Gründe:

I

Streitig ist die Höhe von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) unter Berücksichtigung von Arbeitsentgelt und steuerprivilegierten Einkünften aus ehrenamtlicher Tätigkeit.

Die 1977 geborene Klägerin zu 1 bezog mit ihren in ihrem Haushalt lebenden Töchtern, den 1996 und 2006 geborenen Klägerinnen zu 2 und 3, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Im November 2011 erhielt die Klägerin zu 1 von der J e.V. im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung Arbeitsentgelt in Höhe von 214,06 Euro sowie weitere 12,50 Euro, die als Entschädigung für ehrenamtliche Tätigkeit nach § 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz (EStG) ausgewiesen sind. Nach Erhalt der Einkommensnachweise bewilligte das beklagte Jobcenter den Klägerinnen für den November 2011 Arbeitslosengeld II (Alg II) und Sozialgeld in Höhe von insgesamt 905,89 Euro unter Berücksichtigung der nach Kopfteilen aufgeteilten tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft in Höhe von 511,14 Euro sowie von Unterhalt für die Klägerin zu 3 in Höhe von 133 Euro und Kindergeld für beide Töchter von jeweils 184 Euro. Dabei bereinigte der Beklagte das Einkommen der Klägerin zu 1 um den allgemeinen Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II von 100 Euro und den Zusatzfreibetrag für Erwerbstätige nach § 11b Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II, nicht aber unter Berücksichtigung des Freibetrags von damals 175 Euro bei privilegiertem Einkommen nach § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II a.F., weil dieser nur bei Entschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeiten mit Einkünften über 100 Euro greife (Bescheid vom 29.11.2011; Widerspruchsbescheid vom 29.12.2011).

Das Sozialgericht (SG) hat den Klägerinnen unter Zubilligung eines weiteren Freibetrags in Höhe von 12,50 Euro für die ehrenamtliche Aufwandsentschädigung einen Gesamtanspruch von 915,89 Euro zuerkannt. Soweit die Klägerinnen die Bereinigung aller Einnahmen der Klägerin zu 1 um den erhöhten Grundfreibetrag von 175 Euro begehrt und deshalb zusätzliche Leistungen in Höhe von 60 Euro beansprucht haben, hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.7.2013): Wenn Bezüge oder Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit und Einkommen aus steuerlich nicht privilegierter Erwerbstätigkeit erzielt werden und die Bezüge oder Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit unter dem erhöhten Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II liegen, so sei ein Freibetrag bis zur Höhe der Summe aus dem Erwerbstätigengrundfreibetrag nach Satz 1 in Höhe von 100 Euro und den Bezügen oder Einnahmen aus der ehrenamtlichen Tätigkeit abzusetzen.

Mit ihren vom SG zugelassenen und jeweils mit gegenseitiger Zustimmung eingelegten Sprungrevisionen rügen die Klägerinnen und der Beklagte eine Verletzung von § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II und § 11b Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II. Die Klägerinnen sind der Auffassung, nach dem Wortlaut erstrecke sich der erhöhte Grundfreibetrag des § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II auf das gesamte Einkommen, sobald auch nur eine Einnahme privilegiert im Sinne der Vorschrift sei. Zudem setze die weitere Einkommensbereinigung um den Zusatzfreibetrag nach § 11b Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II auch dann bei 100 Euro ein, wenn der Grundfreibetrag wegen der Privilegierungswirkung des § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II über 100 Euro liege. Der Beklagte macht geltend, die besondere Privilegierungswirkung von § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II greife beim Zusammentreffen von Einkommen aus nicht privilegierter und aus privilegierter Tätigkeit nur bei steuerfreien Entschädigungen von mehr als 100 Euro, denn Beträge bis zu 100 Euro seien bereits vom Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II berücksichtigt.

Die Klägerinnen beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 30. Juli 2013 zu ändern, den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 29. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Dezember 2011 zu verurteilen, ihnen für November 2011 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 50 Euro zu zahlen, und die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 30. Juli 2013 zu ändern, die Klagen insgesamt abzuweisen und die Revisionen der Klägerinnen zurückzuweisen.

