Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Versagung von Krankengeld im Zeitraum 17.04. bis 04.06.2012.

Der 1973 geborene Kläger war als Arbeitnehmer seit 01.12.2008 bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Am 10.12.2010 erkrankte er arbeitsunfähig an einer depressiven Episode und Anpassungsstörungen. Nach Ende der Lohnfortzahlung gewährte die Beklagte ab 21.01.2011 Krankengeld iHv brutto 64,60 EUR (netto 56,33 EUR). Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde zum 01.04.2011 gekündigt. Ab 05.06.2012 bezog der Kläger Arbeitslosengeld.

Auf Anfrage der Beklagten äußerte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) mit gutachterlicher Stellungnahme vom 09.09.2011, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers gefährdet sei und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vorlägen. Mit Bescheid vom 21.09.2011 forderte die Beklagte den Kläger auf, bis 30.11.2011 einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu stellen. Nur bis Ende der Frist könne Krankengeld gezahlt werden. Die Beklagte wies ferner darauf hin, dass gegenüber der Rentenversicherung oder der Rehabilitationsklinik Erklärungen nur mit Zustimmung der Krankenkasse abgegeben werden könnten. Dazu gehörten insbesondere eine Rücknahme des gestellten Antrags, der Verzicht auf Rehabilitationsleistungen oder Rente oder ein Verschieben oder Abbruch einer angebotenen Rehabilitationsmaßnahme. Falls eine solche Erklärung ohne Zustimmung der Krankenkasse abgegeben werde, könne der Krankengeldanspruch uU auch rückwirkend wegfallen.

Am 30.11.2011 beantragte der Kläger medizinische Leistungen zur Rehabilitation. Mit Bescheid vom 16.12.2011 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) eine Maßnahme für die Dauer von 6 Wochen in den Kliniken am B., Klinik F., in Bad S. Mit Schreiben vom 05.04.2012 wies die Beklagte den Kläger auf den Aufnahmetermin am 17.04.2012 sowie seine Mitwirkungsverpflichtung hin. Falls der Aufnahmetermin nicht wahrgenommen werde, werde das Krankengeld ab 17.04.2012 versagt. Der Kläger wurde ferner aufgefordert, am 16.04.2012 einen Auszahlschein einzureichen, damit die Beklagte ihm das Krankengeld bis zum Aufnahmetag überweisen könne.

Nachdem der Kläger die Rehabilitationsmaßnahme ohne Angabe von Gründen nicht angetreten hatte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 23.04.2012 das Krankengeld ab 17.04.2012 bis zum Beginn der Rehabilitation wegen fehlender Mitwirkung ein unter Hinweis auf §§ 60 ff Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Der Bescheid enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung. Die DRV Bund hob mit Bescheid vom 18.07.2012 die Bewilligung der Reha-Maßnahme wieder auf.

Am 18.04.2013 erhob der Kläger Widerspruch unter Hinweis auf die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung. Die Einstellung des Krankengeldes sei unwirksam. Er machte keine Angaben darüber, weshalb er die Rehabilitationsmaßnahme nicht angetreten hat. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe den Aufnahmetermin am 17.04.2012 nicht wahrgenommen. Er sei zuvor daran erinnert worden, dass er die Reha-Maßnahme aufnehmen müsse und eine Terminverschiebung nur mit Zustimmung der Beklagten möglich sei. Der Anspruch auf Krankengeld entfalle daher nach § 51 Abs. 3 SGB V. Mit dem Wegfall des Anspruchs auf Krankengeld habe auch das nach § 192 SGB V fortbestehende Mitgliedschaftsverhältnis geendet.

Hiergegen richtet sich die am 19.07.2013 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Der Kläger hat zunächst (Klageschrift vom 19.03.2013) einen Anspruch auf Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 17.04. bis zum 04.06.2012 geltend gemacht. Im Erörterungstermin am 09.11.2015 hat zwischen den Beteiligten Uneinigkeit über das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen eines Krankengeldanspruches bestanden. Die Beklagte hat insbesondere eine lückenlose Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit für den geltend gemachten Zeitraum bestritten. Nach einem Hinweis der Kammervorsitzenden hat der Kläger erklärt, er beschränke seine Klage auf die Anfechtung des Bescheides vom 23.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2013.

