Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 10 SB 127/12 - Urteil vom 02.07.2014
Der Grundsatz, dass das Gericht auch bei Verletzung der Mitwirkungslast ermitteln muss, gilt nicht uneingeschränkt. Die Anforderung an die Amtsermittlungspflicht verringern sich, wenn Beteiligte ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines GdB von 90.
Die 1949 geborene Klägerin ist vom Beruf Grundschullehrerin. Am 13.09.2005
beantragte sie die Feststellung eines GdB. Sie leide unter schnellen Erschöpfungszuständen
nach schweren Depressionen bei Stress, Konzentrationsstörungen, einer leichten
Gehbehinderung durch Arthrose im linken Knie und linken Zeh sowie stärkerer
Abnutzung des rechten Schultergelenks. Das Versorgungsamt E holte daraufhin
Befundberichte des Orthopäden Dr. I vom 19.09.2005, des Facharztes für
Allgemeinmedizin Dr. G vom 27.09.2005 und der Fachärztin für
psychotherapeutische Medizin, Neurologie und Psychiatrie Dr. W vom 11.11.2005
ein. Mit Bescheid vom 30.11.2005 stellte es einen GdB von 30 bei folgenden
Gesundheitsstörungen fest:
1. Depressionen
2. Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, HWS-Syndrom
3. Chronische Gastritis
4. Schulter-Arm-Syndrom bds., Verschleiß der Daumengrundgelenke.
Zur Begründung des hiergegen am 27.12.2005 eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, die Auswirkungen ihrer depressiven Erkrankung seien nicht hinreichend berücksichtigt. Sie habe inzwischen den Amtsarzt zwecks Klärung ihrer Arbeitsfähigkeit aufgesucht. Es sei festgestellt worden, dass sie nur noch 22 statt 28 Wochenstunden arbeiten könne. Die Verminderung der Leistungsfähigkeit und schnelle Erschöpfbarkeit sei eine gesetzliche Schwerbehinderung. Der GdB sei mit 90 bis 100 zu bemessen. Sie übersandte außerdem ein amtsärztliches Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N vom 09.01.2006, wonach sie unter einer bipolaren affektiven Störung leide und zum Zeitpunkt der Begutachtung eine Teildienstfähigkeit von 22 Unterrichtsstunden nicht überschritten werden könne. Mit Abhilfebescheid vom 29.05.2006 stellte die Beklagte einen GdB von 50 fest und legte hierbei abweichend vom Vorbescheid einen Einzel-GdB von 50 für die bei der Klägerin vorliegenden Depressionen zugrunde. Die Klägerin hielt ihren Widerspruch aufrecht. Das Versorgungsamt veranlasste daraufhin die Erstellung eines fachpsychiatrischen Gutachtens durch Herrn L1 vom 29.08.2006. Dieser vertrat die Auffassung, bei der Klägerin lägen depressive Beschwerden, vor allen Dingen asthenische Störungen vor, für welche ein Einzel-GdB von 30 angemessen erscheine. Mit Bescheid vom 03.08.2007 nahm das Versorgungsamt nach entsprechender Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 10.10.2006 den Bescheid vom 29.05.2006 zurück und stellte einen GdB von 30 fest. Hiergegen legte die Klägerin am 11.09.2007 Widerspruch ein und wies zur Begründung nochmals darauf hin, dass sie sechs Unterrichtsstunden pro Woche nicht abhalten könne. Dies bedinge einen GdB von 90 bis 100, um ihr wenigstens vier Ermäßigungsstunden nach Maßgabe des Schulgesetzes NRW zukommen zu lassen. Es gehe nicht an, dass ihr die Inanspruchnahme von Ermäßigungsstunden verwehrt werde. Die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit seien durch Parlament und Gesetzgeber nicht legitimiert und nur bedingt mit dem Sinn und Zweck der §§ 2, 69 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) vereinbar. Sie entbehrten einer wissenschaftlichen Grundlage, seien in vielen Punkten uneinheitlich, lückenhaft und unlogisch. Die Messlatte für den jeweiligen GdB sei dort viel zu hoch angesetzt. Nach dem Text der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit seien bereits zwei depressive Phasen ohne stationäre Behandlungsnotwendigkeit für einen GdB von 50 ausreichend. Sie habe mittlerweile drei lange stationäre Behandlungen durchlaufen. Dies allein rechtfertige einen GdB von 90 oder mehr. Nach Sinn und Zweck des SGB IX betrage ihr GdB 100 und mehr, weil sie wegen der bei ihr vorliegenden schweren Leistungsbeeinträchtigung die volle Anzahl der für Lehrer vorgesehenen Ermäßigungsstunden beanspruchen können müsse. Der berufsunfähige Lehrer benötige diese Ermäßigungsstunden nicht, da er zu Hause sitze oder stationär im Krankenhaus oder Pflegeheim sei. Demgegenüber arbeite sie noch als Lehrerin. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2007 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch als unbegründet zurück. Der GdB sei mit 30 zu bewerten. Der begünstigende Verwaltungsakt vom 29.05.2006 sei durch zu hohe Bewertung des GdB rechtswidrig und werde gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 und 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückgenommen. Vertrauensschutzgesichtspunkte und entgegenstehende Vermögensdispositionen seien nicht ersichtlich. Nach Abwägung der wechselseitigen Interessen sei das öffentliche Interesse an der Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes höher als das Vertrauen der Klägerin auf den Bestand der Entscheidung einzuschätzen.