 

II

Die zulässigen Sprungrevisionen der Klägerinnen sind in einem Umfang von 0,04 Euro begründet, weil diesen insgesamt für November 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 915,93 Euro zustehen. Im Übrigen sind sie unbegründet. Die zulässige Sprungrevision des Beklagten ist insgesamt unbegründet. Unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs der Klägerin zu 1 gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II in Höhe von 131,04 Euro statt 131 Euro beträgt der Gesamtbedarf der Klägerinnen 1007,18 Euro. Auf diesen Gesamtbedarf ist - wie vom SG zutreffend entschieden - bereinigtes Einkommen der Klägerin zu 1 in Höhe von 91,25 Euro anzurechnen.

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind das Urteil des SG vom 30.7.2013 und der Bescheid des Beklagten vom 29.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.12.2011, durch den den Klägerinnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 905,89 Euro bewilligt wurden. Die Klägerinnen begehren mit ihrer zulässigen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) über den vom SG zusätzlich zuerkannten Betrag von 10 Euro (Leistungsbetrag 915,89 Euro) weitere Leistungen in Höhe von 50 Euro, während der Beklagte die Abweisung der Klagen insgesamt anstrebt.

2. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch sind §§ 19 ff i.V.m. § 7 SGB II in der im streitbefangenen Zeitraum geltenden Fassung seit dem 1.4.2011 (Bekanntmachung der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13.5.2011, BGBl I 850, die den zuletzt durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453 (RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) am 1.4.2011 erreichten Stand berücksichtigt). Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.

Die Klägerin zu 1 erfüllte die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II für eine erwerbsfähige Leistungsberechtigte, weil sie nach den für den Senat bindenden Feststellungen des SG (§ 163 SGG) im Jahr 1977 geboren ist, erwerbsfähig war und einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte, mangels ausreichenden Einkommens und Vermögens war sie auch hilfebedürftig nach § 9 Abs. 1 SGB II. Ein Ausschlusstatbestand nach § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 oder 5 SGB II lag nicht vor. Die in ihrem Haushalt lebenden, unverheirateten und im November 2011 minderjährigen Klägerinnen zu 2 und 3 bildeten als ihre Töchter mit ihr eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II, weil sie ihren Bedarf nicht durch eigenes Einkommen und Vermögen vollständig decken konnten.

Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden in Höhe der Bedarfe nach § 19 Abs. 1 und 2 SGB II erbracht, soweit diese nicht ua durch zu berücksichtigendes Einkommen gedeckt sind (§ 19 Abs. 3 Satz 1 SGB II). Auszugehen ist von einem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1007,18 Euro. Dieser ergibt sich aus dem Regelbedarf der Klägerin zu 1 in Höhe von 364 Euro (§ 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II) zuzüglich eines Mehrbedarfs gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II in Höhe von 36 % des Regelbedarfs, der sich beläuft auf 131,04 Euro. Soweit von dem Beklagten und ihm folgend dem SG ein Mehrbedarf von (nur) 131 Euro berücksichtigt wurde, ist eine Rechtsgrundlage für diese anscheinend vorgenommene Abrundung nicht ersichtlich. Zum Regelbedarf hinzu kommen die kopfteilig umzulegenden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von 170,38 Euro (1/3 von 511,14 Euro), sodass sich ein individueller Bedarf der Klägerin zu 1 in Höhe von 665,42 Euro (364 plus 131,04 plus 170,38 Euro) ergibt. Der individuelle Bedarf der Klägerin zu 2 beträgt 273,38 Euro (287 Euro Regelbedarf plus 170,38 Euro abzüglich 184 Euro Kindergeld) und der der Klägerin zu 3 68,38 Euro (215 Euro Regelbedarf plus 170,38 Euro abzüglich 184 Euro Kindergeld und 133 Euro Unterhalt).

3. Auf diesen Gesamtbedarf der Klägerinnen ist bereinigtes Einkommen der Klägerin zu 1 in Höhe von 91,25 Euro anzurechnen.

Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Erzielen erwerbsfähige Leistungsberechtigte Einnahmen aus Erwerbstätigkeit, ist anstelle der Beträge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II - Versiche-rungsbeiträge, geförderte Altersvorsorgebeiträge und mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben - nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II ein Grundfreibetrag von insgesamt 100 Euro monatlich abzusetzen. Liegen die Ausgaben für diese Beträge über 100 Euro monatlich, sind sie im tatsächlichen Umfang abzusetzen, wenn das monatliche Einkommen mehr als 400 Euro beträgt und die Ausgaben nachgewiesen werden (§ 11b Abs. 2 Satz 2 SGB II). Abweichend davon sieht § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II a.F. einen auf 175 Euro (gemäß § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II i.d.F. des Ehrenamtsstärkungsgesetzes vom 21.3.2013 - BGBl I 556 - seit 1.1.2013: 200 Euro) erhöhten monatlichen Freibetrag und eine auf diesen Betrag abgesenkte Einkommensgrenze für den Nachweis tatsächlich höherer Ausgaben für solche leistungsberechtigten Personen vor, die aus mindestens einer Tätigkeit Bezüge oder Einnahmen erhalten, die nach § 3 Nr. 12, 26, 26a oder 26b EStG steuerfrei sind.

Das SG hat zu Recht das Erwerbseinkommen der Klägerin zu 1 in Höhe von 214,06 Euro um den allgemeinen Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II von 100 Euro und deren Entschädigung für die ehrenamtliche Tätigkeit um einen weiteren Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II a.F. von 12,50 Euro bereinigt. Absetzbeträge nach § 11b Abs. 2 SGB II sind bei dem Zusammentreffen von Einkünften aus nicht privilegierter Erwerbstätigkeit i.S. von § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II und aus steuerprivilegierter (ehrenamtlicher) Tätigkeit i.S. von § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II für jede Tätigkeit gesondert anzusetzen und können auch nebeneinander eingreifen. Anders als der Beklagte meint, ist der erhöhte Freibetrag nicht erst zu berücksichtigen, wenn die Entschädigung für die steuerprivilegierte Tätigkeit über 100 Euro beträgt (dazu a). Entgegen der Ansicht der Klägerinnen bewirkt der Bezug eines privilegierten Einkommens nach § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II aber nicht, dass dessen erhöhter Freibetrag vom gesamten Einkommen abzusetzen ist (dazu b). Das SG hat auch zutreffend den Zusatzfreibetrag für Erwerbstätige nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 SGB II ermittelt (dazu c).

a) Das Verhältnis der allgemeinen Freibetragsregelung bei Erwerbstätigkeit in § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II zur erhöhten Freibetragsregelung in § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II bei bestimmten steuerfreien Einkünften ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht eindeutig. Die Formulierung, dass der höhere Freibetrag (und auch die niedrigere Einkommensgrenze bei nachgewiesenen Ausgaben) "an die Stelle" der in § 11b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II genannten Beträge tritt, macht nicht deutlich, ob § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II erst bei Gesamteinkünften aus privilegierten Tätigkeiten von mehr als 100 Euro eingreift oder eine gegenüber § 11b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II eigenständige Regelung darstellt, die unabhängig davon für die genannten Bezüge oder Einnahmen eingreift.

Dass § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II eine eigenständige Regelung enthält, folgt aber aus der Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck dieser Privilegierung. § 11b Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB II sind erst im Vermittlungsverfahren zum RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG eingefügt worden (vgl. Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 9.2.2001 - BT-Drucks 17/4719 S 2). Damit ist auf einen Vorschlag des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren reagiert worden, einen neuen § 11b Abs. 1a SGB II zu schaffen. Dieser Vorschlag zielte im Wesentlichen auf eine entsprechende Anwendung der für Erwerbstätige geltenden Regelungen auch für ehrenamtliche Tätige und sah keine günstigeren Freibeträge vor (vgl. Bundesratsstellungnahme vom 26.11.2010, BT-Drucks 17/3958, Anlage 3 S 12 f). Ausgangspunkt war für den Bundesrat die Annahme, nach dem neuen § 11a Abs. 3 SGB II würden steuerfreie Aufwandsentschädigungen, die im nicht öffentlichen Bereich gewährt werden, schlechter behandelt als Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Der Vorschlag wurde von der Bundesregierung abgelehnt mit der - zutreffenden - Begründung, bei den vom Bundesrat genannten, nach § 3 Nr. 26 und 26a EStG steuerfreien Aufwandsentschädigungen handele es sich ohnehin um Erwerbseinkommen, sodass schon nach geltender Rechtslage die Erwerbstätigenfreibeträge gewährt würden (vgl. BT-Drucks 17/3982 S 6).