Der Kläger führt zur Begründung seiner Klage aus, dass die Reha-Klinik 511 km von seinem Wohnort entfernt liege. Um zur geforderten Zeit zwischen 10 und 12 Uhr dort zu sein, hätte er nachts um 23:14 Uhr losfahren müssen, was aufgrund des bestehenden Schlafapnoe-Syndroms unzumutbar sei. Über ein Wahlrecht bezüglich der Reha-Klinik sei er nicht aufgeklärt worden.

Mit Gerichtsbescheid vom 29.12.2015 hat das SG den Bescheid vom 18.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.06.2013 aufgehoben. Die Klage sei als isolierte Anfechtungsklage zulässig. Die Beklagte habe hier nicht über die materiellen Voraussetzungen des Anspruchs auf Krankengeld entschieden, sondern die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung versagt. Dies sei rechtswidrig. Die Beklagte habe dem Kläger eine Frist nach § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V gesetzt, innerhalb derer er einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation zu stellen habe. Der Anspruch auf Krankengeld sei jedoch nicht nach § 51 Abs. 3 SGB V entfallen, da eine entsprechende Anwendung auf den Fall des Nichtantritts einer Maßnahme der Rehabilitation unzulässig sei. Der in § 51 Abs. 3 SGB V normierten unterlassenen Antragstellung stehe die Rücknahme des Antrags gleich. Im Nichtantritt der Maßnahme könne aber keine konkludente Rücknahme des Reha-Antrags gesehen werden, da der Versicherte mit dem fehlenden Antritt einer Maßnahme nur zum Ausdruck bringe, dass er diese konkret, zu diesem Zeitpunkt oder in der in Aussicht genommenen Einrichtung nicht in Anspruch nehmen wolle. Vorliegend habe die Einrichtung nach Ansicht des Klägers zu weit von seinem Wohnort entfernt gelegen. Hieraus könne nicht zwingend geschlossen werden, dass er auf den Anspruch auf die Maßnahme verzichten wolle. Das Gebot der Rechtsklarheit verbiete eine Erweiterung gesetzlicher Tatbestände bei eingreifenden bzw. versagenden Rechtsnormen. Der Fall der Verletzung von Mitwirkungspflichten werde im Übrigen in § 66 SGB I abschließend geregelt und sei auch auf die Konstellation des Nichtantritts einer medizinischen Maßnahme der Rehabilitation anwendbar. Auch aus § 66 Abs. 2 SGB I folge der Wegfall des Krankengeldanspruchs indes nicht. Die Vorschrift verlange die Ausübung von Ermessen hinsichtlich der Frage, ob überhaupt von der Möglichkeit der Versagung Gebrauch gemacht werde und ob die Sozialleistung ganz oder teilweise versagt oder entzogen werde und mit Nachholung der Mitwirkung oder früher enden solle. Eine Ermessensausübung ließen die angefochtenen Bescheide nicht erkennen. Zur Begründung werde lediglich auf den Nichtantritt der Maßnahme rekurriert, der die Verletzung der Mitwirkungspflicht selbst darstelle und mithin die Ermessensentscheidung erst eröffne. Es sei nicht erkennbar, welche Umstände die Beklagte zur vollständigen Leistungsversagung bewogen hätten. Es sei weder ersichtlich, dass die Beklagte die Gründe des Klägers für seine verweigerte Mitwirkung beachtet habe, noch dass sie in ihre Überlegungen einbezogen habe, welche Bedeutung die Leistungseinstellung im Hinblick auf die Erkrankung des Klägers, der an einer psychischen Störung gelitten habe, habe könne. Eine Ermessensreduzierung auf Null sei nicht gegeben. Darüber hinaus sehe § 66 Abs. 2 SGB I eine rückwirkende Entziehung der Leistung nicht vor, die Wirkung könne frühestens zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Entziehungsbescheids eintreten.

