millionen Teilnehmern durchgeführt worden seien, allein schon statistisch in der Lage sei, einen Zusammenhang nachzuweisen. Außerdem sei der fehlende Nachweis eines Zusammenhangs nicht gleichbedeutend mit dem Nachweis eines fehlenden Zusammenhangs.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 27.07.2011 zu ändern, den Bescheid vom 10.10.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2007 aufzuheben und festzustellen, dass die bei ihr bestehende Multiple Sklerose Folge eines Versicherungsfalles ist, hilfsweise, weiter Beweis zu erheben gemäß den Ziffern 4 bis 6 im Schriftsatz der ihrer Bevollmächtigten vom 11.08.2015, weiter hilfsweise, durch ein medizinstatistisches Gutachten nachzuweisen, dass die bisherige Studienlage nicht ausreichend ist zum Zusammenhang zwischen der sehr seltenen Komplikation und der sehr häufigen Erkrankung, weiter hilfsweise, durch ein medizinisches Gutachten nachzuweisen, dass bei der sehr seltenen Impfkomplikation und der sehr häufigen Erkrankung nur eine konkret individuelle Begutachtung unter Berücksichtigung der verschiedenen medizinischen Theorien/Möglichkeiten der Studienergebnisse erfolgen kann, den Sachverständigen Prof. Dr. L zur Beantwortung der Beweisfrage zu 1. aus der Beweisanordnung vom 02.07.2014 ergänzend zu hören, damit er hier seinen Begriff der Möglichkeit, den er auf Blatt 32 und 33 des Gutachtens gebraucht, erläutert.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Das Berufungsgericht hat zunächst auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten von Priv. Doz. Dr. I, Chefarzt der Klinik für Neurologie des B Hospitals B, eingeholt. Dieser ist zu folgendem Ergebnis gelangt: Die aktuelle Studienlage sei weiterhin für den vorliegenden Fall nicht eindeutig. In der Mehrzahl der durchgeführten Studien habe sich kein Beweis für einen Kausalzusammenhang zwischen einer Hepatitis B-Impfung und der Entstehung einer MS gefunden. Nur die Studie von Hernan et. al. habe einen möglichen Zusammenhang zwischen einer Hepatitis B-Impfung und der Entstehung einer MS anhand einer Datenbank des Gesundheitssystems in Großbritannien, die mehr als drei Millionen Menschen einschließe, beschrieben; sie sei aber wegen methodischer Mängel kritisiert worden. Bei Betrachtung des vorliegenden Einzelfalls müsse hinsichtlich des unmittelbaren Impfzusammenhangs als Schädigungsfolge nicht von einer primären MS, sondern von einer isolierten Myelitis ausgegangen werden. Der Stand der medizinischen Wissenschaft für das Schädigungsbild der Myelitis hinsichtlich eines Kausalzusammenhangs mit Hepatitis B-Impfung basiere nur auf Einzelfällen, was eine grundsätzliche Aussage erschwere und unterscheide sich von der zitierten Datenlage zum Zusammenhang von Impfung und MS. Für den streitigen Kausalzusammenhang sei im vorliegenden Einzelfall die Wahrscheinlichkeit belegt. Das Impfereignis und Auftreten einer Myelitis zwei Tage später (Diagnose einer MS erst zwei Jahre später) seien aktenkundig dokumentiert; der zeitliche Zusammenhang sei eng und durch pathophysiologische Erklärungen plausibel; alternative Ursachen seien trotz umfangreicher Untersuchungen zum fraglichen Zeitpunkt in keiner Weise zu belegen gewesen. Die Fachinformation des Arzneimittelherstellers nenne die entsprechende Schädigung Myelitis als sehr seltene Symptomatik nach einer Impfung mit Gen HB VAX explizit. Der sekundäre Übergang in das Krankheitsbild einer MS sei wissenschaftlich belegt.