Am 14.11.2007 hat die Klägerin beim Sozialgericht Duisburg (SG) Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, ihr stehe ein wesentlicher höherer GdB von 90 zu. Die Bewertung ihrer Erkrankung sei bisher unzutreffend vorgenommen worden. Auf der Basis der bis zum 31.12.2008 geltenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) liege ein GdB von 100 vor. Nach Ziffer 26.3 der AHP sei ein schizophrener Residualzustand (z.B. Konzentrationsstörungen, Kontaktschwäche usw) mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem Einzel-GdB von 80 bis 100 zu bewerten. Häufigere Phasen einer affektiven Psychose von mehrwöchiger Dauer seien ebenfalls mit einem GdB von 100 zu berücksichtigen. Ihre Erkrankung sei wie ein Hirnschaden mit schwerer Leistungsbeeinträchtigung mit einem GdB von 70 bis 100 zu bewerten. Die seitens des Gerichts beauftragte Sachverständige sei für die Beurteilung ihrer Erkrankungen nicht hinreichend kompetent. Die Klägerin leide unter einer Schädigung des Stoffwechselsystems des Gehirns. Diese Krankheit könne nicht geheilt, sondern durch bestimmte Medikamente nur in ihren Auswirkungen gedämmt werden. Demgegenüber sei Dr. M, die Sachverständige, als Ärztin für Psychotherapie tätig. Psychotherapeuten würden indes glauben, dass Depressionskrankheiten auf die "Seele" des Menschen, seine Erziehung und äußere Einflüsse zurückzuführen seien. Dies sei bei ihr nicht gegeben. Zudem sei der Sachverhalt unzureichend aufgeklärt worden, da auch Gutachten zu den Erkrankungen auf anderen Fachgebieten hätten eingeholt werden müssen.
Das SG hat Befundberichte des Facharztes für Orthopädie H T1 vom 11.02.2008, von Dr. G vom 12.02.2008 und der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie C U vom 13.03.2008 sowie ein psychiatrisch-psychotherapeutisches Gutachten von Dr. M vom 05.01.2009 und eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen vom 14.04.2009 eingeholt. Dr. M diagnostizierte eine bipolare affektive Störung, gegenwärtig teilremittiert mit depressiven Restsymptomen und hielt einen GdB von 30 für angemessen. Höhergradige depressive Episoden träten im Abstand von mehreren Jahren auf. Die dazwischen auftretenden depressiven Episoden seien leicht ausgeprägt. Es liege eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vor. Diese bedinge jedoch höchstens leichtgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten. Bei konsequenter Fortführung der psychopharmakologischen Therapie sei von einer Stabilisierung auf dem jetzigen klinischen Niveau auszugehen. Unter Berücksichtigung einer chronischen Gastritis, der Wirbelsäulenbeschwerden, der Schulterverkalkung, einer Daumsattelgelenksarthrose rechts, einer Gonarthrose beidseits und einer Grundzehengelenksarthrose links liege der Gesamt-GdB bei 30. In einer ergänzenden Stellungnahme hat sie an dieser Auffassung festgehalten.
Mit Gerichtsbescheid vom 24.02.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen auf das Sachverständigengutachten und die ergänzenden Stellungnahme von Dr. M gestützt. Die Klägerin leide unter einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit im Sinne einer ausgeprägteren depressiven Störung, die mit einem GdB von 30 zu berücksichtigen sei. Sie leide an rezidivierenden depressiven Störungen ohne psychotische Symptome, wobei es im Verlauf der Jahre immer mal wieder zu schweren depressiven Phasen gekommen sei, sie aber auch erkrankungsfreie Intervalle gehabt habe. Typischerweise bestehe bei einer solchen Störung, die mit einem GdB von 30 zu bewerten sei, ein deutlicher Leidensdruck mit Einschränkung der Lebensfreude. Auch die Alltagsbewältigung sei durch die Krankheit beeinträchtigt. Sowohl in der beruflichen Tätigkeit als auch bei zwischenmenschlichen Kontakten komme es zu Beeinträchtigungen. Bei der Klägerin träten Fehlleistungen auf, die nicht der möglichen intellektuellen bzw. lebenspraktischen Intelligenz entsprechen. Zusätzlich seien somatische Beschwerden in stärkerem Umfang vorhanden. Dies sei typisch für eine stärker behindernde Störung. Schwere seelische Störungen lägen nicht vor. Die Klägerin sei weiterhin - wenn auch mit reduzierter Stundenzahl - als Grundschullehrerin tätig. Sie erhalte noch soziale Kontakte zu Familie und Freunden, könne sich und ihre Familie versorgen und bewege sich im Straßenverkehr. Es lägen auch keine massiven Probleme vor, den Tag zu strukturieren. Die Klägerin beschreibe Konzentrations- und Leistungsstörungen. Funktionseinschränkungen, die einer schweren Störung mit im Alltag sich deutlich auswirkenden Einschränkungen gleichzusetzen seien, bestünden aber nicht. Entgegen ihrer Auffassung leide die Klägerin nicht an einer Psychose. Psychotische Symptome würden in den ärztlichen Berichten und Feststellungen verneint. Darüber hinaus lägen auch keine schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten vor. Fernliegend sei ein Vergleich mit Hirnschäden mit schwerer Leistungsbeeinträchtigung. Hirngeschädigt seien Menschen, bei denen das Gehirn in seiner Entwicklung gestört wurde oder durch äußere Gewalteinwirkung, Krankheit, toxische Einflüsse etc organische Veränderungen erlitten und nachweisbar behalten hat. Eine derartige Schädigung des Gehirns liege bei der Klägerin nicht vor. Aus der Tatsache, dass die Klägerin als Folge ihrer Erkrankung nur noch mit eingeschränkter Stundenzahl tätig sei, folge nicht im Umkehrschluss, dass mindestens ein GdB von 90 bewirkt sei. Für die weiterhin vorliegenden Beschwerden der Klägerin in Form einer Gonarthrose beidseits, einer Schulterverkalkung beidseits, einer Daumsattelgelenksarthrose, degenerativer Wirbelsäulenveränderungen und chronischer Gastritis seien nennenswerte Einschränkungen durch die die Klägerin behandelnden Ärzte nicht beschrieben worden, so dass diese jeweils mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten seien. Bei einem Einzel-GdB von 30 und mehreren 10’er-Werten könne der Gesamt-GdB nur mit 30 gebildet werden.
