Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 11 (10) KA 14/07 - Urteil vom 27.10.2010
Die Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (nunmehr Gemeinsamer Bundesausschuss), dass die Hyperbare Sauerstofftherapie (HBO) für die Indikationen "akutes Knalltrauma" und "Hörsturz mit/ohne Tinnitus" nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden kann, ist rechtmäßig.
Tatbestand:
Die Kläger, die Druckkammerzentren betreiben, begehren die Aufnahme der Hyperbaren Sauerstofftherapie (HBO) in die Anlage I der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung) für die Indikationen "akutes Knalltrauma" und "Hörsturz mit/ohne Tinnitus".
Bei der HBO handelt es sich um eine ärztliche Behandlungsmethode, die aufgrund der Kosten und des räumlichen Ausmaßes der dafür benötigten Gerätschaften in der Regel nicht in einer Arztpraxis, sondern auf Überweisung von Fachärzten ambulant in Druckkammerzentren angewandt wird. Die Betreiber der Druckkammerzentren erbringen die Behandlung nicht selber, sondern stellen dem behandelnden Arzt in ihren Betriebsstätten die erforderlichen Geräte und das Personal zur Durchführung der HBO-Behandlung zur Verfügung. Die Behandlung besteht im Wesentlichen darin, dass der Patient in einer Kammer reinen Sauerstoff einatmet und einem Überdruck von 1,5 bis 3 bar ausgesetzt wird. Der Behandlungszeitraum pro Therapieeinheit beträgt je nach Indikation 45 Minuten bis zu über 6 Stunden. Diese Therapie wird z.B. bei der arteriellen Gasembolie sowie der Dekompressionskrankheit eingesetzt, aber auch auf dem Gebiet der Wundheilung und bei einigen das Innenohr betreffenden Indikationen.
Die HBO wurde erstmalig 1994 von dem Rechtsvorgänger des Beklagten, dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (Bundesausschuss), beraten und in die Anlage 2 der Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-Richtlinien) unter Ziffer 16 eingeordnet (Beschluss vom 22.11.1994). In dieser Anlage waren die Methoden aufgelistet, die vom Bundesausschuss unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse nicht für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten anerkannt waren.
Unter dem 22.04.1998 beantragte die Beigeladene zu 3) gemäß Ziff. 2.2 der (damals geltenden) Verfahrensrichtlinie, die HBO erneut nach § 135 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zu beraten. Der Antrag umfasste u.a. die Indikationen "akutes Knalltrauma" und "Hörsturz mit und ohne Tinnitus". In dem Antrag heißt es:
"Die hyperbare Sauerstofftherapie wurde mit Beschluss des Bundesausschusses vom 22.11.1994 aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen, da für die damals beratenen Indikationen eine Wirksamkeit nicht belegt werden konnte. Auch nach der damaligen Beschlussfassung sind bis heute keine Unterlagen vorgebracht worden, die den Nutzen, die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit bei den damals beratenen Indikationen belegen würden. Der verbindliche Beschluss-Stand des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen wird dadurch konterkariert, dass die hyperbare Sauerstofftherapie regelhaft von den Krankenkassen erstattet wird, wie beiliegende Auszüge aus den Arbeitsanleitungen der Krankenkassen für leistungsrechtliche Entscheidungen ihrer Geschäftsstellen belegen. Nach jüngsten Angaben der Kommission "hyperbare Medizin in der Anästhesie" wurden seit dem damaligen Beschluss des Bundesausschusses bis heute insgesamt über 40.000 Patienten behandelt. Dies entspräche insgesamt einem Erstattungsvolumen von ca. 120 Mio. DM."
Auf den Antrag erfolgte die Prioritätenfestsetzung am 28.05.1998 entsprechend Punkt 4 der (damals geltenden) Verfahrensrichtlinie, nach der der Arbeitsausschuss festzulegen hat, welche zur Beratung anstehenden Methoden vorrangig überprüft werden. Der Ausschuss benannte in dieser Sitzung die Themen, darunter auch die HBO, die prioritär beraten und deswegen sobald als möglich als Beratungsthemen veröffentlicht werden sollten. Die HBO wurde entsprechend Punkt 5 der Verfahrensrichtlinie, nach der der Arbeitsausschuss diejenigen Methoden zu veröffentlichen hat, die aktuell zur Überprüfung anstehen, am 25.06.1998 als prioritäres Beratungsthema im Bundesanzeiger und am 19.06.1998 im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht. In diesem Zusammenhang wurde ein Fragenkatalog bereitgestellt, der der Strukturierung u.a. der Stellungnahmen der maßgeblichen Dachverbände der jeweiligen Therapierichtung dienen sollte und der 21 Fragen umfasste.
Insgesamt wurden dem Bundesausschuss 22 Stellungnahmen zugeleitet. Es lag u.a. eine Stellungnahme vor, die mit weiteren umfangreichen Unterlagen gemeinsam von der Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin, dem Verband Deutscher Druckkammerzentren e.V., der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin und dem Berufsverband Deutscher Anästhesisten für die aktuelle Beratung des Beklagten verfasst worden war. Darüber hinaus wurde eine Ausarbeitung der Projektgruppe P 17 "Hyperbare Sauerstofftherapie" des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung von April 1999 eingereicht, in der die Wirksamkeit der HBO u.a. bei akuter Hörminderung mit oder ohne Tinnitus sowie bei Knalltrauma erörtert wurde. Bereits zuvor waren bestimmte Indikationen, darunter auch die akute Hörminderung mit oder ohne Tinnitus sowie das Knalltrauma, in der Monographie von Welslau u.a. unter dem Titel "Hyperbare Sauerstofftherapie - Wissenschaftliche Bewertung ausgesuchter Indikationen -" (Archimedes Verlag, Göttingen 1998) bewertet worden.
Alle Unterlagen wurden an die Mitglieder des Arbeitsausschusses verschickt oder diesen als Tischvorlage ausgehändigt. Für die Bearbeitung des Themas wurde eine Arbeitsgruppe einberufen, die sich aus Vertretern der Krankenkassen und der Ärzte zusammensetzte. In der Arbeitsgruppe des Arbeitsausschusses wurden die Stellungnahmen und die wissenschaftliche Literatur indikationsbezogen ausgewertet und im Berichterstattersystem dem Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung" vorgetragen. Hinsichtlich der Diagnosen "akutes Knalltrauma" und "akuter Hörsturz jeweils mit / ohne Tinnitus" gelangte der Arbeitsausschuss zu dem Fazit:
"Nutzen: Zur Frage des therapeutischen Nutzens der HBO bei Hörsturz und Knalltrauma liegen eine Reihe von Studien vor, die als randomisierte kontrollierte Studien betitelt sind. Keine der Studien erfüllt auch nur ansatzweise grundsätzliche Qualitätsanforderungen an die Planung, Durchführung und Auswertung von klinischen Studien. Die Auswertungen sind inadäquat und werden größtenteils nur unvollständig dargestellt. Eine erhebliche Zahl von Studienautoren betont Notwendigkeit weiterer Studien zur Klärung des Nutzens der HBO bei dieser Indikation. Aus den bisher durchgeführten Studien geht hervor, dass bei dieser Indikation keine Zweifel an der Durchführbarkeit randomisierter Vergleichsstudien besteht. Insbesondere wegen der Annahme eines verfahrensimmanenten Plazeboeffektes wird von Studienautoren ein Studiendesign vorgeschlagen, in das eine verblindete Schein-HBO integriert ist. Hinweise aus einzelnen Studien, wonach für die mit HBO behandelten Patienten Nachteile entstehen können, bedürfen der Abklärung. Mit den bisher vorliegenden klinischen Studien kann weder ein Nachweis des therapeutischen Nutzens noch ein Ausschluss von Risiken geführt werden.
Notwendigkeit: Zur Behandlung des Hörsturzes oder Knalltraumas mit oder ohne Tinnitus sind im Rahmen der GKV therapeutische Maßnahmen erbringbar. Die Entwicklung weiterer suffizienter Behandlungsstrategien erscheint insbesondere wegen chronischer Verlaufsformen generell geboten. Eine Notwendigkeit zum Einsatz der HBO kann durch den Ausschuss nicht bestätigt werden, insbesondere weil ein überzeugender wissenschaftlicher Nachweis des Nutzens bisher aussteht.
Wirtschaftlichkeit: Ohne adäquate Erkenntnisse zum medizinischen Nutzen kann das Kriterium der Wirtschaftlichkeit in der vertragsärztlichen Versorgung nicht als erfüllt angesehen werden."
Aufgrund des Abschlussberichtes des Arbeitsausschusses fasste der Bundesausschuss am 10.04.2000 den Beschluss, die HBO nicht in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufzunehmen. Der Beschluss wurde am 12.07.2000 im Bundesanzeiger bekannt gegeben ("Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen bestätigt nach erneuter, umfassender und indikationsbezogener Überprüfung seinen Beschluss vom 22.11.1994, die Behandlungsmethode der Hyperbaren Sauerstofftherapie nicht für die Vertragsärztliche Versorgung anzuerkennen.").
In den Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) wurde die HBO in der Anlage B Ziffer 16 unter "Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen" aufgeführt. Mit Beschluss vom 17.01.2006 hat der Beklagte als Rechtsnachfolger des Bundesausschusses (Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV Modernisierungsgesetz - GMG vom 14.11.2003) die BUB-Richtlinien in die Richtlinie "Methoden vertragsärztliche Versorgung" überführt. Die Anlage B der BUB-Richtlinien wurde zur Anlage II der Richtlinie "Methoden vertragsärztliche Versorgung".
Die Kläger haben auf den Beschluss des Bundesausschusses vom 10.04.2000 hin am 15.08.2000 Klage im Wesentlichen mit dem Begehren erhoben, die HBO als vertragsärztliche Leistung anzuerkennen.
Sie haben u.a. vorgetragen: Zunächst werde die Feststellung begehrt, dass die Einordnung der HBO in die Anlage B der BUB-Richtlinien rechtswidrig sei. Darüber hinaus werde die Verpflichtung des Beklagten begehrt, die HBO in die Anlage A der BUB-Richtlinien aufzunehmen. Bei den Richtlinien handele es sich um untergesetzliche Rechtsnormen, gegen die eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben werden könne. Soweit darüber hinaus auch eine Verpflichtung begehrt werde, sei auch eine echte Leistungsklage i.S.d. § 54 Abs. 5 SGG zulässig. Dem stehe nicht entgegen, dass sie nicht unmittelbar Adressat der Richtlinien seien und auch nicht unmittelbar durch die Richtlinien gebunden werden könnten. Denn auch Dritte, die durch Richtlinien nicht unmittelbar betroffen seien, könnten Feststellungsklage erheben (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 20.09.1991 - 1 BvR 879/90, 259/91 und 1455/90 -), sofern sie - wie sie - in Grundrechtspositionen, hier der Art. 12 und 14 Grundgesetz (GG), betroffen seien. Das Bundessozialgericht (BSG) habe z.B. in dem eine Diätassistentin betreffenden Urteil vom 28.06.2000 - B 6 KA 26/99 - betont, ein Eingriff in das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG erfordere es nicht, dass eine Berufstätigkeit durch eine hoheitliche Maßnahme unmittelbar betroffen sei. Vielmehr sei das Grundrecht auch dann in seinem Schutzbereich tangiert, wenn eine Norm die Berufstätigkeit selbst unberührt lasse, aber deren Rahmenbedingungen verändere. Gleiches ergebe sich aus den Entscheidungen zur Grundrechtsbetroffenheit von Arzneimittelherstellern (BVerfG, Beschluss vom 25.02.1999 - 1 BvR 1472/91 und 1 BvR 1510/91 -; BSG, Urteile vom 30.09.1999 - B 8 KN 9/98 KR R - und vom 16.11.1999 - B 1 KR 9/97 R -) und aus dem Umstand, dass die Rechte der Leistungserbringer mit dem 2. GKV-Neuordnungsgesetz vom 23.06.1997 zusätzlich gestärkt worden seien und den Organisationen der Leistungserbringer bei Aufstellung der Richtlinien zu Arzneimitteln, Heilmitteln und häuslichen Krankenpflege Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt werden müsse. Entsprechendes müsste für Leistungserbringer im Rahmen der Verfahren zur Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gelten.
Eine Normenerlassklage sei zulässig, wenn durch Untätigkeit der Behörde die Betroffenen in eigenen Rechten verletzt sein könnten. Der insoweit geltend gemachte Anspruch werde damit begründet, dass seit der Entscheidung des Beklagten über die Einordnung der HBO vom 22.11.1994 ein erheblicher Zeitraum verstrichen sei. Die nun erfolgte Entscheidung des Beklagten sei rechtswidrig und damit zugleich nichtig, so dass es an einer Entscheidung über die Einordnung der HBO im Bereich der BUB-Richtlinien mangele und ihnen deshalb ein Anspruch auf Anerkennung der HBO zustehe. Der Beklagte habe zudem im Zusammenhang mit der Bewertung der HBO nicht entsprechend der gesetzlichen Vorgaben nach § 135 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Buch V SGB V gehandelt. Er habe nicht berücksichtigt, dass seine Beurteilung nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse "in der jeweiligen Therapierichtung" vorzunehmen sei. Die allgemeine Formulierung in § 135 Abs. 1 SGB V lasse nicht erkennen, dass damit ausschließlich die sog. besonderen Therapierichtungen i.S.d. § 2 Abs. 1 SGB V gemeint seien; vielmehr besage die Formulierung, dass sie sich auf sämtliche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden beziehe. Es liege kein indikationsbezogener Beschluss vor; weder aus dem Beschluss vom 22.11.1994 noch dem vom 10.04.2000 sei erkennbar, für welche Indikationen ein Ausschluss erfolgt sei. Schon deshalb sei der Beschluss einheitlich und vollständig aufzuheben, soweit Teile desselben rechtswidrig seien. Zudem seien Stellungnahmen nur zu 12 Indikationen eingeholt worden, vom Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlungen" seien aber 38 Indikationen behandelt worden.