Gegen den ihr am 08.01.2016 zugestellten Gerichtsbescheid (so die Berufungsbegründung; laut Empfangsbekenntnis Zugang am 13.01.2016) richtet sich die am 03.02.2016 eingelegte Berufung der Beklagten. Der Senat habe in seinem Urteil vom 19.02.2008 (L 11 KR 3905/07, juris) diskutiert, ob § 51 Abs. 3 SGB V auch Anwendung finde, wenn der Antrag nicht zurückgenommen, die Reha-Maßnahme aber nicht angetreten werde. Unter Verweis auf Literatur und Rechtsprechung, die dies ablehne und stattdessen einen Fall fehlender Mitwirkung iSv § 66 SGB I annehme, habe der Senat damals offen gelassen, ob der Anspruch auf Krankengeld nicht auch dann nach § 51 Abs. 3 SGB V entfalle, wenn der Versicherte die Reha-Maßnahme nicht antrete, sofern die Krankenkasse den Versicherten zuvor auf die Notwendigkeit ihrer Zustimmung und auf die Möglichkeit des Wegfalls des Anspruchs hingewiesen habe. Erst im Rahmen des Klageverfahrens habe der Kläger als Grund für sein Fernbleiben die weite Entfernung der Klinik von seinem Wohnort genannt. Allerdings habe er sich trotz dieser großen Entfernung innerhalb des viermonatigen Wartezeitraums zwischen Bewilligung und Aufnahmetermin nicht um einen Wechsel der Einrichtung bemüht, auch nicht in der Folgezeit. Er habe auch keinen Kontakt mit der Einrichtung aufgenommen, um eine mögliche Änderung des Eintreffens in der Klinik zu besprechen. Aus dem gesamten Verhalten des Klägers ergebe sich seine Intention, die Rehabilitation nicht aufzunehmen. Dies komme einer faktischen Rücknahme des Antrags gleich. Soweit das SG als weiteres Motiv das Gebot der Rechtsklarheit genannt habe, stehe der fehlenden Antragstellung in § 51 Abs. 3 SGB V die Rücknahme des Antrags gleich. Mit dem Rücknahme- und Modifikationsverbot solle verhindert werden, dass durch spätere Dispositionen des Versicherten die Intention des Gesetzgebers bei § 51 SGB V in ihr Gegenteil verkehrt werde. Folgerichtig müsse die Einschränkung des Dispositionsrechts auch auf Fälle erstreckt werden, welche einen Nichtantritt einer konkreten Maßnahme zum Gegenstand hätten. Nur aus zwingendem Grund und mit Zustimmung der Krankenkasse dürfe der Versicherte eine medizinisch notwendige und zweckmäßige Maßnahme aufschieben oder ausfallen lassen. Die Darlegung des Klägers, wie intensiv und kooperativ er an einem Gelingen der Reha-Maßnahme habe mitwirken wollen, überzeuge nicht.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.12.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es sei nicht richtig, dass er sich vier Monate nicht um einen Wechsel der Einrichtung bemüht habe. Nach Beantragung der Reha habe er mit seinem Psychologen gesprochen, der ihm Bad D. empfohlen habe. Er habe daher dem Sozialen Dienst der Beklagten schon am 09.12.2011 eine E-Mail geschrieben, worin er den Reha-Ort Bad D. vorschlagen wollte. Am 14.12.2011 habe Frau S. vom Sozialen Dienst geantwortet, dass er dafür die DRV Baden-Württemberg anschreiben solle. Er habe diese kontaktiert, aber nur die Antwort erhalten, dass die DRV Bund zuständig sei. Bei Bewilligung der Maßnahme sei ihm nur der Ort mitgeteilt worden. Er sei damals davon ausgegangen, dass er mit dem Auto anreisen könne und ihm eine vernünftige Ankunftszeit mitgeteilt werde. Erst mit Schreiben vom 29.03.2012 sei ihm mitgeteilt worden, dass von einer Anreise mit dem Pkw wegen Parkplatzmangels abgeraten werde und er sich nach einer Bahnfahrt um 10 Uhr zu melden habe. Ende Dezember 2011 habe er auch noch nicht wissen können, dass sich die Aufnahme um vier Monate verzögern würde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat den angefochtenen Bescheid zu Unrecht aufgehoben. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Zulässiger Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist hier allein die isolierte Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 23.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.06.2013, mit dem die Beklagte die Gewährung von Krankengeld ab 17.04.2012 versagt hat. Mit einem solchen Bescheid wird nicht über den materiellen Anspruch entschieden, sondern über Pflichten des Antragsstellers oder Leistungsempfängers im Verwaltungsverfahren (BSG 17.02.2004, B 1 KR 4/02 R, SozR 4-1200 § 66 Nr. 1, juris Rn 12); § 54 Abs. 4 SGG ist hier nicht anwendbar (BSG 16.12.2014, B 9 SB 3/13 R, SozR 4-1200 § 66 Nr. 7). Die Beklagte hat sich zwar im Widerspruchsbescheid vom 17.06.2013 zur Begründung auf § 51 Abs. 3 SGB V gestützt, in der Sache aber nur den Widerspruch mit anderer Begründung als im Ausgangsbescheid zurückgewiesen.

