Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 11 KA 100/08 - Urteil vom 15.12.2010
Verstößt ein Vertragsarzt fortdauernd gegen das Gebot der wirtschaftlichen Behandlungsweise, so ist in der Regel eine Disziplinarmaßnahme - hier Geldbuße - gerechtfertigt.
Tatbestand:
Die Klägerin, die seit 1982 in F als praktische Ärztin niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, wendet sich gegen eine Disziplinarmaßnahme.
Der Vorstand der Beklagten beschloss zunächst am 19.01.2000 wegen nicht ordnungsgemäßer Abrechnungslegung sowie wegen Verstoßes gegen die Dokumentationspflicht und sodann am 17.05.2000 wegen fortgesetzt unwirtschaftlicher Behandlungsweise in den Quartalen I/1996 bis II/1999, gegen die Klägerin Disziplinarverfahren einzuleiten. Der Disziplinarausschuss der Beklagten (Disziplinarausschuss) hörte die Klägerin an (Schreiben vom 23.02.2000 und 11.07.2000) und lud sie nachfolgend zur mündlichen Verhandlung (Schreiben vom 18.12.2000, Postzustellungsurkunde vom 19.12.2000).
In der Sitzung vom 17.01.2001, zu der die Klägerin nicht erschien, setzte der Disziplinarausschuss wegen Verletzung vertragsärztlicher Pflichten eine Geldbuße in Höhe von 20.000,00 DM gegen die Klägerin fest (Bescheid vom 13.02.2001). Zur Begründung führte der Disziplinarausschuss im Wesentlichen aus, in allen Quartalen I/1996 bis II/1999 seien vom Prüfungsausschuss bestandskräftig gewordene Honorarkürzungen gegen die Klägerin festgesetzt worden. Deren fortgesetzte unwirtschaftliche Behandlungsweise gebiete zwingend disziplinarische Maßnahmen. Nicht das unwirtschaftliche Verhalten der Klägerin in einem Quartal, sondern die Uneinsichtigkeit in Bezug auf das Gebot einer wirtschaftlichen Behandlungsweise, die aus den regelmäßig überhöhten Honorarforderungen folge, mache die Sanktionierung des Abrechnungsverhaltens erforderlich. Ein Vertragsarzt, der trotz wiederholter bestandskräftig gewordener Kürzungsmaßnahmen, Hinweise und Beratungen das unwirtschaftliche Abrechnungsverhalten fortsetze, gebe zu erkennen, dass er die gesetzlichen und vertraglichen Vorschriften nicht gegen sich geltend lassen wolle und nicht bereit sei, sich in das geltende Kassenarztsystem einzufügen. Die Klägerin sei im Bescheid des Prüfungsausschusses vom 28.07.1998 (Quartal I/1998) darauf hingewiesen worden, dass eine fortgesetzt unwirtschaftliche Behandlungs- und Verordnungsweise als eine vertragsärztliche Pflichtverletzung zu werten sei und zu disziplinarischen Maßnahmen oder in schweren Fällen sogar zur Entziehung der Zulassung führen könne. Zudem habe am 05.05.1999 ein Beratungsgespräch wegen des äußerst überhöhten Ansatzes der Nrn. 10 (hausärztliches Gespräch), 60 (Gesamtkörperstatus) und 2022 (Ulcus crusis-Behandlung) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) stattgefunden. Die Klägerin habe auch schuldhaft gehandelt, weil sie sich trotz der wiederholt ausgesprochenen Kürzungen über Jahre hinweg nicht darum bemüht habe, ihr Abrechnungsverhalten an dem gesetzlichen Gebot der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise auszurichten. Sie hätte in Kenntnis der Beanstandungen der Prüfgremien sich entweder um eine wirtschaftliche Behandlungsweise in der Folgezeit bemühen oder, wenn sie die Auffassung der Prüfgremien nicht zu akzeptieren bereit gewesen sei, eine gerichtliche Klärung herbeiführen müssen. Auch der Hinweis im Prüfbescheid vom 28.07.1998 auf mögliche Konsequenzen einer fortgesetzt unwirtschaftlichen Behandlungsweise habe die Klägerin offensichtlich nicht beeindruckt. Angesichts der teilweise außerordentlich hohen Überschreitungen der Fachgruppendurchschnitte in einzelnen Leistungssparten über zahlreiche Quartale hinweg sowie der Tatsache, dass die ausgesprochenen Kürzungsmaßnahmen ihr Ziel, die Ärztin für ein gesetzmäßiges Verhalten zu gewinnen, nicht erreicht hätten, sei die Festsetzung einer Geldbuße unverzichtbar. Der Klägerin sei mit aller Deutlichkeit vor Augen zu führen, dass sie sich für eine weitere Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung als ungeeignet erweisen werde, wenn sie sich auch künftig nicht an dem Gebot der Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise orientieren sollte. Die Geldbuße sei mit dem höchst zulässigen Betrag von 20.000,00 DM zu bemessen, weil das Gewicht des Fehlverhaltens auch eine Anordnung des Ruhens der Zulassung für einen angemessenen Zeitraum bis zu zwei 2 Jahren durchaus nicht als unvertretbar erscheinen lasse.
