LSG Nordrhein-Westfalen - L 10 V 9/05 - Urteil vom 05.03.2008
1.
Das Eingliederungsgesetz ist - derzeit - verfassungswidrig. Es verstößt insoweit
gegen § 3 ErrG, als das Land NRW zum 01.01.2008 die Durchführung des Sozialen
Entschädigungsrechts auf die Landschaftsverbände als kommunale
Selbstverwaltungsträger übertragen hat.
2.
Frühestens ab 2009 ist das Land befugt, die Aufgaben der Versorgungsämter auf die
Landschaftsverbände zu übertragen. Prüfmaßstab für das Eingliederungsgesetz ist
dann (nur) Art. 84 Abs. 1 GG i.V.m. dem Errichtungsgesetz (ErrG) bzw. dem
VfG-KOV.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch auf Berufsschadensausgleich (BSA) wegen vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben.
Der am .. . .. .1925 geborene Kläger, der von 1932 bis 1940 die Volksschule besuchte, begann in der Zeit vom 01.04.1942 bis zum 31.08.1943 eine Lehre zum Fernmeldehandwerker bei der Reichspost, welche am 01.10.1943 mit der Einziehung zum Wehrdienst vorzeitig beendet wurde. Nach seinem Dienst bei der Deutschen Wehrmacht von 1943 bis zum 30.03.1948 befand sich der Kläger in russischer Kriegsgefangenschaft. Wegen deren Auswirkungen wurde bei ihm zuletzt nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) mit Bescheid vom 01.02.1963 eine Lungentuberkulose als Schädigungsfolge mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) - jetzt: Grad der Schädigungsfolgen (GdS) - von 40 vom Hundert (v.H.) anerkannt.
Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft arbeitete der Kläger seit dem 12.07.1948, unterbrochen durch eine Rentenbezugszeit vom 01.08.1953 bis 31.05.1955, als Hilfsarbeiter und technischer Angestellter bei der Firma K. AG. Das Beschäftigungsverhältnis wurde von ihm durch Eigenkündigung zum 31.08.1984 beendet. Seit dem 01.09.1984 war der Kläger arbeitslos. Als solches war er auch beim zuständigen Arbeitsamt gemeldet, erhielt aber zunächst keine Leistungen der Arbeitsverwaltung. Seit dem 27.10.1984 bezog er Arbeitslosengeld.
Mit Bescheid vom 09.02.1984 nach dem damaligen Schwerbehindertengesetz (SchwbG) wurde bei ihm eine seinerzeit so bezeichnete Gesamt-MdE von 50 festgestellt. Dem lagen zu Grunde:
Seit dem 01.09.1985 erhält der Kläger Altersrente bzw. Altersruhegeld als anerkannter Schwerbehinderter.
Seinen Antrag vom 09.08.1985 auf u.a. BSA hat das Versorgungsamt B. mit Bescheid vom 17.09.1985 abgelehnt. Ein evtl. Einkommensverlust sei nicht ursächlich auf die anerkannte Schädigungsfolge zurückzuführen; nach telefonischer Auskunft des Arbeitsamts B. habe der Kläger das bestehende Arbeitsverhältnis 1984 aus gesundheitlichen Gründen selbst gekündigt; diese Kündigung sei nach Auskunft des Arbeitsamtes jedoch nicht gerechtfertigt gewesen; BSA stehe demnach nicht zu.
Am 13.09.1999 hat der Kläger erneut BSA beantragt. Er sei mit dem 60. Lebensjahr aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. Dies sei ihm deswegen möglich gewesen, weil er wegen seiner Schwerbehinderung die Bedingungen für die Altersrente erfüllt habe. Sein Renteneinkommen sei gemindert. In der Zeit vom 25.09.1951 bis zum 31.05.1955 habe er infolge schädigungsbedingter Arbeitsunfähigkeitszeiten keine Arbeitsleistung erbringen können. Ihm seien daher geringere Lohnersatzleistungen gezahlt worden.
Die Versorgungsverwaltung hat es mit Bescheid vom 30.06.2000 und Widerspruchsbescheid vom 05.01.2001 abgelehnt, den Bescheid vom 17.09.1985 nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) zu ändern und dem Kläger BSA zu bewilligen. Der Kläger habe sein Arbeitsverhältnis mit 59 Jahren aus eigenem Antrieb gekündigt; gesundheitliche Gründe seien hierfür nicht maßgebend gewesen.
Diese Entscheidung hat der Kläger mit einer am 05.02.2001 zum Sozialgericht (SG) Detmold erhobenen Klage angegriffen. Er habe von 1950 bis 1955, also seit dem Aufflackern der Tuberkulose, einen erheblichen beruflichen "Knick" mit Minderverdiensten, einem Rentenbezug vom 01.08.1953 bis 31.05.1955 und langfristigen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit hinnehmen müssen. Dies habe zu einem schädigungsbedingt erheblichen Rentenverlust geführt. Er sei schädigungsbedingt vorzeitig, nämlich unter Inanspruchnahme einer Altersrente für Schwerbehinderte aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. Aus schädigungsunabhängigen Gründen hätte er nicht ausscheiden können, Voraussetzung hierfür für eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit wäre eine einjährige Arbeitslosigkeit gewesen. Diese habe im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Altersruhegeldes wegen schädigungsbedingter Schwerbehinderung nicht vorgelegen.
Der Kläger hat während des Klageverfahrens sein Begehren nur noch auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum schädigungsbedingten vorzeitigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gestützt und im Verhandlungstermin vor dem SG seinen Klageantrag dahingehend eingeschränkt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 30.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2001 zu verurteilen, den Bescheid vom 17.09.1985 zurückzunehmen und ab Januar 1995 Berufsschadensausgleich nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften wegen eines schädigungsbedingten Ausscheidens aus dem Erwerbsleben zu gewähren.
Der vormalige Beklagte, das Land Nordrhein-Westfalen (NRW), hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die angefochtenen Bescheide seien nicht zu beanstanden. Der Kläger habe sein Arbeitsverhältnis mit 59 Jahren aufgelöst und sei aus schädigungsfremden Gründen aus dem Erwerbsleben ausgeschieden.
Das SG hat eine Auskunft der Nachfolgegesellschaft des ehemaligen Arbeitgebers des Klägers, der D. AG eingeholt. Diese hat mitgeteilt, dass der Kläger bis zum 31.08.1884 bei der Vorgängerfirma beschäftigt gewesen sei und seit dem 01.09.1984 eine Werksrente beziehe.
Das SG hat mit Urteil vom 20.01.2005 das Land NRW unter Aufhebung der Bescheide vom 30.06.2000 und 05.01.2001 antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte habe es mit den angegriffenen Bescheiden zu Unrecht abgelehnt, den Bescheid vom 17.09.1985 zurückzunehmen und BSA wegen schädigungsbedingten Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu gewähren. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG könnten Beschädigte, die nur wegen ihrer schädigungsbedingten Schwerbehinderung aus dem Arbeitsleben ausscheiden, wegen der dadurch eingetretenen Einkommensminderung einen Anspruch auf BSA haben. Dies sei der Regelfall, denn die Vorschriften, die es den schwerbehinderten Arbeitnehmern ermöglicht, mit 60 Jahren allein durch ihren Antrag und die Vorlage ihres Schwerbehindertenausweises den Versicherungsfall herbeizuführen, ließen es nicht zu, dass der entsprechende kriegsopferrechtliche Versorgungsfall von Ermittlungen über den Gesundheitszustand und seine Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit abhängig gemacht werde. Dies gelte allerdings dann nicht, wenn der Beschädigte auch aus einem anderen Grund sozial gesichert vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden könne. Der Kläger habe jedoch zum 01.09.1985 noch keinen Anspruch auf Altersruhegeld wegen Arbeitslosigkeit gehabt. Voraussetzung hierfür sei nach der seinerzeit geltenden Regelung des § 25 Abs. 2 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) u.a. einer Arbeitslosigkeit von mindestens 52 Wochen innerhalb der letzten anderthalb Jahre gewesen. Diese Voraussetzung habe der Kläger am 01.09.1985 nicht erfüllt, denn er sei erst seit dem 27.10.1984 arbeitslos gewesen.
Das Land NRW hat gegen das am 23.03.2005 zugestellte Urteil am 20.04.2005 Berufung eingelegt und vorgetragen: Für die Frage, ob ein schädigungsbedingtes vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben vorliege, sei nicht darauf abzustellen, ob der Betroffene zu diesem Zeitpunkt sozial abgesichert auch aus anderen Gründen als dem der Kriegsbeschädigung vorzeitig aus dem Erwerbsleben habe ausscheiden können. Das BSG stelle in seiner Rechtsprechung nur auf das vorzeitige, nicht auf das gleichzeitige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ab. Die Arbeitslosigkeit des Klägers als schädigungsunabhängiger Faktor für die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente habe bereits zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben vorgelegen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 20.01.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er sieht das angegriffene Urteil als zutreffend an.
Der Senat hat versucht, die den Kläger betreffenden Unterlagen des Arbeitsamts B. (jetzt: Agentur für Arbeit B.) beizuziehen; dies war nicht möglich, weil entsprechende Unterlagen nicht mehr existieren.
Wegen der weiteren Einzelheit des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und derjenigen der DRV-Bund, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die statthafte und im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist begründet.
A. Prozessuale Rechtslage
I.
Der Kläger hat seine Klage zutreffend zunächst gegen das Land NRW gerichtet. Das
dem Kläger günstige Urteil des SG Detmold hat das Land NRW mit der Berufung
angegriffen. Berufungsführer war mithin das Land NRW. Infolge von Artikel 1 des
Gesetzes zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des
Landes Nordrhein-Westfalen (Eingliederungsgesetz), das Teil des Zweiten Gesetzes
zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen (Straffungsgesetz) vom
30.10.2007 ist (GV. NRW S. 482), ist ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes
eingetreten. Berufungsführer ist seit dem 01.01.2008 nicht mehr das Land NRW
sondern der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL).
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) führt ein Wechsel der Behördenzuständigkeit in laufenden Gerichtsverfahren zu einem Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes, wenn es sich - wie hier - um Behörden verschiedener Rechtsträger handelt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 05.07.2007 - B 9/9a SB 2/07 R - ; BSG, Beschluss vom 08.05.2007 - B 12 SF 3/07 S - juris Rdn. 4; zur vergleichbaren Rechtslage vor dem 01.01.1976 vgl. BSGE 27, 200, 203 = SozR Nr. 3 zu § 71 SGG; BSGE 62, 269, 270 = SozR 1200 § 48 Nr. 14 S. 72; BVerwGE 120, 33 ff. ; für Fälle der Funktionsnachfolge ebenso BVerwGE 44, 148, 150). Soweit das BSG für die Zeit nach dem 01.01.1976 und vor dem 01.07.2001 einen Beteiligtenwechsel verneint hat (BSG SozR 3-3100 § 89 Nr. 4 S. 12), beruht dies darauf, dass zwischenzeitlich § 3 Abs. 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VfG-KOV) geändert worden ist (BSG, Beschluss vom 25.10.2004 - B 7 SF 20/04 S - juris Rdn. 8 f).
a) Für die Entscheidung, ob der Kläger einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 BVG hat, waren bis zum 31.12.2007 die nach Maßgabe des Gesetzes zur Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung (Errichtungsgesetz <ErrG>) vom 12.03.1951 (BGBl I, S. 169), zuletzt geändert durch das Zweite Zuständigkeitslockerungsgesetz vom 03.05.2000 (BGBl I S. 632, 635), errichteten Versorgungsämter zuständig. Der angefochtene Bescheid vom 30.06.2000 wurde dementsprechend vom Versorgungsamt Bielefeld, der Widerspruchsbescheid vom 05.01.2001 von der Bezirksregierung Münster, Abteilung 10 - Soziales und Arbeit, Landesversorgungsamt - erlassen. Bei den Versorgungsämtern handelte es sich um vom Land errichtete (besondere) untere Verwaltungsbehörden (§ 9 Abs. 2 Landesorganisationsgesetz NRW <LOG NRW> in der bis zum 31.12.2007 gültigen Fassung des Artikel 10 des. 2. ModernG vom 09.05.2000 <GV. NRW. S. 462>), mithin um Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmende Stellen und damit um Behörden im Sinne des § 1 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch <SGB X> (zum Behördenbegriff eingehend BSG, Urteil vom 16.10.2007 - B 8/9b SO 8/06 R -). Mittels §§ 1 und 4 des Eingliederungsgesetzes hat das Land NRW mit Wirkung zum 01.01.2008 die Versorgungsämter aufgelöst und die Aufgaben des Sozialen Entschädigungsrechts (SER) auf die Landschaftsverbände übertragen. Auch diese sind Behörden im Sinn des § 1 Abs. 2 SGB X. Es handelt sich dabei um öffentlich-rechtliche Körperschaften mit dem Recht der Selbstverwaltung (§ 2 der Landschaftsverbandsordnung für das Land Nordrhein-Westfalen <LVerbO NRW> in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.07.1994 <GV. NRW. S. 657>, zuletzt geändert durch Gesetz vom 05.04.2005 <GV. NRW. S. 306>), die durch die in ihrem Zuständigkeitsbereich belegenen Kreise und kreisfreien Städte gebildet werden (§ 1 LVerbO NRW). Die Landschaftsverbände erfüllen als Kommunalverbände die ihnen nach § 5 LVerbO NRW zugewiesenen (öffentlichen) Aufgaben. Sie sind zwar einerseits Teil des Landes NRW, andererseits aber auch Träger eigener Selbstverwaltungsrechte (Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz <GG>). Hierzu heißt es in Art. 78 Landesverfassung (LV) NRW:
(1) Die Gemeinden und Gemeindeverbände sind Gebietskörperschaften mit dem Recht der Selbstverwaltung durch ihre gewählten Organe.