Es seien zu strenge Anforderungen an den Nutzennachweis gestellt worden. Die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode sei nach den BUB-Richtlinien anhand der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin zu beurteilen. Nach der Nr. 6.4 BUB-Richtlinien werde zur Anerkennung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden generell "zur Erfüllung des Kriteriums des Nutzens einer Methode in der Regel mindestens eine Studie der Evidenzklasse I", also einer Studie, die "richtig" randomisiert und kontrolliert sei, gefordert. Diese Anforderung stelle ein falsches Verständnis der evidenzbasierten Medizin dar. Evidenzbasierte Medizin statuiere zwar einen Vorrang wissenschaftlicher Evidenz vor ärztlicher Erfahrung oder Intuition; sie fordere jedoch nicht den unterschiedslosen und indikationsunabhängigen Nachweis der höchstmöglichen Evidenz im Einzelfall. Fraglich sei z.B., ob eine verblindete randomisierte Studie überhaupt möglich bzw. unter medizinethischen Gesichtspunkten zulässig sei. Damit könne das Fehlen einer Studie der Evidenzklasse I nicht allein ausschlaggebend sein. Der Wirksamkeitsnachweis habe sich folglich an der "bestmöglichen Evidenzklasse" auszurichten. Dementsprechend werde auch in § 20 der neuen Verfahrensordnung des Beklagten vom 20.09.2005 der Nachweis durch Studien der Evidenzklasse I unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr gefordert.
Die von dem Beklagten getroffenen Feststellungen zum Nutzen, zur medizinischen Notwendigkeit und zur Wirtschaftlichkeit seien unhaltbar; denn von namhaften Wissenschaftlern durchgeführte Erhebungen belegten die Wirksamkeit der HBO beim Knalltrauma und beim Hörsturz mit/ohne Tinnitus. Nach der randomisierten Studie von Schwab, Flunkert et al seien die beiden Therapiemodalitäten Infusionsbehandlung und HBO-Behandlung von gleicher Wirksamkeit. Zudem habe der Beklagte verschiedene - im Einzelnen benannte - Arbeiten zu Unrecht in zu niedrige Evidenzklassen eingestuft; richtig sei in den benannten Fällen zumindest die Evidenzklasse II-a; die Studie von Pilgramm et al zum akuten Knalltrauma erfülle die Voraussetzungen der Evidenzstufe I. Beim Hörsturz ergebe sich nach der Cochrane Library ebenfalls die geforderte Evidenz.
Die Kläger haben beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, die Hyperbare Sauerstofftherapie zur Aufnahme in die Anlage I der "Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung)" bzgl. der Indikationen Akutes Knalltrauma und Hörsturz mit/ohne Tinnitus erneut zu beraten und zu entscheiden.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht (SG) Köln hat ein Gutachten von dem Direktor der Klinik für Anästhesiologie des Universitätsklinikums B - Medizinische Fakultät der RWTH-B -, Prof. Dr. S, eingeholt. In seinem Gutachten vom 31.10.2005 ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, die Effektivität der HBO-Therapie beim Knalltrauma sei belegt. Die HBO sei erforderlich, weil nach Ausschöpfen der Alternativen ein erheblicher Prozentsatz an Patienten ungeheilt oder mit Restsymptomen bleibe. Nach den vorliegenden prospektiven randomisierten Untersuchungen und retrospektiven Fallauswertungen seien die Behandlungsergebnisse unter Einschluss der HBO deutlich besser. Auch bei dem erfolglos vorbehandelten Hörsturz mit oder ohne Tinnitus sei die Anwendung der HBO effektiv, zweckmäßig und wirtschaftlich und dürfe deshalb nicht aus der GKV ausgeklammert werden.
Die Beklagte hat dem Gutachten entgegengehalten, es bestünden Zweifel, ob sich der Sachverständige ein eigenes Bild von den Wirksamkeitsbelegen zur HBO gemacht habe, weil er in erheblichem Umfang vorliegendes Material, insbesondere aus der Veröffentlichung von Welslau einschließlich Tippfehlern, schlicht kopiert und die Ergebnisse weiterer, neuerer Studien unkritisch übernommen habe. Hinsichtlich der Indikation "akutes Knalltrauma" seien keine neueren Studien benannt worden, für die Indikation des "Hörsturzes" seien neuere Publikationen identifiziert worden, unter denen sich ein systematisches Review in der Cochrane-Datenbank (Benett et al, 2005) befinde, das fünf, von dem Sachverständigen aufgeführte höherwertige Studien einschließe, deren gepoolte Ergebnisse im Sinne einer Metaanalyse einen Vorteil von 25% im Bezug auf den Zielparameter Hörschwelle im Reinton-Bereich nachweise. Die klinische Relevanz dieser Verbesserung sei allerdings nicht klar; eine anhaltende Verbesserung über den Zeitraum von sechs Monaten sei nicht nachgewiesen worden. Die Autoren seien zu dem zusammenfassenden Ergebnis gekommen, dass eine routinemäßige Anwendung der HBO bei diesen Patienten aufgrund dieser Überprüfung nicht gerechtfertigt sein könne.
Daraufhin hat das SG den leitenden Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde des Klinikums der Universität L, Prof. Dr. Dr. med. T, zum Sachverständigen ernannt und ihn in der mündlichen Verhandlung vom 06.12.2006 zur Anerkennung der HBO bei akutem Knalltrauma sowie Gehörsturz mit/ohne Tinnitus gehört. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass beide Erkrankungen wesentlich mit den gleichen Methoden als Standard behandelt würden. Weder bei der Therapie mit blutverdünnenden / durchblutungsfördernden Medikamenten oder Kortison bzw. einer Infusionstherapie noch bei der HBO sei bisher deren Wirksamkeit nach evidenzbasierten Kriterien nachgewiesen. Es habe sich keine Therapie ernsthaft etablieren können; es liege keine einzig klinisch korrekt kontrollierte Studie vor, die einen Wirksamkeitsnachweis erbringen würde; dies würde auch von Benneth et al bestätigt. Die herkömmliche Behandlung würde deshalb durchgeführt, weil sie aufgrund ihrer langen Anwendung als eingeführt gelte.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 06.12.2006 abgewiesen: Die Klage sei zulässig, denn Art. 19 GG gewähre einen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz auch gegen untergesetzliche Rechtsnormen, weil die Kläger unmittelbar in ihren Rechten betroffen seien. Ihnen bliebe ansonsten verwehrt, die von ihnen angebotenen Leistungen zu Lasten der GKV zu erbringen. Die Klage sei jedoch nicht begründet. Da der Beklagte eine eigene, gerichtlich nur eingeschränkt kontrollierbare Wertungs- und Entscheidungsbefugnis habe, dürfe nur geprüft werden, ob er den Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt, die Grenzen seiner Beurteilungsermächtigung eingehalten und keine falschen Wertmaßstäbe zu Grunde gelegt habe. Allerdings sei der Beklagte nicht aus formalen Gründen gehindert, sich mit der HBO (erneut) zu befassen. Er müsse auf Antrag einer dazu berechtigten Körperschaft oder eines berechtigten Verbandes ebenso tätig werden, wie wenn sich aufgrund neuerer Erkenntnisse eine Überprüfung früherer, negativer Entscheidungen aufdrängen würde. Einen Grund dafür aber bestehe nicht. Zunächst habe der Beklagte die HBO nicht nach der Binnenanerkennung einer besonderen Therapierichtung ausrichten müssen. Aus dem Gesetzeszusammenhang ergebe sich, dass mit der "jeweiligen Therapierichtung" i.S.d. § 135 Abs. 1 Nr. 1. SGB V nur Therapiegesamtkonzepte gemeint seien, die sich von der auf naturwissenschaftlichen Grundlagen beruhenden Schulmedizin dadurch abgrenzten, dass sie sich aus einem weltanschaulichen Denkansatz ableiteten. Die HBO beruhe aber nicht auf einem ganzheitlichen Konzept. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Beklagte nicht verpflichtet, die früheren Beratungen über die HBO bei den Indikationen Hörsturz mit/ohne Tinnitus und akutes Knalltrauma wieder aufzunehmen. Der Sachverständige Prof. Dr. S sei zwar zu einem anderen Ergebnis als der Beklagte gelangt. Bezüglich der Indikation "akutes Knalltrauma" habe er aber nur bereits von dem Beklagten in seine Beratung einbezogene Studien ausgewertet, so dass insoweit kein Anlass dafür bestehe, erneut in die Bewertung dieser Studien einzutreten. Darüber hinaus habe der Sachverständige die Studien im Hinblick auf ihre Aussagekraft nicht nachvollziehbar bewertet, eine eigene Evidenzbewertung sei kaum zu erkennen; vielmehr habe der Sachverständige engmaschig plagiiert. Demgegenüber habe der Sachverständige Prof. Dr. Dr. T aufgezeigt, dass es für die Wirksamkeit der HBO bei der Indikation "Knalltrauma" keine soliden Daten gebe. Auch bezüglich der Indikation "Hörsturz mit/ohne Tinnitus" sei der Auffassung des Sachverständigen Prof. Dr. S nicht zu folgen. Er habe zwar zusätzlich ein Review von Benneth et al der Cochrane Collaboration benannt, sei aber auf die darin enthaltenen Probleme nicht eingegangen. Nach dem Review von Benneth et al seien bis auf 5 Studien alle bisher veröffentlichten Studien für eine metaanalytische Betrachtung im Hinblick auf deren methodische Mängel abgelehnt worden. Aber auch die verbliebenen Studien seien nicht aussagekräftig, weil sie - wie der Sachverständige Prof. Dr. Dr. T dargelegt habe - z.B. weder randomisiert noch verblindet durchgeführt worden seien, weil Einschlusskriterien und die sogenannten "Drop outs" ebenso wie Hörschwelle vor und nach Behandlung und funktioneller Hörgewinn nicht beschrieben worden seien. Deshalb bestehe auch kein Anlass für den Beklagten, die Einordnung der HBO in dem Indikationsgebiet "Hörsturz" neu zu erörtern. Etwas anderes ergebe sich nicht daraus, dass bisher keine der herkömmlichen Behandlungsmethode bezüglich des Heilerfolges evidenzbasiert sei. Dies sei kein Grund, die neue Methode der HBO ihnen hinzuzugesellen.
Die Kläger haben gegen das am 13.03.2007 zugestellte Urteil am 12.04.2007 Berufung eingelegt, mit der sie im Wesentlichen unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vortragen, dass zu hohe Anforderungen an die Evidenz gestellt würden. Das SG begnüge sich damit, die Auffassung des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. T zu übernehmen, und habe die Klärung unterlassen, welche Anforderungen an die zu Grunde gelegten Studien zu stellen seien. Der Beklagte habe sein Ermessen überschritten, in dem er ausnahmslos Studien der Evidenzstufe I gefordert habe; ein Abwägungsvorgang fehle. Die zugrunde gelegten Vorgaben in Nr. 6.4 BUB-Richtlinien, dass der Nutzen einer Methode in der Regel durch mindestens eine Studie der Evidenzklasse I zu belegen seien, seien sachwidrig. Die Forderung nach einer randomisierten, kontrollierten Studie werde von der evidenzbasierten Medizin nicht aufgestellt und sei auch unter medizinisch-ethischen Gesichtspunkten verwerflich. Auch sei eine Verblindung nicht in jedem Fall zulässig und stoße zudem an die Grenze der Durchführbarkeit. Ferner besäßen kontrollierte Studien an selektionierten kleinen Patientenkollektiven mit engen Einschlusskriterien nicht selten eine wesentlich geringere klinische Relevanz als methodisch einen geringeren Rang einnehmende, breit angelegt Kohorten- oder Fallkontrollstudien mit hohen Fallzahlen. Der Beklagte habe somit eine dezidierte Abwägung vorzunehmen, z.B. ob der Nachweis des medizinischen Nutzens, wenn er nicht durch Studien der Evidenzstufe I belegt sei, durch erfahrungsbasierte Standards erbracht werden könne und welchen Verbreitungsgrad die Methode in der Medizin gefunden habe, ob ein höherer Wirksamkeitsnachweis aus medizinisch-ethischen Gesichtspunkten verboten sei, wie schwer die Folgen der Krankheit bei Nichtbehandlung seien und welche Behandlungsalternativen bestünden, welche finanziellen Belastungen im Falle der Zulassung einer Behandlungsmethode, insbesondere im Vergleich mit anerkannten Behandlungsmethoden, entstünden. Dies gelte umso mehr, als Problem der Hörsturztherapie sei, dass wegen im Einzelfall unklarer Ätiologie gesicherte Behandlungsmethoden mit reproduzierbaren Ergebnissen nicht existierten und die angewandten Therapieformen lediglich empirisch abgesichert seien. Maßgeblich sei deshalb, dass die neue Behandlungsmethode dem allgemein Anerkannten entspreche. So kämen dann auch Schwab, Flunkert et al. zu dem Ergebnis, dass die beiden Therapiemodalitäten Infusionsbehandlung und HBO-Behandlung von gleicher Wirksamkeit seien.