Gegen das am 05.03.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.04.2012 Berufung eingelegt. Die Entscheidung durch Gerichtsbescheid sei zu Unrecht erfolgt. Darüber hinaus habe das Sozialgericht ihre Beweisanträge, bestimmte von ihr genannte Zeugen und Ärzte zu vernehmen und ein Obergutachten einzuholen, missachtet. Hierin liege ein schwerer Verfahrensfehler. Sie sei in ihrem Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt worden. Der GdB sei falsch festgestellt worden, für Hirnschäden mit schwerer Leistungsbeeinträchtigung sei ein GdB von 70 bis 100 vorgesehen. Die bei ihr vorhandene Psychose beruhe nach den Erkenntnissen der Wissenschaft auf einer Schädigung des Stoffwechselsystems des Gehirns und sei deshalb ein Hirnschaden. In dessen Folge sei eine schwere Leistungsbeeinträchtigung als seit Jahren anhaltender Dauerzustand aufgetreten. Sie könne nur verkürzten Unterricht geben und befinde sich oft am Rande des Zusammenbruchs. Sie leide jedenfalls unter einer schweren Leistungsbeeinträchtigung, bei der zumindest die Kriterien des Hirnschadens mit einem GdB von 90 bis 100 auf ihre Krankheit analog angewendet werden müssten. Auch sei für schizophrene Residualzustände, wie z B Konzentrationsstörungen, Kontaktschwäche, Vitalitätseinbuße, affektive Nivellierung mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten ein GdB von 80 bis 100 vorgesehen. Soweit Dr. M im Hinblick auf diese Residualzustände lediglich von leichten sozialen Anpassungsschwierigkeiten ausgehe, treffe dies nicht zu. Es bestünden eine sehr starke Gefährdung ihrer beruflichen Tätigkeit und schwerwiegende Probleme in der Familie und dem Freundeskreis. Im beruflichen Bereich werde sie wegen ihrer Leistungsschwäche und wiederholten Arbeitsunfähigkeitszeiten gemobbt. Sie sei inzwischen an eine andere Schule versetzt worden. Sie leide unter einer affektiven Psychose mit häufig wiederkehrenden schweren Phasen von mehrwöchiger Dauer drei bis viermal im Jahr seit mehreren Jahren, davon einige besonders schwere Phasen mit völliger Arbeitsunfähigkeit, überwiegend mit mehrwöchigem Klinikaufenthalt, welche mit einem GdB von 60 bis 100 zu bewerten sei. Auch soweit das SG hinsichtlich der weiteren Beeinträchtigungen seitens der Wirbelsäule, der Gelenke und des Magens keine entsprechenden Zusatzgutachten eingeholt habe, liege hierin ein Fehler. Für eine Einstufung dieser Gesundheitsstörungen mit einem GdB von jeweils 10 fehle dem SG die erforderliche medizinische Sachkunde.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
1. der am 24.2.2012 verkündete Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg - S 40 (23) SB 511/07 - und der Bescheid des Beklagten (Versorgungsamt E) vom 30.05.2005 in der Fassung der Bescheide vom 29.05.2006 und 03.06.2007 in der Fassung der Bescheide vom 29.05.2006 und 03.08.2007 und des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2007 werden aufgehoben;
2. der Beklagte wird verpflichtet ab Antragstellung der Klägerin vom 13.09.2005 einen Grad der Behinderung von 90 %, hilfsweise 70 %, hilfsweise 50 % festzustellen, hilfsweise die Klägerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu bescheiden.
Der Beklage beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, soweit ein höherer GdB als 40 beansprucht wird.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für rechtmäßig.