Der Anspruch des Klägers auf Krg ist allerdings nicht nach § 51 Abs. 3 SGB V entfallen. Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, kann die Krankenkasse nach § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V eine Frist von 10 Wochen setzen, innerhalb derer sie einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen haben. So ging die Beklagte mit Schreiben vom 21.09.2011 vor. Die Aufforderung unter Fristsetzung einen Reha-Antrag zu stellen (§ 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V), dient zunächst und in erster Linie dazu, bei dem Versicherten mittels Leistungen der medizinischen Rehabilitation und Teilhabe die Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit zu beseitigen. Dies ist Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, wonach die Leistungen zur Teilhabe Vorrang haben vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind. Die Vorschrift will den Vorrang der Rentenzahlungen vor Krankengeldleistungen bei dauerhafter Erwerbsminderung sicherstellen. Hierzu räumt die Regelung den Krankenkassen die Möglichkeit ein, ihre Versicherten zu veranlassen, mittelbar (wegen der Rentenantragsfiktion § 116 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI), einen Rentenantrag zu stellen und hierdurch Einfluss auf den Beginn der antragsabhängigen Leistung zu nehmen (§ 99 SGB VI). Dies kann einen Wegfall ihrer Leistungszuständigkeit für das Krankengeld schon vor Erreichen der Anspruchshöchstdauer nach § 48 SGB V bewirken. Gleichzeitig wird die nicht rechtzeitige Antragstellung durch das Entfallen des Anspruchs auf Krankengeld sanktioniert (§ 51 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Die Regelung in § 50 SGB V könnte ohne Unterstützung durch § 51 SGB V unterlaufen werden, wenn der Versicherte die erforderliche Antragstellung (willkürlich) unterlässt (BSG 26.06.2008, B 13 R 37/07 R, BSGE 101, 86 = SozR 4-2500 § 51 Nr. 2). Die gesetzliche Risikozuordnung zwischen gesetzlicher Krankenversicherung und gesetzlicher Rentenversicherung unterliegt nicht der Disposition des Versicherten, was sich auch in der fehlenden Befugnis des Versicherten zeigt, einen nach Aufforderung seiner Krankenkasse gestellten Reha-Antrag zurückzunehmen. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte seinen Antrag wirksam nur noch mit Zustimmung der Krankenkasse zurücknehmen oder beschränken (BSG 26.06.2008, B 13 R 37/07 R, a.a.O.). Hat ein Versicherter bereits einen Reha- oder Rentenantrag gestellt, darf die Krankenkasse die Dispositionsbefugnis des Versicherten auch mit einer nachträglichen bzw. nachgeschobenen Aufforderung einschränken. Diese hat dieselbe Rechtswirkung wie die Aufforderung nach § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V (BSG 26.06.2008, a.a.O.).

Der Kläger hat vorliegend unter dem 30.11.2011 einen Reha-Antrag gestellt, der im Falle der Erfolglosigkeit grundsätzlich die Wirkung eines Antrags auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 116 Abs. 2 SGB VI hat (BSG 07.12.2004, B 1 KR 6/03 R, BSGE 94, 26 = SozR 4-2500 § 51 Nr. 1). In der Folgezeit hat der Kläger allerdings die konkrete Reha-Maßnahme, die am 17.04.2012 beginnen sollte, nicht angetreten.