Soweit der Sachverständige Prof. Dr. Dr. T bei der Studie von Fattori auf einen JADAD Score von 2 abstelle, komme dem keine Aussagekraft bei, weil der JADAD-Score höchst umstritten sei. Entscheidend sei, dass durch die Studie eine Hörverbesserung nachgewiesen werde. Ebenso ergäben sich aus der Analyse von Bennett et al. ausdrücklich statistisch signifikante Verbesserungen von Hörstürzen durch HBO.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 06.12.2006 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, die Hyperbare Sauerstofftherapie in die Anlage I der "Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung)" für die Indikationen "akutes Knalltrauma" und "Hörsturz mit/ohne Tinnitus" aufzunehmen, hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, über die Aufnahme der Hyperbaren Sauerstofftherapie in die Anlage I der vorgenannten Richtlinie für die Indikationen "akutes Knalltrauma" und "Hörsturz mit/ohne Tinnitus" unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Der Beklagte widerspricht der darin gesehenen Klageänderung, dass die Kläger nunmehr unmittelbar die Aufnahme der HBO für die Indikationen "akutes Knalltrauma" und "Hörsturz mit/ohne Tinnitus" in die "Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung" beantragen. Es handele sich nicht um eine bloße Präzisierung oder Klageerweiterung i.S.d. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG, sondern um einen anderen Klagegegenstand. Die Klageänderung sei auch nicht sachdienlich.
Die Klage sei bereits unzulässig. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Normenkontrolle im sozialgerichtlichen Verfahren seien ein konkretes Rechtsverhältnis sowie eine Verkürzung des Rechtsschutzes, die die Kläger ohne Möglichkeiten zur inzidenten Normprüfung wegen eigener, gegenwärtiger und vor allem unmittelbarer Normbetroffenheit zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde zwingen würde. Auch wenn ausnahmsweise Drittbetroffenen die Möglichkeit zur Normerlassklage eingeräumt worden sei, müsse ein konkretes Rechtsverhältnis bestehen. Da die Kläger nicht dargelegt hätten, wie sie ihre leistungs- und vergütungsrechtlichen Beziehungen zu Kassenärztlichen Vereinigungen oder Krankenkassen auszugestalten beabsichtigten, bliebe ihre konkrete Betroffenheit offen. Im Gegenteil spreche die Tatsache, dass sich mehrere Druckkammerzentren zur Erhebung einer Sammelklage zusammengeschlossen haben, für ein lediglich abstraktes Interesse im Sinne der Erschließung von Marktchancen. Die Kläger, die Fachärzten ihre technische Einrichtung zu deren Leistungserbringung zur Verfügung stellten, seien auch nicht unmittelbar betroffen. Es bestehe eine zu große Systemferne, zumal die aufgeworfenen Rechtsfragen inzident im Verhältnis zu Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen durch Leistungs- oder Vergütungsansprüche der Versicherten und der sie behandelnden Fachärzte überprüft werden könnten. Ansonsten stünde unabhängig von der Zugehörigkeit zu staatlich geschützten Ausbildungsberufen jedem Anbieter von Gesundheitsleistungen, der nicht zugelassene Methoden anwenden möchte, ein Recht zur Klage auf Methodenprüfung durch den GBA zu. Dass den Klägern die ambulante Behandlung von Patienten mittels HBO in den Indikationen "akutes Knalltrauma" und "akuter Hörsturz mit/ohne Tinnitus" verwehrt sei, habe für sie keine objektiv berufsregelnde Tendenz. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Kläger von ihrer Teilhabe am fairen Wettbewerb oder von der Marktteilnahme überhaupt ausgeschlossen sein sollten oder worin eine sachgrundlose Ungleichbehandlung zu sehen wäre. Der Ausschluss der HBO für die streitigen Indikationen regele lediglich für alle Marktteilnehmer in gleicher Weise die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs. Die HBO sei auch nicht gänzlich von der Erbringung zu Lasten der GKV ausgeschlossen, sondern im stationären Bereich möglich.
Der Antrag auf unmittelbare Aufnahme der HBO in den Leistungskatalog der GKV sei auch bereits deshalb unbegründet, weil der Gesetzgeber den GBA durch den Auftrag, das Wirtschaftlichkeitsprinzip in der GKV zu konkretisierten, mit einem weiten Beurteilungsspielraum und damit mit der Möglichkeit ausgestattet habe, unter mehreren vertretbaren Möglichkeiten einer Entscheidung den Vorzug zu geben. Auf Grund dieses Entscheidungsvorrangs seien die Gerichte grundsätzlich daran gehindert, bei dieser Prüfung ihre eigenen Bewertungen an die Stelle derer des GBA zu setzen. Gründe für eine Ermessensreduktion auf Null, die allein zu dem Ergebnis des Klageantrags führen könne, seien nicht ersichtlich. Im Übrigen habe er die HBO mangels Nutzennachweises für die streitbefangenen Indikationen in einem ordnungsgemäßen Verfahren rechtsfehlerfrei ausgeschlossen. Es lägen keine Studien vor, die von ihm zusätzlich hätten mit einbezogen werden müssen oder die eine Neubewertung erforderlich machen würden. Insbesondere sei auch die Studie von Flunkert, Schwab et al. bereits berücksichtigt. Im Fazit der Studie werde die Durchführung weiterer Studien empfohlen; signifikante Ergebnisse, die die Überlegenheit der HBO beim Hörsturz gegenüber der prima vista zumindest kostengünstigeren Infusionstherapie belegen könnten, würden nicht aufgezeigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Kläger ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; indes war die im Ergebnis auch nicht begründete Klage bereits unzulässig.
I.
Der erkennende Senat ist zuständig. Ausweislich des Geschäftsverteilungsplans des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2010 sind dem 11. Senat u.a. Streitverfahren des Vertragsarztrechts zugewiesen. Vorliegend handelt es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts (§§ 10 Abs. 2, 31 Abs. 2 SGG) und nicht um eine solche der Sozialversicherung (§§ 10 Abs. 1 Satz 1, 31 Abs. 1 SGG). Der Senat entscheidet den Rechtsstreit in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Krankenkassen und der Vertragsärzte (§§ 12 Abs. 2 Satz 1, 33 Satz 2 SGG).
1. Die §§ 10 Abs. 2, 31 Abs. 2 SGG begründen eine Spezialzuständigkeit für Streitigkeiten, die materiell dem Krankenversicherungsrecht i.S.d. SGB V zuzuordnen sind, aber die Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten betreffen (Senat, Urteil vom 11.11.2009 - L 11 KA 101/06 - Revision anhängig zum Az: B 6 KA 25/10 R; Beschluss vom 27.06.2006 - L 11 B 30/06 KA ER -; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2004 - L 10 B 6/04 KA ER -). Eine solche Streitigkeit liegt vor (a.A. BSG, Beschluss vom 10.03.2010 - B 3 KR 36/09 B -, Urteil vom 12.08.2009 - B 3 KR 10/07 R -).
2. Ausgangspunkt jeglicher Erwägungen zur Abgrenzung, ob der jeweilige Rechtsstreit dem Bereich der Sozialversicherung (§ 10 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative SGG) oder dem Vertragsarztrecht (§ 10 Abs. 2 SGG) zuzuordnen ist, können nur §§ 10, 31 SGG sein. Denn hierdurch wird die Zuständigkeit der Spruchkörper gesetzlich umrissen. Ein Geschäftsverteilungsplan eines Gerichtspräsidiums kann hieran nichts ändern (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2004 - L 10 B 6/04 KA ER -). Ergibt sich mithin aus dem SGG (§ 10 Abs. 2 SGG), dass ein Streitverfahren dem Vertragsarztrecht zuzuordnen ist, sieht hingegen der Geschäftsverteilungsplan des betreffenden Gerichts eine Zuordnung zu Spruchkörpern der Sozialversicherung (§ 10 Abs. 1 SGG) vor, ist der Geschäftsverteilungsplan wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht insoweit rechtswidrig und ggf. nichtig. Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte (§ 21e Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz). Die gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen kann das Präsidium nicht ändern. Das Präsidium ist daher nicht befugt, eine vertragsarztrechtliche Streitigkeit einem Spruchkörper für Streitsachen der Krankenversicherung zuzuweisen. Gegenläufig gilt nichts anderes (Senat, Urteil vom 11.11.2009 - L 11 KA 101/06 -). Lediglich soweit es um negative Kompetenzkonflikte geht, mag aus den Gründen des Beschlusses des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.04.2010 - L 17 SF 51/10 ZG - anders verfahren werden. Das kann hier dahinstehen.
3. Soweit der 3. Senat des BSG seine Auffassung im Urteil vom 12.08.2009 - B 3 KR 10/07 R - darauf stützt, der Begriff "Vertragsarztrecht" sei weder im SGG noch im SGB V definiert, vermag der Senat dem schon deswegen nicht zu folgen, weil diese Prämisse nicht zutrifft. Vielmehr enthält § 10 Abs. 2 SGG eine solche Legaldefinition (so nunmehr auch der Beschluss vom 10.03.2010 - B 3 KR 36/09 B -; vgl. auch BSG, Beschluss vom 27.05.2004 - B 7 SF 6/04 S -). Ausgehend von der Annahme, eine solche Definition existiere nicht, nimmt der 3. Senat im Urteil vom 12.08.2009 - B 3 KR 10/07 R - an, das entscheidende Abgrenzungskriterium sei nicht im SGG, sondern im materiellen Recht insbesondere des SGB V zu finden. Diese Auffassung überzeugt angesichts des § 10 Abs. 2 SGG nicht. Anzusetzen ist bei dieser Norm; die materiell-rechtlichen Vorschriften des SGB V können allenfalls als Interpretationshilfe herangezogen werden (so im Ergebnis auch der Beschluss vom 10.03.2010 - B 3 KR 36/09 B -).
Nach der Legaldefinition des § 10 Abs. 2 SGG gilt:
(2) Für Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten, Vertragszahnärzten (Vertragsarztrecht) einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände sind eigene Kammern zu bilden.
Diese Vorschrift bestimmt die funktionale Zuständigkeit der Kammern für Vertragsarztrecht in Abgrenzung zu § 10 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative SGG
(1) Bei den Sozialgerichten werden Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung ... gebildet.
und ist über § 31 Abs. 2 SGG auch für die Zuständigkeit des erkennenden Senat maßgebend. Zuständigkeitsbestimmend sind hiernach drei Parameter. An der Streitigkeit müssen - erstens - Krankenkassen und Vertragsärzte, Psychotherapeuten, Vertragszahnärzte (Vertragsarztrecht) einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände beteiligt sein (nachfolgend a)). Ist das der Fall, ist - zweitens - zu klären, ob die "Beziehungen" zwischen vorgenannten Bezugsobjekten betroffen sind (nachfolgend b)). Ist auch dieses zu bejahen, ist - drittens - zu untersuchen, ob die Streitigkeit "aufgrund" einer solchen Beziehungen besteht (nachfolgend c)). Soweit das SGG keine weiterführenden Definitionen dieser "Tatbestandsmerkmale" enthält, ist zu Konkretisierung auf materiell-rechtliche Normenkomplexe zurückzugreifen. Hieraus folgt: Die funktionale Zuständigkeitszuordnung erfolgt allein nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Legaldefinition des § 10 Abs. 2 SGG, indessen kann zur Ausfüllung der darin benutzten (u.a. unbestimmten) Rechtsbegriffe auf materielles Recht zurückgegriffen werden.
a) Die Auflistung der Bezugsobjekte hat alternativen Charakter. Es reicht insoweit aus, wenn aus dem durch § 10 Abs. 2 SGG beschriebenen personalen bzw. institutionellen Koordinatensystem mindestens zwei Bezugsobjekte am Rechtsstreit beteiligt sind. Ob ein Verfahrensbeteiligter den öffentlich-rechtlichen Status einer "Krankenkasse" hat, ist anhand der Satzung (§ 194 SGB V), der organisationsrechtlichen Vorgaben des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (§§ 29 ff.) und jener des Sechsten Kapitels des SGB V (§§ 143 ff.) zu klären. Die Frage, ob am Verfahren Vertragsärzte, Psychotherapeuten, Vertragszahnärzte beteiligt sind, ist nach Maßgabe der §§ 95 ff. SGB V zu prüfen. Geht es um deren "Vereinigungen und Verbände", bezieht sich dies sowohl auf die Krankenkassen als auch auf Vertragsärzte, Psychotherapeuten, Vertragszahnärzte, d.h. gemeint sind die Vereinigungen und Verbände der Krankenkassen und die der Vertragsärzte, Psychotherapeuten, Vertragszahnärzte.