Der Senat hat Befundberichte des Arztes für Innere Medizin P vom 22.08.2012 und des Facharztes für Orthopädie H T1 vom 30.08.2012 sowie Behandlungsberichte der Klinik für Psychologische Medizin Schlossklinik Q eingeholt. Mit Beweisanordnung vom 14.11.2012 hat der Senat Dr. N1 mit der Erstellung eines psychiatrischen und Dr. B mit der Erstellung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens beauftragt. Die Klägerin hat die Kompetenz der Sachverständigen in Abrede gestellt und wiederholt Gutachtertermine bei Dr. N1 nicht wahrgenommen. Der Senat hat die Beweisanordnung in Ermangelung der notwendigen Mitwirkung der Klägerin aufgehoben und auf die Möglichkeit der Antragstellung gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen. Auf Antrag der Klägerin hat er ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. T vom 05.07.2013 eingeholt. Dieser hat eine bipolar affektive Störung, gegenwärtig remittiert mit glaubhaft geschilderter verminderter emotionaler Belastbarkeit festgestellt, die er mit einem Einzel-GdB von 40 bewertet hat. Auch bei zusammenfassender Beurteilung der einzelnen Funktionssysteme ergebe sich ein GdB von 40. Insgesamt fänden sich bei einer aktuellen Remission der bipolar affektiven Störung leichte Anpassungsschwierigkeiten, welche zu einer Reduktion der Arbeitsleistung geführt und zu einer verminderten emotionalen Belastbarkeit beigetragen hätten. Entsprechend sei eine Einstufung der Beeinträchtigung bei einem glaubhaften Vorliegen leichter sozialer Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 40 gerechtfertigt. Mittelgradige oder schwere soziale Anpassungsstörungen lägen im Einvernehmen mit den vorgutachterlichen Befundeinschätzungen retrospektiv bereits über einen längeren Zeitraum nicht vor. Es liege weder eine schizophrene Psychose noch eine organische Hirnschädigung vor.
Mit Schriftsatz vom 12.12.2013 hat die Klägerin zahlreiche Fragen an den Sachverständigen formuliert und beantragt, diese vor der mündlichen Verhandlung schriftlich beantworten zu lassen. Der Senat hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von Dr. T vom 06.03.2014 eingeholt, in welcher dieser unter Beantwortung der Fragen an seiner Auffassung festgehalten hat.
Auf die Ladung zum 25.06.2014 hat der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 02.06.2014 beantragt, die Ladung aufgrund eines anderen Termins aufzuheben und einen neuen Termin wegen der Sommerurlaubszeit nicht vor September 2014 anzuberaumen. Er hat weiter beantragt, den Sachverständigen Dr. T zur mündlichen Verhandlung zu laden, weil die Klägerin und ihr Anwalt ihn zu seinem Gutachten und seiner ergänzenden Stellungnahme befragen wollten. Er hat außerdem beantragt, die Sachverständige Dr. M zu laden und die Auffassung vertreten, dass deren Gutachten prozessual und beweisrechtlich obsolet sei und nicht mehr verwertet werden dürfe. Für den Fall, dass der Senat das Gutachten der Sachverständigen weiter verwerten wolle, werde vorsorglich hilfsweise beantragt, diese zum Termin zu laden. Er werde der Sachverständigen unter anderem die Fragen stellen, die die Klägerin im Schriftsatz vom 12.12.2013 an den Sachverständigen T gestellt habe. Der Vorsitzende hat den Termin sodann auf den 02.07.2014 verlegt. Mit Schriftsatz vom 13.06.2014 hat der Bevollmächtigte beantragt, auch diesen Termin in den Zeitraum ab September 2014 zu verlegen, da er aufgrund der bevorstehenden Urlaubszeit unter temporärer Arbeitsbelastung leide. Mit Schreiben vom 18.06.2014 hat der Vorsitzende darauf hingewiesen, dass die angeführte arbeitsintensive Beanspruchung vor den Ferien kein Grund sei, die Terminierung in den September zu verlegen. Auch habe der Sachverständige Dr. T sein Erscheinen zur mündlichen Verhandlung am 02.07.2014 bereits zugesagt. Zwar halte der Senat eine ergänzende Befragung des Sachverständigen von Amts wegen nicht für erforderlich. Der Klägerin werde aber die Möglichkeit eingeräumt, dem Sachverständigen ergänzende Fragen zu stellen. Die Sachverständige Dr. M werde nicht ergänzend befragt.
Mit Schriftsatz vom 25.06.2014 hat der Bevollmächtigte die mit dem Fall befassten Richter des 10. Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Mit Schreiben vom 27.06.2014 hat der Vorsitzende den Bevollmächtigten darüber informiert, dass der Termin nicht aufgehoben und der 10. Senat über das Ablehnungsgesuch zu Beginn der mündlichen Verhandlung entscheiden werde. Am 27.06.2014 hat der Bevollmächtigte der Klägerin nochmals ausführlich zur Sache Stellung genommen und kritische Einwände zum Gutachten und der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. T erhoben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Bevollmächtigten der Klägerin vom 12.12.2013, 02.06.2014, 13.06.2014, 25.06.2014 und 27.06.2014, die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. T vom 07.06.2014 und die Schreiben des Senats vom 18.06.2014 und 27.06.2014 Bezug genommen.
Der Senat hat den Sachverständigen Dr. T zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens vernommen. Die Bevollmächtigte des Beklagten hat den Grad der Behinderung ab Antragstellung im Rahmen eines Teilanerkenntnisses mit 40 festgestellt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Streitsache in der Besetzung, wie sie der Geschäftsverteilungsplan vorsieht, verhandeln und entscheiden. Denn das Ablehnungsgesuch ist rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig. Insoweit wird auf den in der mündlichen Verhandlung ergangenen Beschluss des Senats Bezug genommen.