(2) Die Gemeinden und Gemeindeverbände sind in ihrem Gebiet die alleinigen Träger der öffentlichen Verwaltung, soweit die Gesetze nichts anderes vorschreiben.
(3) ...
b) Der durch das Eingliederungsgesetz bewirkten Aufgabenübertragung liegt eine Rechtsträgernachfolge zugrunde. Soweit in derartigen Fällen gemeinhin eine Rechts- oder Funktionsnachfolge angenommen wird, erachtet der Senat dies als unzutreffend. Eine Rechtsnachfolge tritt nur dann ein, wenn ein Rechtsträger aufgelöst wird und in einen anderen Rechtsträger aufgeht. So ist beispielsweise mit dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Vereinigung von Krankenkassen die neue Krankenkasse entstanden (§ 146 Abs. 1 5. Buch Sozialgesetzbuch <SGB V>). Gleichzeitig sind die bisherigen Krankenkassen geschlossen (§ 146 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Die neue Krankenkasse tritt - gleichsam automatisch - mit dem Wirksamwerden der Vereinigung in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkassen ein (§ 146 Abs. 3 Satz 2 SGB V), wird also zu diesem Zeitpunkt deren generelle Rechtsnachfolgerin. Eine solche Rechtsnachfolge bezieht sich insbesondere auf die Rechte und Pflichten aus den Versicherungs-, den Vermögens- und den Beschäftigungsverhältnissen. Soweit es die Auflösung der Versorgungsämter (§ 1 Abs. 3 Eingliederungsgesetz) anlangt, liegt eine solche Konstellation nicht vor, denn die sie bzw. den Rechtsträger (Land NRW) treffenden Rechte und Pflichten im vorgenannten Sinn sind nicht auf einen anderen Rechtsträger (Landschaftsverband) übergegangen. Vielmehr hat der Landesgesetzgeber in einem zweiten Schritt (nur) die den Versorgungsämtern obliegenden Aufgaben auf die neuen Rechtsträger übertragen (§ 1 Abs. 1 Eingliederungsgesetz) und flankierend hierzu in §§ 9 ff. Eingliederungsgesetz angeordnet, dass die mit den übergangenen Aufgaben betrauten Beschäftigten auf den neuen Rechträger übergehen. Eine Rechtsnachfolge dergestalt, dass die Landschaftsverbände mit der Auflösung der Versorgungsämter unmittelbar in die Rechte und Pflichten des bisherigen Rechtsträgers (Land NRW) eintreten, ist damit nicht gegeben.
Auch das Rechtsinstitut einer Funktionsnachfolge (vgl. BSGE 58, 283, 285 = SozR 1200 § 14 Nr. 20) erfasst den maßgebenden Sachverhalt nicht. Diese Konstruktion hat durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) seit langem eine feststehende Bedeutung im Sinn einer generellen Funktionsnachfolge erfahren. Im Rahmen der Haftung neuer Rechtsträger für Verbindlichkeiten aus der Zeit der DDR hat der BGH auf dieses von Rechtsprechung und Literatur nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches entwickelte Institut zurückgegriffen und entscheidend darauf abgestellt, ob der neue Rechtsträger die gleiche oder doch überwiegend gleiche Funktion wie die frühere Einrichtung ausübe (so BVerwGE 102, 223 ff m.w.N.; vgl. auch LSG Niedersachsen in Breithaupt 1959, 1049, 1052). Demgemäss ist hiermit grundsätzlich eine nur tatsächliche Übernahme von Kompetenzen eines weggefallenen oder auch handlungsunfähigen Trägers auf den neuen Träger gemeint (so im Ergebnis auch BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 2 U 27/05 R -; vgl. Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, 10. Auflage, 1994, § 41 Rdn. 17; Zeihe, SGG, 8. Auflage, vor § 54 Anm. 2 A VIII). Voraussetzung ist, dass eine Rechtsnachfolge nicht eingetreten ist (Wolff/Bachof, a.a.O., m.w.N.; einschränkend BVerwG NVwZ-RR 1992, 428), denn das Institut der Funktionsnachfolge dient gerade dazu, eine Rechtsnachfolge zwecks Haftung zu begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.1999 - 3 C 12/98 -; BGHZ 128, 140 ff; vgl. auch BSG, Urteil vom 12.06.1989 - 2 RU 53/87- sowie BSG, Urteil vom 14.12.1995 - 2 RU 40/94 -; OLG Rostock, Urteil vom 13.05.1993 - 1 U 247/92 -). Darum geht es hier nicht. Vielmehr will das Eingliederungsgesetz erreichen, dass infolge der Aufgabenübertragung von den Versorgungsämtern auf die Landschaftsverbände die - aufgabenbezogene - Rechtsträgerschaft übergehen. Der Senat versteht daher das Verhältnis des übernehmenden Rechtsträgers (hier: LWL) zum übertragenden Rechtsträger (hier: Land NRW) als Rechtsträgernachfolge.
c) Die Rechtsträgernachfolge führt prozessual zu einem Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes. Uneingeschränkt gilt dies allerdings nur bei kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen. Denn mit hierdurch wird i.d.R. ein auch in die Zukunft gerichtetes Begehren verfolgt; maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist in diesen Fällen die letzte mündliche Verhandlung (st. Rspr. BSGE 41, 38, 40 = SozR 2200 § 1418 Nr. 2 S. 2; BSGE 43, 1, 5 = SozR 2200 § 690 Nr. 4 S. 16 f. = SGb 1977, 547; BSGE 87, 14, 17 = SozR 3-2500 § 40 Nr. 3 S. 6 = Breith. 2000, 1004, 1006 = SGb 2001, 632, 634 = NZS 2001, 357, 358; BSGE 89, 294, 296 = SozR 3-2500 § 111 Nr. 3 S. 16 f. = Breith. 2003, 14, 16; Jung in: Jansen, SGG, 2. Auflage, 2005, § 54 Rdn. 33). Zu diesem Zeitpunkt kann allein der im Laufe des Verfahrens zuständig gewordene Träger (hier: LWL) die begehrten Rechte gewähren. Da der Kläger seinen Anspruch auf Berufschadensausgleich im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage geltend macht, ist zum 01.01.2008 ein Beteiligtenwechsel vom Land NRW auf den LWL in analoger Anwendung der §§ 239 ff Zivilprozessordnung (ZPO) eingetreten (vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 19.04.2007 - 6 B 2649/06 -).
c) Das Berufungsverfahren wird durch den Beteiligtenwechsel nicht unterbrochen und muss auch nicht ausgesetzt werden (vgl. LSG NRW, Urteil vom 21.11.2003 - L 4 (2) U 55/01 -; OVG NRW, Beschluss vom 19.04.2007 - 6 B 2649/06 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.01.2007 - L 10 R 739/04 -).
2. Soweit es die Durchführung des SER anlangt, ist das Eingliederungsgesetz ungeachtet dessen zur Überzeugung des Senats verfassungswidrig; es verstößt gegen das ErrG. Von dessen Vorgaben darf das Land bis zum 31.12.2008 nur nach Maßgabe des Art. 125b Abs. 2 Grundgesetz (GG) abweichen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt. Sofern das BVG der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) zugeordnet wird, besteht ohnehin, d.h. losgelöst von Art. 125b Abs. 2 GG, keinerlei Befugnis des Landes, vom ErrG abzuweichen. Für Gesetze im formellen Sinn hat der Senat allerdings keine Verwerfungskompetenz. Diese steht hinsichtlich der Frage, ob Landesrecht wegen Verstoßes gegen Bundesrecht verfassungswidrig ist, nur dem Bundesverfassungsgericht zu. An einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG sieht sich der Senat aus prozessualen Gründen gehindert. Bis zu einer gegenläufigen Feststellung des BVerfG ist mithin von einem Beteiligtenwechsel auszugehen.
Im Einzelnen:
a) Maßgebende Rechtsgrundlage zur Regelung von Verwaltungszuständigkeiten und -verfahren bei der Durchführung der KOV waren in NRW bis zum 31.12.2007 das ErrG und das Gesetz über das Verwaltungsverfahren in der Kriegsopferversorgung (VfG-KOV) vom 02.05.1955 (BGBl I S. 2022) i.d.F. vom 19.06.2001 (BGBl I S. 1046). Hiervon weicht das Eingliederungsgesetz in mehrfacher Hinsicht ab (aa). Das Land wäre auf Dauer gehindert, von den Vorgaben des ErrG abzuweichen, wenn das BVG der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) zuzuordnen wäre (bb). Jedenfalls aber ist es dem Land verwehrt, bis zum Ablauf des 31.12.2008 von bundesrechtlichen Vorgaben betreffend das Verwaltungsverfahren abzuweichen (cc).
aa) § 1 ErrG bestimmt, dass Kriegsopfer durch Versorgungsämter und Landesversorgungsämter zu versorgen sind. Nach § 3 ErrG müssen die Versorgungsämter den Landesversorgungsämtern und diese ihrerseits den für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörden unterstehen. Für die Zeit bis zum Inkrafttreten der Föderalismusreform am 01.09.2006 hat das BSG im Urteil vom 12.06.2001 - B 9 V 5/00 R - ausgeführt, dass die für die Kriegsopferversorgung zuständigen Behörden nicht gänzlich nach dem Ermessen der Länder errichtet werden dürften; vielmehr sei zu berücksichtigen, dass die Neufassung des § 1 ErrG, wie sich aus der Entstehungsgeschichte ergebe, ein Kompromiss zwischen den Interessen des Bundes und der Länder im Hinblick auf die Kompetenzabgrenzung des Art. 84 Abs. 1 GG darstelle; im Bericht des Innenausschusses werde klargestellt, dass neben der Fachaufsicht auch die Dienstaufsicht bei der obersten Landesbehörde, dem Sozialministerium, verbleiben und die Versorgungsämter als kompetente, fachlich eigenständige Sozialbehörden bestehen bleiben müssten (hierzu Hinweis auf BT-Drucks. 14/2797, Seite 14); aus der Formulierung in § 3 ErrG, dass die Versorgungsämter den Landesversorgungsämtern und diese der zuständigen obersten Landesbehörde "unterstehen" müssen sowie aus der Entstehungsgeschichte des ErrG ergebe sich, dass die mit der Kriegsopferversorgung betraute oberste Landesbehörde sowohl die Fach- als auch die Dienstaufsicht über das Landesversorgungsamt innehaben müsse.
(1) Das Eingliederungsgesetz verstößt insoweit gegen § 3 ErrG, als das Land NRW zum 01.01.2008 die Durchführung des SER auf die Landschaftsverbände als kommunale Selbstverwaltungsträger übertragen hat. Nunmehr es ist der nächsthöheren Behörde, dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS), verwehrt, Dienstaufsichtsrechte auszuüben (vgl. auch BVerfG, Urteil vom 20.12.2007 - 2 BvR 2433/04 -).
(2) Auch soweit die Fachaufsicht betroffen ist, genügt das Eingliederungsgesetz nicht den Vorgaben des § 3 ErrG. § 4 Abs. 2 Satz 1 Eingliederungsgesetz bestimmt, dass die Landschaftsverbände die SER-Aufgaben als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahrnehmen. Die Aufsicht führt die fachlich zuständige oberste Landesbehörde (Satz 2). Diese kann allgemeine und besondere Weisungen erteilen, um die gesetzmäßige Erfüllung der Aufgaben zu sichern (Satz 3). Zur zweckmäßigen Durchführung der Aufgaben kann die Aufsichtsbehörde allerdings ausschließlich allgemeine Weisungen erteilen, um die gleichmäßige Durchsetzung zu sichern (Satz 4), nicht aber - wie bisher - besondere Weisungen zur zweckmäßigen Regelung eines Einzelfalls. Hätte der Landesgesetzgeber dem MAGS auch ein Einzelfallweisungsrecht eingeräumt, wäre es angesichts der in Artikel 28 GG und Artikel 78 LV NRW verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltung ohnehin fraglich, ob das MAGS von einem solchen Weisungsrecht ohne besonderen Anlass und ohne vorangegangene Weisungen des Bundes Gebrauch machen dürfte. Festzuhalten bleibt wiederum: Die Kommunalisierung der SER-Aufgaben kollidiert mit den bundesrechtlichen Vorgaben des § 3 ErrG.
(3) Die Kommunalisierung der SER-Aufgaben verstößt auch insofern gegen § 3 ErrG, als diese Vorschrift einen dreizügigen Aufbau der Versorgungsverwaltung vorsieht (Versorgungsamt, Landesversorgungsamt, zuständige oberste Landesbehörde). Diese Dreizügigkeit wird vom Eingliederungsgesetz nicht nachvollzogen, denn den Landschaftsverbänden wird das SER als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung übertragen (1. Stufe), als (Sonder-) Aufsichtsbehörde sieht § 4 Abs. 2 S. 1 Eingliederungsgesetz lediglich die "fachlich zuständige oberste Landesbehörde" - das MAGS - vor (2. Stufe).