Das Berufungsgericht hat anschließend Prof. Dr. T ergänzend gehört. Dieser hat ausgeführt: Die MS sei die häufigste neurologische Erkrankung mit einer Prävalenz von ca. 150 auf 100.000 Einwohner in Deutschland. Die Krankheitsursache sei unklar und die Erkrankung könne ohne erkennbaren Grund ausbrechen. Die Anzahl der Personen, die gegen Hepatitis B geimpft worden seien, liege in Deutschland bei ca. 10 v.H. Statistisch könne bei der hohen Krankheitsprävalenz der MS und der hohen Impfrate in Einzelfällen bei Geimpften eine MS koinzident und ohne krankhaften Zusammenhang auftreten. Daher hätten randomisierte Studien in Einzelfällen ein Zusammentreffen von Hepatitis B-Impfung und MS darstellen können. Über die von Priv. Doz. Dr. I in seinem Gutachten aufgeführten Mechanismen sei möglicherweise eine Krankheitstriggerung der MS in ihrer Ersterscheinung im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung zu postulieren. Damit sei allerdings nicht die Ursächlichkeit der Impfung für das Auftreten der Myelitis oder der MS nachgewiesen. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen: Im Gegensatz zu seinen vorherigen Beurteilungen führe Prof. Dr. T nunmehr nur noch die Studienlage als Argument gegen den streitigen Kausalzusammenhang an. Diese könne aber nicht ausreichen, um einen Versicherungsfall abzulehnen. Prof. Dr. T und Priv. Doz. Dr. I stimmten in den Kernaussagen überein und unterschieden sich lediglich in den Bewertungen, die sich aus drei relativ ähnlichen Kernaussagen ergäben.

Abschließend ist noch Prof. Dr. L, Ärztlicher Leiter des Behandlungszentrums L für MS-Kranke in C, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt worden. Dieser ist zu folgendem Ergebnis gekommen: Die Frage nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand über die Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen Hepatitis B-Schutzimpfungen und der Entstehung einer MS sei derart zu beantworten, dass sich in der neuesten Literatur und in der bisher in den Vorgutachten nicht berücksichtigten Literatur sowohl weitere Hinweise für einen Zusammenhang finden ließen als auch Publikationen, die einen Kausalzusammenhang zwischen Hepatitis B-Impfung und dem Auftreten einer MS eher als hypothetisch, als auf einer nicht wissenschaftlichen, aber doch rechtsgültigen Kausalität oder als nicht nachweisbar erachteten. Die neueste Publikation (Le Houezec) sehe als Schlussfolgerung eine Hepatitis B-Schutzimpfung als geeignet an, eine MS hervorzurufen. Unter Würdigung der Vorgutachten und des klinischen Verlaufs sowie der dokumentierten Befunde sei im konkreten Einzelfall der Klägerin von einer Wahrscheinlichkeit im Sinne einer Entstehung durch die während des Medizinstudiums erfolgten Hepatitis B-Schutzimpfungen auszugehen, insbesondere weil zuvor keinerlei klinische Symptome aufgetreten seien und bei klinischer Erstmanifestation im Anschluss an die dritte Impfung sich in der Zusatzdiagnostik kein Hinweis auf eine bereits subklinisch bestehende MS ergeben habe. Somit sei mit Wahrscheinlichkeit die im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung eingetretene dokumentierte Myelitis als Ursache in diesem individuellen Fall anzusehen. Gegen einen Zusammenhang sprächen in diesem speziellen Einzelfall abgesehen von der Unsicherheit der fehlenden bekannten Ursache der Entstehung einer MS keine konkreten Fakten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Ihr wesentlicher Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass die bei ihr vorliegende MS-Erkrankung Folge eines Versicherungsfalls ist.

Zur Feststellung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung infolge eines Versicherungsfalls muss zwischen dem Unfallereignis und den geltend gemachten Unfallfolgen ein Ursachenzusammenhang nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung bestehen. Nach dieser Theorie werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S. 930 f. - übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f.; stRspr. vgl. BSG Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).