Der Senat konnte die Streitsache in Abwesenheit der Klägerin und ihres Bevollmächtigten entscheiden, ohne ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) zu verletzen. Auf diese Möglichkeit ist die Klägerin in der ordnungsgemäß zugestellten Terminmitteilung ausdrücklich hingewiesen worden (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Etwas anderes gilt auch nicht deswegen, weil der Bevollmächtigte der Klägerin wiederholt mitgeteilt hat, aufgrund der bevorstehenden Sommerferien wegen hoher Arbeitsbelastung den Termin nicht wahrnehmen zu können und um Terminverschiebung gebeten hat. Die Aufhebung eines Termins und Verlegung auf einen anderen Zeitpunkt sowie Vertagung ist nur aus erheblichen Gründen möglich (§ 202 SGG i.V.m. § 227 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO -). Derart erhebliche Gründe, wie zum Beispiel Erkrankung des Prozessbevollmächtigten, Urlaubsabwesenheit oder Verhinderung wegen eines anderen Termins sind nicht dargetan. Der pauschale Hinweis auf die besonders arbeitsintensive Beanspruchung vor den Ferien stellt keinen erheblichen Grund dar. Vielmehr hat ein Rechtsanwalt, dem der Termin zur mündlichen Verhandlung drei Wochen vor dem Terminstag mitgeteilt wird (Schreiben des Vorsitzenden vom 10.06.2014) ausreichend Zeit, die Bearbeitung seiner laufenden Verfahren trotz hoher Arbeitsbelastung so zu organisieren, dass er einen obergerichtlichen Verhandlungstermin wahrnehmen kann. Dies gilt umso mehr, als es dem Bevollmächtigten der Klägerin trotz der behaupteten Arbeitsbelastung nach der Terminmitteilung vom 10.06.2014 noch möglich war, drei zum Teil umfangreiche (2, 6 und 20 Seiten) Schriftsätze abzufassen und dem Gericht den Schriftsatz vom 27.06.2014 am Abend vor dem Terminstag über den Nachtbriefkasten des Gerichts zuzuleiten. Bereits dieses widerspricht der behaupteten hohen Arbeitsbelastung und lässt erkennen, dass dem Bevollmächtigten der Klägerin die Wahrnehmung des Termins bei entsprechender Planung durchaus möglich gewesen wäre. Die Gesamtwürdigung des bisherigen Verfahrensablaufs legt es vielmehr nahe, dass der Verlegungsantrag lediglich einer Verfahrensverschleppung dient. Die persönlich geladene Klägerin selber hat überhaupt keine Gründe für ihr Nichterscheinen bzw. entsprechende Verhinderungsgründe mitgeteilt.
Die Klage ist zulässig und begründet, soweit ein GdB entsprechend dem Teilanerkenntnis des Beklagten von 40 festzustellen ist. Die weitergehende Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind insoweit rechtswidrig, als hiermit ein GdB von weniger als 40 festgestellt worden ist. Die Bevollmächtigte des Beklagten hat in dem Termin zur mündlichen Verhandlung ein Teilanerkenntnis abgegeben und sich bereit erklärt, einen GdB von 40 ab Antragstellung festzustellen. Dieses Anerkenntnis hat die Klägerin nicht angenommen, da weder sie noch ihr Bevollmächtigter zu dem Termin erschienen sind. Bei Nichtannahme eines (Teil-)Anerkenntnisses ist gemäß § 202 SGG i.V.m. § 307 Satz 1 ZPO ein (Teil-)Anerkenntnisurteil möglich. Die Prüfung des Klageanspruchs ist dann nicht mehr bzw. insoweit teilweise nicht mehr notwendig (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 101 Rn 19 m.w.N.). Entsprechend hat der Senat den Beklagten zur Feststellung eines GdB von 40 verurteilt.
Darüber hinaus hat die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung der Schwerbehinderung bzw. eines höheren GdB. Der GdB ist mit 40 angemessen bewertet.
Rechtsgrundlage für die Feststellung eines GdB ist § 69 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX). Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Als GdB werden dabei nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG sowie der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG (seit dem 01.07.2011 § 30 Abs. 16 BVG) erlassenen Rechtsverordnung (Versorgungsmedizinische Grundsätze, Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung - Anl. VersMedV -) entsprechend bzw. vor deren Inkrafttreten zum 01.01.2009 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrechts und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" - AHP - entsprechend. Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, wird der GdB gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehung festgestellt.
Zur Feststellung des GdB sind in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen Zuständen und die sich hieraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. In einem zweiten Schritt sind diese den in der Anl. VersMedV genannten Funktionssystemem zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. Aus den hiernach festzustellenden Einzel-GdB ist in einem dritten Schritt, in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB (Teil A Nr. 3c Anl. VersMedV), in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen ein Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich verstärken oder bedingungslos nebeneinander stehen. Außerdem sind bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle feste Grade angegeben sind (Teil A Nr. 3b Anl. VersMedV). Dabei ist die Bemessung des GdB grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe (st Rspr des Bundessozialgerichts - BSG -, vgl. u.a.Urteil vom 02.12.2010, B 9 SB 3/09 R, in: Juris, Rn 16 m.w.N.).