(4) § 4 ErrG bestimmt, dass Beamte und Angestellte der Versorgungsverwaltung für die ihnen übertragenen Aufgaben "besonders geeignet" sein müssen (vgl. auch BVerwGE 2, 329 ff – juris Rdn. 36 zum Begriff der "besonderen Eignung" i.S.d. § 26 Abs. 1 Nr. 2 des Deutschen Beamtengesetzes vom 26.01.1937 <RGBl.. I S. 39>). Näheres regelt das Gesetz nicht. Das BSG hat hierzu im Urteil vom 12.06.2001 - B 9 V 5/00 R - drei Faktoren herausgearbeitet, nämlich 1. die Übernahme der Mitarbeiter des (Landes-) Versorgungsamtes durch die Abteilung 10 der Bezirksregierung Münster, 2. Struktur und Gefüge der Behörde und 3. die zumindest wesentlich beim Fachministerium (MAGS) liegende Dienstaufsicht, die diesem ausreichenden Einfluss auf die Bestellung des Personals, auch der Leitungsebene, einräumt. Diese Voraussetzungen müssen im Zeitpunkt des Aufgabenübergangs vorhanden sein. Etwaige "Nachqualifikationen" genügen nicht; unzureichend ist es ferner, wenn sich die mit dem SER betrauten Beschäftigen des LWL die "besondere Eignung" nicht mittels einer speziellen Ausbildung sondern nur infolge einer kontinuierlichen verwaltungsmäßigen Befassung mit der Rechtsmaterie als Erfahrungswissen aneignen (vgl. auch BVerwG a.a.O.).
Der Landesgesetzgeber hat mit dem Prinzip "das Personal folgt den Aufgaben" (§§ 9 ff. Eingliederungsgesetz), wonach die Mitarbeiter der Versorgungsämter auf die kommunalen Rechtsträger übergehen, zumindest versucht sicherzustellen, dass das bisherige "besondere" Qualitätsniveau erhalten bleibt. Der Berufungsführer (LWL) hat hierzu im Schriftsatz vom 20.02.2008 mitgeteilt, dass ausschließlich übergegangene Mitarbeiter der früheren Versorgungsämter Bielefeld, Dortmund, Gelsenkirchen, Münster und Soest mit dem SER betraut seien. Erst zum 01.09.2008 würden voraussichtlich weitere Beamte, die derzeit die Ausbildung für Beamte des gehobenen Dienstes der Versorgungsverwaltung an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW durchlaufen, im SER-Bereich eingesetzt. Diese Fachhochschulausbildung werde zukünftig nicht mehr angeboten. Von den übernommenen 119 Beamten hätten sich 11 und von den übernommenen 43 Angestellten sowie 31 Assistenzkräften hätten sich 14 gerichtlich zur Wehr gesetzt.
Ob und inwieweit der beabsichtigte Personalübergang letztlich gelingt, ist derzeit zumindest sehr fraglich. In den bisher hiergegen geführten Eilverfahren hat das Verwaltungsgericht (VG) Münster erhebliche Bedenken an der Verfassungsgemäßheit des Eingliederungsgesetzes geäußert (z.B. Beschluss vom 21.12.2007 - 4 L 684/07 -) und das VG Düsseldorf sogar einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot angenommen (z.B. Beschluss vom 21.12.2007 - 13 L 1824/07 -). Im Beschwerdeverfahren hat das OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 25.02.2008 - 6 B 2104/07 -) auf mehrere Aspekte hingewiesen, denen zufolge die Verfassungsmäßigkeit des Eingliederungsgesetzes als fraglich erscheint. Das OVG meint, es bestünden Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Landes, da das Statusrecht der Beamten geändert werde. Hierfür habe der Bund heute noch fortgeltende Regelungen im Beamtenrechtsrahmengesetz erlassen. Außerdem sei unklar, welche Beamten der Bezirksregierung auf die Landschaftsverbände übergehen sollten. Es sei auch nicht eindeutig, auf welchen Landschaftsverband der Übergang erfolge. Das Gesetz sehe einen Übergang nur vor, soweit er für die Aufgabenerfüllung erforderlich sei. Wann diese Voraussetzung vorliege, lege aber weder das Gesetz fest, noch komme dem Zuordnungsplan die Funktion zu, dies festzustellen.
Auch die mit den Rechtsstreitigkeiten befassten Arbeitsgerichte haben offenbar erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen den im Eingliederungsgesetz geregelten Übergang von Mitarbeitern der früheren Versorgungsämter auf die Landschaftsverbände. So hat das ArbG Gelsenkirchen die Versetzungen zweier Mitarbeiter von Gelsenkirchen nach Münster als grundgesetzwidrig und auch als nicht mit dem Europäischen Recht vereinbar erklärt (Beschlüsse vom 24.02.2008 - 5 Ca 11/08 - und - 5 Ca 2552/07 - ).
Danach ist zumindest zweifelhaft, ob durch den angeordneten Personalübergang das Qualitätsniveau der früheren Versorgungsämter aufrechterhalten werden kann. Das hängt u.a. vom Ausgang der genannten Rechtsstreitigkeiten und der künftigen Ausbildung der Beamten und tariflich Beschäftigten ab. Zudem haben bislang weder der LWL noch das beigeladene Land Regelungen getroffen, um die bisherige Qualität der mit den Aufgaben des SER betrauten Beschäftigten der Versorgungsämter auch künftig sicherzustellen. Tendenziell wird ohnehin eine Qualitätsminderung eintreten, denn die SER-bezogene spezifische Fachhochschulausbildung wird nicht mehr angeboten. Überdies liegt beim Fachministerium (MAGS) keine Dienstaufsicht mehr, die diesem entsprechend der Rechtsprechung des BSG die Möglichkeit gibt, auf die Bestellung des Personals, einschließlich der Leitungsebene, Einfluss zu nehmen.
Der Senat räumt ein, dass aus dem Urteil des BSG vom 12.06.2001 - B 9 V 5/00 R - kaum konkrete, sich auf die Beschäftigten der Versorgungsämter beziehende, Qualitätskriterien herzuleiten sind. Ungeachtet dessen ist dem Urteil des BSG a.a.O. zu entnehmen, dass das seinerzeit vorhandene Qualitätsniveau fortzuschreiben und sicherzustellen ist. Daran fehlt es aus den dargelegten Gründen. Auch insoweit liegt ein Verstoß gegen die Vorgaben des ErrG vor.
bb) Das Land NRW wäre - zeitlich unbefristet - nicht ermächtigt vom ErrG abzuweichen, wenn das BVG von den Ländern als Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) ausgeführt wird. Dann wäre das (landesrechtliche) Eingliederungsgesetz nicht an Art 84 i.V.m. Art 125b Abs. 2 GG sondern an Art. 85 GG zu messen und jede der vorstehend dargelegten Abweichungen von den (bundesrechtlichen) Vorgaben des ErrG dauerhaft unzulässig (Art. 31 GG).
Ob das BVG dem Art. 84 GG oder Art. 85 GG unterfällt, ist umstritten. Für letztgenannte Variante spricht Art. 104a Abs. 3 GG. Diese Vorschrift ist durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes v. 12.05.1969 (BGBl. I S. 359) mit Wirkung vom 01.01.1970 in das GG eingefügt worden. Sie bestimmt, dass Bundesgesetze, bei denen der Bund die Hälfte der Ausgaben oder mehr trägt, im Auftrag des Bundes auszuführen sind. Die Kosten der KOV werden gem. Art. 120 Abs. 1 GG ausschließlich vom Bund getragen und belaufen sich nach den Angaben des die beigeladene Bundesrepublik Deutschland vertretenen Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (BMAS) derzeit auf jährlich rund 2,6 Mrd. €. Ausgehend hiervon wird die Auffassung vertreten, dass die Aufgaben des BVG ab dem 01.01.1970 wegen Art. 104a Abs. 3 GG in Bundesauftragsverwaltung auszuführen sind (Görg, VersB 1969, 111, 135 sowie Erlass des BMI und BMF vom 16.07.1969, VersB 1970, 2). Hiergegen wird eingewandt, dass sich der Regelungsgehalt dieser Vorschrift darauf beschränkt, die finanzielle Last zuzuweisen, während die Zuordnung der Verwaltungskompetenz den allgemeinen Regelungen der Art. 83 ff. GG unterfällt (Schaefer in: von Münch, GG, 5. Aufl. 2003, Art. 120 Rdn. 7). Zudem wird darauf hingewiesen, dass Art. 104a Abs. 3 GG ausweislich des Wortlautes allein Geldleistungen "gewährende" Bundesgesetze betrifft. Voraussetzung hierfür sei, dass es der freiwilligen Entscheidung des Gesetzgebers unterliege, eine Geldleistung zu regeln oder dies zu unterlassen (vgl. Pieroth in: Jarass/Pieroth, GG, 9. Auflage, 2007, Art. 104a Rdn. 6). Die KOV hingegen beruhe - ebenso wie die grundgesetzlich vorgeschriebene Enteignungsentschädigung (Art. 14 GG) bzw. die Amtshaftung (Art. 34 GG) - nicht auf einer freiwilligen Entscheidung, sondern sei eine aus übergeordneter verfassungsrechtlicher Maßgabe resultierende Verpflichtung (Maunz in: Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, Art. 104a Rdn. 34 m.w.N.). Dementsprechend lasse die mit Art. 104a Abs. 3 GG getroffene Neuregelung den Anwendungsbereich der KOV unberührt (Schaefer in: von Münch, a.a.O. Art. 120 Rdn. 7; Siekmann in: Sachs, GG, 4. Auflage 2007, Art. 120 Rdn 29). Art. 120 GG sei wegen der dort getroffenen besonderen Regelung lex specialis zu Art. 104a Abs. 3 GG (Siekmann in: Sachs, a.a.O., Art. 120 Rdn. 5, 29; Maunz/Dürig, Art. 104a GG Rdn. 37; Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 11. Aufl. 2008, Art. 104a Rdn. 13 und Art. 120 Rdn. 7). Demzufolge unterfiele die Durchführung des BVG dem Art. 84 GG (in diesem Sinne etwa BT-Drucks. 16/518; BSG, Urteil vom 12.06.2001 - B 9 V 5/00 R -).
Dem ist entgegenzuhalten, dass das Opferentschädigungsgesetz (OEG) als Geldleistungsgesetz im Sinn des Art. 104a Abs. 3 GG verstanden wird (Prokisch in: Bonner Kommentar zum GG, 2003, Art. 104a Rdn. 204), mithin für das BVG schwerlich etwas anders gelten kann. Schon deswegen könnte es geboten sein, das BVG der Auftragsverwaltung zuzuordnen. Auch die den Bund treffende erhebliche Kostenlast könnte dafür sprechen, ihm über das ErrG weiterhin Einflussmöglichkeiten auf die Landesverwaltung einzuräumen. Zudem hat der Verfassungsgeber die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen im Zusammenhang mit der Föderalismusreform nunmehr der ausschließlichen Bundesgesetzgebung zugeordnet (Art. 73 Abs. 1 Nr. 13 GG i.d.F. vom 01.09.2006). Weist der Verfassungsgeber diese Rechtsmaterie angesichts ihrer spezifischen Bedeutung hinsichtlich der Kostenlast und der Zuständigkeit für die materielle Gesetzgebung dem Bund zu, so deutet dies darauf hin, dass dieser Bund erhebliche Einflussmöglichkeiten haben soll, mithin die verwaltungsmäßige Durchführung auf der Grundlage von Art. 85 GG zu erfolgen hat. Hierfür spricht auch, dass die Auffassung des beigeladenen Landes letztlich bedeutet, die Landesverwaltung nach der Neufassung des Art. 84 GG infolge der Föderalismusreform völlig frei gestalten zu können, also dem Bund die Möglichkeit genommen wäre, mittels des fortgeltenden ErrG den Ländern zumindest qualitätssteuernde Vorgaben zur Durchführung des BVG zu machen.
Dem dürfte indessen der Konfliktregelungsmechanismus des Art. 84 n.F. entgegenstehen. Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG postuliert den Grundsatz, dass die Länder die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren regeln, wenn sie Bundesgesetze als eigene Angelegenheit ausführen. Um die Interessen des Bundes zu wahren, werden diesem Rückholkompetenzen (Art. 84 Abs. 1 Satz 4 GG) sowie Aufsichts- und Kontrollrechte (Art. 84 Abs. 3 bis 5) eingeräumt. Dem Regelungsgefüge des Art. 84 GG n.F. entnimmt der Senat, dass der Bund nur in Ausnahmefällen (vgl. Art. 84 Abs. 1 Satz 4 GG), in besonderen Einzelfällen (Art. 84 Abs. 5 GG) oder wenn Mängel festgestellt werden (Art. 84 Abs. 4 GG), tätig werden darf. Das wiederum deutet darauf hin, dass allein hohe finanzielle Verpflichtungen es nicht rechtfertigen, das BVG nunmehr der Auftragsverwaltung (Art. 85 GG) zuzuordnen. Der Senat neigt nach alledem dazu, die Durchführung des BVG der Landeseigenverwaltung (Art. 84 GG) zuzuordnen. Letztlich kann dies derzeit dahinstehen, denn selbst wenn die Durchführung des BVG von den Ländern als eigene Angelegenheit (Art. 84 GG) ausgeführt würde, ist das Land NRW wegen 125b Abs. 2 GG jedenfalls bis zum 31.12.2008 gehindert, von Bundesrecht (hier: ErrG) insoweit abzuweichen, als das Verwaltungsverfahren betroffen ist.
cc) Gemäß Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG regeln die Länder die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren, wenn sie Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten ausführen. Sofern Bundesgesetze etwas anders bestimmen, können die Länder davon abweichende Regelungen treffen (Art. 84 Abs. 1 Satz 2 GG). Ausgehend hiervon können die Länder aufgrund ihrer Organisationskompetenz eigenverantwortlich die für den Gesetzesvollzug zuständige Ebene und Stelle bestimmen (Henneke in: Schmidt-Bleibtreu, GG, 11. Aufl. 2008, Art. 84 Rdn. 20 m.w.N.). Dem Land ist, solange bundes- und landesverfassungsrechtliche Schranken die Organisationskompetenz nicht einengen, auch die Entscheidung der Frage überlassen, auf welcher Verwaltungsstufe die jeweilige Norm ausgeführt wird (Lerche in: Maunz/Düring, GG, Stand Juni 2007, Art. 84 Rdn. 26). Aufgaben können den Gemeinden und Gemeindeverbänden nach der Föderalismusreform durch Landesrecht, hingegen gemäß Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG ausdrücklich nicht mehr durch den Bundesgesetzgeber, übertragen werden (vgl. auch BT-Drucks. 16/813 Nr. 9).