Wenn vor diesem Hintergrund im Vermittlungsverfahren auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses schließlich doch eine Ergänzung von § 11b Abs. 2 SGB II vorgenommen wird, mit einem höheren Freibetrag und einer niedrigeren Nachweisgrenze für besondere, steuerfreie Einkünfte, belegt dies die Absicht, die genannten Einkünfte stärker zu privilegieren als sonstige Erwerbseinkünfte. Damit wird dem Anliegen des Bundesrats in besonderer Weise Rechnung getragen, die gesellschaftspolitisch wünschenswerte Wahrnehmung von ehrenamtlichen Aufgaben durch Leistungsempfänger auch wegen der damit verbundenen möglichen Verbesserung ihrer Chancen auf dem Arbeitsmarkt anzuerkennen (vgl. dazu Bundesratsstellungnahme vom 26.11.2010, BT-Drucks 17/3958, Anlage 3 S 12). Die Absicht einer eigenständigen und zusätzlichen Privilegierung zeigt sich im Übrigen darin, dass nicht nur, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, steuerfreie Einkünfte nach § 3 Nr. 26 und 26a EStG privilegiert werden, sondern auch steuerfreie Einkünfte nach § 3 Nr. 12 und 26b EStG. Zudem ist im Recht der Sozialhilfe - ebenfalls auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses - eine dem § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II entsprechende Ergänzung in § 82 Abs. 3 Satz 4 SGB XII vorgenommen worden, obwohl § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XII keine mit § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II vergleichbare Freibetragsreglung enthält.

Dieser Zweck einer eigenständigen und zusätzlichen Privilegierung würde teilweise verfehlt, wenn - wie der Beklagte meint - diese Privilegierungswirkung erst anzunehmen wäre ab einem Verdienst aus ehrenamtlichen Tätigkeiten in Höhe von mehr als 100 Euro. Denn der besondere Anreiz, ehrenamtliche Aufgaben wahrzunehmen, beschränkte sich dann auf die besser bezahlten ehrenamtlichen Tätigkeiten. Soweit neben den ehrenamtlichen Tätigkeiten keine weiteren Erwerbstätigkeiten verrichtet werden, mag dies ohne Bedeutung sein, weil Einkünfte bis 100 Euro vom Grundfreibetrag des § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II umfasst wären. Demgegenüber liefe die besondere Privilegierung von ehrenamtlichen Tätigkeiten mit einem Verdienst bis zu 100 Euro monatlich weitgehend leer, wenn - wie im vorliegenden Fall - neben den Einkünften aus diesen Tätigkeiten weitere Einkünfte aus Erwerbstätigkeit erzielt werden, die den Grundfreibetrag des § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II ausschöpfen. Einen nachvollziehbaren Grund für diese beschränkende Differenzierung vermag der Senat nicht zu erkennen.

Soweit der Beklagte ausführt, es sei ein Ergebnis des Vermittlungsverfahrens gewesen, die in § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II genannten steuerfreien Einkünfte nur in Höhe von mehr als 100 Euro bis zu 175 Euro anrechnungsfrei zu stellen, kann das anhand der Gesetzesmaterialien nicht nachvollzogen werden. Den Ausführungen des Bundesrates in seiner Stellungnahme im Gesetzgebungsverfahren zur Behandlung von Einkünften aus ehrenamtlichen Tätigkeiten ist hierzu nichts zu entnehmen. Er hat sich zwar gegen eine vollständige Freistellung der steuerprivilegierten Einkünfte ausgesprochen. Dem ist jedoch durch die Begrenzung der Höhe des privilegierten Verdienstes auf 175 Euro Rechnung getragen worden. Darüber hinaus hatte sich der Bundesrat zwar auch gegen eine Besserstellung von Einkünften aus ehrenamtlichen Tätigkeiten gegenüber Einkommen aus Erwerbstätigkeit ausgesprochen. Gleichwohl ist eine solche Besserstellung im Gesetzgebungsverfahren auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses ausdrücklich vorgenommen worden.