Gegen den am 19.02.2001 zugestellten Bescheid hat die Klägerin am 19.03.2001 Klage erhoben und vorgetragen, sie habe ihre Leistungen stets entsprechend den Vorschriften der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) abgerechnet und sich um eine wirtschaftliche Behandlungsweise bemüht. Die bisherigen Honorarkürzungen seien teilweise zurückgenommen oder vom Sozialgericht (SG) aufgehoben worden. Sie habe keinerlei unnötige und nicht erbrachte Leistungen abgerechnet; sie habe auch keine Beschwerden von Patienten erhalten.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beschluss des Disziplinarausschusses der Beklagten vom 17.01.2001, als Bescheid ausgefertigt am 13.02.2001, aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG Düsseldorf hat den Beschluss des Disziplinarausschusses mit Urteil vom 24.09.2008 aufgehoben, soweit eine Geldbuße von mehr als 2.500,00 EUR festgesetzt worden ist; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, der Disziplinarausschuss sei zutreffend von einer fortgesetzten unwirtschaftlichen Behandlungsweise durch die Klägerin ausgegangen, habe aber insofern einen unzutreffenden Sachverhalt zu Grunde gelegt, als er davon ausgegangen sei, dass die vom Prüfungsausschuss für die Quartale I/1996 bis II/1999 ausgesprochenen Honorarkürzungen sämtlich bestandskräftig geworden seien. Vielmehr sei die Klägerin gegen alle Entscheidungen vorgegangen und habe dabei zumindest nicht unerhebliche Teilerfolge erzielt. Deshalb bestünden Bedenken gegen die Entscheidung des Disziplinarausschusses. Zwar sei die Festsetzung einer Geldbuße gerechtfertigt, nicht aber die festgesetzte Höhe. Diese sei auf 2.500,00 EUR zu reduzieren.
Gegen das am 28.10.2008 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 14.11.2008.
Die Klägerin ist der Auffassung, die im Bescheid des Disziplinarausschusses zu Grunde gelegte Berechnung der Unwirtschaftlichkeit sei substanziell unbegründet. In mehreren Rechtsstreiten seien Korrekturen erfolgt; die verbleibenden geringfügigen Überschreitungen seien Folge medizinischer Notwendigkeit.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.09.2008 abzuändern und den Beschluss des Disziplinarausschusses der Beklagten vom 17.01.2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Akten S 25 KA 353/98 SG Düsseldorf - L 11 KA 97/01 LSG NRW -, S 14 (25) KA 64/00 SG Düsseldorf - L 11 KA 59/03 LSG NRW -, S 33 KA 84/00 SG Düsseldorf - L 11 KA 24/02 LSG NRW -, S 17 KA 99/02 SG Düsseldorf - L 11 KA 67/04 LSG NRW -, S 14 KA 46/03 SG Düsseldorf, S 14 KA 47/03 SG Düsseldorf, S 14 KA 48/03 SG Düsseldorf, S 14 KA 232/03 SG Düsseldorf und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Beschluss des Disziplinarausschusses vom 17.01.2001 nicht beschwert; denn diese Entscheidung ist rechtmäßig. Durch das von der Beklagten nicht angefochtene erstinstanzliche Urteil wird die Klägerin, soweit ihrer Klage stattgegeben wurde, lediglich begünstigt.
Rechtsgrundlage für die Entscheidung des Disziplinarausschusses ist § 81 Abs. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 4 Abs. 9 der Satzung der Beklagten und § 19 derer Disziplinarordnung.
Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 SGB V haben die KVen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen und die Vertragsärzte, soweit notwendig, unter Anwendung der in § 81 Abs. 5 SGB V vorgesehenen Maßnahmen zu deren Erfüllung anzuhalten. Erfüllt ein Vertragsarzt die ihm obliegenden Pflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß, so kann die KV gegen ihn eine Disziplinarmaßnahme verhängen (§ 81 Abs. 5 Satz 1 SGB V). Die in § 81 Abs. 5 Satz 2 SGB V genannten Disziplinarmaßnahmen unterscheiden sich lediglich nach dem Ausmaß der Schwere der Verfehlung und lauten abgestuft auf Verwarnung, Verweis, Geldbuße oder Ruhen der Zulassung bzw. der vertragsärztlichen Beteiligung. Der Gesetzgeber hat in § 81 Abs. 5 Satz 2 SGB V somit eine Stufenfolge disziplinarrechtlicher Maßnahmen normiert, die mit der niedrigschwelligen Verwarnung beginnt, mit der nächst schwereren Maßnahme des Verweises an Intensität zunimmt, dann auf die Verhängung von Geldbußen (bis 10.000 EUR, zuvor 20.000 DM) übergeht und in dem tief einschneidenden maximal zweijährigen Ausschluss von der vertragsärztlichen Versorgung gipfelt. Bei diesem abgestuften Katalog von Disziplinarmaßnahmen knüpft die Verhängung einer Einzelmaßnahmenahme mithin jeweils an die Intensität des vertragsärztlichen Pflichtenverstoßes an (BSG, Urteil vom 08.03.2000 - B 6 KA 62/98 R -). Kern einer jeden Disziplinarmaßnahme ist damit die Missbilligung eines Verhaltens und der Vorwurf der Verletzung vertragsärztlicher Pflichten. Disziplinarverfahren können darüber hinaus auch Bedeutung für die Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung haben. Sie werden vielfach im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit je nach Schwere der Verstöße vorgeschaltet, bevor mit dem Mittel der Zulassungsentziehung gegen den Vertragsarzt vorgegangen wird (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 28.03.1985 - 1 BvR 1245/84, 1 BvR 1254/84 -; BSG, Urteile vom 15.04.1986 - 6 RKa 6/85 - und vom 29.10.1986 - 6 RKa 4/86 -).
Die gerichtliche Überprüfung von Disziplinarmaßnahmen der KVen beschränkt sich auf die Prüfung, ob der Disziplinarausschuss von einem richtigen und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und sich von sachgerechten Überlegungen hat leiten lassen, also ob rechtlich zutreffend eine schuldhafte Nichterfüllung vertragsärztlicher Pflichten angenommen und ob die Maßnahme ermessensfehlerfrei ausgewählt wurde (z.B. BSG, Urteil vom 03.09.1987 - 6 RKa 30/86 -, Urteil des Senats vom 07.06.2000 - L 11 KA 29/99 -; Schroeder-Printzen in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2006, 2. Auflage, § 18 Rdn. 24 m.w.N.).
Davon ausgehend erweist sich der Bescheid des Disziplinarausschusses als rechtmäßig.
Zu Recht hat das SG zwar festgestellt, dass der Disziplinarausschuss einen teilweise unzutreffenden Sachverhalt zu Grunde gelegt hat; dies ist im Ergebnis aber unerheblich.
Der Disziplinarausschuss ist davon ausgegangen, dass die von ihm im Einzelnen aufgeführten, auf unwirtschaftlicher Behandlungsweise der Klägerin in den Quartalen I/1996 bis II/1999 beruhenden Kürzungsmaßnahmen bestandskräftig geworden sind. Dies war indes nicht der Fall; denn die Klägerin hat sämtliche Kürzungsbescheide teilweise mit Erfolg angefochten, und zwar im Wesentlichen mit folgenden Ergebnissen:
- Für die Quartale I/1996, Quartal II/1996 und Quartal III/1996 wurden die durch den Beschwerdeausschuss reduzierten Kürzungen (Nr. 60 EBM) mit einem Gegenstandswert i.H.v. 20.616,71 DM (= 10.541,00 EUR) bestätigt (Urteil des LSG NRW vom 30.07.2003 - L 11 KA 97/01 -).