(1) Die Aufgabenübertragung auf die Landschaftsverbände durch §§ 1 und 4 Eingliederungsgesetz in Nordrhein-Westfalen unterfällt den in Art. 84 Abs. 1 GG aufgeführten Regelungsbereichen sowohl der "Einrichtung von Behörden" als auch dem des "Verwaltungsverfahrens". Vorbehaltlich der vorliegend (noch) nicht entscheidungserheblichen Frage, ob die Durchführung des BVG Bundesauftragsverwaltung ist (Art. 85 GG), kann das Land jedenfalls ab dem 01.01.2009 von den Vorgaben des ErrG abweichen. Das ergibt sich wie folgt: Der Begriff "Einrichtung von Behörden" in Art. 84 Abs. 1 GG ist weit zu verstehen (vgl. Trute in: Mangoldt-Klein-Stark, Bonner Grundgesetz, 4. Auflage 2004, Art. 84 Rdn. 8 ff.; Pieroth in: Jarass/Pieroth, 9. Aufl. 2007, Art. 84 Rdn. 3 ff.; Lerche in: Maunz/Dürig, a.a.O., Art. 84 Rdn. 25). Als "Behörde" in diesem Sinn wird eine in den Organismus der Staatsverwaltung eingeordnete, organisatorische Einheit von Personen und sächlichen Mitteln verstanden, die zur Erfüllung der ihr übertragenen staatlichen Aufgaben und Zwecke mit einer gewissen Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit ausgestattet ist (BSG, Urteil vom 12.06.2001 - B 9 V 5/00 R - m.w.N.; vgl. auch BSG, Urteil v. 16.10.2007 - B 8/9b SO 8/06 R -; von Wulffen, SGB X, 5. Auflage 2005, § 1 Rdn. 9). Hierunter fallen die unmittelbare und mittelbare Landesverwaltung einschließlich der selbstständigen Rechtsträger wie Gemeindeverbände (Trute in: Mangoldt-Klein-Stark, a.a.O., Art. 84 Rdn. 9; BVerfG, Beschluss vom 09.12.1987 - 2 BvL 16/84 - = BVerfGE 77, 299; a. A. Lerche in: Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, Januar 1985, Art. 84 Rdn. 27: Es handelt sich bei der Aufgabenzuweisung an eine Kommune nicht um die Einrichtung einer Behörde, sondern um die Frage nach der Festlegung der allgemeinen Verwaltungsebene). Die Landschaftsverbände sind - wie dargelegt - Gemeindeverbände und damit "Behörden" i.S.d. Art. 84 GG (vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 30.04.2007 - 1 A 1939/06 -).
Der Begriff der "Einrichtung" umfasst sowohl die Errichtung (Gründung) als auch die Einrichtung und innere Organisation der handelnden Organe (Ausgestaltung), einschließlich der Übertragung ihrer näheren Aufgabenkreise und Befugnisse (BSG, Urteil vom 12.06.2001 - B 9 V 5/00 R -; Pieroth in: Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 84 Rdn. 3; Sachs, GG, 4. Aufl. 2007, Art. 84 Rdn. 7; BVerfG, Beschluss vom 08.04.1987 - 2 BvR 909/82 - = BVerfGE 75, 108, 149 ff.; Urteil vom 17.07.2002 - 1 BvF 1/01 - = BVerfGE 105, 313, 331 ff.). Werden lediglich bereits bestehende Aufgaben vermehrt, d.h. erfolgt allein eine quantitative, nicht hingegen eine qualitative Veränderung der Aufgaben einer bestimmten Behörde, so ist dies nicht von dem Begriff der "Einrichtung von Behörden" i.S.d. Art. 84 GG erfasst (BVerfG, Beschluss vom 08.04.1987 - 2 BvR 909/82 - = BVerfGE 75, 108 ff.). Vorliegend hat der Landesgesetzgeber die Durchführung des BVG als neue Aufgabe vollständig auf die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe übertragen. Eine (solche) Weiterübertragung bundesrechtlicher Aufgaben durch die Länder auf die Kommunalverbände wird durch Art. 84 GG n.F. grundsätzlich ermöglicht (vgl. Henneke in: Schmidt-Bleibtreu, a.a.O., Art. 84 Rdn. 29, 24; a. A. Lerche in: Maunz/Dürig a.a.O.) und stellt sich insoweit als "Einrichtung von Behörden" dar. Ist sonach das Land unter Geltung des Art. 84 GG - vorbehaltlich der Anwendung des Art 85 GG - berechtigt, ab dem 01.01.2009 von den Vorgaben des ErrG abzuweichen, gilt dies bis einschließlich 31.12.2008 nur eingeschränkt.
(2) Das Eingliederungsgesetz weicht von den Verfahrensvorschriften des ErrG ab. Hierzu ist das Land erst ab dem 01.01.2009 berechtigt. Nach Art. 125b Abs. 2 GG i.d.F. von Art. 1 Nr. 22 des Gesetzes vom 28.08.2006 (BGBl. I S. 2034). können die Länder zwar abweichende Regelungen von bundesgesetzlichen Regelungen treffen, die auf Grund des Art. 84 Abs. 1 GG in der vor dem 01.09.2006 geltenden Fassung erlassen worden sind, von Regelungen des Verwaltungsverfahrens können sie aber bis zum 31.12.2008 nur dann abweichen, wenn seit dem 01.09.2006 in dem jeweiligen Bundesgesetz Regelungen des Verwaltungsverfahrens geändert worden sind. Letzteres ist im ErrG nicht der Fall gewesen.
(a) Die Begriffe der "Einrichtung von Behörden" einerseits und des "Verwaltungsverfahrens" andererseits sind nur schwer voneinander abzugrenzen (Lerche in: Maunz-Dürig, GG, Art. 84 Rdn. 23, 30; vgl. auch Trute in: Mangoldt/Klein/Starck, a.a.O., Art. 84 Rdn. 12). Maßgebend für die Subsumtion ist dabei nicht die amtliche Überschrift des jeweiligen Gesetzes, abzustellen ist vielmehr auf den spezifischen Regelungsgehalt der konkreten Norm. Unerheblich ist auch, ob die jeweiligen Regelungen Bestandteil eines Verfahrens- oder Organisationsgesetzes sind. Normen stehen nicht selten in einem sachlich-systemwidrigen Zusammenhang mit dem sie umgebenden Normenkomplex. So bestimmt beispielsweise § 152 SGG, dass die Geschäftsstelle des LSG unverzüglich, nachdem die Berufungsschrift einreicht ist, die Prozessakten von der Geschäftsstelle des SG anzufordern hat. Die Vorschrift ist zwar Teil des SGG, regelt indessen nur einen gerichtsinternen Geschäftsvorgang, gehört mithin in eine Verwaltungsanordnung und nicht in ein Prozessgesetz (Frehse in: Jansen, SGG, 2. Auflage, 2005, § 152 Rdn. 1). Auch das Gesetz über das Verwaltungsverfahren in der Kriegsopferversorgung (VfG-KOV) ist in diesem Sinne ambivalent. Es enthält entgegen der amtlichen Bezeichnung sowohl Verfahrensregelungen (z.B. § 15 VfG-KOV) als auch Organisationsnormen (z.B. § 2 Abs. Satz 1 VfG-KOV).
Als Vorschriften über das Verwaltungsverfahren im Sinne des Art. 84 Abs. 1 GG sind gesetzliche Bestimmungen anzusehen, die die Tätigkeit der Verwaltungsbehörden im Blick auf die Art und Weise der Ausführung des Gesetzes einschließlich ihrer Handlungsformen, die Form der behördlichen Willensbildung, die Art der Prüfung und Vorbereitung der Entscheidung, deren Zustandekommen und Durchsetzung sowie verwaltungsinterne Mitwirkungs- und Kontrollvorgänge in ihrem Ablauf, somit das "Wie" des Verwaltungsverfahrens regeln (BVerfG, Urteil vom 10.12.1980 - 2 BvF 3/77 - sowie Urteil vom 13.09.2005 - 2 BvF 2/03 - und BVerfGE 37, 363; vgl. auch Lerche in: Maunz/Dürig, a.a.O., Art. 84 Rdn. 37) Es gilt ein weiter Verfahrensbegriff, der nicht auf Regelungen allgemeiner Verfahrensgesetze beschränkt ist (Trute, Föderalismusreform, Rdn. 166).
Die Abgrenzung zwischen "Einrichtung einer Behörde" und "Verwaltungsverfahren" wird erschwert dadurch, dass eine "Einrichtungsregelung" auch das "Wie" des Verwaltungshandelns betreffen kann. Das etwa ist dann der Fall, wenn die betreffende Vorschrift zugleich und zwangsläufig ein hiermit korrespondierendes verfahrensmäßiges Verhalten der Behörde bewirkt. Dabei wiederum kann danach differenziert werden, ob die Einrichtungsregelung mit einer bewusst-zielgerichteten Verfahrensregelung einhergeht oder aber der Verfahrensbezug nur (unbewusster) Reflex der Behördeneinrichtung ist.
(b) § 3 ErrG bestimmt: "Die Versorgungsämter und die nach § 2 zu errichtenden Stellen unterstehen den Landesversorgungsämtern; diese unterstehen den für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörden." Hieraus ist herzuleiten, dass die das BVG ausführende Behördenorganisation einen hierarchischen und dreigliedrigen Aufbau haben muss (BSG, Urteil vom 12.06.2001 - B 9 V 5/00 R -). Die hierarchische Struktur erfordert dabei nicht nur die Fach-, sondern auch die Dienstaufsicht der jeweils höheren Fachbehörde (Regierungsbegründung zu § 3 ErrG, BT-Drucks. 1729 vom 28.12.1950). Das Eingliederungsgesetz weicht hiervon - wie dargestellt - ab. Danach besteht nur eine eingeschränkte Fachaufsicht, denn Einzelweisungen aus Zweckmäßigkeitsgründen sind unzulässig. Zudem hat die nächsthöhere Fachbehörde (das MAGS) keine Dienstaufsichtsbefugnisse gegenüber dem Landschaftsverband. Diese Abweichungen ordnet der Senat vornehmlich dem Verwaltungsverfahren zu. Dies ergibt sich aus folgender Überlegung: Fachaufsicht erstreckt sich auf die rechtmäßige und zweckmäßige Wahrnehmung der Aufgaben (§ 13 LOG NRW). Es handelt sich der Sache nach um eine Kontrolle der Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns (vgl. Oppermann in: von Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, 4. Auflage, Seite 641), mithin um Kontrollvorgänge im Sinne der Rspr. des BVerfG (vgl. BVerfG, Urteile vom 10.12.1980 - 2 BvF 3/77 -; Urteil vom 13.09.2005 - 2 BvF 2/03 - sowie BVerfGE 37, 363) und damit um Regelungen des Verwaltungsverfahrens. Der Senat sieht sich hierin dadurch bestätigt, dass selbst Zustimmungserfordernisse eines Bundesministers das Verwaltungsverfahren betreffen (BVerfGE 1, 76). Wird ein Zustimmungserfordernis festgelegt (z.B. Kannversorgung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG), ist sowohl das "Wer" als auch das "Wie" betroffen. Eine solche Regelung ist janusköpfig, denn sie betrifft auch den Verfahrensablauf. Nichts anderes gilt, wenn der höheren Behörde nur eingeschränkte Fachaufsichtsrechte eingeräumt werden. Beobachtet die Aufsicht das Verwaltungshandeln ohne einzugreifen, ist dieses bewusste Unterlassen dem Tun (Eingriff) gleichzustellen; jeweils ist (auch) das Verfahren betroffen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass es insoweit nur um behördeninterne Abläufe geht, denn der Begriff des Verwaltungsverfahrens im Sinne des Art. 84 GG ist nicht auf eine nach außen wirkende Tätigkeit beschränkt (Pieroth in: Jarass/Pieroth, GG, 9. Aufl. 2007, Art. 84 Rdn. 4). Hinzu kommt, dass Mitwirkungsrechte im Verfahren der Entscheidungsgewinnung ebenfalls dem Verwaltungsverfahren zuzuordnen sind (Trute, Föderalismusreform, Rdn.168). Zwar geht es bei der Fachaufsicht nicht ausschließlich darum, jeweils an der konkreten Entscheidung mitzuwirken. Der Begriff "Aufsicht" wird vielmehr wesentlich durch eine Beobachtungsfunktion bestimmt, die allerdings mit der Möglichkeit einhergeht, im Einzelfall einzugreifen. Der Unterschied zur Mitwirkung (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 SGB X) ist somit nur gradueller Art. Die Mitwirkung setzt voraus, dass der Dritte in den konkreten Entscheidungsvorgang eingebunden wird und die Möglichkeit hat, jeweils seine Interessen einzubringen (vgl. auch §§ 69, 73 Landespersonalvertretungsgesetz <LPVG> NRW). Demgegenüber berechtigt die Fachaufsicht dazu, allgemeine oder einzelfallbezogene Weisungen zu erteilen, um dem Entscheidungsprozess aus Gründen der Rechtmäßigkeit oder Zweckmäßigkeit ein bestimmtes Gepräge zu geben oder aber ihn auf ein von der Aufsicht präferiertes Ergebnis zu lenken. Unterschiedslos betrifft hiernach sowohl die Mitwirkung als auch die Ausübung der Fachaufsicht das "Wie" der Entscheidungsgewinnung, mithin das Verwaltungsverfahren. Diesem Ergebnis vergleichbar ist, wenn Rechtsvorschriften bestimmen, dass die zuständige Behörde innerhalb des Entscheidungsprozesses das Benehmen mit einer anderen Behörde herstellen muss (z.B. § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V i.d. bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung). Dies setzt voraus, dass die zuständige Behörde die andere Behörde von der beabsichtigten Maßnahme unterrichtet und ihr die Möglichkeit der Stellungnahme einräumt (BSG, Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 40/03 R - ). Wiederum ist das "Wer" insofern geregelt, als der Adressat des Normbefehls festgelegt wird; gleichermaßen geht es aber auch um das Verwaltungsverfahren, indem das Gesetz bestimmt, wie der Entscheidungsprozeß abzulaufen hat, nämlich unter Einbeziehung von Drittinteressen.