Wenn auch die Theorie der wesentlichen Bedingung im Unterschied zu der an der generellen Geeignetheit einer Ursache orientierten Adäquanztheorie auf den Einzelfall abstellt (vgl. zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91), bedeutet dies nicht, dass generelle oder allgemeine Erkenntnisse über den Ursachenzusammenhang bei der Theorie der wesentlichen Bedingung nicht zu berücksichtigen oder bei ihr entbehrlich wären (vgl. schon BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen (BSG Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 26/04 R -). Dieser wissenschaftliche Erkenntnisstand ist jedoch kein eigener Prüfungspunkt bei der Prüfung des Ursachenzusammenhangs, sondern nur die wissenschaftliche Grundlage, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen des konkreten Versicherten zu bewerten sind (vgl. BSGE 18, 173, 176 - SozR Nr. 61 zu § 542 RVO). Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat "anhand" des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes, d. h. eine individuelle Bewertung auf objektiver, wissenschaftlicher Grundlage (BSG Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 26/04 R -). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (stRspr. BSGE 19/52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a.F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a.F. RVO - BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSGE SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 a.F. RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 67).

Ausgehend von diesen Grundsätzen lässt sich ein wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen der Hepatitis B-Impfung und der Erkrankung der Klägerin an MS nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit feststellen.

Über die Entstehungsursachen der MS liegen keine hinreichend gesicherten medizinischen wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, wovon auch alle mit der vorliegenden Sache befassten Ärzte ausgegangen sind. Gesicherte medizinische Erkenntnisse, dass Hepatitis B-Schutzimpfungen MS verursachen können, sind ebenfalls nicht vorhanden. Ein nach dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft anerkannter Erfahrungssatz, nach dem MS durch Hepatitis B-Impfungen verursacht werden kann, lässt sich nicht feststellen. Nach derzeitigem Kenntnisstand gibt es keine Evidenz für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Hepatitis B-Impfungen und MS. Dies folgt aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens.

Wie Prof. Dr. T in seinem Gutachten vom 07.01.2009 dargelegt hat, lag zum Zeitpunkt der Impfungen eine Stellungnahme des US-Amerikanischen Institute of Medicine (IOM) der National Academy of Sciences in Washington D. C. vor, die anhand der Auswertung von Datenbanken und Fallberichten keinen belegbaren Zusammenhang zwischen einer HBV-Impfung und MS finden konnte (Stratton KR et. al., JAMA 1994). Diese Empfehlungen des IOM sind in einer deutschsprachigen, 1995 veröffentlichten Übersichtsarbeit deutscher MS-Experten zusammengefasst, die keine Kontraindikation einer HBV-Impfung feststellen konnten. Die Mehrzahl der erst nach 1999 publizierten großen Fall-Kontroll-Studien fand - wie Prof. Dr. T weiter erläutert hat - ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen der HBV-Impfung und der Entstehung einer MS. Im Zeitpunkt seines Gutachtens hat Prof. Dr. T zufolge mit der Studie von Hernan et. al. aus 2004 nur eine größere epidemiologische Fall-Kontroll-Studie vorgelegen, die zu dem Schluss kommt, dass ein Zusammenhang zwischen HBV-Impfung und MS besteht. An dieser Studie ist jedoch - wie Prof. Dr. T vermerkt - zu kritisieren, dass im Vergleich zu den anderen Studien lediglich 11 MS-Fälle identifiziert wurden. Die Studie ist wegen methodischer Mängel auch von der WHO verworfen worden (vgl. LSG NRW, Urteil vom 15.06.2012 - L 13 VJ 59/11), worauf sich die STIKO (Bulletin 25/2007 Nr. 15) beruft. Da - wie Prof. Dr. T erläutert hat - die Studien auf verschiedene Patienten-Kohorten zugegriffen haben und/oder methodisch unterschiedlich vorgegangen sind, ist - so Prof. Dr. T - die Datenlage verlässlich und reproduzierbar. Die Kritik der Klägerin an der Aussagekraft der Studien vermag der Senat nicht zu teilen. Prof. Dr. T zufolge sind die Studien so angelegt, dass sie mit der notwendigen statistischen Sicherheit eine eventuelle Assoziation zwischen MS und HBV-Impfung erkannt hätten. Aber auch wenn aus rechnerisch - statistischer Sicht die Studienpopulationen in den bisherigen Studien zu klein sein sollten, so lassen sich - wie Prof. Dr. T in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23.04.2009 dargelegt hat - doch in jedem Fall eindeutige Trends abzeichnen. Für diese Auffassung spricht, dass - wie Prof. Dr. T erläutert hat - auf der Basis der von ihm angeführten Untersuchungen mehrere Fachgesellschaften und internationale medizinische Institutionen die HBV-Impfung als sicher einschätzen und ein erhöhtes Risiko einer MS-Erkrankung ausschließen.