Einer Rücknahme des Antrags, welche die Rechtsfolge des § 51 Abs. 3 SGB V auslösen würde (dazu BSG 16.12.2014, B 1 KR 31/13 R, SozR 4-2500 § 51 Nr. 3), ist der Nichtantritt der Maßnahme nicht gleichzusetzen. Im (bloßen) Nichtantritt der Maßnahme kann nicht ohne Weiteres eine konkludente Rücknahme des Antrages auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gesehen werden. Dafür ist das Verhalten bzw. Unterlassen nicht eindeutig genug. Allerdings ist der Beklagten zuzugeben, dass der mit der Regelung in § 51 SGB V verfolgte Zweck nicht oder nur mit Einschränkungen erreicht werden kann, wenn es im Belieben des Versicherten stehen sollte, eine bereits bewilligte Reha-Maßnahme ohne Angabe von Gründen einfach nicht anzutreten und dennoch weiterhin Krg zu beanspruchen. Die gesetzliche Regelung geht deshalb offenkundig davon aus, dass Versicherte eine bewilligte Reha-Maßnahme auch tatsächlich antreten. tun sie dies nicht, ist dies nach Ansicht des Senats ein Fall, der nicht (mehr) von § 51 SGB V erfasst wird, sondern über die Grundsätze bei mangelnder Mitwirkung zu lösen ist (ebenso LSG Rheinland-Pfalz, 07.02.2002, L 5 KR 86/01; LSG Nordrhein-Westfalen, 22.05.2003, a.a.O.; noch offengelassen im Senatsurteil vom 19.02.2008, a.a.O.). § 51 Abs. 3 SGB V führt daher im Fall des Klägers nicht zum Wegfall des Anspruchs auf Krankengeld. Im Übrigen bewirkt § 51 Abs. 3 SGBV lediglich, dass der Anspruch auf Auszahlung von Krankengeld für den Zeitraum bis zur Nachholung des Reha-Antrags dauerhaft entfällt, nicht aber das Stammrecht auf Krankengeld. Es vermag weiterhin Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten, wenn und solange der Versicherte im Übrigen alle Voraussetzungen des Krankengeldanspruchs erfüllt (BSG 16.12.2014, B 1 KR 32/13 R, GesR 2015, 535).

Die Beklagte hat jedoch dem Kläger die Gewährung von Krankengeld zu Recht wegen mangelnder Mitwirkung auf der Grundlage von § 66 Abs. 2 SGB I versagt. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger im Falle, dass ein Versicherter, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 SGB I nicht nachkommt und unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, die Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen. Nach § 63 SGB I soll, wer wegen Krankheit oder Behinderung Sozialleistungen beantragt oder erhält, sich auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers einer Heilbehandlung unterziehen, wenn zu erwarten ist, dass sie eine Besserung seines Gesundheitszustandes herbeiführen oder eine Verschlechterung verhindern wird. Ein von § 63 SGB I erfasster Sachverhalt liegt auch vor, wenn ein Versicherter der gesetzlichen Krankenversicherung - wie hier der Kläger - von seiner Krankenkasse auf der Grundlage von § 51 SGB V aufgefordert wird, einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu stellen, dieser Aufforderung nachkommt und vom zuständigen Rentenversicherungsträger eine stationäre Maßnahme für die Dauer von sechs Wochen bewilligt kommt. In einem solchen Fall ist die Erwartung, dass die Durchführung der bewilligten Reha-Maßnahme eine Besserung des Gesundheitszustands des Versicherten herbeiführen wird ohne Weiteres begründet. Andernfalls (zB bei fehlender Reha-Fähigkeit des Versicherten) hätten die Maßnahme gar nicht bewilligt werden dürfen.

Zwar betrifft § 63 SGB I in erster Linie Situationen, in denen sich der Leistungsträger eine Besserung des Gesundheitszustands erhofft, während § 51 SGB V - wie bereits dargelegt - den Vorrang der Rentenzahlungen vor Krankengeldleistungen bei dauerhafter Erwerbsminderung sicherstellen soll. Doch kann die Regelung des § 66 Abs. 2 SGB I auf diese Konstellation zumindest analog angewendet werden (zur Möglichkeit einer analogen Anwendung der Mitwirkungsvorschriften auf andere Bereiche vgl. BSG 16.12.2014, B 9 SB 3/13 R, SozR 4-1200 § 66 Nr. 7). Die Beklagte konnte deshalb die weitere Gewährung von Krankengeld wegen fehlender Mitwirkung des Klägers versagen.