Unerheblich ist danach, dass § 3 ErrG ebenfalls regelt, wer die Fach- und Dienstaufsicht ausübt. Das ist sogar zwingend, denn wenn eine Verfahrensregelung getroffen wird, muss stets auch geregelt werden, wer zuständig ist bzw. wer sie zu beachten hat (vgl. § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V a.F.; § 69 LPVG NRW). Unzutreffend ist es, wenn hieraus hergeleitet wird, dass die Einrichtungsregelung die Verfahrensregelung verdrängt. Das kann allenfalls dann in Betracht kommen, wenn der Verfahrensbezug sich lediglich als Reflex der Behördeneinrichtung darstellt. Dann allerdings fehlt es hinsichtlich des Verfahrens schon an einer Regelung im Sinne eines Willensaktes (vgl. Pieroth in: Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 84 Rdn. 6; vgl. § 31 Satz 1 SGB X). So liegt es hier nicht. Der Regelungsgehalt des § 3 ErrG ist ein Zweifacher. Vorgegeben wird einerseits der hierarchische Behördenaufbau (Versorgungsämter, Landesversorgungsamt, oberste Aufsichtsbehörde) andererseits aber auch gegliederte Aufsichtsebenen ("unterstehen"). Dabei ist Letzterem nach der Konzeption des § 3 ErrG Priorität einzuräumen. Denn "wer" für die Versorgung des anspruchsberechtigten Personenkreises zuständig ist, folgt schon aus § 2 VfG-KOV. Die Vorgabe des § 3 ErrG, dass im Behördenzug Fach- und Dienstaufsichtsrechte vorhanden sein müssen, stellt demnach keine nur "behördenorganisatorische Regelung" dar, die allein der Behördeneinrichtung zugeordnet werden könnte, vielmehr steht der Verfahrensbezug im Vordergrund. Im Übrigen regelt § 3 ErrG nicht allein, wer Aufsichtsrechte ausübt, sondern vornehmlich, wie sie ausgeübt werden, nämlich als Dienst- und Fachaufsicht. Das hiervon abweichende Eingliederungsgesetz führt dazu, dass der umfassenden Aufsicht die rechtliche Grundlage entzogen ist.
Zu keinem anderen Ergebnis führt es, wenn - zutreffend - angenommen wird, dass der Begriff des Verwaltungsverfahrens in Art. 84 GG nach der Rspr. des BVerfG nicht starr ist, sondern Wandlungen unterliegt (vgl. BVerfG, Urteil vom 10.12.1980 - 2 BvF 3/77 - in BVerfGE 55, 274). Dieser Ansatz ändert nichts daran, dass das BVerfG sein bisheriges Verständnis und die daraus resultierende Definition des Begriffs "Verwaltungsverfahren" bislang weder aufgegeben noch modifiziert hat. Hierzu besteht zur Überzeugung des Senats im hier interessierenden Zusammenhang auch kein Bedarf. Naturgemäß lässt sich angesichts der aufgezeigten, schwierigen Abgrenzungsfrage jederzeit behaupten, § 3 ErrG betreffe im Wesentlichen das "Wer" und nicht das "Wie". Das führt indessen nicht weiter, denn die Gegenposition kann gleichermaßen unschwer mittels der Behauptung eingenommen werden, geregelt werde im Wesentlichen, wie und welche Aufsicht ausgeübt werde und nur als Reflex, wer das zu tun habe. Allerdings belegt die Beliebigkeit dieses gedanklichen Ansatzes, dass § 3 ErrG zumindest auch und jedenfalls gleichrangig Regelungen des Verwaltungsverfahrens enthält, von denen das Land NRW frühestens ab dem 01.01.2009 hätte abweichen dürfen (Art. 125b Abs. 2 GG). Hiermit korrespondiert, dass auch das Eingliederungsgesetz sich nicht darauf beschränkt zu regeln, wer für die Durchführung des SER zuständig ist. Zwar wird auch die Zuständigkeit bestimmt (§ 4 Abs. 1), darüber hinaus wird aber auch festgelegt, wie der Landschaftsverband die Aufgaben auszuführen hat, nämlich als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung (§ 4 Abs. 2 Satz 1 ). Diese Regelung bezieht sich nicht auf die Behördeneinrichtung; betroffen ist insoweit allein das Verwaltungsverfahren. § 4 Abs. 2 Satz 2 ("Die Aufsicht führt die fachlich zuständige oberste Landesbehörde") mag ggf. als Regelung der Behördeneinrichtung verstanden werden, für Satz 3 ("Diese kann allgemeine und besondere Weisungen erteilen, um die gesetzmäßige Erfüllung der Aufgaben zu sichern") und Satz 4 (" Zur zweckmäßigen Sicherung der Aufgaben kann die Aufsichtsbehörde allgemeine Weisungen erteilen, um die gleichmäßige Durchsetzung der Aufgaben sicherzustellen") gilt das aber nicht. Jeweils ist das "Wie" betroffen, indem die Aufsichtsbefugnisse betreffend die Rechtmäßigkeit (Satz 3) bzw. Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns (Satz 4) präzisiert werden.
Das Verständnis des Senats von den Begriffen "Einrichtung einer Behörde" und "Verwaltungsverfahren" wird gestützt durch die teleologische und historische Auslegung des Art. 125b GG. Die Vorschrift stellt sicher, dass die Länder schon vor dem 01.01.2009 Behörden einrichten können, ohne allerdings von den das Verwaltungsverfahren regelnden Vorschriften des ErrG abweichen zu dürfen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Aufgabenzuweisung an andere Behörden als die bisher zuständigen Versorgungsämter führe zwingend dazu, dass die (Neu-) Organisation der Behördenstruktur gleichzeitig auch das Verfahren regele. Diese Erwägung trifft schon im Ansatz nicht zu. Sie lässt unberücksichtigt, dass die rechtliche Problematik sich nachhaltig dadurch verschärft, dass das Land NRW die Durchführung des SER auf Kommunalverbände übertragen hat. Allein die Kommunalisierung der Aufgaben und damit deren Ausgliederung aus der allgemeinen Landesverwaltung bedingt, dass das Eingliederungsgesetz mit dem ErrG kollidiert. Hätte der Landesgesetzgeber die Aufgaben anderen Behörden der allgemeinen Landesverwaltung zugewiesen, hätten die Vorgaben des § 3 ErrG unschwer übernommen werden können. Im Übrigen laufen Art. 84, 125b GG schon deswegen nicht leer, weil sie nicht nur das SER betreffen, sondern eine allgemeine und darüber hinausgehende Bedeutung haben (hierzu Försterling in ZG 2007, 36-61; Wabnitz in Sozialrecht aktuell 2006, 153-156, Henneke in NdsVBl 2006, 158-163, Scheidler in UPR 2006, 423-429). Daher gilt: Die Übergangsregelung des Art. 125b Abs. 2 GG liefe bei einem anderen Verständnis der Norm als demjenigen des Senats jedenfalls für den Bereich des SER weitgehend leer. Dass der Verfassungsgeber dies gewollt hat, ist schwerlich anzunehmen. Werden alle Abweichungen des Eingliederungsgesetzes vom ErrG allein damit gerechtfertigt, dass nur die Behördeneinrichtung betroffen ist, dann hätte es der Differenzierung zwischen Verfahren und Einrichtung nicht bedurft, vielmehr hätte das zeitliche Abweichungsverbot sich schlicht auf allgemeine Verfahrensgesetze beschränken können. Diesen einfacheren Weg hat der Verfassungsgeber bewusst nicht gewählt, denn Art. 125b GG sollte dem Bund gerade ermöglichen, den bisherigen Normenbestand zu überprüfen und ggf. das Verwaltungsverfahren im Sinn des Art. 84 Abs. 1 GG ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder (Art. 84 Abs. 1 S. 3 GG) zu regeln (BT-Drucks. 16/813, S. 21; BR-Drucks. 178/06, S. 52). Dieses Ziel würde unterlaufen, wenn die Länder bereits vor dem 01.01.2009 von allen Regelungen des ErrG abweichen könnten. Das Land NRW könnte dann bis zu einer Neuregelung durch den Bund nicht nur bestimmen, welche Behörde die Angelegenheiten des SER durchführt, sondern auch, dass diese Behörde nicht mehr den bisherigen weitgehenden Kontrollen unterliegt. Das Land wäre jedenfalls durch Bundesrecht nicht gehindert, jegliche Aufsichts- und Kontrollrechte zu eliminieren. Damit aber wird das Anliegen des ErrG konterkariert. Die Vorgaben der §§ 3,4 ErrG sind kein Selbstzweck, sie sollen vielmehr die übergeordneten Ziele des ErrG sicherstellen. Diese werden in den Gesetzesmaterialien dahin fixiert, dass das ErrG die Einheitlichkeit der Anwendung des BVG im Bundesgebiet, die Qualität der Versorgungsverwaltung sowie einen sachgerechten und rationellen Verwaltungsaufbau wahren, eine besonders fürsorgliche Behandlung des betroffenen Personenkreises durch fachlich geschultes Personal sicherstellen und eine zentrale Koordination der Aufgaben nach umfassender Fachkompetenz gewährleisten soll (BT-Drucks. 14/640 S. 19 f; vgl. auch Straßfeld, Die Versorgungsverwaltung, 2001, 20). Das Erreichen dieser Ziele wäre gefährdet, wenn das beigeladene Land von den qualitätssichernden Vorgaben des ErrG (hierarchischer, dreigliedriger Verwaltungsaufbau, besondere Geeignetheit) abweichen dürfte, ohne dem Bund die Möglichkeit zu geben, den Normenbestand zeitnah zu prüfen und ggf. eine Neuregelung ohne Abweichungsmöglichkeit gem. Art. 84 Abs. 1 Satz 3 GG zu treffen (vgl. auch Jarass in: Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 125b Rdn. 8). Hierzu verweist das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMAS) für die beigeladene BRD darauf, dass der "immer noch bedeutende Personenkreis", der unter das BVG falle, einer besonders fürsorglichen Betreuung durch speziell geschultes Fachpersonal bedürfe; das gelte besonders vor dem Hintergrund zunehmender Auslandseinsätze deutscher Soldaten; die Effizienz der Versorgungsverwaltung mit ihrem hohen Technikstand und rationellen Verwaltungsablauf sei angesichts Auflösung der Versorgungsämter nicht mehr gewährleistet; höhere Fehlerquoten bei der Bearbeitung oder Leistungsverschlechterungen wären zu befürchten und eine wirtschaftliche, sparsame Verwendung der eingesetzten Haushaltsmittel nicht mehr gesichert.
In diesem Zusammenhang ist von besonderer Bedeutung, dass das Land zur Überzeugung des Senats gegen den Grundsatz des bundestreuen Verhaltens verstoßen hat. Nach Art. 84 Abs. 1 GG steht den Ländern zwar grundsätzlich die Organisationsgewalt für die Landeseigenverwaltung zu (vgl. Dittmann in: Sachs, a.a.O., Art 84 Rdn. 1). Sie haben das Recht, die für den Gesetzesvollzug erforderlichen Behörden einzurichten, müssen dabei aber die sachgerechte Erledigung des sich aus der Bundesgesetzgebung ergebenden Aufgabenbestandes sicherstellen (BVerfGE 55, 274, 318; BVerfGE 75, 108; BVerfGE 250, 152). Insoweit mag die Einschätzungsprärogative hinsichtlich der Frage, ob und inwieweit eine landesgesetzliche Regelung (hier: das Eingliederungsgesetz) geeignet ist, Behördenorganisation und Verwaltungsverfahren unter Einbindung einer Vielzahl von Interessen zu optimieren, grundsätzlich bei den Ländern liegen. Vorliegend gilt das indessen nicht (mehr). Das Gebot effektiver Aufgabenerfüllung beinhaltet schon allgemein das Gebot loyaler Aufgabenerfüllung der Bundesgesetze. Im Rahmen der Abweichungskompetenz des Art. 84 GG ist, zumal angesichts des Zusammenhangs von materieller Regelung einerseits sowie Organisation und Verfahren andererseits, damit eine Grenze der Abweichungsgesetzgebung der Länder verbunden, als diese gehindert sind, durch Regelungen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens die Sachregelungskompetenz des Bundes zu konterkarieren (Trute, Föderalismusreform, Rdn. 158). So liegt es hier. Die Bundesregierung hat mehrfach versucht, die Aufhebung des ErrG zu verhindern. Entgegen der mit dem Gesetzentwurf des Bundesrates zum Zweiten Zuständigkeitslockerungsgesetz vom 03.05.2000 verfolgten Absicht, das ErrG in vollem Umfange aufzuheben (vgl. BT-Drucks. 14/640 Begründung zu Artikel 33), wodurch die Bundesländer die volle Organisationsfreiheit über die Einrichtung und Gestaltung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen Behörden erlangt hätten, kam es infolge des Widerstandes der Bundesregierung (vgl. BT-Drucks. 14/640 zu Artikel 33 Seite 19, 20) im Zuge der Beratung der mit der Angelegenheit befassten Bundestagsausschüsse zu der heutigen Gesetzesfassung. Anfang 2006 brachte der Bundesrat einen Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Verwaltungsreform in den Ländern (.......Zuständigkeitslockerungsgesetz) in den Bundestag ein (BT-Drucks. 16/518). Dort hieß es in Art. 5:
"Aufhebung des Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung
Das Gesetz über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 833-2, veröffentlichten, bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch ... wird aufgehoben."