Vorliegend sind am Verfahren der GBA als Hauptbeteiligter (§ 69 Nr. 2 SGG) und als Beigeladene (§ 69 Nr. 3 SGG) u.a. der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) beteiligt. Letztgenannte Institutionen sind unzweifelhaft Vereinigungen/Verbände i.S.d. § 10 Abs. 2 SGG. Dies gilt indessen auch für den GBA. Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V bilden die KBV, die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der GKV-Spitzenverband den Gemeinsamen Bundesausschuss. Der Bundesausschuss war bis zum In-Kraft-Treten des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, 2257) als eine Einrichtung der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen konzipiert, von der Zusammensetzung her vergleichbar mit den Landesausschüssen, den Bewertungsausschüssen oder den Schiedsämtern, nämlich besetzt mit einer paritätischen Zahl von Ärzten und Krankenkassenvertretern und einem neutralen Vorsitzenden und zwei weiteren neutralen Beisitzern. Das GMG brachte ab dem 01.01.2004 eine Verschmelzung der bis dahin selbständigen Normsetzungsgremien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen, des Ausschusses Krankenhaus (§ 137c Abs. 2 SGB V a.F.) und des Koordinierungsausschusses (§ 137e SGB V a.F.) zu einem einheitlichen Gemeinsamen Bundesausschuss (hierzu Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, SGB V, 2009, § 91 Rdn. 1b). Bei unveränderten gesetzlichen Aufgaben und bei unveränderter Rechtsstellung nach außen ist durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl I 439 f.) mit Wirkung vom 01.07.2008 eine grundlegende Änderung der inneren Struktur des GBA angeordnet worden. Die Zahl der Gremien des GBA wird erheblich verringert. An die Stelle der bisher vorgesehenen sechs Beschlussgremien mit jeweils 21 Mitgliedern tritt ein einziges Beschlussorgan von dreizehn stimmberechtigten Personen (drei Unparteiische, fünf vom GKV-Spitzenerband vorgeschlagene sowie ein von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), zwei von der KBV und zwei von der DKG vorgeschlagene Mitglieder). Hiernach handelt es sich beim GBA um eine von den Trägerinstitutionen gebildete öffentlich-rechtliche Einrichtung, die ungeachtet der Änderung der inneren Strukturen und trotz Einbindung der DKG eine Vereinigung der Ärzte und Krankenkassen i.S.d. § 10 Abs. 2 SGG darstellt, was sich schon daraus erhellt, dass die DKG lediglich zwei von dreizehn stimmberechtigten Personen in das Beschlussorgan entsendet (§ 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V).
b) Im Hinblick auf die Interpretation der Begrifflichkeit "Beziehungen zwischen" gilt: Maßgebend für die Auslegung einer Norm ist der Wortlaut. Die Grenze des möglichen Wortsinns ist auch die Grenze der Auslegung (Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Auflage, 2006, S. 47; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 20.10.1992 - 1 BvR 698/89 -). Bleibt der Wortsinn unklar, können weitere Auslegungsmethoden herangezogen werden, deren Ergebnisse wiederum nur in dessen Grenzen liegen dürfen (Zippelius, a.a.O., S. 48). Vorliegend führen Wortlautauslegung, systematische, historische und teleologische Auslegung gleichermaßen zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 SGG gegeben sind, es sich mithin um eine Streitigkeit des Vertragsarztrechts handelt.
aa) Zu fragen ist nach dem Bedeutungsgehalt des Begriffs "Beziehungen" im Kontext des § 10 Abs. 2 SGG. Diese Vorschrift legt die Koordinaten fest. Es geht um die Beziehungen ("zwischen") der darin genannten Institutionen und Personenmehrheiten. Festzulegen ist die für die Auslegung benötigte verbale Ausgangsbasis der Begrifflichkeit "Beziehungen".
(1) Sprachlich beschreibt "Beziehung" ein Gegenseitigkeitsverhältnis. Dieses wird begründet durch mindestens eine Eigenschaft, welche minimal zwei Objekte miteinander verbindet. Dabei gibt es unterschiedliche Arten von Beziehungen. Eine Möglichkeit, von Beziehungen zwischen zwei oder mehr Objekten zu sprechen, beruht auf einem Vergleich von Eigenschaften, mittels derer die bezogenen Objekte jeweils separat charakterisiert werden (komparative Beziehung). Eine andere Möglichkeit zur Definition von Beziehungen zwischen zwei oder mehr Objekten besteht darin, auf eine Situation oder einen Kontext Bezug zu nehmen, dem die Objekte in einer bestimmten Weise angehören (kontextabhängige Beziehung). Solche Beziehungen können sowohl durch Ereignisse als durch Sachverhalte charakterisiert werden. Einerseits sind ereignisförmige Beziehungen zwischen zwei oder mehr Objekten möglich, was der Fall ist, wenn die Objekte in ein die Beziehung konstituierendes Ereignis einbezogen sind. Andererseits kann zur Definition solcher Beziehungen auch von unveränderten, über einen längeren Zeitraum existierenden Sachverhalten ausgegangen werden, bei denen es sich nicht um Ereignisse handelt (vgl. www.stat.ruhr-uni-bochum.de/teaching-archiv/teaching-wise2008 09/withe/wt2.pdf).
(2) Ausgehend hiervon betrifft § 10 Abs. 2 SGG auf einem Sachverhalt beruhende kontextabhängige Beziehungen im o.g. Sinn. Der fragliche Sachverhalt ist rechtlicher Art. Er wird konkretisiert durch die rechtlichen Rahmenbedingungen, die das Zusammenwirken der in dieser Vorschrift genannten Institutionen und Personenmehrheiten mit Blick auf ein bestimmtes Ziel prägen. Demzufolge bestimmt § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB V, dass das Vierte Kapitel des SGB V abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken und sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94 SGB V regelt. Hieraus folgt, dass die "Beziehungen" i.S.d. § 10 Abs. 2 SGG die im SGB V normierten materiell-rechtlichen Rechtsbeziehungen der zuvor genannten Institutionen und Personenmehrheiten meint. Das heißt: Zur Auslegung des Begriffs "Beziehungen" in § 10 Abs. 2 SGG ist auf das materielle Recht des SGB V zurückzugreifen.
(3) Die das Handeln und die Befugnisse des GBA bestimmenden §§ 91, 92 SGB V betreffen die "Beziehungen" zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten i.S.d. § 10 Abs. 2 SGG. Diese Normen legen fest, dass Krankenkassen (§§ 143 ff. SGB V) und Vertragsärzte (§ 95 SGB V) mittels des aus Rechtsgründen zwecks Normsetzung notwendigen Instruments GBA zur Sicherung der ärztlichen Versorgung Richtlinien zu erlassen haben (§ 92 SGB V). Hierbei handelt es sich lediglich um eine Konkretisierung des durch § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegten Prinzips, wonach Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammenwirken. Die Vorgabe "zusammenwirken müssen", bedingt notwendigerweise, dass die Adressaten des Normbefehls (u.a. Ärzte und Krankenkassen) real "in Beziehung" zueinander treten, um die ihnen auferlegte Aufgabe erfüllen zu können. M.a.W.: Ärzte und Krankenkassen müssen miteinander kommunizieren und im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des GBA u.a. untergesetzliche Regelwerke schaffen (vgl. § 72 Abs. 2 SGB V). Hieraus herrührende Streitigkeiten sind demzufolge solche des Vertragsarztrechts. Nichts anderes gilt dann für Streitverfahren, in die der GBA als Hauptbeteiligter einbezogen ist. Immer handelt es sich um eine Streitigkeit aufgrund der Beziehung zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten (§ 10 Abs. 2 SGG), mithin um Vertragsarztrecht. Im Ergebnis zutreffend nimmt deswegen der 6. Senat des BSG an, dass die Erweiterung der Mitgliederstruktur des GBA durch das GKV-WSG vom 26.03.2007 (BGBl I 439 f.) um Vertreter der DKG keinen Einfluss auf die Zuordnung entsprechender Streitverfahren zum Vertragsarztrecht hat (Urteil vom 06.05.2009 - B 6 A 1/08 R -). Im Übrigen: Ausgehend von der Auffassung des 3. Senats, der seine vom 6. Senat abweichende Position im Wesentlichen mit der Neustrukturierung des GBA durch das GMG vom 14.11.2003 (BGBl. I 2190) begründet (vgl. Beschluss vom 10.03.2010 - B 3 KR 36/09 B -), müsste jedenfalls bei Beschlüssen nach § 92 Abs. 5 und Abs. 6 SGB V i.d.F. des GMG Vertragsarztrecht angenommen werden. Bei den auf dieser Grundlage ergangenen Beschlüssen wirkte die DKG nicht mit. Konsequenterweise dann §§ 91 Abs. 5 und 6 SGB V i.d.F. des GMG betreffende Verfahren solche des Vertragsarztrechts i.S.d. § 10 Abs. 2 SGG sind. Soweit es hingegen um Beschlüsse nach § 91 Abs. 7 SGB V i.d.F. des GMG geht, bei denen anstelle der insgesamt fünf Vertreter der KBV und KZBV weitere Vertreter der DKG mitwirken, würde es sich um Sozialversicherungsrecht handeln, mithin ein Spruchkörper der Sozialversicherung zuständig sein (§ 10 Abs. 1 SGG). Schon die solchermaßen gebotene Differenzierung verdeutlicht, dass der Ansatz des 3. Senats auch ungeachtet der neuerlichen Änderungen des §§ 91 Abs. 6 und Abs. 7 SGB V durch das GKV-WSG (BGBl. I 439 f.) mit Wirkung vom 01.07.2008 nicht überzeugt (vgl. auch Senat, Urteil vom 11.11.2009 - L 11 KA 101/06 -).
(4) Die Wortlautauslegung belegt mithin, dass "Beziehungen" i.S.d. § 10 Abs. 2 SGG jedenfalls dann gegeben sind, wenn Ärzte und Krankenkassen infolge der ihnen durch §§ 69 ff. SGB V auferlegten Rechte und Pflichten in einem rechtlichen Gegenseitigkeitsverhältnis stehen, was bei Streitverfahren vorliegender Art der Fall ist.
bb) Auch die systematische Auslegung bestätigt, dass das vorliegende Rechtsstreit dem Vertragsarztrecht (§ 10 Abs. 2 SGG) und nicht der Sozialversicherung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 SGG) zuzuordnen ist.
(1) Ausweislich der Gliederung des SGB V regelt das Viertel Kapitel (§§ 69 - 140h) die "Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern". Der erste Abschnitt (§§ 69-71 SGB V) gibt allgemeine Grundsätze vor. Im Weiteren ist das Vierte Kapitel - soweit hier von Interesse - wie folgt gegliedert:
- Zweiter Abschnitt - Beziehungen (der Krankenkassen) zu den Ärzten, Zahnärzten und Psychotherapeuten (§§ 72 - 106a SGB V)
- Dritter Abschnitt - Beziehungen (der Krankenkassen) zu den Krankenhäusern und anderen Einrichtungen (§§ 107 - 114 SGB V)
- Vierter Abschnitt - Beziehungen (der Krankenkassen) zu Krankenhäusern und Vertragsärzten (§ 115 - 121a SGB V)
- Fünfter Abschnitt - Beziehungen (der Krankenkassen) zu Leistungserbringern von Heilmitteln (§ 124, 125 SGB V)
- Sechster Abschnitt - Beziehungen (der Krankenkassen) zu Leistungserbringern von Hilfsmitteln (§§ 126, 127 SGB V)
- Siebter Abschnitt - Beziehungen (der Krankenkassen) zu Apotheken und pharmazeutischen Unternehmen (§§ 129 -131 SGB V)
Achter Abschnitt - Beziehungen (der Krankenkassen) zu sonstigen Leistungserbringern (§§ 132 - 134a SGB V).
...
(2) Die im Vierten Kapitel geregelten Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern werden gemeinhin unter dem Begriff "Leistungserbringerrecht" zusammengefasst (vgl. BSG, Beschluss vom 10.03.2010 - B 3 KR 36/09 B -, Urteil vom 06.05.2009 - B 6 A 1/08 R -). Leistungserbringer sind die Personen und Einrichtungen, die an den oder für die Versicherten Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen (Roters, Die gebotene Kontrolldichte bei der gerichtlichen Überprüfung der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, 2003, S. 13). Die Beziehungen der Krankenkassen zu den einzelnen Leistungserbringergruppen (Ärzte, Krankenhäuser, Vertragsärzte, Heilmittelerbringer, Hilfsmittelerbinger usw.) unterwirft der Gesetzgeber jeweils eigenständigen normativen Vorgaben. Dem ist zu entnehmen, dass alle dem Zweiten Abschnitt des Vierten Kapitels (§§ 72 - § 106a SGB V) zuzuordnenden Angelegenheiten materiell-rechtlich die vertragsärztliche Versorgung (vgl. § 72 Abs. 1 SGB V) betreffen, mithin verfahrensrechtlich dem legal definierten Vertragsarztrecht i.S.d. § 10 Abs. 2 SGG zuzuordnen sind. Auch die Zuordnung der im Dritten Abschnitt (§§ 107 - 114 SGB V) geregelten Sachverhalte ist eindeutig. Der Abschnitt ist überschrieben mit "Beziehungen zu den Krankenhäusern und anderen Einrichtungen". Da hieraus resultierende Streitigkeiten nicht die Beziehungen (vgl. oben) zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten betreffen (§ 10 Abs. 2 SGG), sind die Kammern/Senate für Angelegenheiten der Sozialversicherung (§§ 10 Abs. 1, 31 Abs. 1 Satz 1 SGG) zuständig. Einen Sonderfall stellt der die Beziehungen (der Krankenkassen) zu Krankenhäusern und Vertragsärzten regelnde Vierte Abschnitt dar (§ 115 - 121a SGB V) dar. Die Zuordnung ist vordergründig ambivalent ("zu Krankenhäusern und Vertragsärzten"), betrifft der Sache nach indes ganz überwiegend Vertragsarztrecht i.S.d. § 10 Abs. 2 SGG. Das kann hier dahinstehen. Jedenfalls erhellen diese systematischen Zusammenhänge, dass Streitverfahren mit dem GBA als Hauptbeteiligtem auf der Grundlage der §§ 91, 92 SGB V gemäß der Überschrift des Zweiten Abschnitts des Vierten Kapitels und damit ausweislich des insoweit dokumentierten gesetzgeberischen Willens die Beziehungen der Krankenkassen zu den Ärzten, Zahnärzten und Psychotherapeuten betreffen, mithin die zweite der Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 SGG ("Beziehungen zwischen") erfüllt ist.