Die führende Gesundheitsstörung, von der bei der Bildung des Gesamt-GdB auszugehen ist, besteht bei der Klägerin im Funktionssystem Nervensystem und Psyche. Die Klägerin leidet nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. T unter einer bipolar affektiven Störung, gegenwärtig remittiert mit glaubhaft geschilderter verminderter emotionaler Belastbarkeit. Diese Diagnose wird im Wesentlichen auch durch die Sachverständige Dr. M bestätigt, nach der eine bipolare affektive Störung, gegenwärtig teilremittiert mit depressiven Restsymptomen bestand. Nach Teil B Nr. 3 Punkt 7 Anl. VersMedV bzw. den AHP 2005 und 2008 sind Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen wie folgt zu beurteilen: Bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen beträgt der GdB 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit 30 bis 40 und bei schweren Störungen, wie etwa schweren Zwangskrankheiten 50 bis 70 (bei mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten) und 80 bis 100 (bei schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten). Bei der Klägerin liegt eine stärker behindernde Störung im oberen Bereich des Einschätzungsspielraums vor. Der Senat folgt insoweit den gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen Dr. T. Dessen Diagnose und gutachterliche Einschätzungen sind zutreffend. Abweichende ärztliche Befunde liegen nicht vor. Vielmehr entspricht die Beurteilung durch den Sachverständigen im Wesentlichen derjenigen der durch das SG bestellten Sachverständigen Dr. M. Demgegenüber konnte der Sachverständige Dr. T - entgegen der Auffassung der Klägerin - eine schizophrene Psychose oder organische Hirnschädigung nicht feststellen. Er hat ausgeführt, dass die Klägerin zwar glaubhaft eine verminderte emotionale Belastbarkeit und Konzentrationsbelastbarkeit, insbesondere die Ausdauer betreffend, geschildert hat. Inhaltliche Denkstörungen und floride psychotische Symptome sind aber weder aktenkundig dokumentiert noch in der aktuellen Untersuchungssituation vorhanden gewesen. Mittelgradige oder schwere Konzentrationsstörungen, eine Kontaktschwäche oder Einbußen der Vitalität sowie affektive Nivellierung wie etwa bei Residualzuständen endogener Psychosen konnte Dr. T nicht feststellen. Weder die Kriterien einer schizophrenen Psychose noch einer organischen Hirnschädigung nach ICD 10 der Weltgesundheitsorganisation lägen vor. Unter Berücksichtigung des Ermessensspielraums hat Dr. T aufgrund der verminderten emotionalen Belastbarkeit einen GdB von 40 für gerechtfertigt gehalten. Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an. Zwar hat die Klägerin die Unterrichtsstundenzahl als Grundschullehrerin reduziert. Sie ist aber nach wie vor in ihrem Beruf tätig, vermag noch sportlichen Aktivitäten nachzugehen und nach eigener Schilderung auch den Haushalt zumindest teilweise zu versorgen. Damit liegt bei ihr eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vor, nicht jedoch eine schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten, welche mit einer schweren Zwangskrankheit zu vergleichen und mit einem GdB von 50 bis 70 zu bewerten wäre. Gegen die Einschätzung des Sachverständigen Dr. T spricht auch nicht der Vortrag der Klägerin, dass langandauernde Krankenhausaufenthalte nach 2007 auch in den Jahren 2010 und 2013 erforderlich gewesen seien. Zwar ist der Sachverständige aufgrund seiner Unterlagen lediglich von erheblichen Arbeitsunfähigkeitszeiten von zehn Wochen 2010 und vier Wochen 2013 aufgrund des seelischen Leidens der Klägerin ausgegangen, ohne von den hiermit verbundenen Krankenhausaufenthalten Kenntnis gehabt zu haben. Er hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 02.07.2014 aber für den Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass sich hierdurch an der Beurteilung des GdB mit 40 nichts ändere. Es sei für das Krankheitsbild der Klägerin charakteristisch, dass zwischenzeitlich Rückbildungen der Erkrankung auftreten, verbunden mit einer Gesundung der Betroffenen. Die Klägerin habe in der Vergangenheit stabile Phasen und Krankheitsphasen gehabt, die in Abständen von Jahren aufgetreten sind. Dies sei 2007, 2010 und 2013 der Fall gewesen. Demgegenüber seien die Amplituden der Krankheitsetappen in der Vergangenheit wesentlich geringer gewesen. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens von Dr. T zeige sich unter anderem darin, dass er die in dem Anamnesebogen (angeblich) angegebenen Krankenhausaufenthalte nicht berücksichtigt habe, stellt der Senat fest, dass die diesbezüglichen Angaben der Klägerin in diesem Bogen zumindest missverständlich waren und der Sachverständige insofern durchaus nachvollziehbar von der Annahme ausgegangen ist, es habe sich in den Jahren 2010 und 2013 lediglich um Arbeitsunfähigkeitszeiten gehandelt. Dies gilt umso mehr, als Behandlungsberichte aus den Jahren 2010 und 2013 auch durch die Klägerin nicht zur Akte gereicht worden sind. Darüber hinaus hat auch die Schlossklinik Q, in der die Klägerin in der Vergangenheit regelmäßig stationär behandelt worden ist, auf Anforderung des Senats im Jahr 2012 lediglich Behandlungsberichte übersandt, die bis in das Jahr 2007 reichen. Der Senat hält die Feststellungen des Sachverständigen Dr. T für überzeugend und schließt sich ihnen vollinhaltlich an. Auch eine Bewertung analog zu den Kriterien des Hirnschadens ist aus den genannten Gründen nicht möglich. Ein Hirnschaden liegt bei der Klägerin nicht vor. Eine Vergleichbarkeit mit den insofern betroffenen Personengruppen ist nicht gegeben.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der Tatsache, dass die Sachverständige Dr. M das Krankheitsbild der Klägerin den affektiven Psychosen zuordnet. Gemäß Ziffer 3.6 der Anl. VersMedV sind affektive Psychosen mit relativ kurz andauernden, aber häufig wiederkehrenden Phasen bei ein- bis zwei Phasen im Jahr von mehrwöchiger Dauer je nach Art und Ausprägung mit einem GdB von 30 bis 50 zu bewerten. Hierzu hat Dr. M ausgeführt, dass psychotische Symptome bei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt vorgelegen hätten. Es habe lediglich im Jahr 2003 eine hypomanische Episode vorgelegen. Die seit 2007 wiederkehrenden depressiven Episoden seien leicht ausgeprägt. Zwischen 2000 und 2007 sei es insgesamt zu drei mittelgradig schweren depressiven Episoden gekommen. Nach der Begutachtung durch die Sachverständige sind die bereits genannten Arbeitsunfähigkeitszeiten und Krankenhausaufenthalte in den Jahren 2010 und 2013 erfolgt. Bei dieser Sachlage wäre ein höherer GdB als 40 auch unter Berücksichtigung des Krankheitsbildes einer affektiver Psychosen nicht gerechtfertigt, so dass auch unter Zugrundelegung der Beurteilung durch Dr. M die Feststellung eines höheren GdB für die psychische Erkrankung der Klägerin ausgeschlossen ist. Nach dem Inhalt der eingeholten Befundberichte kann auch nicht festgestellt werden, dass bei der Klägerin mehr als ein bis zwei Phasen der Erkrankung von jeweils mehrwöchiger Dauer jährlich eingetreten sind. Diese Frage kann jedoch dahinstehen, da der Senat den Ausführungen des Sachverständigen Dr. T folgt.