- Hinsichtlich der für das Quartal IV/1996 festgesetzten Kürzung (Sparte Sonderleistungen) mit einem Gegenstandswert i.H.v. 1.993,53 EUR wurde der Beschwerdeausschuss zur Neubescheidung verurteilt (Urteil des SG Düsseldorf vom 19.02.2003 - S 14 (25) KA 64/00 -). Seinen neuen Bescheid vom 03.11.2003 hob der Beschwerdeausschuss auf, um über die Sache erneut zu entscheiden (SG Düsseldorf - S 14 KA 232/03 -).
- Die für das Quartal I/1997 ausgesprochene Kürzung (Sparte Sonderleistungen) mit einem Gegenstandswert i.H.v. 1.173,41 EUR hob der Beschwerdeausschuss auf (LSG NRW - L 11 KA 59/03 -).
- Hinsichtlich der Quartale II/1997 (Gegenstandswert i.H.v. 2.705,67 EUR), III/1997 (Gegenstandswert i.H.v. 2.113,59 EUR) und IV/1997 (Gegenstandswert i.H.v. 6.816,86 EUR) trafen die Beteiligten die Regelung, dass die Kürzungen bei den Sonderleistungen aufgehoben und die Kürzungen bei der Sparte Besuche/Visiten und Wegpauschalen auf die Hälfte reduziert werden; im Übrigen verblieb es bei der Kürzung der Nr. 60 EBM im Quartal IV/1997. Die Kosten der drei Rechtsstreite (SG Düsseldorf - S 14 KA 46/03, S 14 KA 47/03 und S 14 KA 48/03 -) wurden gegeneinander aufgehoben.
- Die Kürzungen in den Quartalen I/1998 bis III/1998 wurden gleichfalls im Wege eines gerichtlichen Vergleichs reduziert: die Kürzungen der Nrn. 2021 und 2022 EBM in den Quartalen I/1998 und II/1998 wurden aufgehoben; die Kürzung der Nr. 25 EBM im Quartal I/1998 wurde auf 11.800 Punkte und die ebenfalls im Quartal I/1998 erfolgte Kürzung der Wegpauschale auf 116,00 DM reduziert. Es verblieb bei den Kürzungen der Nr. 60 EBM. Die Kosten des Rechtsstreits nach einem Gegenstandswert i.H.v. 7.404,98 EUR übernahm die Klägerin zu 70% (LSG NRW - L 11 KA 24/02 -).
- Die Kürzungen in den Quartalen IV/1998 bis II/1999 wurden - ebenso wie weitere Kürzungen in den Quartalen III/1999 bis I/2003, 3/2003 und I/2005 - im Wege eines ausgerichtlichen Vergleichs auf insgesamt 10.000,00 EUR reduziert.
Daraus ergibt sich, auch wenn die Kürzungen in den Quartalen IV/1996 und I/1997 keinen Bestand hatten und ansonsten zum Teil reduziert worden sind, dass der gegen die Klägerin erhobene Vorwurf einer Verletzung vertragsärztlicher Pflichten, nämlich einer fortgesetzten unwirtschaftlichen Behandlungs- und Verordnungsweise zu Recht geltend gemacht wurde. Diese Feststellung, dass die Klägerin - mit Ausnahme der Quartale IV/1996 und I/1997 - unwirtschaftlich gehandelt hat, wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass über die Honorarkürzungen teilweise ein Vergleich geschlossen worden ist (BSG, Beschluss vom 09.12.2004 - B 6 KA 70/04 B - m.w.N.). Zwar ist eine generelle Klärung, welche Auswirkungen im Einzelfall dem Umstand zukommen, dass die abschließende Festlegung der Höhe von Honorarkürzungen im Wege eines Vergleichs erfolgt ist, nicht möglich. Darauf kommt es aber auch nicht an. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass vorliegend - neben den zudem ansonsten lediglich reduzierten Kürzungen - gerade die Kürzungen bei der Nr. 60 EBM in nahezu vollständigem Umfang Bestand hatten. Es kann somit daraus, dass die Bestandskraft der Honorarkürzungen im Wege eines Vergleichs herbeigeführt worden ist, nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Unwirtschaftlichkeit hinsichtlich der Behandlungsweise nicht verbindlich festgestellt worden sei (BSG, Beschluss vom 09.12.2004 a.a.O.). In der Rechtsprechung des BSG ist seit Jahrzehnten geklärt, dass der fortdauernde Verstoß eines Arztes gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen rechtfertigt und ggf. sogar Grundlage für die Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit sein kann (BSG, Urteil vom 15.04.1986 - 6 RKa 6/85 -; BSG, Beschluss vom 09.12.2004 a.a.O.). In § 106 Abs. 2 Nr. 1 SGB V in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung ist als Regelprüfmethode im Rahmen der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung die arztbezogene Prüfung ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten, also die sog. statistische Vergleichsprüfung, vorgeschrieben. Es unterliegt deshalb keinem Zweifel, dass eine auf dieser Grundlage ermittelte Unwirtschaftlichkeit der ärztlichen Behandlungsweise über einen längeren Zeitraumhinweg grundsätzlich geeignet ist, den Vorwurf einer Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten zu begründen.