(3) Auch soweit der 3. Senat meint, aus § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG herleiten zu können, die Zuordnung von Streitigkeiten des Leistungs- und Leistungserbringerrechts zu den Spruchkörpern für Sozialversicherung sei der Regelfall, vermag der erkennende Senat dem nicht beizutreten. Mittels § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG wird in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Da die Beziehungen der Krankenkassen zu den Ärzten (§§ 72 - 106a SGB V und §§ 115 ff. SGB V) als Teil des Vierten Kapitels in das SGB V - Gesetzliche Krankenversicherung einbezogen sind, folgt aus § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG nur, dass auch aus den §§ 72 - 106a SGB V und §§ 115 ff. SGB V resultierende Streitigkeiten den Gerichten den Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen sind. Für die Auffassung, dass § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG ein Regel- (Krankenversicherung) und Ausnahmeverhältnis (Vertragsarztrecht) begründet, gibt diese Vorschrift nichts her. Zu unterscheiden ist zwischen der Rechtswegzuständigkeit und der funktionalen Zuständigkeit des jeweiligen Spruchkörpers. Welcher Rechtsweg eröffnet ist, wird abstrakt durch die jeweiligen Prozessordnungen (§ 51 SGG; vgl. auch § 40 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und § 33 Finanzgerichtsordnung) und konkret durch Art des anspruchsbegründenden Rechtsverhältnisses auf der Grundlage von Klagevorbringen und Klageantrag bestimmt (Senat, Beschluss vom 14.06.2010 - L 11 KR 199/10 KL -, nachgehend BSG, Beschluss vom 28.09.2010 - B 1 SF 2/01 R -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2004 - L 10 B 6/04 KA ER -; BVerwG, Beschluss vom 15.12.1992 - 5 B 144/91 -). Ist der Rechtsweg mittels des § 51 SGG hiernach geklärt, bedarf es weiterführender Kriterien, um die Spruchkörperzuständigkeit zu bestimmen. Folgerichtig stellen §§ 10, 31 SGG von § 51 SGG abweichende Kriterien auf, die belegen, unter welchen Voraussetzungen ein Rechtsstreit dem Vertragsarztrecht oder der Sozialversicherung zuzurechnen ist (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2004 - L 10 B 6/04 KA ER -).
(4) Auch soweit es § 57a Abs. 1 SGG anlangt, ergibt sich nichts anderes. Hiernach ist in Vertragsarztangelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn es sich um Fragen der Zulassung oder Ermächtigung nach Vertragsarztrecht handelt, das Sozialgericht zuständig, in dessen Bezirk der Vertragsarzt, der Vertragszahnarzt oder der Psychotherapeut seinen Sitz hat. Die Vorschrift hat ihre jetzige Fassung durch das SGGArbGGÄndG vom 26.03.2008 (BGBl I 444) mit Wirkung vom 01.04.2008 erhalten. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 820/07) war die redaktionelle Überarbeitung notwendig, weil in Rechtsprechung und Literatur Uneinigkeit über die Auslegung der Vorschrift bestand. Das Bundessozialgericht legte § 57a SGG als "Sonderzuständigkeitsregel" zu § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG aus und nahm an, dass alle vier Alternativen ausschließlich Angelegenheiten des Vertragsarztrechts betrafen (vgl. BSG, Urteil vom 27.05.2004 - B 7 SG 6/04 S -). Diese Auslegung wurde in der Literatur kritisiert (vgl. Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, 7. Aufl. 2002, § 57a, Rn 6; Groß, in Handkommentar-SGG, 2003, § 57a, Rdn 7; vgl. auch LSG Niedersachsen/Bremen - L 4 B 297/02 KR -).
Zutreffend geht die Norm davon aus, dass Vertragsarztangelegenheiten solche der gesetzlichen Krankenversicherung sind. Unklar bleibt indessen zunächst, was das Gesetz unter "Vertragsarztangelegenheiten" versteht. Diese Begrifflichkeit findet sich weder in § 10 Abs. 2 SGG noch im materiellen Recht des SGB V. Ausweislich der Gesetzesbegründung (a.a.O.) erfolgt die spezielle örtliche Zuweisung der genannten Rechtsstreitigkeiten aus Gründen der Verwaltungsökonomie und der Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Die Materie des Vertragsarztrechts, insbesondere soweit sie auf Verträgen oder Entscheidungen der Bundesträger beruhe, sei äußerst komplex; mittels der Zuweisung könne sich das zuständige Sozialgericht die notwendige Fachkompetenz aneignen und eine einheitliche Rechtsprechung entwickeln; auf diese Weise entstehe auch ein höheres Maß an Rechtssicherheit für die Betroffenen (vgl. Gesetzesbegründung a.a.O.).
Der Zusammenhang der Absätze 1 bis 4 des § 57a SGG belegt, dass der Gesetzgeber das Vertragsarztrecht des § 10 Abs. 2 SGG im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit in vier Gruppen (analog der Absätze 1 - 4) untergliedert hat und lediglich aus Gründen der auch sprachlichen Abgrenzung des Regelungsgehaltes der Absätze 3 und 4 in den Absätzen 1 und 2 den Begriff "Vertragsarztangelegenheiten" verwendet.
Gesetzessystematisch mag insofern in Bezug auf die allgemeine Zuständigkeitsregel des § 57 SGG von einem Regel-Ausnahmeverhältnis ausgegangen werden können. Indessen gilt dies ausweislich der in der Gesetzesbegründung (a.a.O.) formulierten Erwägungen nur für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeiten und nicht für das generelle Verhältnis des Vertragsarztrechts zur gesetzlichen Krankenversicherung.
(5) Systematischer Anknüpfungspunkt für die funktionale Spruchkörperzuständigkeit ist nicht § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG; maßgebend ist allein das Verhältnis von § 10 Abs. 1 Satz 1 SGG zu § 10 Abs. 2 SGG. Mithin setzt die funktionale Zuständigkeitsbestimmung voraus, die Angelegenheiten der Sozialversicherung von jenen des Vertragsarztrechts abzugrenzen. Da auch die Sozialversicherung verfahrensrechtlich nicht definiert ist, ist wiederum auf materiell-rechtliche Regelungen zurückzugreifen sein. Nach § 4 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) hat jeder im Rahmen dieses Gesetzbuchs ein Recht auf Zugang zur Sozialversicherung und nach § 4 Abs. 2 SGB I hat, wer in der Sozialversicherung versichert ist, im Rahmen der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Unfall- und Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte ein Recht auf 1. die notwendigen Maßnahmen zum Schutz, zur Erhaltung, zur Besserung und zur Wiederherstellung der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit und 2. wirtschaftliche Sicherung bei Krankheit, Mutterschaft, Minderung der Erwerbsfähigkeit und Alter. Damit ist die im SGB V normierte gesetzliche Krankenversicherung Teil der Sozialversicherung i.S.d. § 4 Abs. 1 SGB I. Erfasst sind mithin auch die im Vierten Kapitel des SGB V geregelten Beziehungen der Krankenkassen zu den Vertragsärzten. Demzufolge wäre die funktionale Zuständigkeit einer Kammer für Sozialversicherung gegeben, wenn das SGG nicht einen Teilbereich der aus dem SGB V herrührenden Streitverfahren den nach § 10 Abs. 2 SGG zu bildenden Spruchkörpern zugewiesen hätte. Es liegt ein Fall der Normenkonkurrenz vor, d.h. beide Normen treffen ihrem Wortlaut nach auf den gleichen Sachverhalt zu. Die Beziehungen der Krankenkassen zu den Vertragsärzten nach dem SGB V sind Teil der Sozialversicherung (dann § 10 Abs. 1 Satz 1 SGG); sie sind aber auch Vertragsarztrecht (dann § 10 Abs. 1 Satz 1 SGG). Da im Konkurrenzbereich beide Normen offenkundig nicht nebeneinander eingreifen sollen, kann die Normenkonkurrenz nur dahin gelöst werden, dass die eine Norm die Anwendung der anderen Norm im Konkurrenzbereich ausschließt. Gemeinhin wird dann das Prinzip "lex specialis derogat legi generali" vertreten. Die Anwendung dieser Regel setzt ein Spezialitätsverhältnis voraus. Spezialität läge vor, wenn - isoliert interpretiert - alle Sachverhalte, die unter § 10 Abs. 2 SGG subsumiert werden können, gleichzeitig auch § 10 Abs. 1 Satz 1 SGG zurechenbar sind, nicht aber umgekehrt (vgl. Kramer, Juristische Methodenlehre, 2. Auflage, 2005, S. 96 ff.). Das ist der Fall. Demzufolge enthält § 10 Abs. 2 SGG eine abdrängende Sonderzuweisung. Angesichts dieses Befundes kann entgegen der im Urteil vom 12.08.2009 - B 3 KR 10/07 R - vertretenen Auffassung nicht argumentiert werden, das Vertragsarztrecht bilde eine von der allgemeinen Situation in der gesetzlichen Krankenversicherung abweichende und damit rechtfertigungsbedürftige Ausnahme. Richtig ist zwar, dass Ausnahmetatbestände einer erweiternden Auslegung grundsätzlich nicht zugänglich sind. Darum geht es hier indessen nicht. Der Vorlagebeschluss vom 10.03.2010 - B 3 KR 36/09 B - belegt vielmehr, dass eine infolge jahrelanger und gefestigter Rechtsprechung umrissene und definierte Grenzziehung zwischen § 10 Abs. 1 Satz 1 SGG und § 10 Abs. 2 SGG zu Lasten letztgenannter Vorschrift verschoben werden soll.
Der erkennende Senat ist mit dem 6. Senat des BSG der Auffassung, dass die im Zuge mehrerer Änderungsgesetze zu § 91 SGB V erfolgte Neuausrichtung des GBA als des wichtigsten untergesetzlichen Steuerungsgremiums des Leistungs- und des Leistungserbringungsrechts des SGB V nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht (auch) zu verfahrensrechtlichen Konsequenzen hinsichtlich der Zuständigkeit der gerichtlichen Spruchkörper geführt hat (vgl. auch Senat, Urteil vom 11.11.2009 - L 11 KA 101/06 - ). Die zentralen Weichenstellungen hinsichtlich der Kompetenz des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen/GBA, auch über die generelle Reichweite der Leistungsansprüche der Versicherten zu entscheiden (heute ausdrücklich § 91 Abs 6 SGB V), sind durch die Urteile des BSG vom 20.03.1996 - 6 RKa 62/94 - und 16.09.1997 - 1 RK 28/95 - erfolgt. Im Anschluss daran ist weder in der Rechtsprechung noch im wissenschaftlichen Schrifttum in Frage gestellt worden, dass für Klagen unmittelbar gegen Richtlinien des Bundesausschusses/GBA, die von Leistungserbringern bzw. Trägerorganisationen des GBA erhoben werden, die Spruchkörper für das Vertragsarztrecht zuständig sind. Soweit Wirksamkeit und Anwendung der Richtlinien des Bundesausschusses/GBA inzident im Rechtsstreit zwischen einem Versicherten und seiner Krankenkasse oder zwischen einem Versicherten und unmittelbar dem GBA im Streit stehen, handelt es sich dagegen um Angelegenheiten der Sozialversicherung iS des § 10 Abs 1 Satz 1 SGG (so zutreffend BSG, Urteil vom 03.02.2010 - B 6 KA 31/09 -).
Dann aber gilt: Der Zuständigkeitsabgrenzung durch den 6. Senat des BSG und den erkennenden Senat liegt keine (unzulässige) eine Ausnahme erweiternde Interpretation des § 10 Abs. 2 SGG zu Grunde, vielmehr geht es darum, dass der 1. und 3. Senat des BSG einen die verdrängende Sonderzuweisung (§ 10 Abs. 2 SGG) reduzierenden rechtlichen Ansatz verfolgen. Dies wiederum bedeutet, dass nicht das Vertragsarztrecht die rechtfertigungsbedürftige Ausnahme ist, vielmehr die Auffassung, Streitverfahren mit dem GBA als Hauptbeteiligtem seien nicht solche des Vertragsarztrechts, besonderer Rechtfertigung bedarf.
cc) Die Entstehungsgeschichte des § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG belegt, dass es an dieser Rechtfertigung fehlt. Der Regelungsgehalt dieser Norm beschränkt sich auch unter historischem Blickwinkel allein darauf, für die dort genannten Streitverfahren den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu eröffnen. Die Vorschrift ist mehrfach geändert und durch das 6. SGGÄndG vom 17.08.2001 (BGBl. I S. 2144) übersichtlicher gestaltet worden. § 51 Abs. 1 SGG fasst die öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten seither zusammen und gliedert sie nach den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und weiteren Rechtsbereichen. Hingegen spezifizierte § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG a.F. dergestalt, dass die in den Nrn. 1 bis 3 genannten und nach dem SGB V entstandenen Angelegenheiten den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen sind. § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG a.F. betraf u.a. Entscheidungen aller Bundesausschüsse und damit auch jene des seinerzeitigen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, 1998, § 51 Rdn. 33). Geregelt war hiernach eindeutig und allein, dass in derartigen Streitverfahren der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ist. Die weitergehende Frage danach, welcher Fachspruchkörper zuständig ist, bestimmte sich nach § 10 Abs. 2 SGG a.F.; die Vorschrift hatte folgenden Wortlaut:
Für die in § 51 Abs. 2 Satz 1 genannten Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten und Krankenkassen (Kassenarztrecht) sind eigene Kammern zu bilden.
Durch die Bezugnahme auf § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG war wiederum klargestellt, dass die dort genannten Angelegenheiten (u.a. jene der Nr. 2) im Sinne der vormaligen Terminologie "Kassenarztrecht" waren. Hieran hat das 6. SGGÄndG nichts geändert. Infolge Änderung des § 51 SGG a.F. war allerdings die Bezugnahme nicht mehr möglich. Demzufolge enthält nunmehr § 10 Abs. 2 SGG eine eigenständige Definition des Begriffs "Vertragsarztrecht", die mit dem materiell-rechtlichen Verständnis des Begriffs "vertragsärztliche Versorgung" i.S.d. SGB V nicht deckungsgleich sein muss, wenngleich die materiell-rechtlichen Regelungen zur Auslegung der Legaldefinition - wie dargestellt - heranzuziehen sind.