Auch die STIKO empfiehlt die Hepatitis B-Impfung bei allen Kindern und Erwachsenen mit möglicher Exposition. An den Impfempfehlungen hat sich bis zur aktuellen Fassung (epidemiologisches Bulletin des S-L-Instituts 34/2014) nichts geändert. Sie basieren - wie Prof. Dr. T dargelegt hat - auf der langjährigen Erkenntnis, dass ein Zusammenhang zwischen Hepatitis B-Impfung und Auslösung einer demyelinisierenden Autoimmunerkrankung, wie z. B. MS nicht besteht.

Wissenschaftliche Erkenntnisse, die zu einer anderen Beurteilung Anlass geben, lassen sich den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten nicht entnehmen. Die von Prof. Dr. L aufgeführten neuesten Publikationen zu der streitigen Frage kommen - wie er selbst konstatiert - zu unterschiedlichen Ergebnissen. So finden sich darin sowohl Hinweise auf einen Zusammenhang (s. insbesondere die Publikation von Le Houezec) als auch Publikationen, die einen Zusammenhang als nicht nachweisbar erachten. Prof. Dr. L hat im Übrigen auch nicht begründet dargelegt, dass die neueste Untersuchung von Le Houezec von der Qualität her mit den großen epidemiologischen Fall-Kontroll-Studien, bei denen sich ein Zusammenhang zwischen Hepatitis B-Impfung und MS nicht feststellen ließ, vergleichbar ist.

Wenn die Sachverständigen Priv. Doz. Dr. I und Prof. Dr. L gleichwohl im Einzelfall der Klägerin einen Zusammenhang als wahrscheinlich erachten, kann dies nicht überzeugen. Diese Sachverständigen stützen ihre Beurteilungen im Wesentlichen auf den klinischen Verlauf der Erkrankung, insbesondere das Auftreten einer Myelitis zwei Tage nach der dritten Impfung bei fehlenden Hinweisen auf eine bereits vorher subklinisch bestehende MS, pathophysiologische Plausibilitätsüberlegungen sowie das Fehlen prädisponierender bzw. konkurrierender Faktoren. Diesen Überlegungen vermag der Senat nicht zu folgen. Prof. Dr. T weist zu Recht daraufhin, dass angesichts des nicht endgültig geklärten genauen ätiologischen Pathomechanismus der MS eine Aussage, ob vor der Erkrankung Kontakt zu "Ursachen" wie z. B. neurotropen Viren etc. bestanden hat, nicht weiterführend ist und auch bei MS-Erkrankten, bei denen gesichert kein Zusammenhang mit einer Impfung besteht, eine "Krankheitsanlage" vor der Diagnosestellung nicht nachweisbar sein muss. Was die pathophysiologischen Plausibilitätsüberlegungen und die in diesem Zusammenhang von Priv. Doz. Dr. I hervorgehobene intensive Immunreaktion nach der dritten Impfung in Form eines hohen Antikörper-Titers anbelangt, ist festzustellen, dass diese die fehlende epidemiologische Evidenz nicht zu ersetzen vermögen. Über die von Priv. Doz. Dr. I dargestellten Mechanismen ist - wie Prof. Dr. T angemerkt hat - möglicherweise eine Krankheitstriggerung der MS in ihrer Ersterscheinung im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung zu postulieren. Die Ursächlichkeit der Impfung für das Auftreten der Myelitis und der sich im Verlauf entwickelten MS ist damit allerdings nicht nachgewiesen. Auch aus der Tatsache, dass der Impfstoffhersteller bei möglichen Nebenwirkungen auch die MS nennt, folgt kein hinreichender wissenschaftlicher Beleg für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Hepatitis B-Impfung und MS (so auch LSG NRW, Urteil vom 15.06.2012 - L 13 VJ 59/11). Mit Prof. Dr. T geht der Senat daher davon aus, dass der streitige Ursachenzusammenhang zwischen der Hepatitis B-Impfung und der Erkrankung der Klägerin an MS nicht wahrscheinlich ist, weil es nach derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand an einer hinreichenden wissenschaftlichen Begründung eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Hepatitis B-Impfungen und MS mangelt.