Zwar verlangt § 66 SGB I die Ausübung von Ermessen, die hier nicht erfolgt ist. Die fehlende Ermessensausübung führt hier jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Versagungsbescheides. Bei der Anwendung des § 66 SGB I auf den hier gegebenen Sachverhalt muss beachtet werden, dass Gegenstand der Ermessensausübung nicht die Frage ist, ob der Sachverhalt trotz mangelnder Mitwirkung von Amts wegen weiter aufgeklärt werden soll (wie bei § 66 Abs. 1 SGB I), sondern ob Krg gewährt werden soll, obwohl der Versicherte die ihm eingeräumte Möglichkeit, seinen Gesundheitszustand durch eine stationäre Heilbehandlung zu verbessern, ohne Angabe von Gründen nicht wahrgenommen hat (vgl. Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, § 66 SGB I Rn 23). In einem solchen Fall bedarf es der Ausübung von Ermessen nur, wenn der Versicherte bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens Angaben darüber gemacht hat, weshalb er die ihm bereits bewilligte Maßnahme nicht angetreten hat. Die Beklagte durfte ohne Weiteres die Leistung versagen, da der Kläger die Reha-Maßnahme ohne Angabe von Gründen nicht angetreten hatte. Andernfalls hätte sie sich in einen nicht zu erklärenden Widerspruch zu ihrem bisherigen (rechtmäßigen) Verhalten gesetzt. Denn sie hatte den Kläger ja gemäß § 51 SGB I ausdrücklich aufgefordert, einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu stellen, weil dessen Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder bereits gemindert war. Der Kläger musste folglich mit einer Versagung des Krankgeldes rechnen, wenn er eine von ihm beantragte Reha-Maßnahme ohne Angabe eines wichtigen Grundes einfach nicht antritt. Überdies ist er zuvor auf diese Folge von der Beklagten ausdrücklich hingewiesen worden.

Geht der Versagung einer Sozialleistung (Krankengeld) wegen fehlender Mitwirkung des Versicherten ein Verfahren nach § 51 SGB I voraus, bedarf es für den Ausspruch der Versagung keiner erneuten Fristsetzung mehr. Die bereits mit einer Fristsetzung verbundene Aufforderung nach § 51 SGB V macht eine an sich nach § 66 Abs. 3 SGB I notwendige (nochmalige) Fristsetzung entbehrlich. Schließlich hat der Versicherte gerade bei stationären Reha-Maßnahmen ausreichend Zeit, um Gründe, die ihn an der (pünktlichen) Teilnahme der Maßnahme hindern, rechtzeitig vorzutragen. Nur der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass die erstmals vom Kläger im Klageverfahren vorgebrachte Argumentation, er hätte nachts um 23:14 Uhr losfahren müssen, um nach sechs Umstiegen mit Gepäck zwischen 10:00 Uhr und 12:00 Uhr in der Reha-Einrichtung erscheinen zu können, keinen wichtigen Grund darstellt. Es ist offensichtlich, dass ein Versicherter bei einer für die Dauer von sechs Wochen bewilligten Maßnahme auch erst am Abend des Aufnahmetages in der Klinik eintreffen kann, wenn er dies vorher ankündigt, so dass sich die Klinik darauf einstellen kann. Die Abfrage der Fahrzeiten bei der Bahn hat der Kläger im Übrigen mit dem Fahrplan des Jahres 2013 gemacht, wie er in der Klageschrift (Bl 1 der SG-Akte) ausdrücklich erwähnt hat. Offenkundig hat er im Jahr 2012 gar nicht daran gedacht hat, die Maßnahme anzutreten. Angesichts des erkennbaren Desinteresses des Klägers an einer Reha-Maßnahme hat der Senat auch erhebliche Zweifel, ob der Kläger im April 2012 tatsächlich noch arbeitsunfähig war.

Da Krg - wie auch im vorliegenden Fall - nur abschnittsweise gewährt wird, handelt es sich um eine Konstellation, in der eine Leistung beantragt, aber noch nicht gewährt wurde. Das Verbot der rückwirkenden Entziehung einer (bereits zugesprochenen) Sozialleistung erfasst den vorliegenden Fall nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.