Dass zu den in § 10 Abs. 2 SGG genannten Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten, Vertragszahnärzten einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände auch die Streitigkeiten über Entscheidungen der gemeinsamen Gremien von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern oder anderen Leistungserbringern und Krankenkassen rechnen, entsprach schon immer, vor allem bezogen auf den vormaligen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, der Rechtsprechung des BSG. Klagen von Arzneimittelherstellern gegen die Arzneimittelrichtlinien des Bundesausschusses in dessen vor Erlass des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20.12.1988 (BGBl I 2477) bestehender Form sind deshalb als Vertragsarztrechtsangelegenheiten angesehen worden (vgl. BSG, Urteile vom 20.09.1988 - Rka 3/88 - und 31.05.2006 - B 6 KA 69/04 R -). Zutreffend hat der 6. Senat des BSG daran auch nach der Neuausrichtung des GBA durch § 91 SGB V i.d.F. des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) vom 14.11.2003 festgehalten (BSG, Urteile vom 31.05.2006 - B 6 KA 13/05 R -, 06.05.2009 - B 6 A 1/08 R -, 03.02.2010 - B 6 KA 30/09 R und B 6 KA 31/09 R -).
Im Übrigen geben die Gesetzesmaterialien zum 6. SGG-ÄndG nicht ansatzweise etwas dafür her, dass der Gesetzgeber die durch §§ 10 Abs. 2, 51 Abs. 2 Satz 1 SGG a.F. vorgegebene und jahrelange unstreitige Abgrenzung zwischen Vertragsarztrecht und Krankenversicherungsrecht aufgegeben wollte. Das Gegenteil ist der Fall. Diese bewährten Abgrenzungskriterien hat der Gesetzgeber mangels gegenteiliger Willensäußerung in das SGG in der Fassung des 6. SGG-ÄndG einbezogen (Senat, Urteil vom 11.11.2009 - L 11 KA 101/06 -).
dd) Soweit der 3. Senat darüber hinaus meint, maßgebend für die Frage, ob der Rechtsstreit dem Vertragsarztrecht oder dem Krankenversicherungsrecht zuzuordnen ist, könne entgegen der Auffassung des 6. Senats nicht sein, ob der GBA Hauptbeteiligter ist, ist auch dem nicht zu folgen. Richtigerweise geht der 3. Senat zwar davon aus, dass mit dem Inkrafttreten des GMG vom 14.11.2003 (BGBl. I 2190) am 01.01.2004 die verschiedenen Bundesausschüsse in bewusster Abkehr von der alten Rechtslage zu einem einheitlichen und sektorübergreifenden Steuerungsgremium zusammengefasst worden sind (vgl. schon oben). Dem kann aber nicht entnommen werden, dass der Rechtsstreit nunmehr dem Sozialversicherungsrecht (§ 10 Abs. 1 SGG) zuzuordnen ist. Dem steht schon entgegen, dass der Gesetzgeber des GMG im Zusammenhang mit der Neuregelung des § 91 SGB V allein eine sektorenübergreifende Rechtssetzungseinrichtung für untergesetzliche Normen schaffen wollte, um eine Stärkung des sektorübergreifenden Bezugs von Versorgungsentscheidungen der gemeinsamen Selbstverwaltung auf Bundesebene, eine Straffung und Vereinfachung der Entscheidungsabläufe und einen effektiveren Einsatz der personellen und sächlichen Mittel zu erreichen (vgl. FraktE-GMG, BT-Drs. 15/1525, 106; vgl. auch Hencke in Peters, a.a.O., § 91 Rdn. 1d). Eine Regelungsabsicht des Gesetzgebers dahingehend, Streitigkeiten über Entscheidungen dieser Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung im Bereich der GKV anlässlich ihrer erweiterten personellen Zusammensetzung aus der bisherigen Zuständigkeit der Kammern bzw. Senate für Vertragsarztangelegenheiten (hierzu u.a. BSG, Urteile vom 31.05.2006 - B 6 KA 69/04 R - und 20.09.1988 - 6 Rka 3/88 -) auszugliedern und nunmehr den Spruchkörpern für Angelegenheiten der Sozialversicherung zuzuweisen, ist auch nicht ansatzweise in den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens erkennbar. Das aber wäre angesichts gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung schon aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit notwendig gewesen (vgl. auch BSG, Urteil vom 06.05.2009 - B 6 A 1/08 R - m.w.N.). Der 3. Senat lässt überdies unberücksichtigt, dass die personale Neustrukturierung des GBA durch das GMG für die Frage, ob ein ihn als Hauptbeteiligter betreffender Rechtsstreit dem Vertragsarztrecht (§ 10 Abs. 2 SGG) oder dem Sozialversicherungsrecht (§ 10 Abs. 1 SGG) zuzuordnen ist, letztlich irrelevant ist. Der GBA ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts (BSG, Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKA 62/94 -; a.A. Henke, a.a.O, § 91 Rdn 3: öffentlich-rechtliche Institution eigener Art). Ungeachtet dessen, dass auch die DKG im Beschlussgremium des GBA vertreten ist, handelt es sich dennoch weiterhin um ein Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen. Dies folgt schon daraus, dass dem GBA - weiterhin - aufgegeben ist, die zur Sicherung der (vertrags)ärztlichen Versorgung (hierzu § 72 Abs. 1 SGG V) erforderlichen Richtlinien über die Gewähr einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten zu beschließen (§ 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V).
ee) Soweit der 1. Senat und der 3. Senat des BSG meinen, von der Intention her sollen im Segment "Vertragsarztrecht" nur solche Spruchkörper mitwirken, die sachkundig und mit der besonderen Materie sowie den tatsächlichen Verhältnissen in der vertragsärztlichen Versorgung vertraut sind (Beschluss vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B -; Beschluss vom 10.03.2010 - B 3 KR 36/09 B -), so trifft das zwar zu, greift im hier interessierenden Zusammenhang indes zu kurz. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass das verfahrensrechtliche Vertragsarztrecht (§ 10 Abs. 2 SGG) aus den Angelegenheiten des Vertragsarztrechts (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGG) und den Angelegenheiten der Vertragsärzte (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGG) besteht. Während der Spruchkörper in Angelegenheiten des Vertragsarztrechts mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Vertragsärzte/Psychotherauten entscheidet, wirken in Angelegenheiten der Vertragsärzte zwei Vertragsärzte/Psychotherauten mit. Verfahren mit dem GBA als Hauptbeteiligtem ordnet der Senat den Angelegenheiten des Vertragsarztrechts zu, daher ist in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Vertragsärzte/Psychotherauten zu entscheiden. Hingegen entscheiden Spruchkörper der Sozialversicherung (§ 10 Abs. 1 SGG) in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Versicherten und der Arbeitgeber (§ 12 Abs. 2 Satz 1 SGG). Mit Blick auf Verfahren, in denen der GBA Hauptbeteiligter ist, lässt sich dies schwerlich mit besonderer Sachkunde rechtfertigen. Diese dürfte eher dann anzunehmen sein, wenn ein Vertreter der Krankenkassen und ein Vertragsarzt an der Entscheidung mitwirken, zumal in Verfahren mit dem GBA vielfach hochkomplexe rechtliche und medizinische Rechtsfragen zu entscheiden sind, zu denen Vertreter der Versicherten und Arbeitgeber offenkundig keinen Bezug haben. Wird allerdings mit dem BSG die Auffassung vertreten, dass die Solidargemeinschaft über Arbeitgeber und Versichertem an der Entscheidung beteiligt sein soll (Beschluss vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B -), führt das nicht weiter, denn der für das Vertragsarztrecht zuständige Spruchkörper würde jedenfalls (auch) unter Beteiligung eines ehrenamtlichen Richters aus dem Kreis der Krankenkassen entscheiden. In der Folge wäre die Solidargemeinschaft, d.h. die Versicherten kraft Mitgliedschaft in der Krankenkasse, jedenfalls mittelbar über den ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Krankenkassen im Spruchkörper repräsentiert, womit dem Anliegen des 1. Senats hinlänglich Rechnung getragen wäre. Selbst wenn aber davon ausgegangen wird, die Beteiligung der ehrenamtlichen Richter beruhe auf dem Grundgedanken sozialer Selbstverwaltung, denn sie repräsentierten die Versicherten- und Solidargemeinschaft, an deren Schicksal die Arbeitnehmer und Arbeitgeber u.a. deswegen gleichermaßen interessiert seien, weil sie gemeinsam die finanziellen Mittel aufbringen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.12.1969 - 2 BvR 271, 342 ff. -), rechtfertigt dies nicht Auffassung, Streitverfahren mit dem GBA als Hauptbeteiligtem seien solche der Sozialversicherung. Neben dem die Besetzung der für die Sozialversicherung zuständigen Spruchkörpern (§ 10 Abs. 1 SGG) mit ehrenamtlichen Richtern aus Kreisen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber (§ 12 Abs. 2 SGG) prägenden repäsentativen Prinzip steht gleichrangig das Prinzip der besonderen Sachkunde. Dieses findet sich in den Regelungen über die Besetzung der Spruchkörper für Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts (§ 12 Abs. 4 SGG) und der Spruchkörper für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGG) und der Vertragsärzte (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGG). Demzufolge ist die Erwägung unzutreffend, das repräsentative Prinzip sei die Regel und das Sachkundeprinzip die Ausnahme. Vielmehr gilt: Die als sachangemessen angesehene Spruchkörperbesetzung bestimmt nicht die funktionale Zuständigkeit; statt dessen zieht die gesetzmäßige Bestimmung der funktionalen Zuständigkeit (§ 10 Abs. 1 SGG oder § 10 Abs. 2 SGG) die Besetzung des Spruchkörpers nach repräsentativem Prinzip (§ 12 Abs. 2 SGG) oder nach Sachkundeprinzip (§ 12 Abs. 3 SGG) nach sich.
Abschließend sei angemerkt, dass der erkennende Senat die Besetzung des Spruchkörpers, der über die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen des GBA auf die Klagen von Leistungserbringern oder Trägerorganisationen des GBA zu entscheiden hat, nach § 10 Abs. 2 i.V.m. § 12 Abs. 3 Satz 1 SGG mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Ärzte und der Krankenkassen auch als sachgerecht ansieht. Das Beschlussgremium des GBA besteht neben den unparteiischen Mitgliedern aus stimmberechtigten Vertretern der Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser) sowie der Kostenträger (Krankenkassen). Soweit § 12 Abs. 3 SGG die Vorstellung zu Grunde liegt, in der Besetzung der Richterbank des zuständigen sozialgerichtlichen Spruchkörpers mit ehrenamtlichen Richtern sollten sich die Interessenkonstellationen bei der zu überprüfenden Entscheidung bzw. die Zusammensetzung des Gremiums, dessen Entscheidung überprüft wird, widerspiegeln, wird dem durch die Mitwirkung je eines ehrenamtlichen Richters aus den Kreisen der Ärzte und der Krankenkassen Rechnung getragen (zutreffend BSG, Urteil vom 03.02.2010 - B 6 KA 31/09 R -).
c) Betrifft nach alldem der vorliegende Rechtsstreit die Beziehungen zwischen den Krankenassen und Vertragsärzten, so ist auch die dritte Voraussetzung des § 10 Abs. 2 SGG erfüllt. Die Streitigkeit muss "aufgrund" einer solchen Beziehung bestehen. Sprachlich wird hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass eine bloß mittelbare Betroffenheit nicht ausreicht (so auch BSG, Beschluss vom 12.08.2009 - B 3 KR 10/07 R -). Die Streitigkeit muss in einem engen sachlich-inhaltlichen Zusammenhang mit den durch das SGB V bestimmten Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten stehen. Das ist schon deswegen der Fall, weil der vorliegende Rechtsstreit kausal auf die streitbefangene Entscheidung des GBA zurückzuführen ist.
4. Im Ergebnis gilt daher mit dem 6. Senat des BSG (Urteil vom 06.05.2009 - B 6 A 1/08 R -):
Zu den in § 10 Abs 2 SGG genannten Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten, Vertragszahnärzten einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände rechnen auch die Streitigkeiten über Entscheidungen der gemeinsamen Gremien von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern oder anderen Leistungserbringern und Krankenkassen.
II.
Die beim SG erhobene Klage war unzulässig, denn die Kläger sind nicht klagebefugt.
Bei den Richtlinien des GBA, deren Änderung die Kläger im Ergebnis begehren, handelt es sich untergesetzliche Rechtsnormen auf der Ebene des autonomen Rechts (BSG, Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKa 62/94 -), die Bindungswirkung für die gesetzlich Versicherten, für die Krankenkassen, für die an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer und die zugelassenen Krankenhäuser entfalten. Da das Sozialgerichtsgesetz - anders als die VwGO in § 47 - kein gesondertes Normenkontrollverfahren zur Überprüfung untergesetzlicher Rechtsnormen kennt, ist der Einzelne grundsätzlich darauf verwiesen, deren Rechtmäßigkeit inzidenter durch Anfechtung belastender Verwaltungsakte überprüfen zu lassen (vgl. auch Axer in Schnapp/Wigge, Handbuch für das Vertragsarztrecht, 2. Auflage, 2006, § 10 Rdn. 70).
In der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 03.02.2010 - B 6 KA 30/09 R und B 6 KA 31/09 R - m.w.N.) ist indes den Rechtsschutz erweiternd geklärt, dass im Recht der GKV juristische und natürliche Personen, die durch untergesetzliche Normen - aber auch durch deren Fehlen - in ihren rechtlich geschützten Belangen betroffen sind, unter bestimmten Voraussetzungen eine Klage direkt gegen sie richten können. Diese Möglichkeit besteht in denjenigen Ausnahmefällen, in denen die Betroffenen ansonsten keinen effektiven Rechtsschutz erreichen können, etwa weil ihnen nicht zuzumuten ist, Vollzugsakte zur Umsetzung der untergesetzlichen Norm abzuwarten, oder die Wirkung der Norm ohne anfechtbare Vollzugsakte eintritt. Dabei ist es mit der Feststellungsklage möglich, die Anwendung und Wirksamkeit gesetzesnachrangiger Rechtsvorschriften überprüfen zu lassen, wenn nur auf diese Weise wirksamer Rechtsschutz erlangt werden kann und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat. Darüber hinaus wird in der Rechtsprechung bei der Behandlung von Klagebegehren, die von Leistungserbringern gegen untergesetzliche Normen im Vertragsarztrecht erhoben werden, hinsichtlich der statthaften Klageart danach differenziert, ob Klageziel die Nichtanwendung oder Nichtanwendbarkeit einer Norm oder die Verpflichtung des Normgebers zum Erlass einer Norm mit einem bestimmten Inhalt ist. Im erstgenannten Fall ist - wegen des Fehlens einer § 47 VwGO entsprechenden Regelung - auf die Feststellungsklage nach § 55 SGG zurückzugreifen, soweit Rechtsschutz unmittelbar gegen eine Norm im Hinblick auf die Anforderungen des Art 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu gewähren ist. Hingegen kann die Verpflichtung eines Normgebers zum Erlass oder zur Modifikation einer Regelung mit der allgemeinen Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG verfolgt werden (BSG Urteile vom 28.06.2000 - B 6 KA 26/99 R - und vom 11.09.2002 - B 6 KA 34/01 R -).