Zu weiteren medizinischen Ermittlungen bestand kein Anlass, weil der Sachverhalt durch die vorliegenden gutachterlichen Äußerungen geklärt ist. Der Senat war nicht gehalten, den im Termin von der Klägerin gestellten Beweisanträgen nachzugehen. Auf die Beantwortung der Frage, wie die im Beweisantrag zu 4. (s. Schriftsatz vom 11.08.2015) zitierte Äußerung von Prof. Dr. I und dessen Schlussfolgerung, dass deshalb nicht die ganze Erkrankung, sondern nur der erste Krankheitsschub durch die Impfung ausgelöst wurde, hinsichtlich des Einzelfalls der Klägerin zu bewerten seien, kommt es nicht an. Denn der Senat stützt seine Entscheidung weder auf die o. g. Äußerung noch auf die von der Klägerin für unzutreffend erachtete Schlussfolgerung des Prof. Dr. I. Im Übrigen ist die Frage durch die Gutachten der im zweiten Rechtszug gehörten Sachverständigen geklärt, denn sowohl Priv. Doz. Dr. I als auch Prof. Dr. L haben sich mit der o. g. Äußerung und der Schlussfolgerung des Prof. Dr. I auseinander gesetzt (s. S. 25/26 des Gutachtens vom 10.12.2012 und S. 8/9 des Gutachtens vom 25.11.2014). Auch auf die Beantwortung der Frage, ob der fehlende Nachweis eines erhöhten MS-Risikos durch Hepatitis B-Impfungen generell ausschließt, dass Hepatitis B-Impfungen geeignet sind, eine MS auszulösen (Beweisantrag zu 5. im Schriftsatz vom 11.09.2015), kommt es nicht an. Auch wenn man unterstellt, dass der fehlende Nachweis eines erhöhten MS-Risikos durch Hepatitis B-Impfungen nicht generell ausschließt, das Hepatitis B-Impfungen geeignet sind, eine MS auszulösen, ändert sich an der Beurteilung, dass es auf der Grundlage des derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes an einer hinreichenden wissenschaftlichen Begründung eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Hepatitis B-Impfungen und MS mangelt, nichts. Auch Prof. Dr. T geht davon aus, dass die bisherigen Studien einen Zusammenhang zwischen einer Hepatitis B-Impfung und der Auslösung einer MS bzw. einer Konversion einer Myelitis in eine MS zwar überwiegend für unwahrscheinlich, aber nicht für ausgeschlossen halten (s. S. 2 seiner ergänzenden Stellungnahmen vom 18.03.2010). Der Senat hat sich auch nicht veranlasst gesehen, ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, wie die hohen Antikörper-Titer gegen den Hepatitis B-Impfstoff vom 17.06.1998 hinsichtlich eines Kausalzusammenhangs zwischen der Hepatitis B-Grundimmunisierung und der Entstehung der MS zu bewerten sind (Beweisantrag zu 6. im Schriftsatz vom 11.09.2015). Die Sachverständigen haben ihre Bewertung des Kausalzusammenhangs in Kenntnis der dokumentierten Antikörper-Titer vorgenommen und im Einzelnen dargelegt, welche Umstände aus ihrer Sicht für und gegen den streitigen Ursachenzusammenhang sprechen. Dabei sind sowohl Prof. Dr. T als auch Priv. Doz. Dr. I auf die hohen Antikörper-Titer eingegangen. Prof. Dr. T hat in seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 23.04.2009 und 18.03.2010 festgestellt, dass die im Jahre 2007 auffällig hohen HBs-Antikörper-Titer von mehr als 1.000 IU/l einen Zusammenhang nahelegen, und Priv. Doz. Dr. I hat sich auf Seite 24 seines Gutachtens zu dem von der Klägerin angesprochenen Punkt der hohen Antikörper-Titer am 17.06.1998 ausdrücklich geäußert. Auch bestand keine Veranlassung, ein medizinstatistisches Gutachten zum