Im Hinblick auf die Äußerung des Bundesrates, bei "zusätzlicher Aufnahme eines Nebenjobs werden die Einkünfte addiert, so dass der Grundfreibetrag nicht doppelt anfällt" (Bundesratsstellungnahme vom 26.11.2010, BT-Drucks 17/3958, Anlage 3 S 13), spricht allerdings viel dafür, den erhöhten Grundfreibetrag des § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II jedenfalls als Freibetragsobergrenze zu begreifen. Danach könnte beim Zusammentreffen von Einkünften aus "normalen" Erwerbstätigkeiten in Höhe von über 100 Euro und steuerfreien Einkünften i.S. von § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II in Höhe von über 175 Euro nur der Freibetrag von 175 Euro geltend gemacht werden. Gestützt wird dies durch die Formulierung im Wortlaut, dass der Betrag von 175 Euro "an die Stelle" des Betrages von 100 Euro tritt.

b) Die Privilegierungswirkung des § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II bezieht sich entgegen der Auffassung der Klägerinnen allein auf die Einkünfte, die steuerfrei im Sinne der Vorschrift sind. Aus dem Wortlaut der Vorschrift mit der Formulierung "mindestens aus einer Tätigkeit" folgt keine unmittelbare oder mittelbare Privilegierung von nicht steuerbegünstigten Einkünften. Denn unter Berücksichtigung des Regelungszwecks ist damit nicht gemeint, dass § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II bei mindestens einer privilegierten Tätigkeit stets und ohne Einschränkung an die Stelle von § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II tritt. Vielmehr stellt die Wendung in dem aufgezeigten Regelungskontext nur sicher, dass der Absetzbetrag beim Zusammentreffen von mehreren Entschädigungen aus ehrenamtlicher Tätigkeit analog zum Steuerrecht auf einen monatlichen Gesamtbetrag von 175 Euro begrenzt ist.

Bereits zu § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II (in der bis zum 31.3.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neufassung der Freibetragsregelungen für erwerbsfähige Hilfebedürftige (Freibetragsneuregelungsgesetz) vom 14.8.2005, BGBl I 2407) als der Vorläuferbestimmung des allgemeinen Grundfreibetrags nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass der nicht verbrauchte Teil der nur vom Erwerbseinkommen abzugsfähigen Erwerbstätigenpauschale nicht auf eine andere Einkommensart übertragen werden könne, weil keine allgemeine Erhöhung von Absetzbeträgen erfolgen sollte, sondern lediglich bezogen auf Erwerbseinkommen (BSG, Urteil vom 5.6.2014 - B 4 AS 49/13 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 66 RdNr. 23). Dem entsprechend sollte mit der Regelung des § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II ebenfalls keine allgemeine Erhöhung der Absetzbeträge unabhängig von dem Charakter der Einkünfte vorgenommen werden, sondern beschränkt auf die bezeichneten steuerfreien Bezüge oder Einnahmen. Ihrem Zweck nach zielt die Privilegierung auf eine Gleichstellung von Leistungsbeziehern nach dem SGB II mit steuerpflichtigen ehrenamtlich Tätigen, die nach näherer Maßgabe von § 3 EStG bei Bezügen oder Einnahmen nach der Nr. 12, 26, 26a oder 26b von der Einkommensteuer freigestellt sind. Diese Intention ist zuletzt bei der Anhebung des Freibetrags auf 200 Euro durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz vom 21.3.2013 (BGBl I 556) nochmals deutlich geworden (vgl. BR-Drucks 663/12 S 25 zu Artikel 8). Mit dieser Zielsetzung wäre es unvereinbar, würden nicht durch die Entschädigung für ehrenamtliche Tätigkeit ausgeschöpfte Anteile des erhöhten Grundfreibetrags auf Einnahmen aus nicht privilegierter Erwerbstätigkeit zu übertragen sein.