Voraussetzung ist in beiden Konstellationen, dass der Kläger von der Norm selbst, gegenwärtig und unmittelbar in seinen Grundrechten (BSG, Urteil vom 28.04.1999 - B 6 KA 52/98 R -), mithin in eigenrechtlichen Belangen (BSG, Urteil vom 03.02.2010 - B 6 KA 31/09 R -) betroffen ist.
Das ist vorliegend nicht der Fall.
Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit der beruflichen Betätigung. Der Schutz des Grundrechts ist einerseits umfassend angelegt, schützt andererseits aber nur vor solchen Beeinträchtigungen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind. Es genügt also nicht, dass eine Rechtsnorm oder ihre Anwendung unter bestimmten Umständen Rückwirkungen auf die Berufstätigkeit entfaltet. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit liegt vielmehr erst dann vor, wenn die Norm selbst oder eine darauf gestützte Maßnahme berufsregelnde Tendenz hat (BVerfG, Beschluss vom 25.02.1999 - 1 BvR 1472/91, 1 BvR 1510/91- m.w.N.). Dabei muss die Berufstätigkeit nicht unmittelbar betroffen sein. Vielfach lassen Normen die Berufstätigkeit selbst unberührt, verändern aber deren Rahmenbedingungen. In einem solchen Fall ist der Berufsbezug ebenfalls gegeben, wenn die Norm oder auf ihrer Grundlage ergangene Maßnahmen in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben (BVerfG, Beschluss vom 25.02.1999 - 1 BvR 1472/91, 1 BvR 1510/91 -; BSG, Urteil vom 28.06.2000 - B 6 KA 26/99 -).
Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor; die Entscheidung des Beklagten vom 10.04.2000 bzw. nach Auffassung der Kläger dessen fehlende Entscheidung haben zumindest im Hinblick auf die Kläger keine berufsregelnde Tendenz. Die in der "Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung" erfolgte Festlegung eines Katalogs von Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen, führt für alle HBO-Anbieter, die sämtlich nicht in das System der vertragsärztlichen Versorgung eingebunden sind, nur zu einem unvermeidbaren, lediglich mittelbaren Reflex auf ihre Berufsausübung; es fehlt an einer unmittelbaren Beeinträchtigung (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 17.12.2002 - 1 BvL 28/95, 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 -). Insbesondere gewährleistet Art. 12 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb oder auf Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten (vgl. BVerfG, Entscheidung vom 16.10.1968 - 1 BvR 241/66 -). Der Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG wird ebenso wie bei den Herstellern oder Anbietern von Arznei- und Hilfsmitteln nicht berührt (BVerfG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O.), wenn die Verordnungs- bzw. Erstattungsfähigkeit von Behandlungsmethoden bzw. deren Ausschluss im Rahmen der GKV geregelt werden. Dass Marktchancen betroffen werden, ändert hieran ebenso wenig wie der Umstand, dass die wirtschaftlichen Interessen der Kläger durch die Entscheidungen innerhalb des Systems der GKV über die Ausgestaltung der Versorgung "betroffen" sind. Der Kreis der von Entscheidungen im System der GKV rein tatsächlich "betroffenen" Personen und Institutionen ist unüberschaubar groß. Er reicht von den Mitarbeiterinnen in vertragsärztlichen Praxen über die Hersteller von Kontrastmitteln, die Hersteller von Arzneimitteln und die Anbieter von Praxissoftware bis zu den Herstellern von medizinisch-technischen Geräten (vgl. dazu BSG, Urteile 31.05.2006 - B 6 KA 13/05 R und B 6 KA 69/04 R -). Wettbewerbsverzerrende Regelungen, die hingegen ggf. einen Anspruch auf gerichtlichen Rechtsschutz begründen können (vgl. dazu BSG, Urteil vom 24.11.2004 - B 3 KR 23/04 R -), enthält die Entscheidung des Beklagten nicht. Die Regelungen betreffen nämlich insoweit alle HBO-Anbieter in gleicher Weise. Auch der Hinweis der Kläger auf das Urteil des BSG vom 28.06.2000 - B 6 KA 26/99 R - führt nicht weiter; denn eine Fallgestaltung mit vergleichbaren Besonderheiten, insbesondere eine dem Diätassistenten vergleichbare Zugehörigkeit der Kläger zu einem gesetzlich geschützten Heilhilfsberuf mit staatlich vorgeschriebener Ausbildung und Anerkennung, liegt nicht vor. Die Kläger gehören auch nicht zum Kreis der im SGB V vorgesehenen Leistungserbringer, die selbst oder deren Spitzenorganisationen durch Anhörungsrechte oder Rechte zur Stellungnahme zumindest verfahrensmäßig in Entscheidungen des Beklagten einbezogen sind (§ 92 Abs. 3a, 5, 6 und 7 SGB V), selbst wenn diese Vorschriften, die unmittelbar nur für den Erlass von Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 SGB V, nicht aber für den Regelungsbereich der §§ 135 und 138 SGB V gelten, entsprechend anzuwenden wären. Das beruht darauf, dass der Beschluss des Beklagten gemäß § 135 SGB V nicht die Leistungserbringung durch "Außenseiter" Kraft ärztlicher Verordnung oder Anordnung betrifft (z.B. pharmazeutische Unternehmen, Apotheker, Heilmittelerbringer, Hilfsmittelhersteller, Krankenpflegeunternehmen), sondern unmittelbar ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (§ 15 SGB V) durch niedergelassene Vertragsärzte (§ 72 SGB V).
Gleiches gilt hinsichtlich der im Berufungsverfahren erfolgten Erweiterung des Klageantrags auf unmittelbare Aufnahme der HBO in die Anlage I Richtlinien des Beklagten.
Unabhängig davon handelt es sich dabei - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht um eine Klageänderung. Nach § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG ist es nämlich nicht als Änderung der Klage anzusehen, wenn - wie vorliegend - ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache erweitert wird. Selbst wenn aber eine Klageänderung angenommen würde, wäre diese sachdienlich (§ 99 Abs. 1 2. Halbsatz SGG). Die Erweiterung des Klageantrags steht in unmittelbarem Sachzusammenhang mit dem Streitstoff (vgl. Eschner in Jansen, Sozialgerichtsgesetz, 3. Auflage, § 99 Rdn. 21). Sie würde - bei Zulässigkeit der Klage - auch zumindest teilweise einer Streitbeilegung dienen, da in dem weiteren zwischen den Beteiligten um die Anerkennung der HBO für die Indikation "Diabetisches Fußsyndrom" geführten, beim Senat unter dem Aktenzeichen L 11 KA 1/08 anhängigen Rechtstreit gleichermaßen Streit über eine entsprechende Klageerweiterung bzw. -änderung besteht.
III.
Die Klage ist im Übrigen auch nicht begründet.
Die Kläger haben weder Anspruch auf Aufnahme der HBO hinsichtlich der Indikationen "Akutes Knalltrauma" und "Hörsturz mit und ohne Tinnitus" in die Anlage I der Richtlinien des Beklagten noch auf eine neue Beratung und Entscheidung des Beklagten; denn die unter dem 10.04.2000 erfolgte Einordnung der HBO unter die Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen, ist rechtmäßig. Es besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, dass aufgrund nachfolgender Änderungen eine erneute Beratung des Beklagten zu erfolgen hat. Der Senat nimmt zur Begründung zunächst auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil des SG Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG) und führt ergänzend aus:
1. Nach § 135 Abs. 1 SGB V in der zur Zeit der Entscheidung des Bundesausschusses maßgebenden Fassung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22.12.1999 dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden - wie vorliegend die HBO - in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn die Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen auf Antrag einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder eines Spitzenverbandes der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben haben u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode. Ob eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und damit dem in § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V geforderten Versorgungsstandard entspricht, soll nach Wortlaut und Konzeption des Gesetzes für die gesamte ambulante Versorgung einheitlich durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen als sachkundiges Gremium entschieden werden, um so eine an objektiven Maßstäben orientierte und gleichmäßige Praxis der Leistungsgewährung zu erreichen. Dabei hat der Bundesausschuss nicht selbst über den medizinischen Nutzen der Methode zu urteilen. Seine Aufgabe ist es vielmehr, sich einen Überblick über die veröffentlichte Literatur und die Meinung der einschlägigen Fachkreise zu verschaffen und danach festzustellen, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirksamkeit der in Rede stehenden Behandlungsweise besteht. Die Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) vom 10.19.1999 (Bundesanzeiger Nr. 56 vom 21.03.2000) mit der darin enthaltenen Verfahrensordnung haben dieser Aufgabenstellung Rechnung getragen, indem sie im Einzelnen regelten, welche Unterlagen für die Überprüfung heranzuziehen sind, nach welchen Kriterien die Bewertung zu erfolgen hat und welche Voraussetzungen für eine Anerkennung der Methode erfüllt sein müssen (BSG, Urteil vom 19.02.2003 - B 1 KR 18/01 R -).
Der Umfang der gerichtlichen Kontrolle ist nach den Maßstäben der insoweit maßgeblich gewesenen Rechtslage auf die Prüfung auf Willkür und auf Einhaltung der Ermächtigungsgrundlage und der verfahrensmäßigen Anforderungen beschränkt; die Prüfung erstreckt sich indes nicht auf eine inhaltliche Überprüfung. Hintergrund dafür ist, dass die Ermächtigung zur Rechtssetzung dem Bundesausschuss wie jedem Normgeber einen eigenen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum eröffnet. Dieser ist zwar enger als der des parlamentarischen Gesetzgebers, weil er von vornherein nur innerhalb der durch die gesetzliche Ermächtigung gezogenen Grenzen besteht. Vor allem ist der Bundesausschuss wegen seiner verfassungsrechtlichen Stellung als Exekutivorgan mit lediglich abgeleiteter Rechtssetzungsbefugnis in besonderer Weise an das Gleichbehandlungsgebot gebunden. Er hat sich nicht nur von Willkür und sachfremden Erwägungen freizuhalten, sondern darf auch keine Differenzierungen vornehmen, die im Ergebnis auf eine Korrektur der Entscheidungen des Gesetzgebers hinauslaufen würden. Ferner hat er sein Verfahren an rechtsstaatlichen Grundsätzen auszurichten, insbesondere die verfügbaren Beurteilungsgrundlagen auszuschöpfen. Eine darüber hinausgehende inhaltliche Kontrolle findet jedoch nicht statt. Damit ist auch nicht einen Einwand einzugehen, die Beurteilung durch den Bundesausschuss sei unsachlich und werde der neuen Methode nicht gerecht, da sich dieser Einwand auf die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des Bundesausschusses und nicht auf das Verfahren bezieht (s. Engelmann, Die Kontrolle medizinischer Standards durch die Sozialgerichtsbarkeit, in MDR 2006, 245 ff m.w.N.; Koch in jurisPK-SGB V, 1. Auflage 2007, § 135 Rdn. 46 m.w.N.).
Davon ausgehend unterliegt der Beschluss des Bundesausschusses keiner Beanstandung (s. dazu unter III. 3)).
2. Auch unter Berücksichtigung des Zeitablaufs und einer damit verbundenen Beobachtungspflicht des Beklagten ist dieser nicht zu einer erneuten Beratung verpflichtet.
Durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV Modernisierungsgesetz - GMG vom 14.11.2003 -, nach der u.a. der Beklagte die Rechtsnachfolge des Bundesausschusses angetreten hat, ist insoweit keine relevante Änderung der Rechtslage eingetreten.
Die Aufgabe des Beklagten beschränkt sich weiterhin darauf, sich einen Überblick über die veröffentlichte Literatur und die Meinung der einschlägigen Fachkreise zu verschaffen und danach festzustellen, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirksamkeit einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode besteht. Davon ausgehend hat u.a. der Beklagte den medizinischen Diskussions- und Erkenntnisstand daraufhin zu beobachten, ob neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zwischenzeitlich die Gewähr für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bieten und deshalb zukünftig in die GKV-Versorgung einzubeziehen sein können. Erreicht der Erkenntnisstand diese Schwelle, so kann ggf. auch gestützt auf die Verfahrensgarantien aus Art. 12 Abs. 1 GG beansprucht werden, dass sich der Beklagte mit der Überprüfung der neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode befasst. Voraussetzung ist jedoch, dass nach dem Stand der medizinischen Erkenntnisse eine positive Abschätzung des diagnostischen oder therapeutischen Nutzens der neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode durch den Beklagten wahrscheinlich ist und im Übrigen eine positive Bewertung der Methode nicht aus anderen Gründen - etwa der fehlenden Wirtschaftlichkeit - ausgeschlossen erscheint. Das erfordert zumindest ausreichende Anhaltspunkte für die medizinische Wirksamkeit der Methode. Dafür ist Voraussetzung, dass die Wirksamkeit der neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Studien und Statistiken belegt ist (BSG, Urteil vom 12.08.2009 - B 3 KR 10/07 -).