Nachweis, dass die bisherige Studienlage nicht ausreichend ist zum Zusammenhang zwischen der sehr seltenen Komplikation und der sehr häufigen Erkrankung, einzuholen. Auch wenn ein medizinstatistisches Gutachten zu diesem Ergebnis gelangen sollte, würde sich an dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand und der Feststellung, dass es danach keine Evidenz für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Hepatitis B-Impfung und MS gibt, nichts ändern. Eine medizinisch-statistische Beurteilung der Studienlage kann an der Aussagekraft der Studien im Hinblick auf die eindeutigen Trends, die sich daraus abzeichnen lassen, nichts ändern. Auf die Ausführungen auf Seite 11 unten/12 oben wird insoweit Bezug genommen. Ebenso wenig bestand Anlass, ein medizinisches Gutachten zum Nachweis, dass bei der sehr seltenen Impfkomplikation und der sehr häufigen Erkrankung nur eine konkret individuelle Begutachtung unter Berücksichtigung der verschiedenen medizinischen Theorien/Möglichkeiten der Studienergebnisse erfolgen kann, einzuholen. Die entscheidungserhebliche Frage, ob ein wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen der Hepatitis B-Impfung und der MS-Erkrankung der Klägerin mit Wahrscheinlichkeit besteht, ist durch die vorliegenden Gutachten und gutachterlichen Stellungnahmen geklärt. Die gutachtlich gehörten Ärzte haben sich zu den aus ihrer Sicht für die Kausalbeurteilung bedeutsamen Aspekten erschöpfend geäußert und ihre Bewertung der streitigen Kausalfrage ausführlich dargelegt. Ihre Darlegungen zum Kausalzusammenhang beinhalten inzidenter auch eine Antwort auf die Frage, ob bei der sehr seltenen Impfkomplikation und der sehr häufigen Erkrankung nur eine konkret individuelle Begutachtung unter Berücksichtigung der verschiedenen medizinischen Theorien/Möglichkeiten der Studienergebnisse erfolgen kann. Für die Einholung eines weiteren Gutachtens zu dieser Frage bestand keinerlei Notwendigkeit. Schließlich sah der Senat auch keinen Anlass, den Sachverständigen Prof. Dr. L zur Beantwortung der Beweisfrage zu 1. aus der Beweisanordnung vom 02.07.2014 ergänzend zu hören, damit er hier seinen Begriff der Möglichkeit, den er auf Blatt 32 und 33 des Gutachtens gebraucht, erläutert. Diesem Antrag war schon deshalb nicht nachzugehen, weil die Klägerin dem Gericht nicht rechtzeitig nach Erstattung des Gutachtens, das den Beteiligten mit Verfügung vom 26.01.2015 übersandt wurde, die erläuterungsbedürftigen Punkte mitgeteilt hat, sondern den Antrag auf Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. L erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.08.2015 und damit verspätet gestellt hat. Unbeschadet dessen bestand aber auch keine Notwendigkeit, Prof. Dr. L ergänzend zur Erläuterung seines Gutachtens zu hören. Denn eine Sachdienlichkeit der im Beweisantrag formulierten Frage lässt sich nicht erkennen. Der Sachverständige hat die in der Beweisanordnung vom 02.07.2014 gestellte Frage zu 1. nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand der Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen Hepatitis B-Schutzimpfungen und der Entstehung einer MS auf den Seiten 22 bis 33 seines Gutachtens eindeutig beantwortet. Ihn hierzu ergänzend zu hören, ist der Aufklärung des Sachverhalts objektiv nicht dienlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.