Zutreffend hat das SG hiernach entschieden, dass das Arbeitsentgelt der Klägerin zu 1 von 214,06 Euro um den allgemeinen Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II in Höhe von 100 Euro zu bereinigen ist und die Entschädigung für die ehrenamtliche Tätigkeit von 12,50 Euro wegen des erhöhten Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II vollständig anrechnungsfrei bleibt. Insgesamt ergibt sich nach der Bereinigung des Einkommens gemäß § 11b Abs. 2 SGB II somit ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 114,06 Euro.

c) Hiervon ausgehend hat das SG schließlich auch den Zusatzfreibetrag für Erwerbstätige nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II zutreffend ermittelt. Danach ist von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit für den Teil des monatlichen Einkommens, das 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 1000 Euro beträgt, ein weiterer Betrag von 20 % abzusetzen. Dieser Zusatzfreibetrag beträgt vorliegend 22,81 Euro (20 % des nach der Bereinigung gemäß § 11b Abs. 2 SGB II anrechenbaren Einkommens in Höhe von 114,06 Euro).

Entgegen der von den Klägerinnen vorgenommenen Berechnungsweise ist bei der Ermittlung des Zusatzfreibetrages nach § 11b Abs. 3 SGB II nicht das Gesamteinkommen einzubeziehen, das 100 Euro übersteigt (hier wären das 126,56 Euro), sondern lediglich das nach der Bereinigung nach § 11b Abs. 2 SGB II (noch) zu berücksichtigende Einkommen (hier also 114,06 Euro). Dies ergibt sich aus Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck der Regelung. Ausgangspunkt der Berechnung im Einzelnen ist stets der ermittelte konkrete Anrechnungsbetrag nach der Bereinigung nach § 11b Abs. 2 SGB II. Denn in § 11b Abs. 3 Satz 1 SGB II ist von "dem monatlichen Einkommen" die Rede und in Satz 2 Nr. 1 von dem Teil dieses Einkommens, "das 100 Euro übersteigt", was sich nach der Regelungssystematik auf das sich nach Anwendung des Absatzes 2 verbleibende Einkommen bezieht. In diesem Sinne hat das BSG zu dem Erwerbstätigenfreibetrag gemäß § 30 SGB II a.F. bereits entschieden, dass dieser erst oberhalb des Grundfreibetrages einsetze (BSG, Urteil vom 27.9.2011 - B 4 AS 180/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 40 RdNr. 19). Nichts anderes kann für den erhöhten Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II gelten. Soweit in § 11b Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB II bestimmte Einkommensbeträge genannt sind, werden damit (lediglich) verschiedene Einkommensstufen abstrakt bezeichnet und hieran jeweils unterschiedliche Rechtsfolgen geknüpft, nämlich weitere Absetzbeträge in Höhe von 20 % bzw. 10 % des maßgebenden Einkommens. Diese Sichtweise entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Denn andernfalls könnte Einkommen doppelt privilegiert sein, nämlich einmal durch die Berücksichtigung von Freibeträgen nach § 11b Abs. 2 SGB II und darüber hinaus, soweit diese Beträge 100 Euro überschreiten, zum Zweiten durch die Berücksichtigung bei der Ermittlung des Zusatzfreibetrages nach § 11b Abs. 3 SGB II.

4. Das anrechenbare bereinigte Einkommen der Klägerin zu 1 in Höhe von 91,25 Euro ist gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2, 3 SGB II auf alle Klägerinnen im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf zu verteilen, sodass von den insgesamt zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 915,93 Euro der Klägerin zu 1 ein Betrag von 605,13 Euro, der Klägerin zu 2 ein Betrag von 248,61 Euro und der Klägerin zu 3 ein Betrag von 62,19 Euro zusteht.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klägerinnen im Revisionsverfahren nur zu einem sehr geringen Anteil obsiegt haben und im Übrigen die Revisionen aller Beteiligten zurückgewiesen wurden.