In der Begründung zu Art. 5 wird ausgeführt (BT-Drucks. 16/518, S. 7), das Zweite Zuständigkeitslockerungsgesetz vom 03.05.2000 habe entgegen der Intention des Gesetzgebers die Dreistufigkeit der Versorgungsverwaltung weiterhin verbindlich vorgeben; von der Rechtsprechung werde die Vorschrift so ausgelegt, dass die Versorgungsverwaltung als Sonderverwaltung fortbestehen müsse, so dass eine Eingliederung in die allgemeine Verwaltung nicht möglich sei, "auch eine Kommunalisierung erscheine danach ausgeschlossen"; die Länder müssten aber die Möglichkeit haben, die bisherigen überholten Strukturen zu verändern und die Verwaltung aus Kostengründen zu straffen. Die Bundesregierung ist dem entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass das Gesetz im Zusammenhang mit der Föderalismusreform zu sehen sei; die im Rahmen des Art. 84 GG beabsichtigten Änderungen würden es den Bundesländern künftig erlauben, "von Bundesgesetzen abweichende Regelungen zu treffen, welche Regelungen zur Einrichtung von Landesbehörden enthielten; einfachgesetzliche Regelungen seien nicht mehr erforderlich"; die Erforderlichkeit des Entwurfs solle unter diesem Gesichtspunkt geprüft werden (BT-Drucks. 16/518 S. 8). Der Gesetzentwurf wurde nicht verabschiedet.
Vor diesem Hintergrund und angesichts der Entscheidung des Verfassungsgebers, die zuvor in der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes stehende Materie der Versorgung von Kriegsopfern ab 01.09.2006 der ausschließlichen Bundesgesetzgebung zuzuweisen (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes v. 28.08.2006, BGBl. I S. 2034), war es angesichts der dem Land NRW auferlegten Pflicht, sich bundesloyal zu verhalten, nahezu zwingend, dem Bund zumindest die Möglichkeit zu geben, seine der Auffassung des Landes diametral entgegenstehende Position in das Landesgesetzgebungsverfahren einzubringen. Die Ermittlungen des Senats haben ergeben, dass das Land dies versäumt hat. Das Land hat den Bund erstmals auf Anfrage des Bundesministeriums der Verteidigung im November 2007 über das bereits am 24.10.2007 vom Landtag verabschiedete Eingliederungsgesetz unterrichtet (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung an das MAGS vom 11.12.2007). Auch im eigentlichen Gesetzgebungsverfahren ist dem Bund keine Möglichkeit gegeben worden, seine abweichende Position darzulegen. Im Ergebnis hat das Land dem Bund damit die Möglichkeit genommen, seinen Normenbestand zeitnah zu überprüfen und ggf. die Abweichungskompetenz des Landes aus den vom BMAS im Einzelnen genannten Gründen zu korrigieren. Hinzu kommt: Nach dem Verfassungsgrundsatz der "Bundestreue" besteht eine Rechtspflicht des Bundes und aller seiner Glieder zu "bundesfreundlichem Verhalten"; das heißt, alle an dem "Bündnis" Beteiligten sind gehalten, dem Wesen dieses Bündnisses entsprechend zusammenzuwirken und zu seiner Festigung und zur Wahrung seiner und der wohlverstandenen Belange seiner Glieder beizutragen (BVerfG, Urteil vom 10.12.1980 - 2 BvF 3/77 -, juris Rdn. 165; BVerfGE 1, 299 (315). Diesen Anforderungen ist das Land - wie dargelegt - nicht gerecht geworden. Es hat damit das infolge der Föderalismusreform neu ausbalancierte Zuständigkeitsgeflecht zwischen Bund und Ländern unterlaufen und dadurch verhindert, dass der Bund zeitnah handeln konnte. Zwar könnte erwogen werden, Art. 125b Abs. 2 GG als zugunsten des Bundes greifende Übergangsvorschrift eng auszulegen. Das scheitert aber jedenfalls daran, dass das Land auch und zusätzlich gegen den Grundsatz des bundestreuen Verhaltens verstoßen hat.
(c) Aus einem weiteren Grund betrifft § 3 ErrG das Verwaltungsverfahren und nicht die Einrichtung einer Behörde. Die Vorschrift regelt, dass der Aufbau der Versorgungsverwaltung dreigliedrig sein muss, nicht jedoch welche Behörden zuständig sind. Das folgt schon aus § 2 VfG-KOV. Der dreistufige Verwaltungsaufbau ist kein Selbstzweck; er dient - wie dargestellt - der Qualitätssicherung. Angesichts des dreigliedrigen Verwaltungsaufbau mit umfassenden Dienst- und Fachaufsichtsrechten wird die Qualitätssicherung u.a. dadurch erreicht, dass stets eine von der Ausgangsbehörde unterschiedliche Behörde über die Widersprüche der Betroffenen entscheidet (§ 85 Abs. 2 Ziffer 1 SGG). Das Eingliederungsgesetz hat demgegenüber die Dreistufigkeit aufgegeben, indem § 4 Abs. 2 bestimmt, dass die (Sonder-) Aufsicht beim MAGS angesiedelt ist. Hieraus folgt, dass Widerspruchsverfahren gegen Bescheide der Landschaftsverbände gemäß § 85 Abs. 2 Ziffer 1 SGG von diesen selbst bearbeitet werden, sie sich also im Ergebnis selbst überprüfen. Dabei kann dahinstehen, ob sich diese Selbstkontrolle nicht auch aus § 85 Abs. 2 Nr. 4 SGG ergibt, sofern die dem Landschaftsverband übertragenen Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung als eine Art von Selbstverwaltungsaufgaben angesehen werden (vgl. Gutachen Szymczak, Seite 18). Das Vorverfahren der §§ 77 ff. SGG ist dem sachlichen Gehalt nach jedenfalls ein besonderes Verwaltungsverfahren (Düring in: Jansen, SGG, 2. Auflage, 2005, § 78 Rdn. 1), mithin Verfahrensrecht (so auch Pieroth in: Jarras/Pieroth, Art. 84 GG Rdn. 5; Bull, AK, Art. 84 Rdn. 5; Hermes in: Dreier, GG, Art. 84 Rdn. 27). Demgemäss darf der Landesgesetzgeber von den Vorgaben des § 3 ErrG i.V.m. § 85 Abs. 2 SGG wegen Art. 125b Abs. 2 GG frühestens ab dem 01.01.2009 abweichen.
(d) Auch § 4 ErrG ist der Sache nach eine das Verwaltungsverfahren regelnde Norm. Hierdurch wird bestimmt, dass die Beamten und Angestellten der Versorgungsverwaltung für ihre Aufgage besonders geeignet sein müssen. Dabei geht es nur vordergründig um die Frage, "wer" das BVG durchführt. Angesichts des mit dem ErrG verfolgten Zwecks will dessen § 4 ein besonderes Qualitätsniveau perpetuieren, mithin die Art und Weise der Ausführung des BVG beeinflussen, also sicherstellen, dass die Sachbearbeitung (Sachverhaltsaufklärung, rechtliche Würdigung und Entscheidung) nur durch "besonders geeignete Mitarbeiter" erfolgt. Ein wie auch immer gearteter Bezug zur "Behördeneinrichtung" ist damit allenfalls ein unbedeutender Reflex der Regelung. Ganz im Vordergrund steht der Zusammenhang mit dem Verwaltungsverfahren. Der Senat ist - wie dargestellt - der Auffassung, dass das Land den Qualitätssicherungszielen des § 4 ErrG nicht hinreichend Rechung trägt.
3. Der Senat hält fest: Das Eingliederungsgesetz verstößt mehrfach gegen
bundesrechtliche Vorgaben, nämlich gegen §§ 3 und 4 ErrG i.V.m. Art. 125b Abs. 2
GG, u.U. auch gegen Art 85 GG. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht
(Art. 100 Abs. 1 GG) scheidet indessen angesichts der konkreten prozessualen
Situation aus. An die Entscheidungserheblichkeit im Sinn des Art. 100 GG legt
das BVerfG strenge Maßstäbe. Das Gericht muss im Ausgangsverfahren bei
Ungültigkeit der Norm anders zu entscheiden haben als bei deren Gültigkeit (BVerfGE
98, 169, 99; BVerfGE 105, 61, 67). Grundsätzlich ist der Tenor der Entscheidung
dafür maßgeblich, ob eine andere Entscheidung vorliegt (BVerfGE 44, 297, 300).
Das ist etwa im Verhältnis von Unzulässigkeit und Unbegründetheit der Fall (BVerfGE
35, 65, 72). Diese Frage stellt sich jedoch nicht. Der Beteiligtenwechsel ist
vielmehr eingetreten. Berufungskläger war das Land NRW und ist nunmehr der
Landschaftsverband Westfalen-Lippe, denn dieser Beteiligtenwechsel vollzieht
sich nach der Rspr. des BSG und des BVerwG kraft des Eingliederungsgesetzes und
nicht aufgrund der Bewertung der Wirksamkeit des Eingliederungsgesetzes durch
den erkennenden Senat als verfassungswidrig bzw. verfassungsgemäß. Das gilt auch
deswegen, weil sicher feststehen muss, wer Beteiligter des Rechtsstreits ist.
Zudem existiert der durch das Eingliederungsgesetz für die Angelegenheiten des
SER für zuständig erklärte LWL und führt diese Angelegenheiten durch, unabhängig
von der Frage, ob er aufgrund einer bisher nicht festgestellten
Verfassungswidrigkeit tatsächlich zuständig ist. Zwar weist die prozessuale
Situation die Besonderheit auf, dass das dem Kläger günstige Urteil des SG
zunächst vom Land mit der Berufung angegriffen wurde und in diese Rechtsstellung
der Landschaftsverband nachgefolgt ist. Die Berufung des Landes vor dem
01.01.2008, d.h. vor Inkrafttreten des Eingliederungsgesetzes, war aber
(unproblematisch) zulässig. Sie wird durch den Beteiligtenwechsel nicht
unzulässig. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Berufungseinlegung (vgl. auch BGH
NJW 1983,
1063 und LSG Berlin, Urteil vom 05.05.2004 - L 9 KR 1093/01 - zur nachträglichen
Veränderung des Rechtsmittelantrags bzw. Beschwerdewertes). Eine andere Frage
ist, wer im Falle des Bestehens eines Anspruchs des Klägers zur
Leistungserbringung zu verurteilen wäre. Das könnte trotz des formellen
Gesichtspunkten folgenden Beteiligtenwechsels auf Beklagtenseite das Land sein,
das der Senat aus diesem Grund notwendig zum Verfahren beigeladen hat. Ob das
Land oder der Landschaftsverband zu verurteilen wäre, ist jedoch eine Frage der
Passivlegitimation. Die Prüfung dieser Frage erfolgt im Rahmen der Begründetheit
der Klage. Hier käme es grundsätzlich darauf an, ob das Eingliederungsgesetz in
zulässiger oder unzulässiger Weise vom ErrG abweicht. Dies kann allerdings in
all den Fällen, in denen - wie vorliegend - ein Anspruch weder gegenüber dem
Land noch gegenüber dem Landschaftsverband besteht offen bleiben, weil bereits
die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm nicht vorliegen. Bei der
gebotenen strengen Betrachtung fehlt es damit an der Entscheidungserheblichkeit
im Sinn des Art. 100 Abs. 1 GG. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht
scheidet aus.
II.
Ist sonach grundsätzlich ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes eingetreten, bleibt weiter zu klären, ob § 71 Abs. 5 SGG dem entgegensteht. Hiernach müssen sich die Länder in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit durch die Landesversorgungsämter oder durch die Stelle, der dessen Aufgaben übertragen worden sind, vertreten lassen. Wäre hiermit durch Bundesrecht vorgegeben, dass in Angelegenheiten des SER immer das Land Verfahrensbeteiligter sein muss und dieses erst mittels eines Landesversorgungsamtes prozessfähig wird, wäre das Land nicht mehr ordnungsgemäß vertreten, sofern weder ein Landesversorgungsamt noch eine Stelle, der dessen Aufgaben übertragen worden sind, bestehen sollte.