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin sind die Anl. VersMedV und die AHP 2005 und 2008 auch anzuwenden (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.2009, B 9 SB 4/08 R, Juris Rn 17 u 19). Dies wäre nur dann nicht der Fall, wenn sie nicht dem herrschenden Kenntnisstand der sozialmedizinischen Wissenschaft entsprechen oder Lücken in Sonderfällen aufweisen würden (vgl. BSG, Urteil vom24.04.2008, B 9/9a SB 10/06 R, Juris Rn 25 ff und Urteil vom 23.04.2009, B 9 SB 3/08 R, Juris Rn 31). Dass dies hinsichtlich der hier zu beurteilenden psychischen Erkrankung der Klägerin der Fall ist, ist weder ersichtlich noch hinreichend konkret unter entsprechendem Beweisantritt vorgetragen.
Die weiteren Gesundheitsstörungen der Klägerin (degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Halswirbelsäulensyndrom, chronische Gastritis und Schulterarmsyndrom beidseits sowie Verschleiß der Daumengrundgelenke) hat die Beklagte entsprechend der gutachterlichen Stellungnahmen vom 06.09.2006 zutreffend mit Einzel-GdB von jeweils 10 bewertet. Aus dem Befundbericht des behandelnden Orthopäden H T1 ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass schwerwiegende Einschränkungen der Wirbelsäule, der Knie, der Schulter oder des Daumens vorlägen, die eine höhere Bewertung als mit Einzel-GdB von jeweils 10 rechtfertigen könnten. Hiergegen sprechen sowohl die mitgeteilte Behandlungsfrequenz als auch die in dem Bericht enthaltenen Befunde. Bemerkenswert ist insofern, dass eine Behandlung wegen der Schulterbeschwerden der Klägerin ausweislich des Befundberichts zwischen Januar 2008 und März 2012 überhaupt nicht stattgefunden hat. Hinsichtlich der geltend gemachten Gastritis ist festzustellen, dass eine solche in dem Befundbericht des Arztes für Innere Medizin P vom 22.08.2012 nicht einmal unter den erhobenen Befunden oder genannten Diagnosen genannt ist.
Ausgehend von dem Einzel-GdB von 40 für das Funktionssystem Psyche erhöhen die weiteren GdB’s den Gesamt-GdB nicht. Denn die jeweils nur mit einem GdB von 10 zu bewertenden Gesundheitsstörungen sind bei der Bildung des Gesamt-GdB nicht zu berücksichtigen (Teil A Nr. 3 d) ee) Anl. VersMedV).
Auch die Teilaufhebung des Abhilfebescheides vom 29.05.2006 durch den Aufhebungsbescheid vom 03.08.2007 ist nicht zu beanstanden, soweit damit die Feststellung eines GdB von mehr als 40 aufgehoben worden ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat auch nachdem er unanfechtbar geworden ist unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Gemäß § 45 Abs. 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Betroffene erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf den Widerspruch der Klägerin gegen den Teilabhilfebescheid vom 29.05.2006 hat das Versorgungsamt die Erstellung eines fachpsychiatrischen Gutachtens von Herrn L1 veranlasst und in der Folge (zutreffend, s.o.) festgestellt, dass mit Abhilfebescheid vom 29.05.2006 zu Unrecht der GdB von 50 zuerkannt worden ist. Der Änderungsbescheid vom 29.05.2006 war damit von Anfang an rechtswidrig soweit darin ein höherer GdB als 40 festgestellt worden ist. Es ist nicht ersichtlich, dass ein besonderer Vertrauensschutz der Klägerin bestand. Insbesondere ist weder vorgetragen noch nach Aktenlage erkennbar, dass sie Vermögensdispositionen im Hinblick auf den begünstigenden Bescheid getroffen hat, die sie nicht mehr rückgängig machen kann. Auch darüber hinaus sind Ermessensgesichtspunkte, die einer Aufhebung des Bescheides vom 29.05.2006 entgegenstehen, nicht ersichtlich. Da das Versorgungsamt keine rückwirkende Aufhebung der Feststellung vorgenommen hat, ist es unerheblich, ob entsprechend § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X die einschränkenden Voraussetzungen einer Aufhebungsentscheidung gemäß § 45 SGB X gemäß Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 3 vorgelegen haben.