Ebenso steht fest, dass die Klägerin schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig (BSG, Beschluss vom 09.12.2004 a.a.O.), gehandelt hat. Sie hat über eine lange Zeit - mit Ausnahme von zwei Quartalen über 3 ½ Jahren - fortdauernd gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen. Unabhängig davon, dass Nichtwissen die Klägerin nicht entschuldigt, datiert der erste Kürzungsbescheid für das Quartal I/1996 unter dem 21.08.1996, so dass ihr spätestens seit diesem Zeitpunkt ihr vertragswidriges Verhalten positiv bekannt sein musste. Dennoch hat die Klägerin weiterhin unwirtschaftlich gehandelt.
Der Rechtmäßigkeit des Bescheides des Disziplinarausschusses steht schließlich auch nicht entgegen, dass einige der den Vorwurf der unwirtschaftlichen Behandlungsweise begründenden Umstände sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach entfallen sind. Es verbleibt nämlich dennoch bei dem Vorwurf, dass die Klägerin fortdauernd gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat (s.o.). Die Verengung des Sachverhalts führt auch nicht dazu, dass der Disziplinarausschuss sein Ermessen bei der Auswahl und der Entscheidung über die Höhe der Disziplinarmaßnahme neu ausüben muss; die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Disziplinarbescheids durch den Senat steht nicht im Widerspruch zu den Ermessenserwägungen des Disziplinarausschusses (BSG, Urteil vom 03.09.1987 a.a.O.). Im vorliegenden Fall hat der Disziplinarausschuss nämlich deutlich zu erkennen geben, dass für die aus dem berechtigterweise erhobenen Vorwurf der fortdauernden unwirtschaftlichen Behandlungsweise resultierenden Folgen, d.h. die Höhe der Geldbuße, nicht die geldwerte, ihm im Übrigen insoweit weitgehend auch nicht bekannte Höhe der vom Prüfungsausschuss zu Grunde gelegten Kürzungen im Vordergrund stand, so dass es auf die später erfolgten Reduzierungen dieser Kürzungen auch nicht entscheidend ankommt. Vielmehr hat der Disziplinarausschuss zu Recht darauf abgestellt, dass die ausgesprochenen Kürzungsmaßnahmen ihr Ziel, die Klägerin für ein gesetzmäßiges Verhalten zu gewinnen, nicht erreicht haben, und ihr deshalb mit aller Deutlichkeit vor Augen zu führen ist, dass sie sich für eine Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung bei weiterer unwirtschaftlicher Behandlungs- und Verordnungsweise als ungeeignet erweisen wird. In seine Überlegungen hat der Disziplinarausschuss ebenfalls zu Recht als weitergehende Maßnahme ein Ruhen der Zulassung in Betracht gezogen, das bei dem fortgesetzten Verstoß der unbelehrbaren Klägerin gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot durchaus auch hätte gerechtfertigt sein können. In der Gesamtheit seiner Abwägungen ist der Disziplinarausschuss deshalb beanstandungsfrei, d.h. frei von Ermessensfehlern zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Geldbuße i.H. des höchst zulässigen Betrages festzusetzen ist. Der Auffassung des SG, es sei eine niedrigere Geldbuße angemessen, ist nicht beizutreten; die Bemessung der gegen die Klägerin ausgesprochenen Strafe ist - wie aufgezeigt - nicht offenbar unbillig (BSG, Urteil vom 03.09.1987 a.a.O.). In Ermangelung eines Rechtsmittels der Beklagten verbleibt es indes bei der vom SG zu Gunsten der Klägerin neu festgelegten Höhe der Geldbuße.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG in der hier noch anwendbaren Fassung vor der Rechtsänderung zum 02.01.2002, da die Klage vor dem 02.01.2002 erhoben worden ist (BSG, Urteil vom 30.01.2002 - B 6 KA 12/01 -).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).