Mit Auflösung des Landesversorgungsamtes NRW durch Art. 1 § 3 Satz 2 i.V.m. Art. 37 Abs. 2 des Zweiten Modernisierungsgesetzes (2. ModernG) vom 09.05.2000 (GVBl. NRW 2000 S. 462) sind dessen Aufgaben zum 01.01.2001 auf die Bezirksregierung Münster, eine dem Innenministerium (IM) nachgeordnete Landesmittelbehörde der allgemeinen und inneren Verwaltung übertragen worden (Art 1 § 3 Satz 1 2. ModernG). Die Bezirksregierung Münster (Abt. 10) ist seither Landesversorgungsamt i.S. des § 71 Abs. 5 SGG (BSG, Urteil vom 12.06.2001 - B 9 V 5/00 R -). Das Eingliederungsgesetz ändert hieran nichts. Aufgelöst werden nach dessen § 1 nur die Versorgungsämter. Soweit es die Bezirksregierung Münster (Abt. 10) anlangt, bestimmt das Eingliederungsgesetz in § 22 lediglich, dass die mit den Aufgaben der Widerspruchs- und Klagebearbeitung nach § 4 betrauten Beamten und tariflich Beschäftigten, soweit es für die Aufgabenerfüllung erforderlich ist, mit Wirkung zum 01.01.2008 auf die Landschaftsverbände übergehen bzw. im Wege der Personalgestellung zwecks Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt werden. Mithin unterstellt das Eingliederungsgesetz, dass die Abteilung 10 der Bezirkregierung Münster gleichermaßen zum 01.01.2008 aufgelöst ist. Dem liegt zugrunde, dass Art. 1 § 3 des Zweiten Modernisierungsgesetzes durch Art. 2 des Straffungsgesetzes gestrichen worden ist, mithin nunmehr keine das vormalige Landesversorgungsamt ersetzende Behörde mehr besteht. Verwaltungsmäßig umgesetzt hat die Landesregierung diesen Normbefehl u.a. durch den Erlass des Innenministeriums NRW vom 05.12.2007 - 52.18.01.02 -. Danach wird die Abteilung 10 der Bezirksregierung Münster (Soziales und Arbeit, Landesversorgungsamt) zum 01.01.2008 aufgelöst. Ausweislich des dem Erlass beigefügten Organisationsplans ist nunmehr das Dezernat 29 der Abteilung 2 (Organisationsrecht, Gesundheit, Sozialwesen, Gefahrenabwehr, Verkehr) zuständig u.a. für das SER. Hierzu werden lediglich Teilzuständigkeiten der bisherigen Abteilung 10 auf das Dezernat 29 übertragen. Soweit mittels des § 4 Eingliederungsgesetz den Landschaftsverbänden die Aufgabenerfüllung nach dem SER übertragen worden ist, betrifft dies nur die den vormaligen Versorgungsämtern obliegenden Zuständigkeiten und nicht jene der Abteilung 10 (Landesversorgungsamt). Ein "neues" Landesversorgungsamt hat das Land entgegen der aus § 7a ErrG folgenden Verpflichtung nicht bestimmt. Hieraus folgt, dass weder das Dezernat 29 noch der jeweilige Landschaftsverband ein Landesversorgungsamt im Sinn der Vorschriften des SGG (z.B. § 14 Abs. 3 Satz 1) und namentlich nicht des § 71 Abs. 5 1. Alt. SGG ist. Allerdings ist § 71 Abs. 5 SGG wegen der vom LSG Nordrhein-Westfalen geäußerten Bedenken hinsichtlich der Prozessfähigkeit des Landes NRW infolge der Auflösung des vormaligen Landesversorgungsamtes zum 01.01.2001 (z.B. Senatsurteil vom 31.01.2001 - L 10 VS 28/00 -) durch Gesetz vom 17.08.2001 (BGBl. I S. 2144) mit Wirkung vom 02.01.2002 dahin erweitert worden, dass das Land seither auch durch die Stelle, der die Aufgaben des Landesversorgungsamtes übertragen worden sind, vertreten werden kann (vgl. BT-Drucks. 14/6335, S. 34). Auch nach der zweiten Alternative des § 71 Abs. 5 SGG kann ein Land allerdings nur durch eine Stelle vertreten werden, deren Organisation die für die fachliche Qualität der Vertretung erheblichen Anforderungen des Errichtungsgesetzes erfüllt (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.02.2004 - L 7 (5) SB 8/02 -). Ein Landschaftsverband genügt dem schon deswegen nicht, weil diesem mittels des Eingliederungsgesetzes nur die Aufgaben von Versorgungsämtern, nicht hingegen jene der Abteilung 10 - Landesversorgungsamt - übertragen worden sind. Ob das Dezernat 29 die vom Errichtungsgesetz aufgestellten, erheblichen qualitativen Anforderungen erfüllt, dürfte zweifelhaft sein, mag derzeit allerdings dahin stehen. Selbst wenn das nicht der Fall wäre, stünde dies der vom Land verfolgten Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung unter dem Blickwinkel des § 71 Abs. 5 SGG jedenfalls derzeit nicht entgegen.
Auszugehen ist vom Regelungsgehalt des § 71 Abs. 5 SGG. Diese Sondervorschrift dient der Qualitätssicherung. Ohne diese Regelung wären die Länder auch in Angelegenheiten des SER und des Schwerbehindertenrechts schon nach Absatz 3 der Vorschrift prozessfähig. Der Gesetzgeber hat indessen in SER-Angelegenheiten seit jeher die Vertretung des Landes durch eine dafür besonders geeignete Stelle für erforderlich gehalten und deshalb die Prozessfähigkeit hiervon abhängig gemacht (LSG Sachsen-Anhalt a.a.O.; vgl. auch LSG NRW, Urteil vom 31.01.2001 - L 10 VS 28/00 -). Soweit die Auffassung vertreten wird, § 71 Abs. 5 SGG betreffe eine Frage der Verwaltungsorganisation (so Stellungnahme der Bundesregierung zum Entwurf einer Verwaltungsprozessordnung in BT-Drucks. 10 3437, S. 95) oder sei ein Instrument zur Koordination der Versorgungsverwaltung der einzelnen Länder (LSG Bremen, Urteil vom 24.08.1954 – Son 1/54 – Breithaupt 1954, 985 (989)), folgt der Senat dem nicht. Die Vorschrift zwingt die Länder nicht, ihre bisherigen Verwaltungsstrukturen im Bereich des SER beizubehalten. Ein dahingehendes Verständnis des § 71 Abs. 5 SGG wäre mit den bundesstaatlichen Kompetenzregelungen des Grundgesetzes nicht vereinbar. Nach Art. 30 und 70 GG bedürfen Regelungen durch den Bundesgesetzgeber einer verfassungsrechtlichen Grundlage. Im Bereich des § 71 Abs. 5 SGG muss insoweit zwischen der Gesetzgebung der Zuständigkeit des Bundes auf dem Gebiet des sozialgerichtlichen Verfahrens (Art. 70 GG), und der Regelung der Einrichtung von Behörden und des Verwaltungsverfahrens (Art. 84 und 85 GG) unterschieden werden. Bei der Neuregelung des SGG durch das 6. SGG-Änderungsgesetz ist der Bundesgesetzgeber von seiner Gesetzgebungszuständigkeit auf dem Gebiet des gerichtlichen Verfahrens nach dem damaligem Art. 74 Nr. 1 GG ausgegangen, der mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG in der Fassung vom 20.12.1993 übereinstimmt. Auch die in § 71 Abs. 5 SGG geregelten besonderen Anforderungen an die Prozessfähigkeit des Landes in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts können somit nur in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG ihre kompetenzrechtliche Grundlage finden. Hätte der Gesetzgeber also nicht nur eine besondere Regelung bezüglich der Qualität der Vertretung des Landes in den SER-Verfahren treffen wollen, sondern auch eine Regelung bezüglich der für die Durchführung dieser Gesetze zuständigen Behörden, so hätte er, zumindest im Rahmen der betroffenen Gesetze (BVG, OEG, etc.), Art. 84 Abs. 1 GG in der bis zum 31.08.2006 geltenden Fassung (a.F.) beachten und das SGG sowie insbesondere § 71 Abs. 5 SGG mit Zustimmung des Bundesrates beschließen müssen. Die Organisationsgewalt der Länder wäre im Sinne des Art. 84 Abs. 1 GG a.F. eingeschränkt worden. Das sollte jedoch offensichtlich nicht geschehen (so auch Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 19.02.2004 - L 7 (5) SB 8/02 -). Zwar hatte der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf die Auffassung vertreten, das 6. SGG-Änderungsgesetz sei gemäß Art. 84 GG zustimmungsbedürftig. Hierzu bezog er sich jedoch nicht etwa auf die geplante Regelung in § 71 Abs. 5 SGG, sondern auf andere Vorschriften des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 14/5943 S. 33). Im Übrigen zeigt auch die vom Bundesgesetzgeber mit Wirkung zum 02.01.2002 im Anschluss an die Entscheidungen des Bundessozialgerichts zur Prozessfähigkeit der Bezirksregierung (BSG, Urteile vom 12.06.2001 - B 9 V 5/00 R - = BSGE 88, 153 und vom 07.11.2001 - B 9 SB 1/01 R -) vorgenommene Änderung des § 71 Abs. 5 SGG, dass diese prozessrechtliche Vorschrift neuen Verwaltungsstrukturen der Länder angepasst wird und der Bundesgesetzgeber insoweit keinen status quo landesrechtlicher Organisationseinheiten zementieren will. § 71 Abs. 5 SGG steht dem Beteiligtenwechsel mithin nicht entgegen.
III.
Örtlich zuständiger Landschaftsverband und damit Beklagter ist der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, in dessen Zuständigkeitsbereich der Kläger wohnt. Das ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung der Verordnung über die Zuständigkeiten im Bereich des Sozialen Entschädigungsrechts (ZustVO SER) vom 18.12.2007 (GV. NRW S. 740) i.V.m. § 3 Abs. 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren in der Kriegsopferversorgung (VfG-KOV) vom 02.05.1955 (BGBl. I S. 2022) i.d.F. vom 19.06.2001 (BGBl I S. 1046). Unmittelbar ist § 3 Abs. 1 des VfG-KOV nicht anwendbar, da der Anwendungsbereich des VfG-KOV lediglich Leistungen betrifft, die von den im ErrG bestimmten Behörden gewährt werden (§ 1 VfG-KOV). Die Landschaftsverbände in NRW erfüllen - wie dargelegt - in mehrfacher Hinsicht nicht die Anforderungen des ErrG. Es handelt sich bei ihnen nicht um die im ErrG genannten Behörden, auch wenn sich der Beklagte nun LWL-Versorgungsamt nennt. § 3 Abs. 1 VfG-KOV ist auch nicht aufgrund einer Verweisung durch die ZustVO SER anwendbar.
Ausdrücklich bezieht sich § 2 Abs. 3 ZustVO SER nur auf § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 des VfG-KOV und das auch nur für bestimmte, in § 2 Abs. 1 und 2 ZustVO SER geregelte Angelegenheiten. Das Land hat offenbar übersehen, dass angesichts der Verweisung in § 1 VfG-KOV auf Behörden im Sinne des ErrG das VfG-KOV unmittelbar nicht mehr auf Angelegenheiten des SER anwendbar ist. Ohne analoge Anwendung der Vorschriften des VfG-KOV würde es jedoch weitgehend an einer Bestimmung der örtlich zuständigen Behörde im Bereich der KOV fehlen. Ausdrückliche Regelungen der örtlichen Zuständigkeit finden sich nämlich in § 2 Abs. 1 ZustVO SER lediglich für den Bereich der Opferentschädigung und in § 2 Abs. 2 ZustVO für alle Fälle des SER, in denen der Antragsteller zur Zeit der Antragstellung nicht in Nordrhein-Westfalen wohnt oder sich dort gewöhnlich aufhält, sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststeht oder die Schädigung auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug eingetreten ist. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber bewusst keine Regelung der örtlichen Zuständigkeit für die Vielzahl der Fälle des SER getroffen hat. Dies gilt um so mehr, als der Landesgesetzgeber mit § 4 Eingliederungsgesetz (sachliche Zuständigkeit der Landschaftsverbände) und §§ 11 Abs. 2 bis 21 Abs. 2 Eingliederungsgesetz die personalrechtlichen Maßnahmen strikt an der Gebietsaufteilung des § 1 LVerbO NRW orientiert und entsprechend die jeweiligen Versorgungsämter den Landschaftsverbänden zugeordnet hat. Die planwidrige Lücke in der ZustVO ist daher durch analoge Anwendung des § 3 Abs. 1 VfG-KOV zu schließen.
IV.
1. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe ist als juristische Person des öffentlichen Rechts nach § 70 Nr. 1 2. Alt. SGG beteiligungsfähig, allerdings nicht prozessfähig. Prozessfähig ist nach § 71 Abs. 1 SGG grundsätzlich nur, wer sich durch Verträge verpflichten kann. Abs. 1 bezieht sich seinem Wortlaut nach zwar sowohl auf natürliche als auch auf juristische Personen (vgl. § 70 SGG). Allerdings geht die h.M. davon aus, dass Personenvereinigungen ohne Rücksicht darauf, ob sie rechtsfähig sind oder nicht, wegen ihrer Handlungsunfähigkeit prozessunfähig sind, folglich nur natürliche Personen als solche prozessfähig sein können (Krasney in: KassKomm, § 11 SGB X, Rdn. 7 sowie von Wulffen, § 11 SGB X, Rdn. 9; Düring in: Jansen, SGG, 2. Auflage, 2005, § 71 Rdn. 1; Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 71 Rdn. 3a m.w.N.). Die Prozessfähigkeit des beklagten Landschaftsverbandes ergibt sich aber aus § 71 Abs. 3 SGG. Nach Abs. 3 handeln für rechtsfähige Personenvereinigungen und Behörden ihre gesetzlichen Vertreter, im Fall der Landschaftsverbände also die Direktoren (§ 17 Abs. 1 Ziffer d LVerbO).