Eine weitergehende Beweisaufnahme hat die Klägerin mangels Mitwirkung durch eigenes Verhalten vereitelt, indem sie nicht bereit war, sich der Begutachtung durch die seitens des Senats benannten Sachverständigen zu unterziehen. Der Grundsatz, dass das Gericht auch bei Verletzung der Mitwirkungslast ermitteln muss, gilt nicht uneingeschränkt. Die Anforderung an die Amtsermittlungspflicht verringern sich, wenn Beteiligte ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladwig/Leitherer/Keller, a.a.O., § 103 Rn 16 m.w.N.).
Darüber hinaus sieht der Senat auch keinen weitergehenden Aufklärungsbedarf. Hinsichtlich der psychischen Erkrankung ist der Sachverhalt aufgrund des überzeugenden Gutachtens des Sachverständigen Dr. T, dem sich der Senat vollinhaltlich anschließt, geklärt. Bezüglich der weiteren Gesundheitsstörungen der Klägerin ist der Senat nach erneuter Prüfung der eingeholten Befundberichte zu dem Ergebnis gelangt, dass eine weitergehende Sachverhaltsaufklärung auch insofern nicht erforderlich ist und die in der gutachterlichen Stellungnahme vom 06.09.2006 vorgenommene Beurteilung nach wie vor zutrifft. Auch die Klägerin hat nicht konkret dargelegt, dass sich aus den Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet Funktionsbeeinträchtigungen ergeben, die einen höheren GdB rechtfertigen könnten. Die auf Antrag der Klägerin erfolgte Vernehmung des Sachverständigen Dr. T hat ebenfalls keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung gegeben. Der Senat hat sich auch nicht veranlasst gesehen, weitergehende Fragen an diesen Sachverständigen zu richten, da er die seitens der Klägerin aufgeworfenen Fragen durch die ergänzende schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen als hinreichend beantwortet ansieht. Soweit die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter nicht in dem Termin zur mündlichen Verhandlung erschienen sind und von ihrem Fragerecht an den Sachverständigen keinen Gebrauch gemacht haben, liegt hierin konkludent der Verzicht auf die Ausübung des Fragerechts. Es ist nicht ersichtlich, dass tatsächliche Hinderungsgründe vorlagen, den Termin wahrzunehmen und den Sachverständigen zu befragen. Der Senat hat auch keine Veranlassung gesehen, auf den Beweisantrag der Klägerin die Sachverständige Dr. M zu Erläuterung ihres Gutachtens zu hören. Der erst im Verlauf der Berufung durch den Bevollmächtigten der Klägerin gestellte Beweisantrag ist als verspätet zurückzuweisen. Ein entsprechender Antrag hätte bereits bei dem SG gestellt werden müssen. Das Fragerecht besteht grundsätzlich nur hinsichtlich Gutachten, die in derselben Instanz erstattet wurden (vgl. Keller in Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 118 Rn 12g m.w.N.). Die Bezugnahme auf die an den Sachverständigen Dr. T mit Schriftsatz vom 12.12.2013 gestellten Fragen erfüllt zudem nicht die Anforderungen an einen ordnungsgemäß gestellten Beweisantrag. Die Fragen haben keinen konkreten Bezug zu dem Gutachten und zu den Ausführungen von Dr. M. Darüber hinaus ist der Antrag auch deshalb unzulässig, weil er durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter die Bedingung gestellt worden ist, dass der Senat seine Entscheidung auf die Feststellungen der Sachverständigen stützt. Prozesshandlungen unter einer Bedingung sind grundsätzlich unzulässig (vgl. Keller, a.a.O., vor § 60 Rn 11 m.w.N.). Das Gutachten von Frau Dr. M hat für die Entscheidung des Senats, die auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. T gestützt ist, auch keine Bedeutung gewonnen. Der Senat hat ebenfalls keine Veranlassung gesehen, die Angehörigen - hier insbesondere den Bevollmächtigten und Ehemann der Klägerin - zur Frage der Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit der Klägerin als Zeugen zu hören. Die Exploration und Anamneseerhebung (erforderlichenfalls auch Fremdanamnese) obliegt allein dem gerichtliche bestellten Sachverständigen, der die entsprechenden Angaben in seinem Gutachten dann würdigt. Eine eigene medizinische Sachkenntnis des Senats, um entsprechende Aussagen zu gewichten, liegt nicht vor. Schließlich hat der Senat auch keinen Anlass gesehen, die ehemals behandelnde Ärztin Frau C L zum Gesundheitszustand der Klägerin zu vernehmen. Diese hat bereits auf Anforderung eines Befundberichts durch den Senat mitgeteilt, dass sie nicht mehr in der Schlossklinik Q und zur Zeit überhaupt nicht beruflich tätig sei. Sie könne keinen Befundbericht erstatten. Sie habe auch keinen Zugang zu den ärztlichen Unterlagen, die sich in der Schlossklinik Q befinden. Diese Unterlagen hat der Senat beigezogen, so dass ein weitergehender Ermittlungsbedarf durch Vernehmung der genannten Zeugin nicht besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Senat hat nur deshalb davon abgesehen, Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG gegen die Klägerin zu verhängen, weil diese im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist und über diese Möglichkeit nicht belehrt werden konnte. Aufgrund ihrer psychischen Erkrankung kann zudem nicht ausgeschlossen werden, dass das Nichterscheinen gesundheitliche Gründe hatte.
Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG) nicht als gegeben angesehen.