Ein solcher Beleg für den therapeutischen Nutzen der HBO besteht hinsichtlich der Indikationen "akutes Knalltrauma" und "Hörsturz mit/ohne Tinnitus" auch heute nicht.
3. Willkür, Nichteinhaltung der Ermächtigungsgrundlage und der verfahrensmäßigen Anforderungen machen die Kläger hinsichtlich des Beschlusses vom 10.04.2000 nicht geltend, derartige Umstände sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Die Kläger führen vielmehr aus, dass die Vorgaben der Verfahrensordnung vom 10.19.1999, insbesondere die Regelungen der Nr. 6.4, nach denen der Nutzen einer Methode in der Regel durch mindestens eine Studie der Evidenzklasse I zu belegen sei, rechtswidrig seien, und dass der Beklagte deshalb nicht allein auf diese Regelung habe abstellen dürfen.
Bereits die Prämisse, der Beklagte habe allein auf das Vorliegen von Studien der Evidenzklasse I abgestellt, ist unzutreffend. Der Bundesausschuss hat die Aufnahme der HBO nicht mit der "schlichten" Begründung abgelehnt, es lägen keine Studien der Evidenzklasse I vor; vielmehr erfolgte die Ablehnung aufgrund der Feststellung, dass aufgrund der geprüften Unterlagen der Nutzen der HBO nicht hinreichend belegt seien. Auf die bereits o.a. Ausführungen des Arbeitsausschusses wird verwiesen. Dies wird auch durch die Begründung des Beschlusses vom 10.04.2000 belegt:
Begründung des Beschlusses des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Hyperbaren Sauerstofftherapie
Zur Methode und ihren Indikationen: Während einer hyperbaren Sauerstofftherapie wird bei einem Druck, der über dem normalen atmosphärischen Druck liegt, reiner Sauerstoff in einer therapeutischen Druckkammer geatmet. Die prinzipielle Wirkungsweise der HBO soll auf zwei Aspekten beruhen: zum einen wird der Sauerstoffpartialdruck bei gleichzeitiger Erniedrigung des Partialdruckes für Stickstoff stark erhöht, zum anderen nehmen die Volumina der im Körper eingeschlossenen Gase entsprechend dem aufgebauten Umgebungsdruck ab. Die Hyperbare Sauerstofftherapie wird von ihren Befürwortern deshalb bei einer Reihe von Erkrankungen empfohlen, deren Genese mit einem Sauerstoffmangel auf zellulärer Ebene in Zusammenhang gebracht wird, auf eine Infektion mit anaeroben Keimen zurückzuführen sind oder durch Gasblasen in der Blutstrombahn ausgelöst werden. Ebenso wird die Anwendung der HBO bei Therapiekonzepten empfohlen, bei denen Sauerstoff einen wirkungsverstärkenden Effekt im Rahmen anderer Therapien ausüben soll.
Beratung: Die eingegangenen Stellungnahmen, Empfehlungen aus Leitlinien und die aktuelle medizinisch-wissenschaftliche Literatur, wie von den Sachverständigen benannt und durch eine Eigenrecherche identifiziert, wurden detailliert analysiert und hinsichtlich ihrer Aussagefähigkeit für die Beratung in den Bundesausschußgremien bewertet.
Verbreitung: Verlässliche Angaben zur Häufigkeit der durchgeführten HBO-Anwendungen bei bestimmten Indikationen liegen nicht vor. In Deutschland sollen ca. 100 Druckkammerzentren errichtet worden sein.
Leitlinien: Leitlinien der AWMF empfehlen zwar die Anwendung der Hyperbaren Sauerstofftherapie bei einer Reihe von Indikationen, ohne jedoch ihre Empfehlung qualitativ auf der Grundlage wissenschaftlicher Literatur zu belegen. Sie müssen deshalb als nicht evidenzbasiert klassifiziert werden. HTA-Gutachten: Durch die Literaturrecherche des Ausschusses konnten keine aktuellen HTA-Gutachten gefunden werden, die die Hyperbare Sauerstofftherapie unter der Fragestellung des Ausschusses bewerten. Stellungnahmen: Insgesamt sind zu diesem Thema 22 Stellungnahmen eingegangen. Eine als Buch gebundene Stellungnahme, die gemeinsam von der Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin (GTÜM), dem Verband Deutscher Druckkammerzentren e.V. (VDD), der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), dem Berufsverband Deutscher Anästhesisten (BDA) für die aktuelle Beratung des Bundesausschusses verfasst wurde, benennt folgende zwölf Indikationen, bei denen die HBO in der vertragsärztlichen Versorgung begründet eingesetzt werden könnte: 1. Arterielle Gasembolie 2. Dekompressionskrankheit, 3. Clostridiale Myonekrose (Gasbrand), 4. Knalltrauma, 5. Hörsturz mit / ohne Tinnitus, 6. Otitis externa necroticans, 7. Diabetisches Fußsyndrom, 8. Crush-Verletzungen, 9. Osteointegrierte Implantation nach Bestrahlung, 10. Osteoradionekrose bei Zahnextraktion nach Bestrahlung, 11. Strahlenzystitis, 12. Neuroblastom im Stadium IV. Die Mehrzahl der abgegebenen Einzel-Stellungnahmen beinhaltet eine Zustimmung zu dieser Ausarbeitung der GTÜM / VVD / DGAI / BDA. Auch der Medizinische Dienst der Krankenkassen hat am 20.12.1999 einen sehr ausführlichen Bericht vorgelegt, der in detaillierter Aufarbeitung eine Vielzahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen zu den verschiedenen Indikationsbereichen bewertet und diskutiert.
Beratene Indikationen: Es wurden insbesondere die durch die Stellungnehmenden benannten Indikationen beraten, darüber hinaus aber auch eine Reihe weiterer Indikationen, die in der Literaturrecherche des Auschusses identifiziert werden konnten.
Ergebnisse der Beratung: Die ausführlichen und eingehenden Beratungen des Bundesausschusses haben ergeben, dass Nutzen und Risiken, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Hyperbaren Sauerstofftherapie nach dem gegenwärtigen Stand der medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse bei keiner Indikation hinreichend belegt sind. Dies trifft insbesondere für eine Anwendung der HBO im Rahmen der ambulanten Versorgung zu. Die routinemäßige Anwendung der HBO zur Behandlung der Dekompressionskrankheit nach Tauchunfällen und zur Behandlung der Kohlenmonoxid-Vergiftung basieren auf der Annahme der Plausibilität der Methode bei diesen Indikationen. Es handelt sich dabei aber um so schwere Krankheitsbilder, dass eine multidiziplinäre Versorgung im Rahmen eines stationären, intensivmedizinischen Behandlungskonzeptes erfolgen muss. Aussagefähige wissenschaftliche Literatur, die den Nutzen der Methode bei einer Anwendung bei diesen Indikationen über die intensivmedizinische, stationäre Behandlung hinaus evaluieren und belegen würde, konnte jedoch durch den Ausschuss trotz internationaler Recherche nicht gefunden werden. Im Gegenteil konnte für die Indikation Kohlenmonoxid-Vergiftung festgestellt werden, dass der Nutzen in aktuellen randomisierten kontrollierten Studien nicht belegt werden konnte und international eine lebhafte Diskussion um die Notwendigkeit der Hyperbaren Sauerstofftherapie bei dieser Indikation stattfindet. Die HBO wurde bei verschiedenen Indikationen in einer großen Anzahl von randomisierten klinischen Studien auf ihren Nutzen hin überprüft, wobei auch plazebo-kontrollierte Studien möglich waren. Der Nutzen der HBO konnte dabei nicht hinreichend belegt werden. In einer Reihe von entsprechenden Studien wurde beispielsweise demonstriert, dass die HBO bei Multipler Sklerose keinen therapeutischen Nutzen erbringt. Insgesamt kann der fehlende Nachweis des therapeutischen Nutzens der Hyperbaren Sauerstofftherapie, der schon 1994 in Beratungen festgestellt wurde und der damals zur Ablehnung durch den Bundesausschuß geführt hatte, auch unter Berücksichtigung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse bestätigt werden.
Fazit: Zuverlässige wissenschaftliche Belege zum Nutzen, zur Abklärung der möglichen Risiken, der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Hyperbaren Sauerstofftherapie liegen insbesondere für ambulante Therapiekonzepte zur Zeit nicht vor, so daß der Bundesausschuß die Hyperbare Sauerstofftherapie zur Zeit nicht als vertragsärztliche Leistung anerkennen kann."
Diese Feststellungen sind - soweit sie der Überprüfungskompetenz des Senats unterliegen - bis heute zutreffend. Die Kläger haben weder darzulegen vermocht, dass der Bundesausschuss es vor bzw. bei seiner Entscheidung unterlassen hätte, weitere entscheidungsrelevante Unterlagen beizuziehen, noch, dass in der Folgezeit zuverlässige wissenschaftliche Studien zum Nutzen, zur Abklärung der möglichen Risiken, der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der HBO erschienen sind, die zu einer Überprüfung der 2000 getroffenen Entscheidung Anlass geben könnten.
Im Übrigen geht aber auch die Kritik der Kläger an den Vorgaben der Verfahrensordnung vom 10.19.1999 fehl. Die Kläger übersehen, dass es in Nr. 6.4 Verfahrensordnung heißt "Danach ist der Nutzen einer Methode in der Regel durch mindestens eine Studie der Evidenzklasse I zu belegen.", mithin lediglich ein Regel-Ausnahme-Verhältnis vorgegeben wurde, also durchaus eine Anerkennung neuer Methoden auch auf der Basis niedriger Evidenzklassen möglich war, wenn Studien mit der formal höchsten Aussagekraft nicht vorlagen (s. dazu auch Engelmann a.a.O.).
Ungeachtet dessen ist für die Anerkennung einer Behandlungsmethode unerlässliche Voraussetzung, dass deren Erfolg sich aus wissenschaftlich einwandfrei geführten Statistiken über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen müssen (s. u.v.a. BSG, Urteil vom 16.06.1999 - B 1 KR 4/98 -).
Gerade dies war - und ist es auch heute nicht (s. dazu o. unter III. 2)) - nicht der Fall.
Das SG hat als Ergebnis der Beweisaufnahme zutreffend herausgearbeitet, dass letztlich keine einzige klinisch korrekt kontrollierte Studie existiert, die einen Wirksamkeitsnachweis für die HBO hinsichtlich der zwei streitigen Indikationen gibt. Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. T hat die von dem Bundesausschuss bzw. dem Arbeitsausschuss in seinem zusammenfassenden Bericht vom 11.04.2000 im Einzelnen aufgeführten Beanstandungen zu der Korrektheit der seinerzeit vorliegenden Studien / Unterlagen auch unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnisse - z.B. von Benneth 2005 - in vollem Umfang bestätigt. Von diesem Ergebnis abzuweichen, gibt auch das Gutachten des Prof. Dr. S keinen Anlass. Dieser Sachverständige hat es - ungeachtet der von dem Beklagten und dem SG aufgezeigten erheblichen Mängel seines Gutachtens vom 31.10.2005 - nämlich schlichtweg unterlassen, die Aussagekraft der von ihm aufgeführten Studien / Unterlagen auch nur ansatzweise zu überprüfen; er hat diese allenfalls referiert. Dies führt aber nicht weiter und gibt zu Zweifeln an den Bekundungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. T nicht einmal im Ansatz Anlass.
Soweit die Kläger in ihrer Berufung auf die Studie von Fattori verweisen und das Abstellen auf den JADAD Score kritisieren, ergibt sich nichts Anderes. Denn als Ergebnis ist festzuhalten, dass sowohl der Sachverständige Prof. Dr. Dr. T als auch Benneth u.a. festgestellt haben, dass sich aus der Studie ein funktioneller Hörgewinn nicht belegen lässt. Im Übrigen liege auch keine Verblindung vor, seien Drop outs und Einschlusskriterien nicht erwähnt und sei keine verdeckte Zuordnung erfolgt.
Aus dem Review von Benneth et al. lässt sich ebenfalls kein anderes Ergebnis herleiten. Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. T hat dazu vielmehr ausgeführt, die Autoren hätten die von ihnen geprüften Studien wegen methodischer Mängel abgelehnt. Dementsprechend ist auch das Fazit von Benneth et al., dass aufgrund der Untersuchung eine routinemäßige Anwendung der HBO nicht gerechtfertigt sein könne.
Die Studie von Flunkert, Schwab et al. ist bereits von Prof. Dr. Dr. T und Benneth und auch dem Beklagten (S. 224 des Berichts des Arbeitsausschusses "Ärztliche Behandlungen") berücksichtigt worden. Daraus ergibt sich nur, dass eine HBO zur Primärtherapie akuter Funktionsstörungen des Innenohres bezüglich des Therapieerfolges gegenüber einer Infusionstherapie gleichwertig erscheint; ansonsten empfehlen die Autoren selbst, eine Überprüfung des Therapieerfolges der in der Studie angewandten Therapieschemata im Rahmen einer kontrollierten prospektiven Studien durchzuführen.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände besteht weder Anlass, den Beschluss des vom 10.04.2000 zu beanstanden, noch im Hinblick darauf, dass sich auch zwischenzeitlich keine neueren Erkenntnisse haben feststellen lassen, Anlass, den Beklagten zu einer neuen Beratung zu verpflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG in der hier noch anwendbaren Fassung vor der Rechtsänderung zum 02.01.2002, da die Klage vor dem 02.01.2002 erhoben worden ist (BSG, Urteil vom 30.01.2002 - B 6 KA 12/01 -).
Der Senat lässt die Revision im Hinblick auf die Klagebefugnis nicht in das System der GKV eingebundener Leistungsanbieter wegen grundsätzlicher Bedeutung zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).