Ungeachtet dessen ist § 71 Abs. 5 SGG auf die Landschaftsverbände analog mit der Konsequenz anzuwenden, dass die allgemeine Regelung des § 71 Abs. 3 SGG verdrängt wird. Dies ergibt sich wie folgt: Das beigeladene Land vertritt im Ergebnis die Auffassung, dass § 71 Abs. 5 SGG für NRW keine Geltung mehr hat. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Ein solches Verständnis würde im Ergebnis dazu führen, dass das Land bundesrechtliches Prozessrecht "unterlaufen" könnte, ohne hierfür nach der Kompetenzverteilung des GG zuständig zu sein. Hinsichtlich § 71 Abs. 5 SGG ist zwischen der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes auf dem Gebiet des gerichtlichen Verfahrens (Art. 74 GG) und der Regelung der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens (Art. 84 Abs. 1 GG) zu differenzieren. Nach Art. 84 Abs. 1 GG regeln die Länder die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren, soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmen. Letzteres ist mit dem ErrG geschehen. Selbst wenn die Länder infolge von Art. 84 Abs. GG n.F. nunmehr berechtigt sind, Verwaltungs- und Organisationsstrukturen weitgehend frei von bundesrechtlichen Vorgaben gestalten zu können, sind sie gehalten, dem Wesen dieses Bündnisses entsprechend zusammenzuwirken und zu seiner Festigung und zur Wahrung seiner und der wohlverstandenen Belange seiner Glieder beizutragen (vgl. schon oben unter Teil A II). Das bedeutet: Der Bund ist zuständig für die Regelung des gerichtlichen Verfahrens. Dem ordnet es der Senat zu, wenn § 71 Abs. 5 SGG als eigenständiges Ziel eine Qualitätssicherung der Prozessvertretung für das gerichtliche Verfahren verfolgt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt vom 19.02.2004 - L 7 (5) SB 8/02 - unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte). Das ist mit Modifikationen und anderer Interessenlage den gerichtlichen Verfahrensordnungen nicht fremd (vgl. § 67 Abs. 1 VwGO, § 166 SGG) und von Art. 74 GG gedeckt. Hieraus folgt, dass das Land seine Verwaltungsstrukturen im Rahmen des Art. 84 GG zwar autonom gestalten kann, indessen Sinn und Zweck des § 71 Abs. 5 SGG zu beachten hat. Notwendig ist es insofern, die rechtlichen Interessen des Bundes und des Landes auszubalancieren ist, um beiden möglichst weitgehend Rechnung zu tragen. Hierzu bietet es sich an, § 71 Abs. 5 SGG analog anzuwenden. Dafür spricht überdies, dass eine Vielzahl von zum SER gehörenden Gesetzen die besonderen Vorschriften des SGG betreffend die SER-Verfahren für anwendbar erklären (z.B. § 7 Abs. 1 Satz 2 OEG, § 10 Abs. 3 Satz 2 HHG). Zudem sind die übrigen Vorschriften des SGG, die Regelungen für Angelegenheiten des SER treffen, trotz der Zuständigkeitsänderung zum 01.01.2008 in NRW weiterhin (entsprechend) anwendbar. So sind z.B. keine Gründe dafür ersichtlich, warum die Landschaftsverbände und Kreise/kreisfreien Städte im Anwendungsbereich des SER und des Schwerbehindertenrechts entgegen § 57 SGG nicht am Wohnsitz des Beklagten klagen müssten, obwohl die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur bei Beteiligung des Landes greift. Ebenso erschließt sich nicht, wenn § 180 SGG in NRW nicht mehr anwendbar wäre, so dass Verfahrenswiederaufnahmen trotz doppelter Leistungserbringung oder doppelter Ablehnung von zwingend alternativ zu erbringenden Leistungen nicht mehr möglich wären. Die Landschaftsverbände müssen daher in analoger Anwendung des § 71 Abs. 5 SGG die besonderen Qualitätskriterien des ErrG erfüllen, andernfalls sind sie nicht (mehr) prozessfähig. Insoweit verdrängt die Sonderregung (§ 71 Abs. 5 SGG) die allgemeine Regelung des § 71 Abs. 3 SGG. M.a.W.: Verliert der Landschaftsverband seine Prozessfähigkeit, kann nicht mittels des § 71 Abs. 3 SGG angenommen werden, er sei dennoch nach der allgemeinen Norm prozessfähig. Ein solches Verständnis würde Sinn und Zweck des § 71 Abs. 5 SGG konterkarieren. Für den Senat ist eine ordnungsgemäße Prozessvertretung durch den Landschaftsverband derzeit noch sichergestellt, denn das Personal folgt nach der Konzeption des Eingliederungsgesetzes den Aufgaben (§ 22). Ob dies aber auch zukünftig gilt und insoweit nicht ggf. droht, dass der Landschaftsverband seine über die Sondervorschrift des § 71 Abs. 5 SGG analog begründete Prozessfähigkeit verliert, erscheint allerdings als sehr fraglich (hierzu oben unter I).
B. Begründetheit
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 30.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2001, mit dem es der vormalige Beklagte abgelehnt hat, den Bescheid vom 17.09.1985 nach § 44 SGB X zu ändern, soweit mit diesem ein Anspruch auf Gewährung von BSA aufgrund vorzeitigen schädigungsbedingten Ausscheidens aus dem Erwerbsleben verneint worden ist. Hierauf hat der Kläger seinen Klageantrag ausdrücklich begrenzt. Auch das SG hat ausweislich des Tenors des angegriffenen Urteils ausschließlich hierüber entschieden. Damit ist die Frage der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 17.09.1985 im Hinblick auf die Gewährung von BSA aufgrund eines anderen Lebenssachverhalts, insbesondere eines schädigungsbedingten Minderverdienstes während des Erwerbslebens des Klägers, nicht streitgegenständlich. Zudem haben die Beteiligten einvernehmlich die Überprüfung des Bescheides vom 17.09.1985 im Hinblick auf die Gewährung von BSA wegen schädigungsbedingten Minderverdienstes einer Neubescheidung durch den Beklagten überantwortet.
Die Berufung ist begründet, denn das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat, begrenzt auf den umschriebenen Streitgegenstand, keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 17.09.1985 und Gewährung von BSA, denn dieser Bescheid ist insoweit nicht rechtswidrig.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Weder wurde bei Erlass des Bescheides vom 17.09.1985, soweit über den Anspruch auf BSA wegen schädigungsbedingten vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben entschieden wurde, das Recht unrichtig angewandt, noch wurde von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erwiesen hat, denn der Kläger hat insoweit keinen Anspruch auf BSA.
BSA erhalten nach § 30 Abs. 3 BVG rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist. Dies ist für die Fallgestaltung des vorzeitigen schädigungsbedingten Ausscheidens aus dem Erwerbsleben entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BSG zur Beweiserleichterung bei Inanspruchnahme flexiblen Altersruhegeldes (nach § 1248 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung <RVO> bzw. § 25 Abs. 1 AVG) zu bestimmen. Hiernach sind die Schädigungsfolgen schon dann für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und einen dadurch eingetretenen Einkommensverlust ursächlich, wenn der Beschädigte sich auf eine wesentlich durch Schädigungsfolgen bedingte Schwerbehinderung berufen kann, um mit seinem Ausscheiden eine Altersversorgung zu erlangen (BSG, Urteil vom 15.12.1999 - B 9 V 11/99 R - sowie BSGE 74, 195 = SozR 3-3100 § 30 Nr. 10 unter Bestätigung der seit BSG SozR 3100 § 30 Nr. 78 entwickelten Rspr.). Das BSG hat an dieser Rechtsprechung trotz zahlreicher kritischer Äußerungen in der Literatur festgehalten, weil die Vorschriften, die es schwerbehinderten Arbeitnehmern ermöglichen bzw. früher ermöglichten, mit sechzig Jahren allein durch ihren Antrag und die Vorlage des Schwerbehindertenausweises den Versicherungsfall herbeizuführen, nicht zuließen, dass der entsprechende Kriegsopferversorgungsfall von Ermittlungen über den Gesundheitszustand und seine Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit abhängig gemacht werde (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.1994 - 9 RV 14/93 - in: SozR 3-3100 § 30 Nr. 10, m. w. N.). Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Hieraus folgt: Kann der Beschädigte nur unter Hinweis auf die schädigungsbedingte Schwerbehinderung sozialgesichert vorzeitig seine Erwerbsfähigkeit beenden, ist regelmäßig bewiesen, dass er im Sinne des § 30 Abs. 3 BVG einen Einkommensverlust durch die Schädigungsfolgen erlitten hat.
Dieser Beweis ist allerdings nicht erbracht, wenn der Beschädigte auch aus einem anderen Grund sozialgesichert vorzeitig seine Erwerbstätigkeit beenden konnte. Dies ist nach der vom Senat als zutreffend angesehenen ständigen Rechtsprechung des BSG der Fall, wenn der nicht schädigungsbedingte Anteil des GdB allein eine Schwerbehinderung bedingt und somit zum vorzeitigen Ausscheiden berechtigt. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Beschädigte nicht nur wegen der schädigungsbedingten Schwerbehinderung, sondern auch wegen seiner einjährigen Arbeitslosigkeit aus dem Erwerbsleben ausscheiden konnte (BSG, Urteil vom 15.12.1999 - B 9 V 11/99 R -).
Ausgehend hiervon ist vorliegend nicht erwiesen, dass der Kläger wegen seines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben einen Einkommensverlust gerade durch die Schädigungsfolgen erlitten hat. Zwar ist er rentenberechtigter Beschädigter im Sinne des § 30 Abs. 3 BVG, denn er erhält eine Grundrente nach einer MdE (GDS) von 40 v.H. Auch bezieht er Altersruhegeld wegen seiner anerkannten Schwerbehinderung. Schließlich ist diese Schwerbehinderung auch maßgeblich durch die Schädigungsfolgen bedingt, denn hierfür ist eine MdE (GdB) von 40 v. H. anerkannt, während für die schädigungsfremden Funktionsstörungen nur Einzel-GdB-Werte von 20 bzw. 10 angesetzt sind. Damit steht fest, dass der nicht schädigungsbedingte Anteil des GdB allein keine Schwerbehinderung bedeutet.
Es liegt allerdings ein dokumentierter Umstand vor, der ausweist, dass der Kläger auch ohne die Schädigung wegen einjähriger Arbeitslosigkeit sozialgesichert aus dem Arbeitsleben ausscheiden konnte. Zwar hat sich der Kläger bei seinem Antrag auf seine schädigungsbedingte Schwerbehinderung und damit auf § 25 Abs. 1 AVG berufen. Bei ihm waren entgegen der Auffassung des SG aber zum selben Zeitpunkt die Voraussetzungen für den Altersruhegeldbezug wegen einjähriger Arbeitslosigkeit nach § 25 Abs. 2 AVG erfüllt. Nach dieser Vorschrift erhält Altersruhegeld auch der Versicherte, der das sechzigste Lebensjahr vollendet, die Wartezeit nach Absatz 7 Satz 2 (d.h. eine Versicherungszeit von einhundertachtzig Kalendermonaten) erfüllt hat und nach einer Arbeitslosigkeit von mindestens zweiundfünfzig Wochen innerhalb der letzten 1 ½ Jahre arbeitslos ist.
Der Kläger war zu Beginn seines Altersruhegeldbezuges (01.09.1985) entgegen den Ausführungen des SG bereits 52 Wochen arbeitslos. Das SG ist zu seiner Auffassung allein deshalb gelangt, weil es unzutreffend den Beginn der Arbeitslosigkeit mit dem 27.10.1984 angenommen hat. Dieses Datum markiert allerdings allein den Begin des Leistungsbezugs des Klägers. Arbeitslos war dieser bereits seit dem 01.09.1984, nicht erst seit dem 27.10.1984. Die Vorschrift des § 25 Abs. 2 AVG erfordert aber lediglich Arbeitslosigkeit, nicht einmal eine Arbeitslosmeldung (BSG, Urteil vom 10.05.1994 - 9 RV 29/93 - in: SozR 3-3642 § 8 Nr. 7), erst recht nicht den Bezug von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe. Damit erfüllte der Kläger bereits zu Beginn seines Rentenbezuges die Voraussetzungen de § 25 Abs. 2 S. 1 AVG. Er übte auch in den letzten zehn Jahren mindestens acht Jahre eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung bei der Fa. K. AG aus (S. 2 der Vorschrift).
Bei dieser Sachlage kann der Kläger nicht glaubhaft machen, ohne seine schädigungsbedingte Schwerbehinderung hätte er sein Arbeitsverhältnis nicht gekündigt und wäre nicht vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden (vgl. zu einem Parallelfall BSG vom 10.05.1994, a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Voraussetzung für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG). Nach Abs. 1 der Vorschrift steht den Beteiligten gegen ein Urteil eines Landessozialgerichts die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in dem Urteil des Landessozialgerichts oder in dem Beschluss des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 2 zugelassen worden ist. Sie ist vom Landessozialgericht nach Abs. 2 - soweit hier von Interesse - nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Grundsatzrevision).
Soweit es den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf BSA wegen vorzeitigen schädigungsbedingten Ausscheidens aus dem Erwerbsleben anlangt, sind die vom Senat geprüften Rechtsfragen nicht klärungsbedürftig. Die maßgebenden Rechtssätze sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt.
Zwar ist die Frage, ob ein Beteiligtenwechsels vom Land NRW auf den LWL infolge des Eingliederungsgesetzes eingetreten ist, von grundsätzlicher Bedeutung. Hierzu liegt noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Diese Rechtsfrage ist indessen im vorliegenden Rechtsstreit nicht klärungsbedürftig. Denn die Klage ist bereits deshalb unbegründet, weil kein Anspruch auf BSA wegen vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben besteht und sich die damit zusammenhängende Frage danach, wer passiv legitimiert ist, im Ergebnis nicht stellt.